Titel: Feuerungen mit mechanischer Beschickung.
Autor: O. Herre
Fundstelle: Band 320, Jahrgang 1905, S. 61
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Feuerungen mit mechanischer Beschickung. Von O. Herre. (Schluss von S. 38 d. Bd.) Feuerungen mit mechanischer Beschickung. 5. Walzenrostfeuerung „Piontek“ der Braunschweigischen Maschinenbau-Anstalt. Die Walzenrostfeuerung, Fig. 13 und 14, besteht aus dem Fülltrichter, dem Schrägrost, dem drehbaren Walzenrost und der Antriebsvorrichtung. Textabbildung Bd. 320, S. 60 Piontek-Feuerung. Der drehbare Walzenrost ist für eine Bewegung von etwa 3 cm in der Minute eingerichtet. Zwischen dem Walzenrost und der Feuerbrücke ist ein offener Durchgang in den Achsenschacht vorgesehen, in welchen die Herdrückstände aus der Feuerung hineinfallen und unten abgezogen werden können. Durch den Fülltrichter gelangt die Kohle zunächst auf den Schrägrost und damit in den vorderen Teil der Feuerung. Sobald der Walzenrost gedreht wird, bewegt sich die ganze untere Kohlenschicht in der Richtung des Feuers dem hinteren Verbrennungsraume zu und ersetzt sich auf diese Weise ununterbrochen. Dadurch geht die Verbrennung nach und nach vor sich, und zwar dergestalt, dass unten auf dem Schrägrost die Entzündung und Verkokung der Kohle beginnt, während auf dem Walzenrost die weitere Verbrennung stattfindet, ohne dass eine Störung des hellen Feuers in der hinteren Zone eintritt. Der offene Durchgang hinter dem Walzenrost füllt sich mit Asche und Schlacken, deren Höhe geregelt werden kann. Die hier ankommenden, noch glühenden Kohlenrückstände ruhen direkt auf den Schlacken, brennen daselbst vollständig aus und werden je nach Bedürfnis von unten aus dem Aschenschachte durch den Heizer entfernt. Mit der Bewegung des Rostes werden die Schlacken nach hinten geschoben, so dass die Kohlenschicht stets eine reine Rostfläche erhält. Ein Abschlacken oder Schüren ist deshalb innerhalb der Feuerung nicht erforderlich, die Spalten des Rostes bleiben für den Luftdurchgang immer offen und rein, ebenso wie ein Verbrennen der Roststäbe auf ein Minimum beschränkt bleibt. Der Verbrennungsvorgang ist bei dieser ununterbrochenen Selbstbeschickung ein dementsprechend günstiger. Durch die stets im Feuerraum herrschende hohe Temperatur wird die auf dem Schrägrost ankommende Kohlenschicht von der strahlenden Wärme sofort angegriffen und bei fortschreitender Entgasung bis zur Weissglut gebracht. Beim Uebergang auf den Walzenrost erfolgt eine Lockerung der Kohlenschicht; die Verbrennung geht nunmehr bei reichlichem Luftzutritt durch die reinen Rostspalten in heller Glut ohne nennenswerte Gaserzeugung vor sich. Der Feuerraum bleibt dauernd durchsichtig, und die Flammenbildung wird kurz und bläulich hell. Die Feuerung arbeitet deshalb so gut wie vollständig rauchfrei. Der Walzenrost wird aus schmiedeeisernen, geschweissten Ringen hergestellt, die sich bequem ausdehnen können, wenn sie beim Durchgang durch die Feuerung stark erwärmt werden. Die Spaltenweite wird durch Zwischenlagen gesichert. Ringe und Zwischenlagen werden durch Bolzen zusammengehalten. Die Haltbarkeit der Ringe soll eine sehr gute sein, was sich einerseits durch die fortwährende Vertauschung der dem Feuer ausgesetzten Stelle der Ringe, anderseits durch die Reinheit der Spalten, also durch die gute Luftkühlung erklären würde. Textabbildung Bd. 320, S. 61 Feuerung der Guilleaume-Werke. Die Lagerung des Walzenrostes ist durch einfache Augenlager bewirkt; dieselben können von der Fundamentplatte gelöst und abgeschoben werden, so dass die ganze Rostwalze nach unten in den Aschenschacht herausgenommen werden kann. C. Haage berichtete in den „Mitteilungen aus der Praxis des Dampfkessel- und Dampfmaschinenbetriebes“ 1902, S. 377, über die Untersuchung einer Walzenrostfeuerung folgendermassen: „Unterzeichneter hatte Gelegenheit, die Walzenrostfeuerung in einer Anlage eingehend zu beobachten, und kann hierüber folgendes berichten: Der Kessel war ein kombinierter Kessel, Zweiflammrohrkessel mit darüber liegendem Heizrohrkessel, von 150 qm Heizfläche. Der Rost hatte bei 1400 mm Breite eine Fläche von 2,5 qm. In der Anlage wurden nur westfälische Steinkohlen verwendet; die Versuche wurden durchgeführt mit Nusskohle (15–25 mm Korngrösse) von Recklinghausen und mit Förderkohle von Dahlbusch, ferner mit Steinkohlenbriketts (Eierbriketts). Die Inanspruchnahme des Rostes war sehr hoch. Auf 1 qm Rostfläche wurden stündlich 120–130 kg Steinkohle verbrannt, was einer Wärmeerzeugung von ungefähr 900000 W. E. in einer Stunde entspricht. Die Zugwirkung vor dem Schieber war 14 mm Wassersäule. Auf 1 qm Heizfläche wurden stündlich 17–18 kg Dampf von 8 at aus Wasser von 7° C. erzeugt. Die Verbrennung war trotz des starken Betriebes bei allen drei Kohlensorten rauchfrei. Die Verbrennung erfolgte aber auch wirtschaftlich sehr günstig, d.h. vollkommen und mit geringem Luftüberschuss. Die Gase, am Ende der Flammrohre entnommen, hatten einen Kohlensäuregehalt von 13,0–15,5 v. H., im Mittel 14,3 v. H. bei 4,5 v. H. Sauerstoffgehalt, welchem ein Luftüberschuss in den Gasen von nur 30 v. H. entspricht. Es war überraschend, wie wenig Schwierigkeiten die Schlackenbildung bereitete. Auf dem Schrägroste war nur selten mit dem Schüreisen zu lockern. Der Walzenrost machte die Anwendung der Schürstange garnicht erforderlich. Die Schlacke brannte nicht fest, sondern löste sich im hinteren Teil der Feuerung von der Trommel von selbst ab. Das Abziehen der angesammelten Schlacke unten im Aschenfall ging ohne Schwierigkeiten von statten. Die Bedienung des ganzen Rostes war trotz des starken Betriebes für den Heizer leicht. Das Festbrennen der Schlacke auf dem Trommelrost wird dadurch erschwert bezw. verhindert, dass die auf der Trommel liegende Kohlenschicht an einer freien Bewegung mit der Trommel durch die vor der Feuerbrückmauer lagernden Schlacke und Koke verhindert ist; die Bewegung der Kohle bleibt kleiner als die der Trommel, wodurch jedes Schlackenteil beim Festbrennen immer wieder abgerissen wird. Ferner wird der Umstand günstig wirken, dass jeder Rostteil während 120 Minuten nur 40 Minuten im Feuer steht und sich während 80 Minuten wieder abkühlen kann, Schlacke, welche die Eigenschaft hat, bei hoher Temperatur zu fliessen, wird sich nicht so günstig verhalten wie bakende Schlacke. Wenn die Schlacke auf dem Walzenrost nicht anbackt, so ist auch eine schnelle Zerstörung desselben nicht zu erwarten. Die Verbindung der Trommel mit den Lagerzapfen ist durch Kupplung derart hergestellt, dass die Trommel durch den Aschenfall herausgenommen werden kann. Nicht alle Steinkohlen werden sich bezüglich der Schlackenbildung auf dem Walzenroste gleich gut verhalten, nicht für alle Steinkohlenarten wird derselbe benutzt werden können; Unterzeichneter hat jedoch die Ueberzeugung gewonnen, dass die Walzenrostfeuerung eine sehr beachtenswerte Neuerung in den Schüttfeuerungen bildet und die Anwendung von Kohlen gestatten wird, welche auf gewöhnlichen Schrägrosten garnicht oder nur mit Schwierigkeiten verbrannt werden können. Die Walzenrostfeuerung ermöglichte eine rauchfreie, wirtschaftlich günstige Verbrennung auch bei starkem Betriebe.“ 6. Beschickungsvorrichtung der Eriths Engineerung Company, London, mit Zuführung des Brennstoffes unter die Brennschicht. Die Fig. 1520 geben eine in Deutschland von den Guilleaume-Werken, Neustadt a. H. gebaute Feuerung wieder, bei welcher der Brennstoff auf mechanischem Wege von unten auf den Rost befördert wird. Der Brennstoff gelangt aus dem Trichter a in den Förderzylinder b und wird durch den Förderkolben m (Fig. 18) in die Förderrinne d geschoben; von hier steigt der Brennstoff zwischen den Düsen g auf. Durch eine vom Kolben m betätigte Schürstange kl, auf welcher die Keilstücke h befestigt sind, wird die Weiterbewegung des Brennstoffes erleichtert. Die Keilstücke h verursachen beim Zurückgehen auch eine zweckmässige Auflockerung des Brennstoffes. Die Verbrennungsluft wird mit einer Pressung von 50–60 mm Wassersäule durch die Rohrleitung e (Fig. 15 und 16) in den geschlossenen Behälter f befördert und strömt durch die Düsen g aus, Der Förderkolben m (Fig. 18) wird von dem Dampfkolben n angetrieben, der sich in dem Zylinder c bewegt. Die Steuerung erfolgt durch einen Katarakt, dessen Bauart und Wirkungsweise aus den Fig. 19 und 20 näher hervorgeht. Der Katarakt besteht aus den beiden Gefässen I und II, welche durch Röhren r miteinander verbunden sind. Die Röhren r sind in dem Rahmen R gefasst, der um den Zapfen Z schwingen kann. Gefäss I enthält die Füllschraube F, Gefäss II ein Ventil V zur Regelung der aus einem Gefäss in das andere übertretenden Flüssigkeitsmenge. Der Dampfkolben n befindet sich nach Fig. 18 im linken Totpunkt, Bei der vorher erfolgten Verschiebung von rechts nach links hatte der Förderkolben m mittels der Verbindung io (Fig. 17) die Steuerscheibe p (Fig. 19 und 20) von rechts in die gezeichnete Lage gebracht. Bei dieser Verdrehung von p wurde zuerst durch den Anschlag u und die am Rahmen R sitzende, in Fig. 20 punktiert eingezeichnete linke Knagge s der Rahmen R gedreht, so dass das Gefäss II in die gezeichnete Lage kam. Ausserdem drückte die an der Steuerscheibe p sitzende Schraube S1 die Zunge der Umstellscheibe t in die gezeichnete Mittellage. Es wurde hierdurch der Steuerungsschieber M mittels des Zapfens Z und der Kurbel in die Schlusslage gebracht, so dass der Dampfzufluss zum Zylinder unterbrochen ist. Textabbildung Bd. 320, S. 62 Feuerung der Guilleaume-Werke. Aus dem Gefäss II fliesst nun die Flüssigkeit nach dem Gefäs I über, bis dieses nach einer bestimmten Zeit, deren Grösse mittels des Ventiles V geregelt werden kann, das Uebergewicht erhält. Das Gefäss I senkt sich, wobei der am Rahmen R mittels der Knagge w anliegende Gegengewichtshebel H mitgenommen wird. Der Rahmen R legt sich schliesslich mit seiner rechten Knagge s (Fig. 20) an die entsprechende Anschlagfläche der Steuerscheibe p, während das Gegengewicht G nach Ueberschreitung der Höchstlage nach links herum schlägt. Die Knagge w trifft hierbei auf die linke Knagge der Umstellscheibe t; diese wird mitgenommen, bis die Schraube S3 die Bewegung begrenzt. Die Umstellscheibe t bringt hierbei den Schieber M in eine solche Lage, dass Kesseldampf auf die linke des Kolbens n (Fig. 18) gelangt. Der Kolben führt seinen Hub von links nach rechts aus, wobei durch die Verbindung io (Fig. 17) die Steuerscheibe p oben nach rechts gedreht wird. Hierdurch wird Gefäss I mit dem Gegengewichtshebel H gehoben und durch die Schraube S2 die Umstellscheibe t in die Mittellage gebracht, also der Schieber M geschlossen, worauf sich der Vorgang in entsprechender Weise wiederholt. Textabbildung Bd. 320, S. 63 Feuerung der Guilleaume-Werke. Nach den Angaben der Guilleaume-Werke verbraucht die Fördervorrichtung etwa 1 v. H. und der Bläser etwa 4 v. H. der durch die Feuerung erzeugten Dampfmenge. Die genannte Firma garantiert vollständige Rauchlosigkeit und einen Wirkungsgrad, der dem einer regelrecht und sorgfältig bedienten Planrostfeuerung mindestens gleichkommt.