Titel: Die Jonesche Kohlebatterie.
Autor: K. Pietrusky
Fundstelle: Band 320, Jahrgang 1905, S. 404
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Die Jonesche Kohlebatterie. Die Jonesche Kohlebatterie. Wie bekannt, werden durch die Dampfmaschine durchschnittlich nur 10 v. H. der Energie der Kohle nutzbar gemacht. Seit Jahren hat man sich bemüht, die Kraftausbeute zu erhöhen, ohne der Lösung dieses Problems näher kommen zu können. Um so erfreulicher ist die Tatsache, dass es den Bemühungen eines deutschen Chemikers in Chicago, Hugo Jone, unlängst gelungen ist, ein elektrisches Element herzustellen, vermittels dessen man bei Anwendung gewöhnlicher Kohle eine Ausbeute von 66 v. H. zu erzielen vermag. Jone, welcher gegenwärtig der Leiter des chemischen Nahrungsmittel-Laboratoriums der Stadt Chicago ist, hat mich freundlichst durch persönliche Mitteilungen in den Stand gesetzt, nachstehende Angaben über seine Kohlebatterie zu machen. Bei der Ausgestaltung der Batterie ist der Erfinder von der bekannten Tatsache ausgegangen, dass Zinn sich leichter aus seinen Verbindungen reduzieren lässt als Zink. Wird Zinn an Stelle von Zink in der galvanischen Zelle behufs Entwicklung von elektrischer Energie benutzt, so ist ein höherer Nutzeffekt erreichbar, wenn sich das Metall durch nachherige Reduktion vermittels Steinkohle wiedergewinnen lässt. Wenn man diesen Vorteil bisher nicht erlangen konnte, so beruhte dies darauf, dass man keinen Weg kannte, um durch leicht reduzierbare Metalle, wie Blei oder Zinn, einen starken Strom in der Zelle zu erzeugen. Jone gebraucht Zinn an Stelle von Zink und erhält durch Erhitzen der Zelle einen starken Strom. Zur Herstellung des Elektrolyten liessen sich natürlich Säuren nicht verwenden, da sie Salze bilden, welche während der Reduktion mittels Steinkohle Säuregase abgeben, die wiedergewonnen werden müssten und das Arbeiten zu umständlich machen würden. Dagegen bietet die Benutzung von Aetzalkali den Vorteil, das Metall in Form seines Oxydes zu liefern, wodurch die Wiedergewinnung von Säuredämpfen unnötig wird. Anderseits erzeugt Aetzalkali jedoch bei seiner Einwirkung auf die weniger basischen Metalle, wie Blei, Zinn und Kupfer bei gewöhnlicher Temperatur gar keinen oder doch nur einen sehr geringen Strom, so dass sich die Notwendigkeit ergab, die Zelle auf eine höhere Temperatur zu erwärmen. Es ist eine bekannte Tatsache, dass in der Zinkzelle, wie auch in der Bleiakkumulatorzelle ein grosser Teil der elektrischen Energie der Oxydation des Wasserstoffes zu verdanken ist, welcher im ersteren Falle durch die Wirkung des Metalls hervorgerufen wird und in letzterem mit dem Metall verbunden als Legierung vorhanden ist.Die Bildung einer Legierung von Blei mit Wasserstoff ist sehr fraglich.Die Redaktion. Es liess sich daher erwarten, wenn man das Zinn mit einer heissen Alkalilösung behandelte und dadurch Wasserstoff entwickelte, dass dann auch ein starker Strom erzeugt würde. Dies ist denn auch tatsächlich durch Versuche nachgewiesen worden. Besonders stark wird der Strom, wenn man gleichzeitig Quecksilberoxyd als Depolarisator benutzt, mit Kohlenstoff als negativer Elektrode. Ersteres bildet wegen seiner niedrigen Bildungswärme einen guten Depolarisator und letzterer wegen seines ausgesprochenen elektronegativen Charakters einen guten negativen Pol. Das Verfahren, Zellen zu erwärmen, deren positive Elektrode aus Kohlenstoff oder aus Stoffen hergestellt ist, welche durch Kohlenstoff regeneriert werden können, ist nicht neu. Dr. Jacques in Boston erhitzt z.B. Kohlenstoff als positive Platte unter Verwendung von geschmolzenem Kaliumhydrooxyd als Elektrolyten. Eine bedeutende von Jone ausgeführte Verbesserung besteht nun darin, das Wasser des Elektrolyten bei höherer Temperatur festzuhalten. Da in Abwesenheit von Wasser sich nur ein schwacher thermo-, nicht aber ein starker elektrochemischer Strom erzeugen lässt, so erhält Jacques auch nur einen schwachen Strom, weil das Wasser seines Elektrolyten bei der von ihm zur Oxydierung seines Kohlenstoffes benutzten hohen Temperatur verdunstet. Eine weitere Verbesserung besteht in der Erwärmung der Zellen vermittels der heissen Gase, welche aus dem Reduktionsofen, in welchem das Zinn des Zinnoxyduls in den metallischen Zustand zurückgeführt wird, entweichen. Bei den Reduktionsöfen geht die Wärme der heissen Gase gewöhnlich verloren, während Jone durch ihre Verwertung eine bedeutende Menge Brennmaterial erspart. Auch der Depolarisator, das Quecksilberoxyd, wird aus dem bei seiner Reduktion entstehenden metallischen Quecksilber regeneriert, indem letzteres durch Einwirkung von Salpetersäure in das Nitrat übergeführt wird. Die Salpetersäure wird durch Oxydation mittels Luftsauerstoffes wiederhergestellt. Textabbildung Bd. 320, S. 405 Fig. 1. Die Einzelheiten der Konstruktion des Apparates lassen sich aus den Darstellungen (Fig. 16) klar erkennen. Die Zelle A (Fig. 13) besteht aus nickelplatiertem Eisen oder Stahl. Von der Mitte des Zellendeckels C hängt ein poröser, aus Kohle hergestellter Becher herab, der jedoch von C isoliert ist. Die Zinnelektroden D werden von dem Deckel C getragen, sie sind mit ihm metallisch verbunden, so dass der Metalldeckel sozusagen einen Teil des positiven Elementes bildet. Das Metall der Zinnelektroden wird zu Zinnoxydul oxydiert, welches sich nach Sättigung der Aetzkalilösung an den Elektroden absetzt und vermittels Bürsten oder Schabern E, welche durch eine senkrechte, durch den Zellendeckel laufende Achse in Umdrehung versetzt werden, entfernt wird. Es fällt zu Boden und wird von Zeit zu Zeit behufs Reduktion aus der Zelle ausgetragen. Um den Depolarisator in beständiger Bewegung zu erhalten, ist innerhalb des Kohlebechers ein Rührapparat B angebracht, welcher sich vermittels der Achse G konzentrisch mit der vorerwähnten Achse der Bürsten bewegt. Textabbildung Bd. 320, S. 405 Fig. 2. Textabbildung Bd. 320, S. 405 Fig. 3. Das bei der Reduktion des Depolarisators entstehende Quecksilber wird aus dem Kohlebecher vermittels der Heberrohre H entfernt, um, wie angegeben, mittels Salpetersäure oxydiert zu werden. Im Betriebe werden 30 bis 60 Zellen zu einer Batterie zusammengestellt, wie dies in Fig. 4 und 5 angedeutet ist. Um die oben aufgezählten Vorteile in einfacher und räumlich beschränkter Weise zu ermöglichen, erfolgt die Aufstellung bei geringerer Anzahl in einer Reihe, bei grösserer in zwei Reihen innerhalb einer Kammer K, welche eine Erweiterung des Schlotes für die Verbrennungsgase aus dem Reduktionsofen darstellt. Diese Kammer besteht aus dicken Backsteinmauern J und der aus Nichtwärmeleitern hergestellten Decke J1. Im Innern der Kammer befindet sich eine wagerechte Zwischenwand aus Backsteinen, welche sich stufenweise gegen den Schornstein erhebt und die Zellenkammer in eine obere und eine untere Hälfte teilt, wodurch eine gleichmässige Erwärmung der Zellen erreicht wird. Die unteren Teile der Zelle sind in ein aus Sandkies oder Mineralwolle hergestelltes Bett eingesetzt, um die Wärmeausstrahlung möglichst einzuschränken. Etwaige Wärme, welche die Verbrennungsgase noch beim Verlassen der Kammer enthalten mögen, wird dazu benutzt, die Temperatur der Luft in der Spirale L zu erhöhen. Die solchermassen vorgewärmte Luft speist den Reduktionsofen M. Aus diesem strömen die Gase durch den Schlot N, wobei sie das Wasser in dem Dampfkessel O erwärmen, und weiter durch die Leitungen P und Q, wobei sie an das in der Trommel R befindliche Quecksilbernitrat Wärme abgeben. Auf diese Weise findet die sonst bei dem Reduktionsprozesse verloren gehende Wärme eine vierfache Verwendung. Das in den Zellen gebildete Quecksilber wird in das Reaktionsgefäss S übergeführt, wo es mit Salpetersäure gemischt und durch den Wasserdampf des Kessels 0 erhitzt wird. Das dabei entstehende Quecksilbernitrat wird in die Trommel R entladen, wo es unter Zusatz von Quecksilber durch Wärmewirkung zu Quecksilberoxyd zersetzt wird. Letzteres wird vermittels einer durch Kurbel angetriebenen Schnecke entfernt. Die bei dieser Reaktion entstehenden stichoxydhaltigen Dämpfe werden durch das Reaktionsgefäss S in den Schlangenkühler T geführt und hier mittels eines Zentrifugalventilators mit heisser Luft gemischt und oxydiert. Durch Einwirkung der Luft und des Wasserdampfes entsteht aus den niederen Stickoxyden Salpetersäure, die in einem Porzellangefässe aufgefangen wird. Die Stromspannung der einzelnen Zellen beträgt 1,06 Volt. Eine Zelle, welche 5,7 Liter Flüssigkeit enthält, liefert rund 23 Ampere, bei einem äusseren Widerstand von etwa 0,02 Ohm. Textabbildung Bd. 320, S. 406 Die Ausbeute einer solchen Zelle stellt sich auf ungefähr 85 v. H. Ueber diese Höhe der Ausbeute braucht man sich nach einer Bemerkung von Jone nicht zu wundern, da der in dem Elektrolyten unlösliche Depolarisator nicht in den Anodenraum gelangen kann und daher durchaus keine örtlichen Störungen verursacht. Bei der Reduktion von Zinkverbindungen ist die Ausbeute bekanntlich sehr niedrig. Bei Verwendung von Zinn wird dagegen auch die Energie des Kohlenoxyds, welche bei der Benutzung von Zink unverwertet bleibt, benutzt, da das Kohlenoxyd nicht Zinkoxyd, wohl aber das Zinnoxydul reduziert. Hierdurch wird die Energieausbeute der Reduktion von 28/1000 auf ungefähr 100/1000 vergrössert, weil bei der Oxydation von CO zu CO2 etwa dreimal soviel Wärme frei wird, als bei der Oxydation von C auf CO. Ausserdem ist der für die Reduktion von Zinnoxydul erforderliche Wärmegrad nur etwa halb so hoch, als der für die Reduktion von Zinkoxyd nötige. Hierdurch wird der Verlust von 90 v. H. auf 45 v. H. herabgedrückt, da die Erniedrigung der Temperatur auf den Wärmegrad der Umgebung nur halb so gross ist. Mit anderen Worten, der Ertrag wird von 10 v. H. auf 55 v. H. erhöht. Ausserdem ist die Reduktion leicht bewerkstelligt, da das Zinnoxydul frisch gefällt ist und etwa die Hälfte der Zeit erfordert, welche es als widerstandsfähiges natürliches Erz beanspruchen würde. Dadurch wird der Wärmeverlust weiter von 45/100 auf etwa 23/100 verringert, d.h. die Ausbeute beträgt etwa 77 v. H. Die Ergiebigkeit einer Anlage von mehreren hundert Pferdekräften würde sich hiernach den Berechnungen Jones zufolge auf etwa 85 v. H. der beim Reduktionsprozess zu erhaltenden 77 v. H. belaufen, also auf etwa 66 v. H. der Steinkohlenenergie, gegenüber einer Ausbeute von 10 v. H. bei Benutzung der Dampfmaschine-Dynamomaschine. Neben dieser ausserordentlichen Erhöhung der Kraftausbeute bietet die Jonesche Erfindung indessen noch andere bedeutende Vorteile. Wie aus der Beschreibung des Verfahrens bereits klar geworden ist, sind die Vorgänge in dem Jone-Element Kreisprozesse, d.h. es werden alle innerhalb des Elementesumgesetzten Chemikalien wieder in den anfänglichen Zustand zurückgeführt, um auf diese Weise wieder und wieder verwendet werden zu können. Tatsächlich werden nur Kohle und Luft verbraucht. Allerdings wird man von Zeit zu Zeit etwas Quecksilber, Zinn und Salpetersäure anschaffen müssen, um etwaige geringe Verluste an diesen Stoffen zu decken; jedoch werden die Kosten in keinem Vergleich zu den Kosten für Schmiermittel, Dampfleitungsausbesserungen, Kesselreinigungen und Reparaturen stehen; wie sie bei Dampfbetrieb, besonders wenn man auf hohe Spannung zu rechnen hat, zu erwarten sind.. Dazu kommen die geringeren Kosten für die Errichtung einer Jone-Batterie. Für eine Batterie von 1 PS werden dieselben auf ungefähr 250 Dollar, für eine Batterie von 16 PS auf 1400 Dollar angegeben, während sie sich für eine Dampfmaschine von letzterer Stärke auf 2100 Dollar stellen mögen. Hierzu ist natürlich auch die Ersparnis durch den geringeren Kohlenverbrauch hinzuzurechnen. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass infolge des geringen Raumerfordernisses und der Abwesenheit beweglicher Teile durch die Aufstellung der Batterie erheblich weniger Bodenfläche in Anspruch genommen wird, als von einer Dampfelektrizitätsanlage von gleicher Arbeitsleistung, wodurch sich die Anlagekosten natürlich entsprechend weiter verringern. Endlich mag noch erwähnt werden, dass von der Batterie wenig oder kein Rauch entwickelt wird, dass Explosionsgefahr, wie beim Dampfkessel, nicht vorhanden ist; dass nicht, wie bei anderen Elementen, Säuredämpfe entstehen; und dass durch Räder und Transmissionen verursachte Unfälle ausgeschlossen sind. Wie Jone mir mitgeteilt hat, ist er gegenwärtig noch mit der Verbesserung seiner Erfindung beschäftigt. Jedenfalls aber darf sie auch in ihrer heute vorliegenden Ausgestaltung im Interesse der Industrie mit Freuden begrüsst werden. K. Pietrusky.