Titel: Das Eisenbahn- und Verkehrswesen auf der Weltausstellung in St. Louis 1904.
Autor: M. Buhle, W. Pfitzner
Fundstelle: Band 320, Jahrgang 1905, S. 353
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Das Eisenbahn- und Verkehrswesen auf der Weltausstellung in St. Louis 1904. Von Professor M. Buhle und Dipl.-Ing. W. Pfitzner, Dresden. (Fortsetzung von S. 341 d. Bd.) Das Eisenbahn- und Verkehrswesen auf der Weltausstellung in St. Louis 1904. 3. Die Lokomotiven von Rogers' Lokomotivfabrik. Textabbildung Bd. 320, S. 353 Fig. 71. ⅖-gek. Personenzuglokomotive von Rogers. Textabbildung Bd. 320, S. 353 Fig. 72. ⅗-gek. Personenzuglokomotive von Rogers. Die von RogersDie Rogers Locomotive Works wurden 1831 in Paterson, New Jersey, von Thomas Rogers unter dem Namen Jefferson Works gegründet. 1832 traten die Herren Morris Ketchum und Jasper Grosvenor als Teilhaber in die Firma ein, deren Namen dann Rogers, Ketchum & Grosvenor lautete. Neben vielen andern Maschinen wurden vorzugsweise solche für die Textilindustrie gebaut. Im Jahre 1836 wurde der Lokomotivbau aufgenommen, 1837 wurde die erste, nicht ganz 10 t wiegende Lokomotive vollendet. Als dieser Fabrikationszweig später das Uebergewicht erlangte, nahm die Firma den heutigen Namen an. ausgestellten fünf Lokomotiven, No. 27–31 in Zusammenstellung 1 auf S. 258 d. Bd., gehören ebenfalls alle den schwereren Typen an. Die in Fig. 71 dargestellte Atlantic-Maschine der Illinois Central R. R. (No. 27 der Zusammenstellung 1, S. 258 d. Bd.), ist normaler Bauart; die Zwillingsmaschine besitzt Flachschieber, die Steuerung nach Stephenson tritt zwischen den beiden Kuppelachsen mit dem üblichen doppelarmigen Hebel nach aussen, die sehr lange Schieberstange liegt infolgedessen vor dem erster Treibrad. Die Maschine verkörpert den Typus der normalen, neueren Schnellzugmaschinen in den Vereinigten Staaten. In Fig. 1274 ist eine Personenzugmaschine für Textabbildung Bd. 320, S. 354 Fig. 73. Hügelland wiedergegeben, gebaut für die Great Northern R. R., die sogenannte Ten Wheeler Type (Zusammenstellung 1, S. 258, No. 28.) Bei dieser Maschinenart liegt eine grosse Treibachse noch unter der Feuerbüchse; diese kann also nicht breit ausgeführt werden, sondern muss sich in den engen Rahmen hineinzwängen. Kessel und Feuerbüchse sind infolgedessen, wie Fig. 74 zeigt, erst über dem Rahmen erweitert; es ergibt sich die früher allgemein übliche Form, die für die Herstellung einige Unbequemlichkeiten mit sich bringt. Die Ausführung der Maschine usw. ist normal, die Steuerung ist mit dem üblichen Doppelhebel erst ganz vorn am Zylinder nach aussen geführt, wodurch sich die Einfügung eines Gelenkes in die Schieberstange notwendig machte. Textabbildung Bd. 320, S. 354 Fig. 74. Aus Fig. 73 ist zugleich die bei Rogers gebräuchliche Rahmenausbildung und Federung zu sehen. Der Rahmen ist bei allen diesen Maschinen als geradliniger Barrenrahmen durchgeführt; an der Stelle, wo sich die Feuerbüchse auf ihn aufstützt, (teils mit Gleitschuhen, teils mit Pendelstützen), ist er gewöhnlich etwas nach unten eingezogen. Die Tragfedern sind meistens unter den Rahmen gelegt, nicht wie sonst zwischen die beiden Hauptträger. In Fig. 75 ist eine leichtere Lokomotive vom Mogul-Typus wiedergegeben, die für die St. Louis & South Western (Cotton Belt) R. R. gebaut worden ist. Auch diese Maschine, die die im Verschwinden begriffene leichtere Gattung der Güterzuglokomotiven verkörpert, hat eine zwischen dem Rahmen liegende schmale Feuerbüchse, die sich nach oben bedeutend erweitert. Die Hauptabmessungen dieser Maschine sind unter No. 29 der Zusammenstellung 1, S. 258, zu finden. Die Fig. 76 gibt schliesslich noch ein Bild der neuesten Bauart der Güterzugmaschinen von Rogers; es ist eine Konsolidation-Lokomotive der Baltimore & Ohio R. R. (zu Ehren des Präsidenten der Ausstellung, des Gouverneurs von Missouri, „Governor Francis“ genannt), die durch ihre saubere Ausführung recht bemerkenswert war. Bei dieser Maschine, die im allgemeinen der Bauart der oben beschriebenen Güterzuglokomotive der New-York Central & H. R. R. R. entspricht, liegt der Kessel mit Feuerbüchse vollständig über dem Rahmen und den Rädern, so dass also eine ungehinderte Ausdehnung aller Abmessungen, namentlich in die Breite stattfinden kann. Bei der vorliegenden Maschine ist die Feuerbüchse ausserdem noch bedeutend überhöht (Zusammenstellung 1, S. 258, No. 31.) Textabbildung Bd. 320, S. 355 Fig. 75. ¾-gek. Güterzuglokomotive von Rogers. Textabbildung Bd. 320, S. 355 Fig. 76. ⅘-gek. Güterzuglokomotive von Rogers. Textabbildung Bd. 320, S. 355 Fig. 77. Shay-Lokomotive der Lima Lokomotivfabrik. Die Shay-Lokomotive der Lima Locomotive & Machine Co. Nachdem im Vorhergehenden die zur Zeit wichtigsten Bauarten der amerikanischen Lokomotiven vorgeführt worden sind, erübrigt sich noch eine kurze Besprechung einer besonderen Bauart, die auf steilen Gebirgsstrecken vielfach Verwendung findet. Es ist dies die Bauart Shay, hergestellt in der Lima Locomotive Fabrik, Lima, Ohio. Die Maschine, von der Fig. 77 eine äussere Ansicht wiedergibt (Hauptabmessungen unter No. 34 in Zusammenstellung 1, S. 258 d. Bd.), stellt einen Versuch dar, bei grösster Kurvenbeweglichkeit das ganze Lokomotivgewicht als Reibungsgewicht auszunutzen. Sämtliche sechs Achsen, in drei Drehgestelle verteilt, werden angetrieben, durcheine an der Maschine längs laufende Welle mit Kegelrädern und Universalgelenken. Die Längswelle wird durch eine an der des Kessels angebrachte dreizylindrige Dampfmaschine unmittelbar angetrieben; der Kessel selbst ist dabei etwas zur gerückt, um für die Dampfmaschine genügend Platz zu lassen und das Gewicht möglichst gleichmässig zu verteilen. Der Wassertender ist gelenkig mit dem Hauptfahrzeug verbunden, das seinerseits ganz einem langen Wagen mit Drehgestellen entspricht. Die Konstruktion dieser Maschine (sie ist schon seit längerer Zeit bekannt, z.B. Modern Locomotives, [Railroad Gazette], 1898, S. 203), hat sich für die steilen, kurvenreichen Strecken in den Minenbezirken des Westens von Amerika als geeignet erwiesen; das Gewicht ist erheblich gegen früher gewachsen, es laufen verschiedene von über 100 t Gewicht.Nüscheler, Glasers Annalen für Gewerbe und Bauwesen, 1904, II, S. 47 u. f. Sie werden noch auf Steigungen von 60 und 70 v. T., vereinzelt sogar von 100 v. T. verwendet. Die ausgestellte Maschine, Fig. 77, war keine der grössten, sie wog nur 60 t, entwickelt aber bis gegen 12000 kg Zugkraft. Die schwersten Maschinen dieser Art werden zu 150 t angegeben, wobei dann vier Drehgestelle Verwendung finden. Der kleinste zulässige Kurvenradius bei diesen Maschinen ist nur 30 bis 36 m. –––––––– Die in Zusammenstellung 1, S. 258, unter No. 35 erwähnte Miniatur-Lokomotive, darf nicht nur als technische Spielerei aufgefasst werden. Sie ist in vielen Städten zu finden, in Vergnügungsparks usw., woraus zu schliessen ist, dass sie regelrecht in grösseren Mengen hergestellt wird. Ihre Bedeutung auf der Ausstellung selbst war schon erwähnt (S. 243). (Fortsetzung folgt.)