Titel: Die Tätigkeit der Königlichen Technischen Versuchsanstalten im Rechnungsjahre 1903.
Fundstelle: Band 320, Jahrgang 1905, S. 171
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Die Tätigkeit der Königlichen Technischen Versuchsanstalten im Rechnungsjahre 1903.s. D. p. J. 1903, Bd. 318, S. 206. Die Tätigkeit der Königlichen Technischen Versuchsanstalten im Rechnungsjahre 1903. Ueber die Tätigkeit der Anstalten im Rechnungsjahre 1903 entnehmen wir dem uns zugegangenen Bericht folgendes: Die Abteilung für Metallprüfung erledigte insgesamt 321 Anträge (376 im Vorjahre) mit etwa 3000 Versuchen (4500 im Vorjahre). Die gegen das Vorjahr verminderte Inanspruchnahme der Abteilung ist zum Teil durch die in den Monaten Oktober und November 1903 erfolgte Uebersiedelung nach dem Neubau zu Gross-Lichterfelde Wests. D. p. J. 1904, Bd. 319, S. 471. veranlasst. Die im Neubau aufgestellten neubeschafften Festigkeitsprobiermaschinen mussten vor ihrer Benutzung auf ihren Zuverlässigkeitsgrad untersucht und berichtigt werden. Wenn auch während dieser Zeit noch die alten Einrichtungen der Abteilung in Charlottenburg für Versuche mitbenutzt werden konnten, sj war es doch nicht möglich, die eingegangenen Prüfungsaufträge in gewohnter Weise zu erledigen. Hierzu kommt noch der Umstand, dass die technischen Behörden und die Industrie mit der wachsenden Bedeutung des Materialprüfungswesens sich immer mehr selbst mit Laboratorien und Prüfungsmaschinen versehen und die einfachen Prüfungsarbeiten selbst ausführen. Der Abteilung fielen vorwiegend die schwierigeren, meistens zeitraubenden Arbeiten zu, von denen folgende besonders genannt sein mögen: 1. die Prüfung der Festigkeitsprobiermaschinen in den Anstalten der Behörden und industriellen Werke. Sie bedeuten einen wesentlichen Schritt zur Förderung der Sicherheit des Materialprüfungswesens und beweisen, dass man den Fehlern der Maschinen und Instrumente beim Prüfungswesen durchweg mehr Beachtung schenkt und sie zu beseitigen sucht. Im verflossenen Rechnungsjahr wurden elf Festigkeitsprobiermaschinen untersucht und zwar: a) 2 Zerreissmaschinen, Bauart Martens, b) 1 desgl. Krupp, c) 1 desgl. Mohr & Federhaff, d) 2 desgl. Pohlmeyer, e) 1 desgl. v. Tarnogrocki f) 1 desgl. Berliner Werkzeugmaschi- nen-Fabrik, Akt.-Ges. vorm. L. Sentker, Berlin. g) 1 Druckpresse, Bauart Amsler, h) 1 Betonpresse, Martens. Die Prüfung erfolgt mit Hilfe von Kontrollzugstäben und Kontrolldruckkörpern. Ueber die Art ihrer Verwendung und über die Bedingungen, unter denen sie auf Antrag gegen Berechnung der Kosten an Interessenten abgegeben werden, haben wir bereits im Vorjahre, Bd. 319, S. 206, berichtet. Im letzten Rechnungsjahr sind zwei Kontrollstäbe abgegeben und zwar einer für 25 t an die Geschützgiesserei Spandau und einer für 3 t an die Zentralstelle für wissenschaftliche Untersuchungen Neubabelsberg. 2. Prüfung von Messapparaten. Neben den Festigkeitsprobiermaschinen sind sechs Messapparate auf die Richtigkeit der Dehnungsanzeige untersucht und zwar drei Spiegelapparate, Bauart Martens und drei Kennedy-Martenssche, Dehnungsmesser. Die Kennedy-Martens-Instrumente neuer Form sind Zeigerapparate mit dem Vergrösserungsverhältnis 50/1. Sie werden, wie die Spiegelapparate, paarweise an den Zerreisstab angesetzt. Sie sind aus dem seit mehreren Jahren immer wieder hervorgetretenen Bedürfnis entstanden, die Unsicherheiten bei der Bestimmung der Streckgrenze zu vermindern und sind in der Anstalt entworfen und hergestellt. Betont wird in dem vorliegenden Bericht, dass die Anstalt seit vielen Jahren in Gutachten, Schriftwechsel und Veröffentlichungen den Wert der Streckgrenze für die Bedeutung der Materialeigenschaften aus dem Festigkeitsversuch immer wieder hervorgehoben, aber auch auf die Schwierigkeiten und Unsicherheiten ihrer Bestimmung aufmerksam gemacht hat. Nicht immer tritt der plötzliche Abfall der Wage, oder das plötzliche Vorgehen des Formänderungsanzeigers ein, wie es beispielsweise Bauschinger in seinen Arbeiten hervorhob, oder Pohlmeyer wohl zum erstenmal in einem von der Maschine selbst gezeichneten Schaubilde zeigte. Um die bei undeutlich ausgeprägter Streckgrenze auftretenden Schwierigkeiten zu beseitigen, schlug die Anstalt schon vor mehreren Jahren vor, diejenige Spannung, die eine zwischen bestimmten Grenzwerten (S = 0,2 bis 0,5 v. H.) liegende bleibende Dehnung erzeugt, als Streckgrenze zu bezeichnen. 3. Dauerbiegeversuche mit Kupferröhren im erhitzten Zustande. Die im vergangenen Rechnungsjahre in Angriff genommenen Versuche wurden fortgesetzt. Beim Versuch ist das von stark erwärmtem Oel durchflossene Probenrohr in beweglichen Lagern auf zwei Stützen wagerecht gelagert. Die Rohrenden reichen über die Stützen hinaus und sind durch Federn nach unten gespannt, so dass auf ganzer Länge der Probe gleiche Biegemomente entstehen. An dem einen Ende tritt das warme Oel ein, am anderen aus. Die hierdurch auf gleichbleibende Wärme gebrachte Rohrprobe wird durch eine Schnurscheibe fortwährend gedreht. Die Versuche wurden bei mehr als 200° C mit verschiedenen Spannungen und bei verschiedenen Umdrehungsgeschwindigkeiten ausgeführt. Wegen der Uebersiedelung nach dem Neubau mussten sie unterbrochen werden. 4. Untersuchungen mit Blechen auf ihr Verhalten bei Einwirkung von Ammoniak- und Schwefligsäuredämpfen. Sie erstreckten sich auf: a) kupferplattiertes Flusstahlblech, b) Zinkblech, c) Eisenblech (sog. Schwarzblech), d) verzinktes Eisenblech, e) verbleites Eisenblech, f) Kupferblech. Hierbei wurden 200 und 400 mm lange und 40 mm breite Blechstreifen im geraden und nach verschiedenen Krümmungshalbmessern gebogenen Zustand den Dämpfen ausgesetzt und die Gewichtsveränderungen nach verschieden langer Einwirkung der Dämpfe festgestellt. 5. Untersuchungen auf Verhalten von Mennigeanstrich auf rohen Blechen und solchen die vorher a) mit dem Sandstrahlgebläse und b) mit der Bürste gereinigt waren, c) vom Zunder durch Hin- und Herbiegen befreit waren. Festgestellt wurden die Gewichtsveränderungen durch Reinigen und Streichen der Proben, die Veränderungen im Aussehen der den Witterungseinflüssen ausgesetzten Proben und das Haftvermögen der Farbe auf den drei verschiedenartig hergerichteten Flächen. 6. Festigkeitsversuche bei verschiedenen Wärmegraden. Unter ihnen möge eine Versuchsreihe hervorgehoben sein, bei der Duranametall und Kupfer in ihrer Verwendbarkeit als Stehbolzen zu vergleichen waren. Die Untersuchung umfasste Zugversuche und Biegeproben bei verschiedenen Wärmegraden und zwar wurden Hin- und Herbiegeproben mit unverletzten und mit eingekerbten Stäben ausgeführt. Zur Erhitzung dienten flüssige Wärmebäder. Als Vergleichsmaterial wurden von einer Eisenbahndirektion bezogenes Stehbolzenkupfer und zwei dem Lager der Anstalt entnommene Kupferbleche benutzt, von denen das eine nahezu reines Kupfer mit Spuren von Wismut und Eisen, das andere weniger rein war. Die Besprechung der Ergebnisse ist vorbehalten und zunächst nur erwähnt, dass das Duranametall bei Hitzegraden bis zu 250° C., die für die praktische Verwendung des Materials von Stehbolzenkupfer in Frage kommen dürften, den zum Vergleich herangezogenen Kupfersorten bei etwa gleicher Dehnbarkeit sowohl in der Festigkeit, als besonders auch in der Biegbarkeit überlegen war. Die Zugfestigkeit des Duranametalls erlitt innerhalb dieser Wärmegrade überhaupt keine Einbusse durch die Erwärmung, und der Widerstand eingekerbter Stäbe gegen Biegen, der für die Verwendung der Stehbolzen vornehmlich von Bedeutung ist, war ganz erheblich grösser als bei Kupfer. Von 250° C ab näherten sich die Eigenschaften des Duranametalls denen des Kupfers. 7. Untersuchungen an im Betriebe gebrochenen Konstruktionsteilen als: Bohrgestänge, Schraubenwellen, Schwungräder, Schienen, Kesselbleche, Pleuelstangenschrauben und der Rumpf eines Steinbrechers. In mehreren Fällen konnte die Ursache des Bruches auf mangelhaftes Material zurückgeführt werden. Bei einem Material, dessen Zugfestigkeit und Dehnung den Vorschriften entsprach, sollte begutachtet werden, ob auch die Biegbarkeit nach dem Abschrecken noch genügte. Hierbei machte sich der Einfluss der verschiedenen Hitzegrade, aus denen abgeschreckt wurde, ganz besonders geltend. Vorgeschrieben war, dass bei „Rotglut“ abgeschreckt werden sollte. Da jedoch nicht zweifelsfrei feststeht, welcher Wärmegrad mit „Rotglut“ gemeint ist, so konnte nicht entschieden werden, welches Ergebnis der bei verschiedenen Abschreckwärmen ausgeführten Versuche als massgebend anzusehen sei. Es ist dringend erwünscht, dass derartige allgemeine Ausdrücke aus den Bedingungen verschwinden und bestimmte Angaben über die Höhe der Abschreckwärme gemacht werden. 8. Versuche mit Schweisseisenstäben, aus alten Gitterbrücken entnommen, lieferten 27–34 kg/qmm Zugfestigkeit bei 8–27 v. H. Dehnung. Bei Kaltbiegeproben erwies das Material sich ebenfalls als ausserordentlich verschiedenartig, während sich die Stücke bei den Warmbiegeproben, mit einer einzigen Ausnahme, vollständig zusammenschlagen liessen. Die Untersuchung des Gefüges und der chemischen Zusammensetzung ergab an Schlackeneinschlüssen reiches Material mit phosphorhaltigen Schichten. 9. Schlagdauerversuche. Zur Untersuchung einer neuen Konstruktion für Lokomotivachslager, bei denen die Stösse der Achsen auf die Lagerflächen nachgeahmt wurden. Das Verhalten der Lagerschalen wurde mit dem normaler Lokomotivachslager in Vergleich gestellt. 10. Prüfungen von Konstruktionsteilen. Unter ihnen mögen noch erwähnt sein Versuche mit zwei Treppenläufen aus Kunststeinstufen mit Eiseneinlagen auf Tragfähigkeit, Biegeversuche mit Betonbalken und Holzbalken nach System Hetzer, Belastungsversuche mit zwei schmiedeeisernen Fensterrahmen und Sprossenkreuzen, ferner Versuche mit Rohren aus Ton, Steinzeug und Beton auf Scheitel- und inneren Druck. Ton- und Steinzeugrohre von 100, 200 und 300 mm l. W. lieferten bei Prüfung auf inneren Druck Bruchlasten von etwa 25, 15 und 7 Atm. Betonrohre von 500 und 300 mm Durchmesser gingen bei 3 bezw. 4 Atm. zu Bruch. 11. Die Haftfestigkeit von Beton am Eisen lieferte folgende Werte: \frac{\mbox{Haftfestigkeit}}{\mbox{Zahl der Versuche}}\frac{3-5}{8},\ \frac{6-10}{12},\ \frac{10-15}{16},\ \frac{15-20}{6} kg/qcm \frac{\mbox{Haftfestigkeit}}{\mbox{Zahl der Versuche}}\ \frac{20-25}{2},\ \frac{25-30}{5},\ \frac{33}{1} kg/qcm. Wie ausserordentlich unsicher die Annahme einer bestimmten Haftfestigkeit ist, davon zeugt eine Versuchsreihe mit neun Proben gleicher Fertigung, wobei sich ergab: \frac{\mbox{Haftfestigkeit}}{\mbox{Zahl der Versuche}}\ \frac{7,5}{1},\ \frac{11-19}{4},\ \frac{23-28}{6},\ \frac{33}{1} kg/qcm. Die abgegebenen neun Gutachten erstrecken sich: a) auf Beurteilung des Materials von im Betriebe nach kurzer Zeit gebrochenen Rotgussventilspindeln. Das Material war nach Festigkeit, Dehnbarkeit und Gefügebeschaffenheit minderwertig; b) darauf, ob Winkeleisen den Bedingungen entsprechend geliefert wurde; c) darauf, ob die Ursache des Einbeulens von Siederohren auf mangelhaftes Material oder äussere Einflüsse zurückzuführen sei; d) auf Untersuchung einer im Betriebe gebrochenen Pleuelstangenschraube. Sie war aus ungleichmässigem Flusseisen mit zäher Aussenzone und brüchigem Kern hergestellt. Bei der Aetzprobe traten die beiden Zonen deutlich zutage, und die chemische Analyse zeigte besonders Unterschiede im Phosphorgehalt; e) bei einem im Betriebe gebrochenen gusseisernen Steinbrecherrumpf auf die Güteeigenschaften des Materials; f) auf die Frage, ob ein im Betriebe gebrochenes Drahtseil mit Rücksicht auf die im Betriebe erlittenen Abnutzungen noch als betriebssicher anzusehen sei. Sie musste verneint werden, da nicht nur die Festigkeit und Biegbarkeit der einzelnen Drähte, sondern auch die Zugfestigkeit des ganzen Seiles bereits ausserordentlich stark gelitten hatte; g) auf den Vergleich von drei verschiedenen Plombenverschlüssen für den Postverkehr, auf Sicherheit der Verschlüsse gegen unerlaubtes Oeffnen. Das metallographische Laboratorium (jetzt Abteilung 4 für Metallographie) war im Betriebsjahre mit folgenden Untersuchungen beschäftigt: 1. Einfluss verschiedener Umstände auf den Angriff des Eisens durch Wasser (Fortsetzung); 2. Untersuchungen über den Einfluss von Beimengungen zum Kupfer auf das Gefüge; 3. Beobachtung des Gefüges von Eisen-Nickellegierungen (Fortsetzung); 4. Ausbildung von Verfahren zur schnellen Ermittlung der Art von Saigerungserscheinungen in Flusseisen. Ausserdem erledigte das Laboratorium 33 Anträge betreffend: Feststellung von Unterschieden des Gefüges innerhalb des Querschnittes von Eisen und Stahl, Ermittelung der Ursachen: des vorzeitigen Zerfressens eiserner Rohre durch Rost, örtlicher Anfressungen von Kupfer, des Rissigwerdens von gewalztem Kupfer, eines Ueberhitzerrohres und von kupfernen Dampfleitungen, von Fehlern in gebeizten eisernen Schüsseln, der Ausbeulung von Siederohren, der Sprödigkeit von Fahrradhinterradgabeln, des Bruches einer Kesselplatte. Ferner Entscheidung, ob Material Schweiss- oder Flusseisen ist, ob ein Material als Hartguss zu bezeichnen ist, ob ein Rohr nahtlos oder geschweisst ist, ob in einer Welle ein Stück eingeschweisst war, ob in einem gesprungenen Sägeblatt die Ursache des Bruches in vorhergebildeten Rissen zu suchen ist, und ob diese vom Härten oder von unsachgemässer Behandlung herrührten, ob fehlerhafte Stellen in Wellen zum Bruche führten. Ausserdem Anfertigung von Mikrophotographien und Abgabe von Abzügen von metallographischen Lichtbildern. Zu den einzelnen auf Grund von Anträgen erledigten Arbeiten ist folgendes zu bemerken: Durch metallographische Untersuchung sind vielfach Aufschlüsse zu erlangen über die Vorbehandlung des Materials. So liess sich auf Grund der Gefügeänderung feststellen, dass die Ausbeulung von Siederohren infolge örtlichen Glühens eingetreten war. Gleichzeitig ergab das Mikroskop Aufschluss darüber, dass die Wandstärke von Rohren unter der Einwirkung der Feuergase stellenweise durch Umwandlung des Eisens in Schwefeleisen j stark geschwächt war. Die Anstalt beabsichtigt, hierüber in einer besonderen Veröffentlichung weitere Aufschlüsse zu geben. Vielfach genügen die üblichen Abnahmevorschriften für Kesselbleche nicht, um minderwertiges Material auszuschliessen. Ein Material kann z.B. den Würzburger Normen genügen, und doch derart spröde sein, dass ein daraus hergeselltes Blech beim Herunterfallen aus geringer Höhe zerspringt. Man sollte auch bei Kesselmaterial sich in einfachster Weise durch Schlagversuch davon überzeugen, ob es besonderen Grad von Sprödigkeit zeigt oder nicht. Die Sprödigkeit kann bedingt sein durch Ueberhitzung des Bleches; sie kann aber auch infolge schlechter Materialbeschaffenheit eintreten. So zeigte z.B. ein solches sprödes Flusseisenblech starke Schnüre von hochphosphorhaltigen Einschlüssen; sie liessen sich durch eine einfache Aetzprobe mit Kupferammonchloridlösung bereits feststellen; durch analytische Untersuchung wurde weitere Gewissheit gewonnen. In Zerreisstäben machen sich solche phosphorreichen Aussaigerungen im Flusseisen, als sog. „Härteadern“ bemerkbar. Die Abteilung für Baumaterialprüfung bearbeitete 627 Aufträge mit 27304 Versuchen. Sehr grossen Umfang hatten wieder die Deckenprüfungen. Zur Prüfung gelangten; Trägerlose Hohlsteindecken „System Bremer, Winkeleisensteindecken, Förstersche Massivdecken, Securadecken, Viktoriasteindecken, „Weltdecken“ (sämtlich ebene Steindecken), massive Decken (System Kohlmetz), Massivdecken (System Ackermann), Monierdecken, ebene massive Stampfbetondecken mit Eiseneinlagen, Zementbetondecken mit Eisenfedereinlagen, ebene Betondecken, Eggert-Decken, Betonbalken (System Pohlmann) Decken aus Betoneisengitterträgern (System Visintini). In mehreren Fällen wurde die Prüfung von Decken antragsgemäss auf Bauten vorgenommen und mit Wurfproben verbunden. Die Wurfprobe gibt sehr wertvolle Aufschlüsse über die Widerstandsfähigkeit von Massivdecken gegen örtliche Erschütterungen und verdient deshalb neben der Belastungsprobe erhöhte Beachtung. In einem Falle wurden Erschütterungsversuche mit freitragenden Wänden aus einfachen und doppelten Gipsplatten vorgenommen, bei denen sich die Wände als sehr widerstandsfähig erwiesen. Brandproben mit eigens hierfür errichteten Versuchshäuschen ausgeführt, bezweckten die Erprobung von gautschiniertem Holz im Vergleich mit gewöhnlichem Holz, von Gipsplatten zweierlei Art, von wickelbaren Gipsdielen und von vier Kalksandsteinsorten. Die Proben haben ergeben, dass frisch gautschiniertes Holz dem Feuer erheblich besser und länger Widerstand leistet als gewöhnliches Holz. Die geprüften Gipsplatten haben sich als feuersichere Trennungswände bewährt und die wickelbaren Gipsdielen sind nach den Ergebnissen der Versuche geeignet zur Umhüllung von eisernen und hölzernen Säulen und Trägern. Ihre Anbringung ist nur mit geringen Schwierigkeiten verknüpft und die schwalben-schwanzförmigen Vertiefungen bieten dem Gipsputze guten Halt. Die Prüfung von Kalksandsteinen ist nicht nur, wie erwähnt, in vier Fällen auf die Feststellung der Feuerbeständigkeit beschränkt gewesen, sondern hat auch nach anderen Seiten hin entsprechend dem schnellen Anwachsen der Kalksandsteinindustrie erhebliche Steigerung erfahren. In einem Falle sind Kalksandsteine und gewöhnliche Ziegelsteine gleichzeitig zu demselben Gebäude verwendet und der Brandprobe unterworfen worden. Die Unterschiede beider Steinsorten in ihrem Verhalten gegen die Einwirkung des Feuers und des Wasserstrahles waren gering. Eine Kalksandsteinfabrik, die anfänglich recht geringwertige Ware erzeugte, hat ihre Erzeugnisse der stetigen Kontrolle der Anstalt unterstellt. Im Laufe der Prüfungen konnten die Steine ständig verbessert werden, so dass sie schliesslich den besten Kalksandsteinen ebenbürtig waren. Auf Grund der in der Anstalt ausgeführten Untersuchungen ist eine grosse Reihe neuer Baustoffe von den Baupolizeibehörden zur Verwendung zugelassen worden, namentlich Kalksandsteine und Dachsteine. Besonderes Interesse beanspruchen die Untersuchungen alter Mörtel, herrührend von Ausgrabungen auf der griechischen Insel Thera. Man hatte gehofft, dass die verschiedenartige Zusammensetzung der Mörtel vielleicht auf das Alter der Bauwerke, die verschiedenen Zeitaltern entstammen, Schlüsse zulassen würde. Es stellte sich aber heraus, dass die Art der Mörtelbereitung durch Jahrhunderte bis auf den heutigen Tag auf dieser Insel fast dieselbe geblieben ist und dass zu allen Zeiten, soweit die ausgegrabenen Bauwerke zurückreichen, dieselben Rohstoffe als Zuschlag- und Färbemittel Verwendung gefunden haben. Umfangreiche im wissenschaftlichen Interesse ausgeführte Versuchsreihen mit Betonwürfeln gaben Aufschluss über den Einfluss der Würfelgrösse auf die Druckfestigkeit des Betons. Nach den Ergebnissen dieser Versuche nimmt die Druckfestigkeit mit zunehmender Würfelgrösse ab, und zwar bei höheren Wasserzusätzen mehr als bei niederen. Ganz besonders umfangreiche Untersuchungen über die Festigkeits- und Dichtigkeitsverhältnisse von Beton sind im Berichtsjahre auf Antrag des Deutschen Beton-Vereins begonnen worden. Sie sollen Aufschluss geben über die Wirkung verschiedener Kiese im Beton bei gleichem Mischungsverhältnis und gleicher Behandlungsweise, aber mit verschiedenen Wasserzusätzen (feucht und trocken eingerammt). Die Versuche erstrecken sich über einen grösseren Zeitraum. Die Prüfung der Portland-Zemente beansprucht immer noch einen erheblichen Teil der Tätigkeit der Abteilung; namentlich sind im Berichtsjahre vielfach Zemente auf Beimischung von Hochofenschlacke untersucht worden. Die hierauf gerichteten Prüfungsverfahren sind wesentlich vervollkommnet worden. In allen Fällen konnte festgesellt werden, wieviel freie Schlacke etwa in dem Produkt vorhanden war. In einigen Fällen wurden für den Export bestimmte deutsche Zemente nach den „argentinischen Normen“ geprüft. Diese „Normen“ lassen nur einen so geringen Schwefelsäuregehalt der Zemente zu, dass es schwer fallen wird, in Europa Portland-Zemente zu finden, die dieser Bedingung und gleichzeitig den in bezug auf Bindezeit und Festigkeit gestellten Anforderungen entsprechen. Der Grund, weshalb nicht mehr als 0,93 v. H. Schwefelsäure zugelassen werden soll, ist nicht ersichtlich, nachdem jahrelang Portland-Zemente mit 2 v. H. und mehr Schwefelsäure sich bestens bewährt haben. Zur vergleichenden Untersuchung von Eisen-Portland-Zement und Portland-Zement hat der Herr Minister der öffentlichen Arbeiten einen Ausschuss eingesetzt, nach dessen Beschlüssen die Versuche im Berichtsjahre begonnen wurden. Von jeder Bindemittelgruppe sind vier Zemente zur Untersuchung gestellt. Ueber die Ergebnisse soll erst nach Abschluss der Untersuchung berichtet werden. Grösseren Umfang als bisher hat die Prüfung feuerfester Materialien angenommen. Neben der Schmelzbarkeit der feuerfesten Tone ist in vielen Fällen auch die Druckfestigkeit der daraus hergestellten Steine ermittelt worden, Untersuchungen, die bei den immer wachsenden Abmessungen der Hochöfen und Winderhitzer in neuerer Zeit von noch grösserer Bedeutung sind als früher. Versuche, die Festigkeit feuerfester Steine auch nach Erhitzung auf hohe Wärmegrade festzustellen, sind im Gange. Von den für Gerichte abgegebenen Gutachten betraf eines Fussböden, aus einem neuen Baustoffe hergestellt, die sich nicht bewährt hatten. Das Material war wenig dicht (der Dichtigkeitsgrad der verschiedenen Proben schwankte zwischen 0,593 und 0,648) und saugte an den Stellen, wo es bereits begangen war, aufgespritztes Wasser verhältnismässig schnell auf. Teile des Fussbodenstoffes waren auch in Wasser löslich. Wenn das Material vor seiner Verwendung regelrecht geprüft worden wäre, hätten sich Geld- und Zeitverluste vermeiden lassen. In einem anderen Falle wurde an Hand eines bestimmten Falles die Zumischung von Gips zum Zement für Putzzwecke, insbesondere zur Herstellung von Gesimsen, als technisch fehlerhaft begutachtet. Die Arbeiten für die Neuregelung der Normen für einheitliche Lieferung und Prüfung von Portland-Zement sind fortgesetzt, aber noch nicht zum Abschluss gebracht worden; insbesondere sind noch Prüfungen im Gange, ein neues zuverlässigeres Verfahren für die Bestimmung der Abbindezeit der Zemente aufzufinden. Die Anstalt hat vorgeschlagen, den Verlauf der Wärmeänderungen im abbindenden Zement aufzuzeichnen und zur Beurteilung der Zemente in bezug auf Abbindezeit zu benutzen. Die Versuche werden demnächst abgeschlossen. Auch die Versuche zur Auffindung eines Verfahrens zur Beurteilung der Erhärtungsfähigkeit des Zementes an der Luft werden fortgesetzt Die Herstellung und Kontrolle des Normalsandes ist in der üblichen Weise fortgesetzt worden und hat zu keinen Beanstandungen geführt. Die Bemühungen zur Auffindung und Einführung eines gemischtkörnigen Normalsandes sind gescheitert. Inzwischen hat die Anstalt auch die Kontrolle des Normalkalkes übernommen, der in den Werken der Vereinigten Harzer Kalk-Industrie hergestellt wird und zum Vergleich verschiedener hydraulischer Zuschläge (Puzzolane, Trass u. dergl.) benutzt werden soll. Zur Auffindung von Verfahren zur Prüfung von Estrichgips sind die Versuche fortgesetzt worden, haben aber noch immer zu keinem brauchbaren Ergebnis geführt. In der Abteilung für Papierprüfung, welcher zugleich auch die Prüfung von Textilstoffen obliegt, wurden 975 Anträge erledigt. Sie entfallen zum grössten Teil auf die vollständige Prüfung von Kanzleipapieren nach den Nonnen. Unter den Teilprüfungen steht die Feststellung des Widerstandes gegen Zerknittern an erster Stelle. Die Stoffprüfungen umfassten Versuche auf Festigkeit und Dehnung in Schuss und Kette, der Prüfung von Fäden auf Zugfestigkeit und Dehnung mit Bestimmung der Feinheitsnummer und Drehungszahl, Bestimmung des Aschengehalts, der Faserart in Schuss und Kette, der Fadenzahl auf 1 cm in Schuss- und Kettenrichtung, sowie Untersuchungen auf Schlichte, Farbe, Stärke, Wasserdurchlässigkeit usw. Von den im Auftrage von Gerichtsbehörden abgegebenen Gutachten betraf eines Pergamentpapier, das infolge starker Brüchigkeit für praktische Verwendung ganz unbrauchbar war. Die ausgeführten Untersuchungen ergaben, dass das beanstandete Pergamentpapier relativ beträchtliche Mengen Schwefelsäure enthielt. Proben aus fünf verschiedenen Rollen entnommen, zeigten: 0,17, 0,28, 0,32, 0,43 und 0,57 v. H. Säure, berechnet als wasserfreie Schwefelsäure. Im zweiten Falle handelte es sich darum, ob die an der Rückseite von zwei Invaliditätsmarken haftenden Papierreste von einem Quittungskartenkarton herrührten; das Gericht war der Meinung, dass diese Marken bereits auf eine andere Quittungskarte geklebt gewesen, von dieser dann abgelöst und ein zweites mal benutzt worden seien. Nach Ablösung der Marken von der Karte war die Stelle, auf der die Marken gesessen hatten, ganz unversehrt; die an der Rückseite der Marken haftenden Papierreste bestanden aus etwa 35 v. H. Holzzellstoff, 35 v. H. Leinen und 30 v. H. Baumwolle, hatten also eine Stoffzusammensetzung, wie sie die meisten Quittungskarten zeigen; der Verdacht des Gerichts wurde also durch diesen Befund gestützt Die Aussage des Karteninhabers, dass die Marken in seinem Notizbuch geklebt hätten und dass die Reste auf der Rückseite der Marken von dem Papier des Buches herrührten, erwies sich als hinfällig, da dieses Papier aus rund 75 v. H. Holzschliff und 25 v. H. Holzzellstoff bestand. Im dritten Falle wünschte ein Gericht ein Gutachten darüber, ob sich an einer bestimmten Stelle eines Briefes ein scharfer Kniff befunden habe, der nachträglich so entfernt worden sei, dass er jetzt nicht mehr sichtbar erschien. Ein Anhalt hierfür hat sich bei der Prüfung nicht ergeben. Durch photographische Aufnahmen verschieden stark gekniffter und wieder geglätteter Papierproben im auffallenden und durchfallenden Licht kam die Versuchsanstalt zu der Ueberzeugung, dass es kaum möglich sein dürfte, einen scharfen Kniff aus einem Papierbogen soweit zu entfernen, dass die Kniffstelle später nicht mehr nachzuweisen ist. An mehreren Rollen gefärbter Velourpapiere, die quer zur Bahn Streifen zeigten, war festzustellen, wie diese Streifen, die das Papier wertlos machten, entstanden seien. Der Abnehmer behauptete, dass eine Veränderung der Farbe stattgefunden hätte. Dies war jedoch nicht der Fall. Die Streifen in den Papieren waren vielmehr durch Druck der Rollen gegeneinander im Lager entstanden. Hierdurch wurde die rauhe Oberfläche der Papiere etwas zusammengepresst, und eine andere Lichtwirkung als an den nicht gepressten Stellen hervorgerufen. Die Breite und Deutlichkeit der Streifen nahm von aussen nach innen zu ab, entsprechend dem kleiner werdenden Durchmesser der Rolle. Wurden Proben von den eingereichten Papieren um eine Holzwalze gewickelt und diese dann gepresst, so zeigten sämtliche gedrückte Stellen helle Streifen wie im eingereichten Muster. Die im Auftrage des Justizministeriums im vorigen Jahre begonnenen Untersuchungen von Farbbändern für Schreibmaschinen auf die Widerstandsfähigkeit der damit hergestellten Schrift wurden im Berichtsjahre fortgeführt, sind aber noch nicht beendet. Soviel kann aber schon ausgesagt werden, dass es Farbbänder gibt, deren Schrift ebenso schwer und in manchen Fällen noch schwerer vom Papier zu entfernen ist als Schriftzüge mit bester Urkundentinte. Man wird daher gewisse Farbbänder, die das Justizministerium den Interessenten s. Zt. bekanntgeben wird, zur Herstellung wichtiger Schriftstücke ohne Bedenken benutzen können. In der Abteilung für Oelprüfung wurden 709 Proben zu 425 Anträgen geprüft. Von den umfangreicheren Untersuchungen sind folgende hervorzuheben: Zwei Rohöle wurden eingehend auf Verarbeitungsfähigkeit durch Destillationsversuche und Paraffinbestimmung geprüft und erwiesen sich als benzinfreie, wenig Paraffin, vorwiegend Schmieröl und in geringer Menge Petroleum enthaltende Oele. In Dampfzylindern entstandene Rückstände enthielten hauptsächlich benzin- und benzolunlösliche Stoffe (kohlige organische Bestandteile sowie Eisen, Eisenverbindungen und mechanische Verunreinigungen), zum geringeren Teil sehr dickflüssiges dunkles Mineralöl und wenig Wasser. Zwei aus Mineralöl gewonnene alkoholische Extrakte, welche bei Zimmerwärme harzartige Beschaffenheit zeigten und als Harz angesprochen worden waren, erwiesen sich bei der hier erfolgten Nachprüfung nicht als Harz, sondern als mineralölartige Stoffe, wie sie sich beim Behandeln von reinen Mineralölen durch Extraktion mit 70 v. H. Alkohol gewinnen lassen. Näheres über die Natur solcher Stoffe ist bereits in den „Mitteilungen“ 1895, S. 184 berichtet worden. Zwei Abfallprodukte der Mineralölverarbeitung wurden daraufhin untersucht, ob sie als Säureharze oder Abfallsäure zu bezeichnen seien. Beide Proben bestanden zum weitaus grössten Teil aus Schwefelsäure und enthielten etwas Wasser, schweflige Säure und sonstige Verunreinigungen. An wasserunlöslichen Säureharzen waren in der einen Probe nur Spuren, in der anderen etwa 20 v. H. vorhanden. Die Proben waren hiernach nicht als Säureharze, sondern als Abfallsäuren zu bezeichnen. Ferner sind zu nennen Untersuchungen von: Transformatorenöle (reine Mineralöle, Harzöle sowie Mischungen aus beiden) auf die Verdampfungsmenge nach fünfstündigem Erhitzen auf 100° C. nach dem in den „Mitteilungen“ 1902, S. 67 ff. beschriebenen Verfahren, und von Terpentinölen, Leinölfirnissen und Wollfettoleïn auf Reinheit. Ueber die im letzten Berichtsjahre ausgeführten analytischen und sonstigen wissenschaftlichen Arbeiten ist folgendes mitzuteilen: Während bisher bei der Oxydation von Oelsäure in alkalischer Lösung neben wasserlöslichen Säuren nur Dioxystearinsäure gefunden wurde, ergab sich, dass bei Verwendung geringerer Mengen Alkali, als man bisher anwandte, Oxyketostearinsäure als Hauptreaktionsprodukt in geringerer Menge Dioxystearinsäure und wasserlösliche Säuren gebildet werden. Der Säuregehalt gefärbter Mineralöle lässt sich infolge der störenden Gegenwart des Farbstoffs nicht in üblicher Weise durch Titration ermitteln. Ist der Farbstoff durch verdünnte Salzsäure nicht ausziehbar, so spaltet man ihn durch Erwärmen mit Zinn und Salzsäure oder man schüttelt eine Petrolätherlösung des Oeles mit einer abgemessenen Menge verdünnter alkoholischer Natronlauge und titriert die unverbrauchte Lauge durch Salzsäure bei Gegenwart von Phenolphtaleïn zurück. Zur Prüfung von Maschinenschmierfetten auf Wassergehalt erwies sich die Vornahme einer Destillation mit Toluol und Abmessen des übergehenden Wassers als zweckmässig. Der Säuregehalt dieser Fette wird durch Erwärmen mit etwas alkoholhaltigem Benzin und Titrieren in der Wärme bei Gegenwart von 50 v. H.-Alkohol und Phenolphtaleïn (als Indikator) bestimmt. Bei dieser Versuchsausführung ist der Umschlag stets scharf. Die bisherigen Verfahren zur Bestimmung des Tropfpunktes von Fetten, Paraffin, Ceresin usw. liefern nicht immer scharfe Ergebnisse, da es bei diesen Verfahren schwer möglich ist, immer gleiche Mengen Fett auf das Thermometer bezw. das Stäbchen aufzutragen. Daher wurde für die Bestimmung des Tropfpunktes ein neuer Apparat konstruiert, der stets gleiche Mengen Fett in gleichartiger Weise einzufüllen gestattet und infolge dessen sehr genaue Ergebnisse liefert. Im Auftrage des Ministers für Handel und Gewerbe wurden Versuche über den Nachweis von Mineralölpech in Fettpechen sowie zur Gewinnung von Unterlagen für die zolltechnische Behandlung von Mineralölrückständen in Angriff genommen.