Titel: Der elektrische Kohlelichtbogen im Vakuum.
Autor: A. Hoerburger
Fundstelle: Band 320, Jahrgang 1905, S. 245
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Der elektrische Kohlelichtbogen im Vakuum. Ein Beitrag zur Kenntnis des Lichtbogens. Von Dr. A. Hoerburger, Ingenieur, Berlin. (Fortsetzung von S. 232 d. Bd.) Der elektrische Kohlelichtbogen im Vakuum. Die letztgenannte Erscheinung lässt sich nur dadurch erklären, dass bei dem niedrigen Druck kleiner als 0,1 mm die glühende Kohle Gase verschluckt und infolgedessen auch, wie oben erwähnt, so stark zerstäubt. Eine bedeutende Besserung wurde erzielt, als von etwa 3 mm Hg an der Lichtbogen nicht mehr ständig brennend erhalten wurde, sondern wenn z.B. langsam bis 1,5 mm Hg verdünnt wurde, dann der Bogen entzündet, eine Messung gemacht und bei gelöschtem Bogen wieder weiter evakuiert wurde. Das Fortschreiten des Vakuums erfolgte nun bedeutend langsamer und die Zerstäubung nahm bedeutend ab, liess sich aber natürlich niemals völlig vermeiden. Bei dieser zweiten Arbeitsmethode, den Lichtbogen erst bei einem bestimmten Druck zu entzünden, trat die von Stenger und anderen beobachtete Erscheinung auf: Das Vakuum verschlechterte sich. Hatte man z.B. 0,6 mm Hg eingestellt und dann den Lichtbogen entzündet, so konnte man etwa zwei Sekunden nach der Entzündung im Mac Leod nur mehr 0,75 bis 0,8 mm feststellen und nach etwa einer Minute 0,9 mm Hg. Aber diese Druckerhöhung geschah niemals so sprunghaft, auch bei grösseren Drucken nicht, als dass man, wie Stenger zu der Hypothese von Schuster greifen müsste, durch den Lichtbogen würden die Moleküle disoziiert. Die Drucksteigerung erklärt sich ganz ungezwungen, wenn man auf der Anschauung von J. Stark fussend, bedenkt, dass aus der negativen Kohle in dem Lichtbogen ein Dampfstrahl entsteht der sich erst allmählich wieder kondensiert; nimmt man noch die starke Erwärmung hinzu, so lässt sich leicht einsehen, dass der Druck um 40–50 v. H. steigen muss. Dass die Wirkung durch den plötzlich auftretenden Dampfstrahl bei Stenger eine viel grössere war und bei einem Druck von 50 mm Hg die auf Quecksilber schwimmende Kohle um 3 cm nach abwärts drängte, lässt sich ohne weiteres erklären, wenn man bedenkt, dass bei seinen Versuchen die Glaskugel nur 90 mm Durchmesser hatte, so dass das Volumen bei meinen Versuchen ohne Berücksichtigung des nicht unbeträchtlichen Volumens der Ansätze achtmahl grösser war. Wollte man nun die bei den verschiedenen Drucken und den verschiedensten Erscheinungen auftretenden Spannungen zusammennehmen, etwa indem man aus allen beobachteten Werten Mittelwerte bildet, so ergeben sich ganz ungeordnete Zahlen. Man ist daher gezwungen, die Erscheinungen zu sondern und zwar in normale und in nebenhergehende Erscheinungen. Als Kriterium für den normalen Zustand wurde betrachtet, dass durch irgend ein Hilfsmittel bei dem gleichen Druck stets der gleiche Zustand mit der gleichen Spannung herbeigeführt werden konnte. Als Hilfsmittel zur Herbeiführung des normalen Lichtbogens ergab sich die Berührung der Kohlen und darauf die rasche Einstellung der gewünschten Elektrodenentfernung. Jedesmal nach der Berührung zeigte der Lichtbogen gewissermassen die einfachste Form mit der niedrigsten Spannung gegenüber der, die bei allen anderen Formen beim gleichen Druck auftrat. Diese sogenannte normale Form zeigte, wie sich aus der vorhergehenden Beschreibung ersehen lässt, drei verschiedene Arten: 1. Die gewöhnliche Form des Lichtbogens, wie sie auch unter Atmosphärendruck beobachtet wird, aber ohne umgebende Aureole von 720 mm Hg. bis etwa 6 mm Hg. 2. Das Auftreten einer kleinen, die Aureole bedeckenden blauen Haube, in der Farbe deutlich von den übrigen Teilen des Lichtbogens sich abhebend, von 6 mm Hg. bis etwa 0,5 mm Hg. 3. Ein von dem leuchtenden Fleck der Kathode ausgehendes helles Lichtbüschel, das mit der Anode keine direkte Berührung hatte, während sich an der Anode keine Lichterscheinung geltend machte und die Spitze der Anode nur schwach glühte, von 0,5 mm Hg. bis zu den kleinst gemessenen Drucken von 0,006 mm Hg. Wenn nun die bei verschiedenen Elektrodenentfernungen und verschiedenen Drucken am normalen Lichtbogen gemessenen Spannungen als Funktion des Druckes zusammengestellt werden, so erhält man äquidistante Kurven, die mit abnehmendem Druck abnehmen und sich in einem gemeinschaftlichen Punkt vereinigen. Dieser gemeinschaftliche Punkt, d.h. der Spannungswert, der unabhängig von der Elektrodenentfernung ist, liegt zwischen 18 und 20 Volt und ist bei 0,1 mm Hg. auch bei grösseren Elektrodenentfernungen erreicht, also bei jenem Punkt, von wo ab nur mehr an der negativen Kohle aus einem intensiv glühenden Punkte ein blaues Lichtbüschel hervorbricht, während sich an der positiven Kohle keine Lichterscheinungen geltend machen. Diese Spannung ändert sich auch nicht mehr mit weiter bis auf 0,006 mm Hg. abnehmendem Drucke; sie ändert sich auch nur ganz unmerklich mit der Stromstärke, so wurde wiederholt bei 0,008 mm Hg. bei einem Strom von 15 Ampere eine Spannung zwischen 18–20 Volt beobachtet. Das Bestreben, auch die am Lichtbogen herrschende Spannung, wenn Glimmlichterscheinungen auftreten, zusammenzustellen, musste nach mühsamen Versuchen, aufgegeben werden, da die Verhältnisse derartig verwickelt und ohne scharfe Grenzen sind, dass hier ein Ziel nicht abzusehen ist. So können auch die oben angegebenen Bilder durchaus nicht etwa als Mass der auftretenden Erscheinungen gelten, sondern es sind nur Momente, die häufiger wiederkehren und ein gewisses charakteristisches Gepräge tragen. Diese Erscheinungen gehen ineinander über und ohne ersichtlichen Grund wird bald die eine, bald die andere mehr bevorzugt. Im nachfolgenden möge die Tabelle der ermittelten Zahlenwerte für den normalen Lichtbogen mitgeteilt werden. Die einzelnen Zahlen sind Mittelwerte aus mindestens sechs zu ganz verschiedenen Zeiten aufgenommenen Versuchsreihen. In den Kurven der Fig. 20 sind diese Zahlen graphisch verwertet, und zwar ist die Spannung in Volt am Lichtbogen als Funktion des Druckes in mm Hg. aufgetragen. Aus den Kurven ergibt sich zunächst, dass ein Ansteigen der Spannung bei grösseren Elektrodenentfernungen mit abnehmendem Druck, wie es Duncan, Rowland und Todd in der oben zitierten Arbeit (S. 184) durch ihre eine Messung bei teilweisem Vakuum festgestell haben wollten, nicht statttfindet. Mit abnehmendem Druck des umgebenden Gases von einer Atmosphäre bis zum Vakuum nimmt die Spannung am Lichtbogen konstant ab und nähert sich einem bestimmten Wert, der bei ungefähr 19 Volt liegt. Dieser Wert wird ziemlich bald bei ungefähr 0,1 mm Hg. erreicht. Ein Wieder anwachsen der Spannung, wie es B. Monasch für den „kritischen Druck“ erwartet, tritt nicht ein, da sich der Lichtbogen seine Dampfsäule selbst erzeugt. Textabbildung Bd. 320, S. 246 Fig. 20. Spannung am Lichtbogen bei verschiedenen Elektrodenentfernungen als Funktion des Druckes. Druck in mm Hg: Spannung in Volt bei einem Elektrodenabstand von 1 2 3 4 5 6 7 mm 720 51 56 60 64 68 72 76 500 49 54 59 63 66 70 75 300 47 52 57 61 64 68 73 200 46 50 54 60 62 67 71 100 42 47 52 57 59 65 68   50 40 43 49 54 57 62 66   25    36,5 40 46 49 53 57 62   15 34 38 42 47 50 53 58   12 33 37 41 45 49 51 50     6 30 34 38 42 45 47 51     3 27 31 34 38 41 44 45     2 25 29 31 34 37 40 43     1 22 24 27 31 33 35 38       0,5 20 22 24 27 28 31 33         0,25 19 20 21 22 23 25 26       0,1 19 19 19 19 19 19 19 Die weiteren Folgerungen aus den in der Tabelle vereinigten Zahlenwerten ergeben sich besser aus Fig. 21, in der die beobachteten Spannungen am Lichtbogen bei den verschiedenen Gasdrucken als Funktion der Elektrodenentfernung aufgetragen sind. Man erhält so, wie es die Fig. 21 auch zeigt, gerade Linien von der von FrölichElektrotechnische Zeitschrift 1883, S. 150. angegebenen allgemeinen Gleichung Ep = m + nL. Auf diese Beziehung hatte bereits EdlundPoggendorf, Annalen der Physik und Chemie, 131, S. 586; 133, S. 353; 134, S. 250, 337; 139, S. 354. aufmerksam gemacht. Für die Konstanten m und n sind in der Literatur ziemlich abweichende Zahlenwerte angegeben, welche in der folgenden TabelleAus: „Der elektrische Lichtbogen“ von Dr. E. Voit. Stuttgart, 1896. enthalten sind. Diese Zahlenwerte gelten für einen normalen Gleichstromlichtbogen in Luft zwischen gewöhnlichen Kohleelektroden. Textabbildung Bd. 320, S. 246 Fig. 21. Spannung am Lichtbogen bei verschiedenen Drucken als Funktion der Elektrodenentfernung. Ayrton und Perry 1882 m = 63 n = 2,1 Frölich 1883        39       1,8 Peuckert 1885        35       1,9 von Lang 1885        39 von Lang 1887        37 Gross und Shepard 1886        37–39,7       1,9 Luggin 1887        40,04       1,77 Uppenborn 1888        40,1       2,24 Duncan, Rowland und Todd 1892        40,6       1,6 Aus der allgemeinen Formel von Hertha Ayrton (vergl. S. 230) ergeben sich für diese Konstanten bei einer Stromstärke von sechs Ampere und Verwendung von Homogenkohlen folgende Zahlenwerte: Ep = 40,83 + 3,83 . L. Unter den bei diesen Versuchen obwaltenden veränderten Bedingungen, wahrscheinlich infolge des völligen Mangels an Sauerstoff in den umgebenden Gasen ergeben sich die Werte für die Konstanten etwas grösser und zwar der Kurve für Atmosphärendruck (720 mm Hg.) in Fig. 21 entnommen zu Ep = 48 + 4 L Die Grösse m = 48 erhält man als theoretische Spannung am Lichtbogen für die Elektrodenentfernung L = 0 aus Fig. 21, indem man die gerade Linie rückwärts bis zum I Schnittpunkt mit der Ordinatenachse verlängert. Die Grösse n = 4 ergibt sich als Tangente des Neigungswinkels aus n=\frac{Ep\,(\mbox{für }=7\mbox{ mm in Kurve für }p=720\mbox{ mm Hg.})-m}{L}=\frac{76-48}{7}=4. Rechnet man auf diese Weise für alle sechszehn aufgenommenen Zahlenreihen die Werte der Konstanten m und n aus, so erhält man nachstehende Tabelle. In Fig. 22 sind diese beiden Grössen m und n als Funktion des Druckes in mm Hg. aufgetragen. Die Kurve für m hat ungefähr den gleichen Verlauf wie die Kurven von Fig. 20; die Kurve für n dagegen steigt viel rascher an und nimmt von ungefähr 15 mm Hg. an einen konstanten Wert an. Ueber die Bedeutung der Grösse m hat sich in früheren Jahren ein heisser Kampf entsponnen und es findet sich in der Literatur eine grosse Anzahl von Schriften darüber; keine der vorgebrachten Theorien vermag den gesamten Spannungsabfall zu erklären. Druck in mm Hg. m n 720 48 4 500 46,5 4 300 44 4 200 42,5 4 100 40 4   50 36,5 4   25 32,5 4   15 30,5 3,9   12 29,5 3,7     6 27 3,4     3 24 3,0     2 22,5 2,8     1 20,5 2,5        0,5 19,5 1,9          0,25 19 1,0        0,1 19 0,0 Textabbildung Bd. 320, S. 247 Fig. 22. Kurve der Grössen m. u. n. als Funktion des Druckes. Die erste Ansicht über die Bedeutung von m war die, dass der Lichtbogen der Sitz einer gegenelektromotorischen Kraft sei, da man sich sonst den plötzlichen bedeutenden Spannungsabfall besonders an der Kathode nicht erklären konnte. Zahlreiche Versuche wurden angestellt, diese elektromotorische Gegenkraft auch experimentell nachzuweisen, und oft glaubte ein Forscher ihr Vorhandensein durch Galvanometerausschläge nachgewiesen zu haben. Allein diese Versuche konnten einer strengen Kritik nicht standhalten, im Gegenteil hat sich durch einwandsfreie Versuche ergeben, dass eine elektromotorische Gegenkraft im Sinne einer Polarisation nicht vorhanden ist oder mit dem Verlöschen des Bogens verschwindet. Alle diese Messungen untersuchten nämlich den Lichtbogen unmittelbar nach dem Verlöschen auf eine innere elektromotorische Gegenkraft. Solche Messungen können deshalb nicht zur Entscheidung dieser Frage herangezogen werden, da, wie die Versuche mit der singenden Bogenlampe gezeigt haben, die Zustände im Lichtbogen ungemein rasch den Aenderungen der Stromstärke folgen. Anhänger dieser hypothetischen elektromotorischen Gegenkraft waren insbesondere Edlund und Latschinoff,La lumière électrique, 1879, I, S. 198. Viktor von Lang,Zentralblatt für Elektrotechnik, 1885, 7, S. 299, 316, 443; 1886, 8, S. 173; 1887, 9, S. 315. Leo Arons,Wiedemanns Annalen der Physik und Chemie, 1887, 30, S. 95. FrölichElektrotechnische Zeitschrift, 1886, S. 433. und Vogel:Zentralblatt für Elektrotechnik, 1887, 9, S. 189. 216. durch ihre Versuche konnten diese elektromotorische Gegenkraft nicht nachweisen oder kamen zu der Ansicht, dass keine elektromotorische Gegenkraft vorhanden sein könne: Luggin,Wiener Berichte, 1889, 98, S. 1192.Lecher,Wiedemanns Annalen der Physik und Chemie, 1888, 33, S. 609. Stenger,Wiedemanns Annalen der Physik und Chemie, 1892, 45, S. 33. Uppenborn,Zentralblatt für Elektrotechnik, 1887, 9, S. 633. NebelZentralblatt für Elektrotechnik, 1886, 8, S. 619. und Feussner.Zentralblatt für Elektrotechnik, 1888, 10, S. 3. Eine zweite Ansicht vermutete die Entstehung des Spannungsverlustes darin, dass der Strom an den Elektroden eine gewisse Arbeit leisten müsse, um diese Elektroden auf eine höhere Temperatur zu bringen und von den festen Kohlen kleine Kohleteilchen loszureissen. DubZentralblatt für Elektrotechnik, 1888, 10, S. 749. kam zuerst auf diese Idee und suchte einen experimentellen Nachweis zu bringen, indem er beim Ausblasen von Kohlestaub zwischen den Elektroden tatsächlich einen dieser Vorstellung entsprechenden Strom fand. Diese Ansicht deckt sich zum Teil mit dem, was oben aus J. Stark (S. 202) zitiert ist, wo, wie hier kurz wiederholt werden soll, gesagt ist, dass die Bedingung für den Lichtbogen die hohe Temperatur von etwa 3000° an der Kathode und die Versorgung der Strombahn mit Kohledampf ist. Weitere Erklärungen des Spannungsabfalles wurden dadurch gegeben, dass dieser als Folge einer thermoelektrischen oder einer elektrochemischen Wirkung angesehen wurde. Diese thermoelektrischen Kräfte waren früher gleichfalls nicht experimentell nachzuweisen. Man glaubte nämlich, dass die thermoelektrische Kraft auch nach dem Erlöschen des Lichtbogens, da wenigstens für kurze Zeit die Elektroden sowohl wie die Gasstrecke eine sehr hohe Temperatur hatten, sich bemerkbar machen müsste. Lecher zeigte in einem Versuch, dass nach dem Verlöschen eine thermoelektrische Kraft nicht vorhanden ist, obwohl die heisse Gasstrecke, wie durch den Stengerschen Versuch bewiesen ist, noch sehr gut den Strom leiten würde. Dass trotzdem beim brennenden Lichtbogen thermoelektrische Kräfte vorhanden sind, wird unten ausgeführt. Die Zustände im Lichtbogen, besonders die Wärmeverhältnisse folgen eben ungeheuer rasch den kleinsten Stromschwankungen, wie die allbekannten Versuche mit dem sprechenden Lichtbogen gezeigt haben. Als elektrochemische Wirkung käme z.B. die Bildung von Stickoxyd in Betracht, ein Vorgang, der heutigen Tages eine immer steigende Verwendung in der Technik findet. Allein, wie Prof. Nernst nachgewiesen hat, ist die Bildung chemischer Produkte eine Folgeerscheinung der im Lichtbogen erzeugten Wärme, und für sie wird daher keine eigene elektrische Energie verbraucht. Eine letzte Anschauung, die besonders von Schwendler vertreten wurde, ist die, dass an den Elektroden im Lichtbogen, besonders im Krater ein Uebergangswiderstand vorhanden ist, der den grossen Spannungsabfall bedingt. S. Thompson hat diesen Spannungsabfall infolge von Widerständen im Krater zu 39 Volt den Spannungsabfall im Lichtbogen selbst zu 2–3 Volt gleichmässig verteilt und an der negativen Kohle zu 2–3 Volt festgestellt.Vergleiche darüber Voit: „Der elektrische Lichtbogen“. Stuttgart, 1896. S. 41. Durch neuere Versuche sind nun tatsächlich innere elektromotorische Kräfte im Lichtbogen festgestellt worden den und zwar während des Betriebes. DuddellProceedings of the Royal Society, 68, 01, S. 512. hat gefunden, dass an der Anode des Lichtbogens eine innere elektromotorische Gegenkraft im Betrage von ungefähr 17 Volt entgegen der aufgedrückten Spannung und an der Kathode eine innere elektromotorische Gegenkraft von etwa 6 Volt vorhanden ist, im gleichen Sinne mit dem Spannungsabfall, dass also im gesamten Lichtbogen eine innere elektromotorische Gegenkraft von etwa 11 Volt auftritt. Duddell will diese elektromotorische Gegenkraft als thermoelektrische Kraft angesehen wissen. Er gibt zur Unterstützung dieser Ansicht ein Experiment, das eigentlich mit dem von Dub (S. 247) ausgeführten übereinstimmt. Wenn er nämlich zwei Homogenkohlen mit einer Gebläseflamme ungleichmässig erhitzte, so zeigte ein eingeschaltetes Voltmeter einen Potentialunterschied der beiden Kohlen von 0,6 Volt, dergestalt, dass die heissere Kohle die positive war. Nach Duddells Ansicht ist nun der Temperaturunterschied im Lichtbogen viel grösser und daher auch der Betrag der resultierenden Spannung. Die thermoelektrischen Kräfte von + 6 Volt und – 17 Volt lassen sich zusammen mit dem Ergebnis, dass die heissere Stelle positiv ist, nur so erklären, dass die Gasstrecke im Lichtbogen viel heisser ist als die Elektroden, und dass die kleine Ansatzstelle des Lichtbogens an der Kathode, auch wenn beim Kohlelichtbogen die Anode scheinbar die heissere ist, eine bedeutend höhere Temperatur besitzt als die Anode. Mit Berücksichtigung der vorhandenen Literatur lässt sich sagen, dass die Grösse m aus zwei Teilen zusammengesetzt ist: 1. dem Spannungsverlust infolge der Arbeitsleistung an der Kathode durch Erwärmung und Verdampfung des Elektrodenmaterials oder im Starkschen Sinne dem Arbeitsaufwand für Jonisation, 2. der elektromotorischen Gegenkraft des Lichtbogens als der Differenz der beiden an den Elektroden vorhandenen im verschiedenen Sinne wirkenden thermoelektro-motorischen Kräfte im Duddellschen Sinne. Das experimentell gefundene Ergebnis, dass die Spannung am Lichtbogen mit fallendem Luftdruck abnimmt, dürfte sich aus folgendem erklären lassen. Bei allen Materialien nimmt der Siedepunkt mit abnehmendem Gasdruck ab; man wird diese Tatsache wohl auch für Kohle annehmen dürfen. Wenn aber bei abnehmendem Gasdruck der für den Lichtbogen nötige Dampfstrahl schon bei einer geringeren Temperatur entsteht, so muss auch die für die Erwärmung aufzuwendende Energie und damit bei gleicher Stromstärke der Spannungsverlust im Lichtbogen abnehmen und sich einem bestimmten Wert, nämlich jener Grösse nähern, welche die für die Verdampfung der Kohle im Vakuum nötige Energie ergibt. Da im Vakuum die direkte Fortführung von Wärme durch die umgebenden Gase wegfällt, und durch die die Wärme nur schlecht leitenden Kohleelektroden nur ein kleiner Teil verloren geht, so muss auch aus diesem Grunde der durch die Wärmelieferung bedingte Spannungsabfall mit abnehmendem Druck abnehmen. Ueber das Verhalten der Duddellschen thermoelektrischen Kraft mit abnehmendem Druck könnte man nur durch Versuche Aufschluss erhalten. Da hier zwei Faktoren im gleichen Sinne wirken, so lässt sich begreifen, dass die Spannung am Lichtbogen mit abnehmendem Druck des umgebenden Gases so stark abnimmt. Die Grösse n gibt den Spannungsverlust f. d. mm Länge des Lichtbogens. Dieser Spannungsverlust bleibt bei abnehmendem Druck ungeändert, solange Form und Aussehen des Lichtbogens ungeändert bleiben. Sobald aber die oben beschriebenen Aenderungen des Lichtbogens bei den höheren Graden der Verdünnung einzutreten beginnen, beginnt der spezifische Spannungsverlust in der Lichtsäule zu sinken und nimmt schnell und stetig bis zu unmerklichen Werten ab. In bezug hierauf ist jedoch folgendes zu bemerken. Wenn sich aus den oben angeführten Zahlen ergibt, dass bei 0,1 mm Hg. Druck die Spannung am Lichtbogen unabhängig von der Elektrodenentfernung ist, dass also n = 0, so heisst das nicht etwa, dass der Kohledampf unbeeinflusst von fremden Gasen ein unendliches Leitvermögen besitzt, sondern nur, dass der Spannungsabfall in der Dampfsäule des Lichtbogens so gering geworden ist, dass ein Einfluss innerhalb 7 mm Elektrodenentfernung auf die Gesamtspannung nicht mehr nachzuweisen ist. Nimmt man zum Vergleich ein Material, bei dem es gelungen ist, einen bedeutend längeren Lichtbogen im Vakuum herzustellen, z.B. Quecksilberdampf, so hat sich hier ergeben, dass die Spannung f. d. mm Bogenlänge nur um einige Hundertstel eines Volt zunimmt. Diese Erfahrungen lassen sich natürlich nicht ohne weiteres auf die Erscheinungen beim Kohlelichtbogen im Vakuum übertragen, immerhin aber sind die Spannungsverhältnisse wenigstens von der gleichen Grössenordnung. Nach J. Stark ist die Spannung der positiven Lichtsäule bei gleichem Druck und gleicher Stromdichte in verschiedenen reinen Gasen und Dämpfen verschieden gross. Sehr klein ist sie in Alkalidämpfen, grösser in den Dämpfen der Schwermetalle und Kohle, in metalloidalen Gasen beträchtlich grösser als in metallischen Dämpfen. Es lässt sich daher einsehen, dass bei dem geringen Messbereich von 7 mm (eine grössere Ausdehnung des Messbereiches dürfte bei Kohledampf mit beträchtlichen Schwierigkeiten verknüpft sein) der Einfluss der Zunahme der Spannung mit der Bogenlänge auf die Gesamtspannung im Vakuum der Beobachtung sich entzieht. Zur Erklärung des Verlaufes der Kurve n in Fig. 22 muss wieder auf die oben (S. 202) zitierte Anschauung von J. Stark hingewiesen werden, wonach das Spannungsgefälle in der positiven Lichtsäule mit steigendem Gasdruck zunimmt und die umgebenden Gase sich mit dem Dampfstrahl des Lichtbogens mischen und dessen Leitungsvermögen vermindern. Eine genauere Formulierung dieser Abhängigkeit dürfte sich nicht leicht finden lassen. Die Ergebnisse der experimentellen Untersuchung lassen sich folgendermassen zusammenfassen: 1. Bei abnehmendem Druck ändert sich das charakteristische Aussehen des Kohlelichtbogens, indem nacheinander drei verschiedene Formen auftreten. 2. Mit abnehmendem Druck der umgebenden Gase von einer Atmosphäre bis zum Vakuum nimmt die Spannung am Lichtbogen konstant ab und erreicht bei 0,1 mm Hg. einen bestimmten konstanten Wert von etwa 19 Volt. 3. Bei jedem Druck lässt sich die Spannung als Funktion der Bogenlänge sehr angenähert durch eine lineare Gleichung ausdrücken. 4. Das konstante Glied dieser Gleichung sinkt mit abnehmenden Druck von 48 Volt bis zu 19 Volt herunter. 5. Der Faktor des variablen Gliedes, der Spannungsverlust f. d. mm innerhalb des Lichtbogens beträgt für höhere Drucke 4 Volt und nimmt bei niederen Drucken mit dem Drucke bis zu unmerklichen Werten ab.