Titel: Hebezeuge und Fördereinrichtungen auf der Weltausstellung in St. Louis 1904.
Autor: Georg v. Hanffstengel
Fundstelle: Band 320, Jahrgang 1905, S. 148
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Hebezeuge und Fördereinrichtungen auf der Weltausstellung in St. Louis 1904. Von Georg v. Hanffstengel, Chicago. (Schluss von S. 132 d. Bd.) Hebezeuge und Fördereinrichtungen auf der Weltausstellung in St Louis 1904. Die Shaw Electric Crane Co. und die Niles Works stellten normale Laufkrane aus. Die Otis Elevator Co. führte einen Aufzug mit Druckknopfsteuerung im Betriebe vor, nebst einem Modell ihrer bekannten Fangvorrichtung und mehreren hydraulischen Maschinen. Aufzüge für Personen und Waren wurden ferner von der Wm. A. Miller Elevator Mfg. Co., St. Louis, ausgestellt. Bemerkenswert ist die Fangvorrichtung. Mit dem Aufzug steht ein Zentrifugalregulator in Verbindung, der bei Ueberschreitung der normalen Geschwindigkeit eine Rolle fesstellt und damit ein über die Rolle geführtes Seil bremst. Letzteres entriegelt einen unter der Aufzugsplattform angebrachten Gewichtshebel, der sodann eine kräftige Bremswirkung gegen die Führungen ausübt und den Fahrstuhl sanft zum Stillstand bringt. Damit sind die eigentlichen Hebezeuge erledigt und es bleiben noch die Transportanlagen für Stück- und Massengüter. Die Robins Conveying Belt Co., New-York, stellte eine Kombination von drei Transportbändern aus, die unter Einschaltung einer selbsttätigen Wage, System Richardson, und eines selbsttätigen hin- und herwandernden Abwurfwagens das Material im Kreislauf führten. Die Ausstellung bot, von einigen konstruktiven Einzelheiten abgesehen, nichts eigentlich neues. Doch sei bemerkt, dass sich das Anwendungsgebiet der Fördergurte für schwere Stoffe immer mehr erweitert und dass sie insbesondere auch mehr und mehr zum Heben Verwendung finden. So ist das neue Kraftwerk der Untergrundbahn in New-York fast durchweg mit Bändern dieser Gesellschaft ausgestattet, die die Kohle vom Dock hereinbringen, sie im Zickzack mit 22½° Steigung über die Bunker heben und in letztere verteilen. Man hat hier Becherwerke vollständig vermieden. Textabbildung Bd. 320, S. 149 Fig. 13. Plan der Kohlen-Förderanlage im Kesselhaus. Textabbildung Bd. 320, S. 149 Kohlen-Förderanlage im Kesselhaus.Schnitt Die Link Belt Machinery Co., Chicago, hat die gesamte Kohlen- und Ascheförderung für das Kesselhaus der Ausstellung geliefert und damit eine sehr übersichtliche und zweckmässige Anlage geschaffen, die eine Anzahl der wichtigsten Förderertypen enthält. Das Kesselhaus liefert etwa 40000 PS. Beim Entwurf der Förderanlage ging man von dem Gesichtspunkt aus, dass möglichst alle Kohle Nachts nach dem Kesselhaus geschafft und dort aufgestapelt werden sollte, damit der Verkehr in der Ausstellung nicht durch die Eisenbahnwagen gestört würde. Die Verteilung der Kohle auf die einzelnen Kessel dagegen konnte bei Tage, dem Bedürfnis entsprechend, geschehen. Das führte zur Errichtung eines 500 t fassenden Behälters aus Holz, dem zunächst die gesamte Kohle von den Eisenbahnwagen aus zugeführt wird. Letztere sind als Selbstentlader ausgeführt und entleeren in zwei Gruben (s. Uebersichtsplan Fig. 13 und Schnitte Fig. 14 und 15), aus denen die Kohle durch ansteigende eiserne Bänder abgezogen wird. Die Platten, aus denen diese bestehen, sind nach unten gewölbt und bieten so dem Material einen besseren Halt. Dem Rande des Bandes entlang sind starke Bohlen gesetzt, die Herunterfallen der Kohle verhindern (s. Fig. 14). Von den Bändern gelangt die Kohle in Brechwerke, in denen sie auf etwa 25 mm zerkleinert wird, eine Grösse, die für die durchweg angewandten mechanischen Feuerungen verlangt wurde. Die Kohle wird nun dem Bunker durch ein Kratzerbecherwerk zugeführt. Diese Maschine, die Fig. 16 schematisch skizziert, besteht aus einer Kette mit fest angeschlossenen Bechern, die auf dem unteren Strang das Material nach Art von Kratzern vor sich her schieben, sich beim Umlaufen der Eckrolle füllen und nun wie gewöhnliche Elevatoren wirken, bis auf dem oberen wagerechten Lauf wieder die Kratzerwirkung eintritt. Die Abgabe des Materials erfolgt durch Oeffnen eines Schiebers im Boden des Troges. Beim Abwärtsgang kann natürlich keine Förderung stattfinden. Textabbildung Bd. 320, S. 149 Fig. 16. Kratzerbecherwerk. Textabbildung Bd. 320, S. 149 Fig. 17. Becherwerk der Link Belt Machinery Co. Die Vorrichtung erfüllt denselben Zweck wie die bekannten Förderer mit pendelnden Bechern, Sie ist sehr viel einfacher und billiger als diese, verbraucht indessen mehr Kraft, macht mehr Geräusch und ist der Abnutzung stärker unterworfen, namentlich wenn härtere Stoffe gefördert werden. Auch greift sie die Kohle stärker an. Die bisher aufgeführten Förderer haben die beträchtliche Stundenleistung von 100 t, während für den weiteren Transport, der während des ganzen Tages ununterbrochen vor sich geht, eine Leistung von 50 t genügend erschien. Der Behälter ist mit einer Anzahl Bodenklappen versehen, aus denen die Kohle durch ein anfangs wagerechtes, später ansteigendes, eisernes Band gleichmässig abgezogen und durch eine einfache Schurre einem Becherwerk mit pendelnden Bechern zugeführt wird (Fig. 15). Die Arbeitsweise dieses Förderers, der nach einem Patente der Gesellschaft gebaut ist, geht aus Fig. 17 hervor, während Fig. 18 die Einzelkonstruktion wiedergibt. Man hatte bei den älteren Vorrichtungen Schwierigkeiten mit dem Füllen der Becher, Hunt benutzt bekanntlich vollständig freischwingende, von einander unabhängige Becher, muss aber, damit keine Kohle dazwischen hindurchfällt, einen besonderen Füller anwenden, eine ziemlich schwerfällige, aus einer Art Hilfsbecherwerk bestehende Vorrichtung. Eine andere Firma lässt den Rand des einen Bechers über den des anderen greifen und kann jetzt das Material kontinuierlich in die Becher laufen lassen, doch können diese jetzt nur noch beim Aufstieg frei ausschwingen, während sie beim Abwärtsgang um 90° verdreht stehen und kein Material aufnehmen können. Das schliesst die Verwendung dieser Konstruktion in manchen Fällen aus. Die Link Belt Machinery Co. hilft letzterem Uebelstande ab. Sie lässt die Becher übereinandergreifen, hängt sie aber nicht zwischen, sondern ausserhalb der Gelenkpunkte an den verlängerten Kettengliedern auf. Wie aus Fig. 17 ersichtlich, heben sich jetzt die Becher, sobald sie an die Eckrolle gelangen, von einander ab und trennen sich hinreichend, um frei aneinander vorbei zu passieren. Diese Lösung darf als vorzüglich gelungen bezeichnet werden. Der Vorgang ist hier an dem Uebergang vom oberen wagerechten zum absteigenden Strange gezeigt, findet aber an den anderen Ecken in genau derselben bezw. umgekehrten Weise statt. Textabbildung Bd. 320, S. 150 Fig. 18. Becherwerk der Link Belt Machinery Co. Die Becher und die Kettenglieder bestehen aus Temperguss, letztere werden indessen bei grossen Hubhöhen aus Schmiedeeisen hergestellt. Die Entleerung der Becher geschieht durch Umkippen, wie üblich. Die Kohle wird in einen der vier Kratzer abgeworfen, die das Gebäude parallel den Kesselreihen durchqueren und diesen ihren jeweiligen Bedarf zuführen. Sie lassen die Kohle durch Oeffnungen im Boden des Troges in zylindrische eiserne Behälter von 5 t Fassungsraum fallen, von wo sie durch Rohre mit Universalgelenk den Feuerungen zugeführt wird. Wenn auch der Kratzer, was Kraftverbrauch, Abnutzung und Beschädigung der Kohle anbetrifft, als eines der unvollkommensten Fördermittel anzusehen ist, so war doch hier bei der geringen Weglänge und der kurzen Zeit, die jeder Förderer läuft, seine Verwendung aus wirtschaftlichen Gründen unbedingt gerechtfertigt. Er ist für einen Fall, wie den vorliegenden allen anderen Fördermitteln auch in der Hinsicht überlegen, dass die Abwurfstelle sich leicht und schnell wechseln lässt. In einzelnen Fällen ist zu seinen Gunsten weiterhin ausschlaggebend, dass die Förderrichtung leicht umgekehrt werden kann. Dieser Umstand hat z.B. bei dem schon erwähnten Krafthause der New-Yorker Untergrundbahn mit dazu geführt, zur Verteilung der Kohle an die Kessel Kratzer an Stelle von Bändern zu verwenden. Die Bunker und die Kessel liegen hier in parallelen Reihen erstere über den letzteren, und man hatte also, da man jeden Bunker mit jedem beliebigen Kessel verbinden wollte, zu einem umkehrbaren Fördermittel zu greifen. Alle Förderer sind einzeln durch Motore angetrieben. Soweit sie in der Höhe liegen, dienen zur Unterstützung einfache, aber gut ausgeführte, hölzerne Fachwerksträger. Wie schon erwähnt, besteht auch der Kohlenbunker aus Holz. Da diese Teile ziemlich weit von den Kesseln entfernt liegen, ist eine Entzündung durch die Kesselfeuer kaum zu befürchten. Die kleinen Behälter direkt über den Kesseln samt Unterstützungen sind aber aus Eisen. Im allgemeinen wendet man sich nach den schlimmen Erfahrungen der letzten Jahre in den Vereinigten Staaten feuersicheren Konstruktionen sehr stark zu. Die Asche wird durch kleine Wagen in unterirdischen Gängen zu einem Elevator gebracht, der sie in Eisenbahnwagen verlädt. Im Transportgebäude veranstaltete die Link Belt Machinery Co. eine weitere Ausstellung, die auf den Bedarf von Eisenbahnen besondere Rücksicht nimmt. Ausgestellt waren eine eigenartig konstruierte Schurre für Lokomotivbekohlung und ein Transporttisch für Frachtgüter, wie Kisten und Ballen. Derselbe besteht aus Holztafeln, die oben eine glatte Fläche bilden und halbkreisförmig ineinandergreifen, mit den Gelenken der Kette als Mittelpunkten der Halbkreise. Die Kette besteht aus Flacheisengliedern von etwa 1 m Länge und wird bewegt durch eine Hilfskette, deren Glieder nur ein Drittel so lang sind. Die letztere wird durch ein Kettenrad angetrieben, ist in einer Krümmung der Hauptkette parallel geführt und hat Vorsprünge, die in diese eingreifen und sie mitnehmen. Die genaue Ausführung dieses Antriebes scheint Schwierigkeiten zu haben, wenigstens bewegte sich der Fördertisch recht ungleichmässig und ruckweise. Es ist jedenfalls ziemlich schwer, die Teilung der beiden Ketten zu genauer Uebereinstimmung zu bringen, und selbst wenn dies gelingt, wird die Abnutzung, die sich bei der kurzgliedrigen Kette mit ihren vielen Gelenken stärker bemerkbar macht, bald eine Störung hervorrufen, wenn nicht auf die Konstruktion der Treibkette besondere Sorgfalt verwandt ist. Textabbildung Bd. 320, S. 150 Fig. 19. Schwerkraftförderer der Alvey Ferguson Co. Eine andere, recht eigenartige Vorrichtung zum Transport von Kisten, Fässern usw. wurde von der Alvey-Ferguson Co., Louisville, Kentucky, in der Maschinenhalle ausgestellt (Fig. 19). Dieselbe besteht aus Rollen von etwa 100 mm Durchmesser, die nahe nebeneinander mit Zapfen in Flach- oder Winkeleisen gelagert sind. Der Rollengang ist unter etwa 5 v. H. Neigung verlegt, so dass eine darauf gelegte Kiste durch ihre eigene Schwere langsam abwärts gleitet. Kurven werden ebenso sicher genommen wie die gerade Strecke. Ein Schutzgeländer verhindert die Gegenstände am Abrollen. An Stellen, wo ein grösserer Höhenunterschied überwunden werden muss, kommen Wendelrutschen zur Verwendung. Durch Weichen können verschiedene Förderstrecken beliebig aneinander angeschlossen werden. In der Ausstellung wurde ein vollständiger Kreislauf vorgeführt, in den ein geneigter Förderer eingeschlossen war, der die Kisten wieder auf ihre ursprüngliche Höhe brachte, Dieser schräge Elevator besteht aus zwei Ketten mit Querstangen, welche die Kisten erfassen und sie über die Tragrollen vorwärts schieben. Der Uebergang von der Schwerkraftförderstrecke zum Elevator macht der Firma noch Schwierigkeiten, da die erste Querstange die Kiste nicht richtig fasst, sondern darunter stösst, sie ein kurzes Stück mitnimmt und dann fallen lässt, wobei heftige Stösse auftreten, die für leichte Glasware und dergl. verderblich sein dürften. Erst die zweite fasst die Kiste regelrecht. Die beschriebene Vorrichtung hat den grossen Vorteil, dass auf dem weitaus längsten Teil des Weges kein Zugorgan zur Verwendung kommt, das besonders bei zahlreichen Ablenkungen sehr sorgfältige Wartung erfordert, sowie dass das Fördergut leicht auf verschiedene Wege geleitet werden kann. Wenn der Förderer sich dauernd gut bewährt, dürfte ihm ein weites Feld offen stehen. Will man nach dem Ergebnis der Ausstellung den amerikanischen Hebezeugbau mit dem deutschen vergleichen, so darf man sagen, der Vergleich fällt nicht zuungunsten Deutschlands aus. In beiden Ländern ist der Kranbau hoch entwickelt, und wenn vielleicht die amerikanischen Maschinen durch reichliche Verwendung von Gussteilen vielfach abgerundetere Formen aufweisen, so ist doch ein von einer guten deutschen Firma konstruierter Kran, was den Gesamteindruck anbetrifft, dem amerikanischen Fabrikat mindestens ebenbürtig, weil man das Gefühl hat, dass nirgends ein Kilogramm Eisen verschwendet ist. Was Einzelheiten anbetrift, so ist es überraschend, dass das Senken der Last, eines der schwierigsten Probleme im Kranbau, in Amerika noch durchweg mit Lastdruckbremse geschieht, während die deutsche Praxis zum grösseren Teil zur elektrischen Bremsung, d.h. Motorkurzschluss, übergegangen ist. Dagegen ist es wohl als ein Fortschritt anzusehen, wenn die Brown Hoisting Machinery Co. das Hubwerk ihrer Dampfkrane durch eine Reibkupplung einrückt und so das in Deutschland noch übliche, recht primitive Einwerfen des Ritzels vermeidet. Eine wesentliche Weiterentwicklung der Elemente des elektrischen Kranes ist in beiden Ländern kaum zu erwarten, die Erfindung neuer Typen aber, die sich veränderten Forderungen anpassen, ist selbstverständlich immer noch möglich und wahrscheinlich. Das Gesagte gilt für die eigentlichen Hebemaschinen, d. h, Maschinen mit vorwiegend senkrechter Bewegung. Anders steht es da, wo es sich um vorwiegend wagerechte Bewegungen handelt, im Transportwesen. Hier ist man, sowohl in Fördermaschinen für Einzel- wie für Massengüter, noch keineswegs zu befriedigenden Ergebnissen gekommen. Das ideale Fördermittel für Bewegung von Massengütern auf kurze Strecken wäre ein Transportband von zwanzigjähriger Dauer, das in Kurven läuft und beliebige Steigungen nimmt. Davon ist alles, was bisher geschaffen ist, noch sehr weit entfernt. Aber gerade weil wir uns noch so weit vom Scheitel auf dem ansteigenden Ast der Kurve befinden, ist ein rascher Aufstieg zu erwarten. Uebrigens ist zuzugeben, dass Amerika in diesem speziellen Fache, nämlich der Massengüterbewegung auf kleine Entfernungen, immer noch voraus ist. Die Konzentrierung der Betriebe und die teure Arbeit bringen das ganz naturgemäss mit sich, und solange sich nicht die wirtschaftlichen Bedingungen ändern, ist für Deutschland wenig Aussicht vorhanden, diesen Vorsprung einzuholen.