Titel: | Neuerungen auf dem Gebiete der Wellentelegraphie. |
Autor: | Adolf Prasch |
Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 444 |
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Neuerungen auf dem Gebiete der
Wellentelegraphie.
Von Ing. Adolf Prasch,
Wien.
(Fortsetzung von S. 427 d. Bd.)
Neuerungen auf dem Gebiete der Wellentelegraphie.
Fessendens Sendereinrichtung zur Ablenkung und Führung
der erzeugten Wellen längs der Erdoberfläche. Die Abweichung dieser
Anordnung gegenüber anderen Einrichtungen besteht darin, dass die eine Funkenkugel
statt unmittelbar mit der Erde mit einem Metallkonus K
(Fig. 33) verbunden ist, während die andere
Funkenkugel statt mit einem senkrechten mit einem wagerechten Draht h von der Länge des Durchmessers der Basis des Konus in
Verbindung steht. Der Konus ist geerdet und besteht entweder aus einem Metallblatt
oder einem Netz von Drähten. Durch diese Anordnung erhält der eigentliche
Wellenstrahler nicht nur eine grosse Kapazität, sondern es sollen auch die Wellen in
der Richtung des wagerechten Drahtes längs der Erdoberfläche zum Weiterwandern
gezwungen werden.
Textabbildung Bd. 320, S. 444
Fig. 33.
Textabbildung Bd. 320, S. 444
Fig. 34.
Fessendens Einrichtung zur Erzielung hochfrequenter
Schwingungen unter Anwendung einer mit einer Dampfturbine unmittelbar
gekoppelten Wechselstrommaschine. In Fig.
34 stellt D die Dampfturbine, G den Wechselstromgenerator und T einen Transformator für Spannungserhöhung dar. Die Spannung der
Sekundären dieses Transformators ladet den Kondensator K und dieser entladet sich wieder über die Funkenstrecke f, so in dem Luftdrahte in der bekannten Weise
elektrische Schwingungen hervorrufend. Durch die Anwendung einer Dampfturbine kann
der Armatur des Generators eine so hohe Umfangsgeschwindigkeit erteilt werden, wie
dies bei Anwendung einer Kolbenmaschine ohne zu grosse Uebersetzungsverluste niemals
möglich ist. So lassen sich mit der Dampfturbine 25000–30000 Umdrehungen in der
Minute erzielen, wogegen die Zahl der Umdrehungen bei der Kolbenmaschine nicht über
3000–4000 in der gleichen Zeit getrieben werden kann.
Dies ermöglicht es, die Abmessungen der Wechselstrommaschine, als welche eine solche
mit drehenden Polen verwendet wird, möglichst klein zu machen und trotzdem eine
grosse Zahl von Wechseln zu erhalten. Beträgt die Umfangsgeschwindigkeit der Armatur
eines Generators von 0,6 m Durchmesser 16 km in der Minute, so lassen sich bei einer
Weite der Polstücke von 2,5 mm 100000 Perioden oder 200000 Wechsel in der Sekunde
erreichen. Um die gleiche Leistung mit einer Kolbenmaschine zu erhalten, müsste die
Armatur des Generators bei gleicher Polweite einen Umfang von etwa 80 m
erhalten.
Abgesehen von der durchaus gleichmässigen Winkelgeschwindigkeit der Antriebsmaschine,
wird es auch ermöglicht, die Zahl der Pole zu verringern und Störungen durch
Resonanz hintanzuhalten. Die Einrichtung wird klein und kann transportabel gestaltet
werden. Störungen durch mechanische Erschütterungen sollen nicht zu befürchten
sein.
Fessendens Anordnung zu einer wahlweisen Telegraphie.
Bei dieser neuen Anordnung stellt A (Fig. 35) die sendende, B
die empfangende Station dar. In der Sendestation ist das eine Ende der sekundären
Windung des Induktoriums J mit dem Luftdraht, das
andere Ende mit der Erde verbunden. Der Luftdraht gabelt sich in zwei Drähte 1 und 2, welche eine
verschiedene Eigenschwingungsperiode haben. In der Empfangsstation wird der
Wellenanzeiger w nicht geerdet, sondern seine Enden
stehen mit je einem von den zwei vorgesehenen Luftdrähten 3 und 4 in Verbindung. Diesen Luftdrähten
sind Selbstinduktionen ll1: vorgeschaltet. Die Verbindung des Wellenanzeigers mit den
Empfangsapparaten erscheint nur angedeutet. Durch Aenderung der Selbstinduktionen
l und l1 wird der Empfangsdraht 3 mit dem Sendedraht 1 und der Empfangsdraht
4 mit dem Sendedraht 2 in Abstimmung gebracht, so
dass Draht 3 nur die von 1
und Draht 4 nur die von Draht 2 entsendeten Wellen aufnehmen kann. Nehmen die Drähte 3 und 4 Wellen der
gleichen Frequenz auf, so kann zwischen den beiden Enden des Wellenanzeigers keine
Potentialdifferenz entstehen und dieser daher auch nicht ansprechen. Treffen jedoch
die von der Sendestation entsendeten Wellen verschiedener Periode, welche der
Eigenschwingungsperiode der Empfangsdrähte entsprechen, diese Drähte, dann tritt an
den Enden des Wellenanzeigers eine Potentialdifferenz auf, durch welche er zum
Ansprechen gebracht wird. Eine andere Station, welche nur Wellen einer Frequenz
entsendet, wird daher diese Empfangsstation in keiner Weise zu beeinflussen
vermögen.
Textabbildung Bd. 320, S. 445
Fig. 35.
Das System der Strahlentelegraphie von Dr. Georg
Blochmann. Ueber dieses System der gerichteten Wellentelegraphie und dessen
Vorteile wurde bereits S. 140 d. Bd. berichtet. Mittlerweile wurde jedoch näheres
über die Art und Weise der Einrichtung bekannt, so dass ein Zurückkommen auf dieses
System gerechtfertigt erscheint.
Textabbildung Bd. 320, S. 445
Fig. 36.
Die Erfindung stellt sich als eine praktische Anwendung der von Hertz nachgewiesenen Brechung der elektrischen Strahlen
dar. Es erscheinen hier die Vorzüge des Heliographen auf die unsichtbaren Signale
der Wellentelegraphie übertragen. Die Einrichtung besteht für jede Station aus einem
Sende- und Empfangsapparat, die gesondert in einem Metallkasten eingeschlossen sind.
Die beiden Kästen sind (Fig. 36 und 37) übereinander angeordnet und zwangläufig so
verbunden, dass jeder Kasten und die mit demselben verbundenen beweglichen Teile
die Bewegung des anderen Kastens mitmachen müssen. L und L1
stellen je eine Linse aus einem die Wellen brechenden Materiale, wie Harz, Wachs,
Pech usw. dar. Diese Linsen verschliessen die einzige Oeffnung des zugehörigen
Kastens und können demnach die im Inneren des Kastens I
der Senderanordnung erzeugten elektrischen Wellen, da das Metallgehäuse
undurchlässig ist, nur durch diese Linse in das Freie treten. Die Kammern sind
ausreichend geräumig, um nicht nur alle für die Sendung bezw. den Empfang
erforderlichen Einrichtungen aufzunehmen, sondern auch dem Telegraphisten das
Arbeiten darin zu gestatten. Letzteres ist jedoch kein unbedingtes Erfordernis, die
Apparate lassen sich auch so anordnen, dass sie von aussen betätigt werden können.
In I stellt nun B die zum
Betriebe des Induktoriums J erforderliche
Elektrizitätsquelle, Z den Zeichengeber, f den Unterbrecher und R'
den Oszillator oder Radiator dar. Dieser Radiator ist gleichfalls von einem nur nach
vorn (rechts) offenen Gehäuse umgeben, an welches sich das die Linse L1 tragende konische
Metallrohr m anschliesst.
Die Kammer selbst ist um einen senkrechten Zapfen drehbar, so dass sie in der
Wagerechten nach jeder Richtung verdreht werden kann. Ferner lässt sich der Radiator
samt dem anschliessenden konischen Metallrohr mit Linse um eine wagerechte Achse
verdrehen und zwar beträgt der Drehungswinkel gegen die Senkrechte 30 °. Durch die
vereinigte Bewegung der Kammer und Linse ist es möglich, die Linse nach jeder
Richtung einzustellen. Das gleiche Ergebnis lässt sich aber auch durch Aufhängen der
Kammer in der Art und Weise wie bei Schiffskompassen oder durch die Anordnung wie
bei den Drehtürmen der Schiffskanonen erreichen.
Die Empfangseinrichtung II hat die gleiche äussere Form
wie I. Sie sind durch die beiden Hebel hh1 und die
Verbindungsstange v (Fig.
37) für die senkrechte und durch eine entsprechende mechanische Anordnung
für die wagerechte Drehung gekoppelt. Nach Lösung dieser Verbindungen kann jedoch
jede Kammer für sich unabhängig von der anderen gerichtet werden. Bei dem Empfänger
befindet sich an Stelle des Radiators im Brennpunkte der Linse L1 ein Fritter oder
sonstiger Wellenanzeiger. Die weitere Anordnung besteht aus der Lokalbatterie B1, dem Relais R, dem Morseschreiber oder sonstigen Zeichennehmer M und der diesen betätigenden Batterie B2. Gelangt ein
gewöhnlicher Fritter zur Benutzung, so muss auch ein in Fig. 36 nicht dargestellter Klopfer zum Entfritten vorhanden sein.
Textabbildung Bd. 320, S. 445
Fig. 37.
Um die Einstellung der Linsen zu erleichtern, werden kleine Fernrohre tt1, „Finder“
genannt, mit den Hebeln hh1 (Fig. 37) in Verbindung gebracht. Wird die Empfang-
bezw. Sendestelle mit dem Fernrohr aufgefunden, so ist auch der eigene Apparat auf
diese Stelle gerichtet. Mit Ausnahme sehr nebeligen Wetters wird sich dies, da eine
Nachrichtenvermittlung auf grosse Entfernungen nicht beabsichtigt ist, fast
regelmässig erreichen lassen.
Die Wirkung der Einrichtung erklärt sich nun einfach wie folgt: Die von dem
Oszillator oder Radiator ausgehenden Strahlen, welche die Linse divergierend
treffen, werden parallel gerichtet und in einem Strahlenbündel in den freien Raum
entsendet. Treffen diese Strahlen die Linse der Empfangstelle, so werden sie
konzentriert zu dem im Brennpunkte gelegenen Wellenanzeiger geleitet und bringen ihn
zur Wirkung. Die aus der Optik bekannte und auch hier auftretende Streuung
ermöglicht es, dass die Einstellung des Senders auf den Empfänger keine ganz genaue
zu sein braucht. Dies ist besonders für die Schiffahrt von grosser Bedeutung, da das
Einhalten der genauen Richtung zwischen zwei sich bewegenden Schiffen
Schwierigkeiten bietet. Der Spielraum bleibt aber trotzdem nur ein geringer, da
schon eine Ablenkung von wenigen Graden den Verkehr zur Unmöglichkeit macht.
Durch diese genaue Richtungsbestimmung ist eine Geheimhaltung der Nachrichten so
ziemlich gewährleistet. Für den allgemeinen Verkehr eignet sich diese Einrichtung
selbstredend nicht, doch kann sie mit einer der bereits bestehenden
wellentelegraphischen Einrichtungen leicht und ohne jede Schwierigkeit in Verbindung
gebracht werden.
Artoms System der gerichteten
Hellentelegraphie. Dem Erfinder dieses Systems, Professor Allesandro Artom, soll es mit einer besonderen
Anordnung gelungen sein, die elektrischen Wellen in eine bestimmte Richtung zu
lenken. Soviel bisher bekannt, verwendet er an Stelle gewöhnlicher Hertzscher Wellen zirkulär oder elliptisch polarisierte
Wellen, wobei er die Polarisierung nicht durch Prismen aus Holz oder anderen
dielektrischen Substanzen, welche einen bedeutenden Energieverlust bedingen würden,
erzielt. Er benutzt für seine Zwecke eine Vereinigung zweier oszillatorischer
Entladungen von verschiedener Phase und verschiedener Richtung, die in einfachster
Weise durch drei oder vier Entladungskugeln erzeugt werden sollen. In den
Primärkreis des verwendeten Induktoriums ist ein Wehnelt-Unterbrecher eingeschaltet. Die beiden Enden der Sekundärwicklung
schliessen an zwei Funkenkugeln an, welchen gegenüber eine dritte so angeordnet ist,
dass die drei Funkenkugeln ein gleichseitiges Dreieck bilden. Die dritte Kugel ist
über eine Selbstinduktion und eine Kapazität mit einem Ende der Sekundärwicklung des
Induktoriums verbunden. Es kann auch noch eine vierte Kugel hinzugefügt werden, die
dann über eine Kapazität mit dem zweiten Wicklungsende in Verbindung steht. Der
Luftdraht wird entweder unmittelbar oder über einen Transformator an die dritte oder
mittlere Funkenkugel angeschlossen. Für die Empfangsstation soll es von Vorteil
sein, dem Luftdraht eine kreisförmige Form zu geben und dessen Enden unmittelbar,
also ohne Erdung, mit dem Fritter zu verbinden.
Diese unzureichenden Mitteilungen lassen wohl das Entstehen einer zirkulären
Wellenpolarisation als wahrscheinlich annehmen, geben aber in keiner Weise eine
Erklärung für die Lenkung der Wellen in eine bestimmte Richtung.
Lee de Forests praktische Winke für die Einrichtung von
Sonderstationen. Nach Lee de Forest wurde der
Notwendigkeit, für Zwecke der Abstimmung in der Sendestation einen langen Zug
schwach gedämpfter Wellen zu erzeugen, viel zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Die
scharfe Abstimmung der Empfangsstation auf eine bestimmte Wellenlänge ist nicht
zu erreichen, wenn der Sender für jede Kondensatorentladung nur drei oder vier
Impulse ausstrahlt, weil in diesem Falle keine Resonanzwirkung auftreten kann.
Die Ursachen sind hier teilweise einer unvollkommenen Konstruktion und Anordnung der
Kondensatoren und der Funkenstrecke, sowie der mangelhaften Isolation des
Sendedrahtes usw. zuzuschreiben.
Die rasche Dämpfung der Senderschwingungen findet ihre Ursache sowohl in den
nützlichen und notwendigen Verlusten durch die Ausstrahlung, als auch in den durch
Ableitung, Erwärmung, dielektrische Hysterisis usw. entstehenden schädlichen
Verlusten. Wenn auch Ableitungen durch den Luftdraht nicht ganz vermieden werden
können, so ist doch dessen sorgfältigste Isolation, namentlich an den Querstützen
und Spannleinen nicht genug zu empfehlen. Bei der induktiven Kupplung des
Luftdrahtes mit dem Resonatorkreis bildet sich an dem oberen freien Ende fast stets
ein Spannungsbauch aus, während an dem geerdeten Ende das Potentiale nahezu Null
wird. Es vereinfacht sich hierdurch die Isolation des Luftdrahtes dort, wo er in das
Stationshaus einführt, wesentlich. Hingegen muss die Isolierung des Drahtes gegen
die Spitze zu mit aller Sorgfalt durchgeführt werden. Hierfür sind Isolatoren mit
grosser trockener Oberfläche aus Ebonit, Glas oder glasiertem Porzellan zwischen
jeden Berührungspunkt des Drahtes mit den Stützen zu setzen. Durch die aus
mechanischen Gründen verwendeten Stahlmaste können sowohl durch Uebertritt der
Elektrizität bei feuchter Luft, als auch durch Induzierung von Strömen in den Masten
Verluste entstehen. Die Mäste sollen daher aus kurzen Stücken zusammengesetzt
werden, wobei die einzelnen Stücke gegenseitig wohl zu isolieren und durch
Spannisolatoren miteinander zu verbinden sind. Desgleichen ist der so
zusammengestellte Mast mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln in der
sorgfältigsten Weise gegen den Erdboden zu isolieren.
Bei feuchter Luft finden unsichtbare Büschelentladungen von dem Luftdraht auf dieses
halbleitende Medium statt und wirken wie eine zusätzliche Kapazität zwischen
Luftdraht und Erde, wodurch auch die Eigenschwingungsperiode des Drahtes vergrössert
wird. Abgesehen davon, dass, soll der Strahlkreis mit dem Resonatorkreis in
Uebereinstimmung erhalten bleiben, die Konstanten des letzteren entsprechend
eingestellt werden müssen, bedeuten diese Büschelentladungen einen unmittelbaren
Verlust durch Ableitung, welcher wieder einen bedeutenden Hysteresisverlust mit sich
bringt, so dass die Schwingungen hierdurch noch weiter abgedämpft werden.
Aehnliche Erscheinungen sind auch an den Kondensatoren festzustellen. Man bemerkt an
Leydenerflaschen oder Glasplattenkondensatoren in Luft häufig lebhafte Büschel,
welche von der Zinnfolie ausgehend sich bis auf 5–6 cm ausdehnen. Das Glas erwärmt
sich, insbesondere wenn es bleihaltig ist, an diesen Stellen oft bedeutend, ein
Beweis, dass auch hier beträchtliche Energieverluste auftreten. Es sind aber, auch
wenn das beste Flintglas verwendet wird, dielektrische Hysteresisverluste nicht zu
vermeiden.
Glaskondensatoren in Luft werden mit Vorliebe verwendet, weil die Büschelentladungen
wie eine zusätzliche Kapazität wirken und sich als Buffer für allenplötzliche Ladung
des Kondensators auf ein hohes Potential erweisen und hierdurch das Dielektrikum
gegen das Durchschlagen schützen. Mit Oel gefüllte Leydenerflaschen schlagen viel
leichter durch, insbesondere wenn auch der äussere Belag mit Oel oder Paraffin
bedeckt ist. Beim Einschalten eines Kondensators in einen oszillierenden
Entladungskreis, welcher Selbstinduktion enthält, entwickeln sich an den Rändern der
Zinnfolie Potentiale, welche das des ladenden Stromes oft um das Vielfache übersteigen, und zeigt
sich diese Erscheinung bei Oelkondensatoren in noch viel ausgesprochenerer Weise.
Zur Erzielung von Resonanz ist aber jede Büschelentladung im Kondensator mit ihrer
dämpfenden Wirkung zu vermeiden und sind sonach alle Mittel anzuwenden, eine solche
zu unterdrücken. Es sollen daher ohne Rücksicht auf die Kosten nur Oel- oder sonst
entsprechend abgeschlossene Kondensatoren von jener Grösse verwendet werden, welche
die erforderliche Kapazität besitzen, um hinreichende Sicherheit zu gewähren.
Die die Leydenerflaschen verbindenden Ketten werden nach kurzem Gebrauch aufgezehrt.
Es treten frequente kleine Funken zwischen ihren Gliedern und am Kontaktpunkte mit
der Zinnfolie auf. Häufig wurde auch das Abbrennen der Ketten in zwei Teile
beobachtet. Bei längerem Gebrauch der Flaschen steigern sich diese Fehler und wird
es unmöglich, die Schwingungsperiode eines alte Flaschen enthaltenden Kreises
überhaupt zu messen. Zuweilen löst sich auch die Zinnfolie vom Glase ab und
entstehen dann alle jene Verluste und Unannehmlichkeiten, wie bei Kondensatoren mit
Gas als Dielektrikum. Leydenerflaschen eignen sich demnach bei längerem Gebrauche
wenig für Zwecke der drahtlosen Telegraphie, sind aber trotzdem wegen ihrer
Annehmlichkeit, Stärke und Billigkeit sehr beliebt.
Selbst in einer sehr eng verbundenen Batterie von Leydenerflaschen findet sich ein in
der Regel nicht berücksichtigter, erheblicher Betrag an Selbstinduktion vor und ist
daher eine aperiodische Kondensatorentladung, welche aus dem Mangel an
Selbstinduktion im Entladungskreise stammt, unmöglich, da auch die Leitungen und die
Funkenstrecke einen entsprechenden Zuschuss an Selbstinduktion liefern.
Von grosser Wichtigkeit ist die Aufstellung und Methode der Verbindung von parallel
zu schaltenden Leydenerflaschen. Zehn Flaschen in einer Reihe aufgestellt geben
nicht jenen kräftigen scharfen Funken, als wenn sie in Bündelform angeordnet werden.
Am besten erweist sich die kreisförmige Anordnung der Flaschen bei vollkommen
gleichen Abständen. Mangelhafte Aufstellung und Verbindung der Flaschen kann selbst
zu einem vollständigen Versagen der Signalübertragung führen. Diese kleinen
Einzelheiten, die leicht übersehen werden, sind aber, insbesondere wenn Resonanz
erzielt werden will, für die drahtlose Telegraphie von der grössten Wichtigkeit.
Die Leitungsführungen zu den Transformatoren bezw. Induktionsspulen sind
gleichfalls nicht ohne Einfluss auf den Schwingungskreis und empfiehlt es sich zur
Beseitigung desselben Drosselspulen in Spiralform nahe den Verbindungen in diese
Leitungen einzuschalten.
Die Erhitzung der Metallknöpfe der Funkenstrecke, welche insbesondere bei Verwendung
von Wechselströmen für das Laden stark auftritt, zeigt, dass auch in der
Funkenstrecke Verluste entstehen. Je grösser der Abstand der Funkenkugeln, desto
grösser ist auch die Erhitzung und der Verlust. Um diese Verluste zu verringern,
dabei aber das hohe Potentiale aufrecht zu erhalten, ist die Funkenstrecke zu
unterteilen, d.h. eine Reihe kleiner Funkenstrecken hintereinander zu verwenden. Bei
Anwendung grösserer Kräfte als 3 KW sollen Vorkehrungen getroffen werden, der
Funkenstrecke stets kühle nicht ionisierte Luft zuzuführen. Funkenstrecken mit
flüssigen Dielektrikas sind zu vermeiden, dagegen ist komprimierte Luft sehr
vorteilhaft, weil hierdurch der Abstand der Funkenkugeln verringert werden kann und
der Luftwiderstand plötzlich gebrochen wird, wodurch ein Funke von grosser
Leitfähigkeit und geringer Dämpfung entsteht.
Bei Verwendung einer Energiequelle von 1 KW lässt sich an einem in den Luftdraht
eingeschaltetem Hitzdrahtamperemeter leicht eine Stromstärke von 2 Ampere ablesen,
was ungefähr dem zehnfachen Betrage der in dem geschlossenen Stromkreise
auftretenden Stromstärke entspricht. Dies gibt, wenn den Leydenerflaschen 20000 Volt
zugeführt werden, nach einer annähernden Berechnung eine Leistung von 70 KW. Diese
anscheinende Anomalie erklärt sich daraus, dass die dem Kreise in dem Bruchteile
einer Sekunde zugeführte Energiemenge in einem vielfach kürzeren Zeitraume
ausgestrahlt wird. Eine genaue Feststellung der quantitativen Beziehungen ist schwer
möglich, da hierfür eine Reihe von Faktoren in Betracht gezogen werden müssen, die
sich, wie die Dämpfung und die Dauer des Wellenzuges, nur schwer bestimmen
lassen.
Es zeigt sich aber hieraus klar, welche grossen Energiemengen ein Luftdraht
auszustrahlen vermag, und welche Energiemengen zuzuführen wären, um ihn zur
Entsendung eines fortlaufenden ungedämpften Wellenzuges zu zwingen. Als
Energiequelle würde sich für diese Zwecke eine mächtige Gleichstromquelle von hohem
Potential am besten eignen, worauf seitens Simon und
Reich (D. p. J. 1903, Bd. 318, S. 776) schon früher hingewiesen wurde.
(Fortsetzung folgt.)