Titel: Kommutator-Motore für einphasigen Wechselstrom.
Autor: Albert Hoerburger
Fundstelle: Band 320, Jahrgang 1905, S. 794
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Kommutator-Motore für einphasigen Wechselstrom. Von Dr. Albert Hoerburger, Berlin. (Fortsetzung von S. 780 d. Bd.) Kommutator-Motore für einphasigen Wechselstrom. Es sollen nun noch einige Schaltungsarten angegeben werden, die zum Teil in der Praxis Verwendung gefunden haben, zum Teil nur theoretisches Interesse haben, viele sind einfach Umkehrungen der bereits behandelten Schaltweisen. Fig. 39 zeigt zunächst noch eine Anordnung, um bei Repulsionsmotoren die Umkehrung der Drehrichtung zu bewirken. Auf dem Stator ist eine Hauptwicklung F und zwei Hilfswicklungen f1 und f2, von denen je eine mit Hilfe eines Schalters S in Serie mit der Hauptwicklung F geschaltet werden kann. Das Hauptfeld F und das Hilfsfeld setzen sich zu einem resultierenden Felde zusammen, dessen Achse zwischen beiden Feldern liegt. Der Rotor ist in der Achse des Hauptfeldes kurz geschlossen. Je nachdem nun die eine oder andere Hilfswicklung eingeschaltet ist, wird die Drehrichtung des Motors sein. Diese Schaltung wird hauptsächlich von der Felten und Guilleaume-Lahmeyer, A.-G., verwendet. Eine einfache Umkehrung der Fig. 24 zeigt Fig. 40, eine Anordnung, die im D. R. P. 110502 erwähnt ist. Der Stator enthält eine gleichmässig verteilte Wicklung die in sich kurz geschlossen ist; dem Rotor wird die Netzspannung durch zwei Bürsten zugeleitet, deren Achse gegen die Statorwindung um den Winkel ψ verschoben ist. Allein bei dieser Anordnung ist einmal die Netzspannung durch Bürsten zuzuleiten, der Motor kann also höchstens für Spannungen bis zu 200 Volt gebaut werden, die ganze Energie muss durch diese Bürsten übertragen werden und ferner wird das motorisch wirkende Feld ausschliesslich durch induzierte Ströme erzeugt, was einen schlechten Leistungsfaktor zur Folge haben muss. Textabbildung Bd. 320, S. 795 Fig. 39. Umschaltvorrichtung des Repulsionsmotors mit zwei Hilfsfeldern. Eine Umkehrung der Schaltung nach Fig. 21 ist in Fig. 41 dargestellt. Der Strom wird dem Stator mittels zwei Bürsten zugeleitet; in dieser Bürstenachse ist eine Feldwicklung, die mit einem zweiten Bürstenpaar in Serie geschaltet ist, dessen Achse senkrecht auf dem ersten Bürstenpaar steht. Der von aussen zugeleitete Strom erzeugt das Ankerfeld BA, während die durch die Kompensationsspulen geschlossenen Bürsten die Achse des motorischen Feldes bilden. Dieses Feld ist gegen die Netzspannung in der Phase zurück. Durch die in diesen Fürsten durch Rotation vom Felde BA erzeugte gegenelektromotorische Kraft wird eine Phasenkompensation erzielt, ähnlich wie beim Latourmotor. Ein grosser Nachteil der Schaltung ist wieder dadurch gegeben, dass der Rotor dauernd mit der Netzspannung verbunden ist, und die Bürsten die gesamte Energie übertragen müssen. Textabbildung Bd. 320, S. 795 Fig. 40. Umkehrung des einfachen Repulsionsmotors nach Fig. 24. Textabbildung Bd. 320, S. 795 Fig. 41. Umkehrung von Fig. 21. Eine weitere Umkehrungsmöglichkeit ist in Fig. 42 schematisch gegeben. Auf dem Stator sind zwei Wicklungen, die in Serie geschaltet sind und einen geschlossenen Stromkreis bilden. Dem Rotor wird die Spannung durch zwei Bürsten zugeführt. Die in der Achse der Bürsten liegende Wicklung kompensiert das Rotorfeld (Ankerfeld) aus, die senkrecht dazu liegende Wicklung erzeugt das erregende Feld. Da die beiden Statorwicklungen von dem gleichen Strom durchflössen werden, also in Phase sind, so ergeben sie zusammen ein resultierendes Feld, dessen Achse zwischen den beiden Spulenachsen gelegen ist; gegenüber dem resultierenden Feld ist die Bürstenachse um einen bestimmten Winkel verschoben. Diese Anordnung stellt also nichts anderes, als die Umkehrung des einfachen Repulsionsmotors nach Fig. 40 dar, und bietet demgegenüber keine Vorteile, die Schaltung sollte nur der Vollständigkeit wegen gegeben werden. Textabbildung Bd. 320, S. 795 Fig. 42. Zweite Umkehrung von Fig. 21. Eine weitere Schaltung, die Vogel im D. R. P. 135896 geschützt ist, ist schematisch in Fig. 43 dargestellt. Dieser Motor ist ein weiterer Ausbau der Schaltung von Fig. 21. Durch die weiteren Bürsten wird ähnlich wie beim Winter-Eichberg-Motor eine Kompensierung der Phasenverschiebung erreicht. Der schon früher erwähnte Atkinson hat in dem Jahre 1898 in den „Minutes of Proceedings of the Institution of Civil Engineers“ Vol. 133 eine Arbeit über Einphasen-Wechselstrommotore veröffentlicht, in der er eine ganze Reihe der verschiedenen Schaltungen behandelt und deren wichtigste Eigenschaften richtig erkannt hat. Es ist auffallend, dass diese Arbeit jahrelang vollkommen unbeachtet bleiben konnte, und erst, nachdem eine Reihe von Motorschaltungen von anderer aufgefunden war, diese Arbeit mehr bekannt wurde. Textabbildung Bd. 320, S. 795 Fig. 43. Induktions Repulsionsmotor. Textabbildung Bd. 320, S. 795 Fig. 44. Atkinsonscher Repulsionsmotor mit zwei Statorwicklungen an verschiedenen Netzströmen. Diese Arbeit enthält zunächst (ausser manchen der bereits erwähnten) eine Schaltung nach Fig. 44. Auf dem Stator sind zwei Windungen, die mit Wechselströmen gespeist werden, die in der Phase um 90° verschoben sind. Bei einem Zweiphasennetz kann man z.B. die Leiter ab an die eine Phase, die Leiter cd an die zweite Phase anschliessen. In diesem Motor war zum ersten mal die Möglichkeit gegeben, ohne Phasenverschiebung zu arbeiten. Die Anordnung besitzt auch noch den Vorteil, dass man das Erregerfeld ganz unabhängig von der Spannung der beiden sich induzierenden Windungen, durch Widerstände verändern und so die Geschwindigkeit des Motors und das Drehmoment innerhalb weiter Grenzen regulieren kann. Zwei andere von Atkinson angegebene Schaltungen sind im folgenden dargestellt. Fig. 45 ist ein Repulsionsmotor, bei dem ebenfalls eine Phasenkompensierung angestrebt ist. In Fig. 46 ist eine Schaltung, die im Rotor zwei um eine Polteilung versetzte kurzgeschlossene Bürsten, im Stator eine an das Netz angelegte Windung besitzt. Das Ankerfeld wird in dieser Windung erzeugt in den senkrecht dazu liegenden kurzgeschlossenen Bürsten, wird durch die Rotation ein Feld, das Erregerfeld, induziert, dieses Feld fehlt aber beim Stillstand des Motors daher verhält sich diese Schaltung wie ein gewöhnlicher Einphasen-Induktionsmotor, indem der Motor nicht von selbst anläuft. Textabbildung Bd. 320, S. 795 Fig. 45. Atkinsonscher Repulsions-Induktionsmotor. Textabbildung Bd. 320, S. 795 Fig. 46. Atkinsonscher Induktionsmotor. In dem bereits erwähnten Patent von Vogel ist noch eine zweite Schaltung angegeben, die in Fig. 47 abgebildet ist. Die Spannung wird einer Wicklung auf dem Stator zugeführt, und in einer zweiten konaxialen Spule dadurch ein Strom induziert, der in einer dritten um eine Polteilung verschobenen Spule das Feld erzeugt. Der Rotor ist in der Achse der ersten beiden Spulen kurz geschlossen. Die erste Spule induziert also sowohl das Anker- wie das Erregerfeld. Letzteres ist in der Phase um 90° gegen die Netzspannung verschoben, das Ankerfeld aber ändert seine Phase mit der Belastung. Der Motor wird mit grosser Anzugkraft anlaufen und verhält sich beim Lauf wie der Repulsionsmotor. Ganz abgesehen davon ist es unzweckmässig, drei Windungen am Stator unterzubringen. Ganz wesentlich verbessert sich der Motor, wenn man das Feld nicht auf dem Stator unterbringt, sondern den Strom dem Rotor zuführt, wie in Fig. 48 dargestellt. Statt der drei Statorwindungen hat man nunmehr zwei. Es ist ohne weiteres ersichtlich, dass man damit wieder auf den kompensierten Serienmotor nach Latour gekommen ist. Textabbildung Bd. 320, S. 796 Fig. 47. Repulsionsmotor nach Vogel. Textabbildung Bd. 320, S. 796 Fig. 48. Kompensierter Serienmotor mit Transformator. Während die bisher behandelten Motoren an der Spitze der Winter-Eichberg-Latour-Motore sich hauptsächlich als Bahnmotore verwenden lassen, haben in der Praxis noch eine Reihe von Motoren hauptsächlich für stationäre Zwecke, für Krane, Aufzüge, Arbeitsmaschinenantrieb Anwendung gefunden, die sich als kombinierte Motore behandeln lassen, indem sie in einer Schaltung angelassen werden, bei erlangter nahezu symchroner Geschwindigkeit, von selbst oder mit Hilfe eines Anlassers umgeschaltet werden und dann als Induktionsmotore weiter laufen. 5. Kombinierte Motore. Je nach der für den Anlauf verwendeten Schaltung unterscheidet man: a. Repulsions-Induktionsmotore; die Maschinen laufen als Repulsionsmotore an und nach nahezu erreichtem Synchronismus wird der Rotor kurzgeschlossen. b. Serien-Induktionsmotore, bei denen die Maschinen als Serienmotore anlaufen, um dann gleichfalls umgeschaltet zu werden. a. Repulsions-Induktionsmotore. 1. Der Wagner-Motor. Er ist der älteste Motor dieser Art, indem die Wagner Electric Mfg. Co. of St. Louis schon im Jahre 1898 solche Maschinen auf den Markt brachte. Sie sind dem Prinzip nach im Laufe der Jahre nur unwesentlich verändert worden, selbstverständlich aber ist ihre Ausführung moderner geworden. Der Rotor dieser Maschine ist ein Gleichstromanker, aber im Innern ist ein Fliehkraftregulator angebracht, der beim Ueberschreiten einer gewissen Geschwindigkeit den Kommutator kurzschliesst und die Kommutatorbürsten abhebt, beim Zurückgehen der Geschwindigkeit den Kurzschluss aufhebt und die Bürsten wieder aufsetzt. Die Bürsten auf dem Kollektor sind unter sich kurzgeschlossen, und der Motor arbeitet demnach für den Anlauf als Repulsionsmotor. Fällt nach erfolgter Umschaltung der Induktionsmotor wegen Ueberlastung aus dem Takt, so gibt der Regulator den Kollektor frei und der Motor kommt wieder wie beim Anlauf auf seine synchrone Geschwindigkeit. Fig. 49 stellt einen derartigen Motor im Schnitt dar. Der Kollektor ist radial angeordnet, um das Kurzschliessen konstruktiv leichter zu ermöglichen. Man kann den Motor bei Grossen bis zu 5 PS ohne Widerstand direkt ans Netz schliessen, bei grösseren Ausführungen wird ein Widerstand zwischen die Bürsten geschaltet. Die Kurven der Fig. 50 geben den Stromverbrauch und die Zugkraft in Prozent der Verhältnisse bei normaler Belastung und zwar mit und ohne Anlasswiderstand. Der Leistungsfaktor ist sowohl während der Anlaufperiode, wie bei normalem Betrieb etwa 0,8. Der Motor wird hauptsächlich zum Antrieb von Werkzeugmaschinen, Pumpen und Ventilatoren benutzt. Textabbildung Bd. 320, S. 796 Fig. 49. Wagners Einphasen-Wechselstrommotor. Textabbildung Bd. 320, S. 796 Fig. 50. Zugkraft und Strom beim Wagner-Motor (Fig. 49). 2. Der Schüler-Motor. Er verwendet einen Gleichstromanker mit Kollektor; ausserdem sind jedoch auf der anderen noch drei Schleifringe vorgesehen, die mit drei symmetrisch gelegenen Punkten der Armatur verbunden sind. Die Bürsten des Kollektors sind unter sich kurzgeschlossen, die Bürsten der Schleifringe sind an einen dreiteiligen Anlasswiderstand, wie er bei Drehstrommotoren zum Anlassen und allmählichen Kurzschliessen des Rotors dient, angeschlossen. Dadurch, dass während des Anlassens der Widerstand allmählich ausgeschaltet wird, vereinigt sich die Wirkung des Repulsionsmotors mit der eines Drehfeldmotors. In der Fig. 51 ist das Drehmoment und der Anlaufstrom während des Anlaufens eingetragen und zwar für einen sechspoligen 5 PS Motor, einmal als Repulsionsmotor und einmal als Drehfeldmotor mit Verwendung von Widerständen. Bei gleichzeitiger Verwendung addieren sich die Drehmomente. Das gesamte Drehmoment ist während der ganzen Anlaufperiode grösser als das normale, im kleinsten Falle etwa das 1,4 fache, der Strom beim Anlauf ist nicht ganz der zweifache. Textabbildung Bd. 320, S. 797 Fig. 51. Anlaufstrom und Drehmoment beim Schülermotor (Fig. 52). Zi DrehmomentJi Stromstärke für Induktionsmotor. Zv DrehmomentJv Stromstärke für Repulsionsmotor. Textabbildung Bd. 320, S. 797 Fig. 52. Schülermotor Die Stromkurve ist ganz regelmässig, und der Stromstoss, der beim Wagner-Motor beim plötzlichen Umschalten sich unangenehm bemerkbar macht, fehlt vollständig. Textabbildung Bd. 320, S. 797 Fig. 53. Rotor des Fynnmotors. Da das Drehmoment stets über dem normalen liegt, so kann man den Widerstand gleichzeitig zum Tourenregulieren benutzen, wobei dann der Kollektor wieder einen Teil der Arbeitsleistung übernehmen muss. In der Fig. 52 ist ein solcher 5 PS Motor im Schnitt gezeichnet; die Anordnung ist im deutschen Patent 140925 geschützt. Der Motor wird von der Felten und Guilleaume-Lahmeyer A.-G. in Frankfurt a. M. gebaut. 3. Der Fynn-Motor. Der Motor von Fynn beruht auf einem ähnlichen Prinzip, doch hat er eine doppelte Ankerwicklung; neben der gewöhnlichen Gleichstromwicklung mit Kollektor noch eine eigene Drehstromwicklung mit Schleifringen. Der Anlauf erfolgt bei Motoren unter 5 PS durch die direkt kurzgeschlossenen Kommutatorbürsten; bei grösseren Motoren wird ein entsprechender Widerstand zwischengeschaltet, der mit zunehmender Geschwindigkeit kurzgeschlossen wird. Die schematische Leitungsskizze des Motors ist in Fig. 53 aufgezeichnet; sie ist im amerikanischen Patent 777198 enthalten. Die Schleifringbürsten sind ebenfalls mit regulierbaren Widerständen verbunden. Der Stator ist wie ein Drehstrom-Induktionsmotor gebaut, doch sind von den drei Wicklungen nur immer zwei eingeschaltet, durch Vertauschung zweier Wicklungen wird die Drehrichtung des Motors geändert. Der Wirkungsgrad beträgt bei Motoren von 1 bis 10 PS zwischen 70 und 75 v. H., der Leistungsfaktor zwischen 0,74 und 0,82. Auch bei diesem Motor beträgt der Anlaufstrom für doppeltes Drehmoment nur etwa das 1,6 fache des Normalstromes. Die Fig. 54 zeigt die Betriebskurven eines Motors von etwa 5 PS und 220 Volt bei 50 Perioden. Der Motor findet hauptsächlich für Krane und Aufzüge Verwendung und wird von der Alioth E.-A.-G. gebaut. Textabbildung Bd. 320, S. 797 Fig. 54. Kurven des 5 PS-Fynnmotors. 50 Perioden, 220 Volt. Textabbildung Bd. 320, S. 797 Fig. 55. Zweipoliges Feld. Textabbildung Bd. 320, S. 797 Fig. 56. Vierpoliges Feld. 4. Der Déri-Motor. Er unterscheidet sich von dem Wagner-Motor dadurch, dass die bei ihm ebenfalls nötige Umschaltung nicht den Rotor, sondern den Stator betrifft, indem dabei die Polzahl vergrössert wird. Der Rotor hat dabei eine eigenartige Wicklung, die am besten aus den Fig. 55 und 56 zu verstehen ist. Die Windungen desselben verhalten sich nämlich in verschiedenen Feldern verschieden, bei der einen Polzahl ist es eine gewöhnliche Gleichstromwicklung mit Verbindungen zum Kommutator, bei der anderen Polzahl sind die Windungen in sich kurzgeschlossen. Textabbildung Bd. 320, S. 798 Fig. 57. Stirnverbindungen eines Rotors nach Déri. Der im zweipoligen Feld der Fig. 55 in den induzierten Strom eingeschaltete Widerstand b schliesst den Kommutator und die Bürsten in sich. Im vierpoligen Feld der Fig. 56 berührt der induzierte Strom den Kommutator nicht. Der Rotor verhält sich bei entsprechender Bürstenstellung im zweipoligen Feld wie ein Repulsionsmotor, im vierpoligen Feld läuft er als Induktionsmotor. In Fig. 57 sind die Stirnverbindungen eines solchen Läufers für 36 Ankerdrähte und 9 Kollektorlammellen aufgezeichnet. Die langen Verbindungen mit der Ableitung zum Kommutator sind nur beim Anlauf vom Strom durchflössen. Nach der Umschaltung kommen nur die kurzen Verbindungen in Betracht. Derartige Motore werden von der österreichischen Union El.-Ges. gebaut. Fig. 58 zeigt einen 10 PS Motor mit 750 Umdrehungen und 8 Polen im Schnitt. Textabbildung Bd. 320, S. 798 Fig. 58. Dérimotor. (Schluss folgt.)