Titel: Die Verfahren zur Verhütung der Lunkerbildung in Stahlblöcken.
Fundstelle: Band 320, Jahrgang 1905, S. 570
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Die Verfahren zur Verhütung der Lunkerbildung in Stahlblöcken.Vortrag vor dem Internationalen Berg- und Hüttenmännischen Kongress in Lüttich. Von R. M. Daelen †. Die Verfahren zur Verhütung der Lunkerbildung in Stahlblöcken. Seitdem man gelernt hat, schwere Stahlblöcke zu giessen, sagen wir seit etwa 50 Jahren, hat man unausgesetzt nach Mitteln gesucht, die von dem Herabstürzen des flüssigen Metalls in die Gussform herrührenden Hohlräume im Innern der Blöcke zu vermeiden, und man hat bald verschiedene, zu diesem Ziele führende Wege entdeckt. Die eine Methode besteht darin, dass man einen starken Druck auf das Aeussere oder Innere des Blockes ausübt, während er noch flüssig in der Gussform ist, und nachdem man letztere oben geschlossen hat; nach dem anderen Verfahren wird der obere Teil des Blockes so lange in heissem und flüssigem Zustande erhalten, dass die im unteren Teile gebildeten Hohlräume sich ausfüllen können. Angewandt werden diese Prozesse besonders bei Blöcken von über 5 t Gewicht, und der erzielte Gewinn beträgt 25–35 v. H., wenn man berücksichtigt, dass der poröse Teil des Blockes vor dem Fertigschmieden abgeschnitten werden muss und nur Schrottwert hat; trotz dieser Vorsicht kommt es zuweilen vor, dass auch der fertig geschmiedete Teil noch Hohlstellen aufweist, wodurch dann der ganze Block verloren geht. Einer der ersten Vertreter des Verfahrens der Anwendung von äusserem Druck auf den Block war Witworth in England; derselbe bediente sich einer Gussform (Fig. 1), welche in dem Buche „The Metallurgy of Steel“ von Howe, New-York, beschrieben ist. Da Witworth den Druck auf den Block in der Richtung von oben nach unten ausübt, so muss der Druck sehr stark sein, um den Widerstand der durch die Abkühlung gebildeten Kruste zu überwinden, und es kommt ziemlich häufig vor, dass er zum Schluss nicht mehr stark genug ist, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Um diesen Uebelstand zu vermeiden, hatte ich vor etwa 40 Jahren vorgeschlagen, den Druck vermittels einer auf das Innere wirkenden Pumpe auszuüben, deren Abbildung (Fig. 2) und Beschreibung sich ebenfalls in dem Buche von Howe (S. 156) findet. Die Versuche hatten befriedigende Resultate, wurden jedoch wegen des Vorurteils gegen das Giessen von unten aufgegeben, obwohl die Nachteile der gewöhnlichen Giessmethode durch die Anwendung des inneren Drucks vermieden werden. Textabbildung Bd. 320, S. 571 Fig. 1. Textabbildung Bd. 320, S. 571 Fig. 2. Der Erste, welcher den Druck von aussen auf die Gussform anwandte, war C. S. T. Williams, Tacony Works, Amerika (1883); derselbe drückte auf eine der nach Fig. 3 des Berichts von Möwe eingerichteten Gussform. Auch dieses Verfahren hatte befriedigende Ergebnisse, aber es scheint, dass die Selbstkosten zu hoch waren und die Versuche aus diesem Grunde fallen gelassen wurden. Textabbildung Bd. 320, S. 571 Fig. 3. Nach Williams hat Harmet-St. Etienne seinen sogen. Pressziehprozess erfunden, welcher darin besteht, dass die konische Gussform über den auf dem Boden stehenden Block gezogen wird, wobei die Gussform infolge ihrer Konizität so lange einen äusseren Druck auf den Block ausübt, als dieser hinreichend warm bleibt, damit die Pressung auf den flüssigen Teil bis zur Beendigung der Abkühlung, also bis zum Erstarren des Blockes wirkt. Dieses Verfahren hat gleichfalls sehr befriedigende Ergebnisse erzielt, allein, ebenso wie das Williamssche leidet es an sehr hohen Betriebskosten. Textabbildung Bd. 320, S. 571 Fig. 4. Die zweite Methode zur Vermeidung der Undichtigkeiten ist auf sehr verschiedene Weise zur Ausführung gelangt. Bei allen jedoch sind Aufsätze aus feuerfesten Steinen von etwa 500 mm Höhe, welche von oben in die Gussform eingesetzt werden, angewandt worden; man versuchte dann dadurch zum Ziele zu gelangen, dass man diese Aufsätze von aussen wie einen Tiegel erhitzte, während sie mit dem flüssigen Stahl gefüllt sind, oder aber dass man sie vor dem Giessen erhitzte und nachher auf die Oberfläche des Stahls eine sehr heisse Masse, flüssige Schlacke oder hoch erhitzten feuerfesten Sand brachte, während nach dem neuesten Verfahren die Oberfläche mittels Generatorgas geheizt wird. Die erstgenannte Methode, Verwendung von Aufsätzen, ist etwas umständlich, da man für jede Gussform eines mit Koks und Pressluft geheizten Sefström-Ofens bedarf, der häufige Reparaturen erfordert, während die zweite Methode, Erhitzen der Form vor dem Giessen, nicht genügt, um den Block während einer hinreichend langen Zeit warm zu erhalten. Das einzige wirklich befriedigende Verfahren ist das an dritter Stelle genannte, das Erhitzen der Oberfläche mit Generatorgas; denn die nach ihm erzielte Herabsetzung des Blockverlustes bis auf 7 v. H. kann kaum noch übertroffen werden, da es zu schwierig ist, das Gewicht eines schweren Blockes genauer zu berechnen. Textabbildung Bd. 320, S. 572 Fig. 5. Der erste Vertreter der ersten Methode war J. D. Ellis, Sheffield. Sein Apparat (Fig. 4) ist in der Patentschrift des englischen Patentes No. 44 77/84 vom Jahre 1884 abgebildet. Die zweite Methode ist in verschiedenen Werken seit etwa 30 Jahren zur Ausführung gelangt. Das letzte Verfahren ist vor drei Jahren von J. Riemer, Düsseldorf, erfunden und in den meisten Industriestaaten patentiert worden. Fig. 5 ist der eine eingehende Beschreibung des Verfahrens enthaltenden Veröffentlichung der Zeitschrift „Stahl und Eisen“ 1903, No. 21, und 1904, No. 7 entnommen und stellt die Querschnitte zweier Blockgüsse dar, wovon der auf der linken nach dem Riemerschen Verfahren und der andere nach der gewöhnlichen Methode hergestellt worden sind. Das Verfahren ist in mehreren Werken im Betrieb und erzielt sehr befriedigende Ergebnisse, es ist einfach in der Anwendung und verursacht keine hohen Betriebskosten. Da die Blöcke im Innern dicht sind, so bleibt noch die Frage der Ausscheidung der Metalloide während des Erkaltens, deren Menge nach den in oben erwähntem Berichte veröffentlichten Analysen sehr gering ist. Es ist auch klar, dass in dieser Beziehung die Methode des Speisens der Gussform von oben derjenigen des Komprimierens des Blockes vorzuziehen ist; denn die Metalloide steigen stets nach oben und stossen dann auf ihrem Wege auf reines Metall, wodurch der Durchschnittsgehalt des Materials an Verunreinigungen herabgesetzt wird, so dass die Qualität auch des oberen Teils des Blockes den Abnehmern niemals Anlass zu Klagen gibt. Textabbildung Bd. 320, S. 572 Fig. 6. Eine wesentlich wichtigere Frage als die eben erörterte ist die, die inneren Undichtigkeiten und die äusseren Unebenheiten bei Blöcken geringeren Gewichts, von etwa 300–4000 kg zu vermeiden; denn diese bilden den Hauptteil der Erzeugung und stellen ein vielleicht fünf bis sechs mal grösseres Gewicht als die schweren Blöcke dar; und es ist bei ihnen die Vermeidung der äusseren Fehlstellen um so wichtiger, als die meisten lediglich gewalzt werden, während es bei den grossen ein Leichtes ist, den üblen Einfluss dieser Mängel beim Ausschmieden zu beseitigen. Aus diesem Grunde sind Riemer und ich bemüht, den elektrischen Strom zum Heizen der feuerfesten Wände im Oberteil der Gussform und später der Oberfläche des Blockes zu verwenden. Diese Versuche sind noch nicht abgeschlossen, allein ich hoffe, binnen kurzem günstig darüber berichten zu können. Das Verfahren ist jedoch nur auf die gewöhnliche Gussform anwendbar, in welcher die äusseren Fehlstellen und ein gewisser Verlust am Block nicht zu vermeiden sind. Dies ist nur dadurch möglich, dass man kontinuierlich in eine Gussform giesst, welche mit dem Blocke absteigt, so dass der Einguss des Stahls immer dicht unter dem Giessloch der Pfanne bleibt, und welche lang genug ist, damit der Block für die nachfolgende Behandlung genügend abgekühlt ist. Dieses Verfahren ist dargestellt in meinem D. R.-P. No. 51 217 vom 30. Juli 1889 (Fig. 6). Ich hatte jedoch dabei den Fehler gemacht, eine feste Gussform anzuwenden, in welcher die Kruste des Blockes fortlaufend durch den hydraulischen Druck des darüber stehenden Stahls zerstört wird. Einige Jahre später habe ich einer amerikanischen Firma Zeichnungen für ein anderes System geliefert, es wurde dabei eine Gussform aus zwei Hälften benutzt, deren jede eine Kette ohne Ende bildet, und sich in geneigter Lage bewegt, so dass der Stahl stets dicht an der Mündung eintritt und der Block schliesslich auf die richtige Temperatur kommt, um in einem feuerfest ausgesetzten Rohr seine Wärme wie in den Gjersschen Gruben auszugleichen. Dieses Verfahren ist sehr brauchbar, allein es ist zweifelhaft, ob man die Betriebskosten genügend herabmindern könnte, um den zu seiner Einführung erforderlichen Umbau aller grossen Stahlwerke zu rechtfertigen; ein solcher Umbau aber wird unvermeidlich werden, wenn meine jetzigen Versuche von Erfolg gekrönt sein werden, die darauf hinausgehen, eine Kombination zu finden, nach welcher die Blockwalzwerke überflüssig werden und die gegossenen Blöcke gleich aufs Fertigwalzwerk gelangen. Bisher sind die Versuche so günstig verlaufen, dass sich ein gutes Endergebnis erwarten lässt und ich hoffen darf, bald über Erfolge berichten zu können.