Titel: Der Wasserrohrkessel als Kessel für hohe Beanspruchung.
Autor: Jens Rude
Fundstelle: Band 321, Jahrgang 1906, S. 77
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Der Wasserrohrkessel als Kessel für hohe Beanspruchung. Von Jens Rude, Ingenieur, Chemnitz. Der Wasserrohrkessel als Kessel für hohe Beanspruchung. Seit der endgültigen Einführung der Dampfüberhitzung hat sich in der Stellung des Wasserrohrkessels zu den anderen Kesseln eine wesentliche Veränderung vollzogen, die noch nicht als vollständig abgeschlossen gelten kann. Es ist deshalb von Interesse, den Wasserrohrkessel unter diesen neuen Verhältnissen einer näheren Prüfung zu unterziehen. Vorausgeschickt mag werden, dass nicht beabsichtigt ist, im Nachstehendem, auf die dem Wasserrohrkessel nachgesagten und wohlbekannten Vorzüge oder Mängel gegenüber anderen Kesselkonstruktionen, oder auf Ausführungsformen im einzeln einzugehen. Hierüber wurde schon so viel geschrieben, dass jeder, der es gewollt, Gelegenheit gehabt hat, sich sein Urteil zu bilden. Beabsichtigt wird vielmehr, die Wasserrohrkessel heutiger Ausführung in Verbindung mit Dampfüberhitzern allgemein kritisch zu behandeln, auf prinzipielle Fehler des Systems zu verweisen und ferner mit besonderer Berücksichtigung des Wasserumlaufes zu erörtern, inwieweit der Wasserrohrkessel in seiner jetzt üblichen Bauweise hinsichtlich einer Steigerung der qualitativen Leistung noch weiter entwickelungsfähig ist oder nicht. Die Heizkanal- und Feuerungsanlage wird dabei nicht berührt werden. Von den beiden Gruppen, in die man die Wasserrohrkessel gewöhnlich einzuteilen pflegt, in Kessel mit geraden und solche mit krummen Rohren, sollen nur die ersteren in den Kreis der Erörterung gezogen werden, da bei Landbetrieben bisher diese allein Verwendung gefunden haben. Wie vorhin schon angedeutet, ist durch die Verwendung der Dampfüberhitzung in die Verhältnisse des Wasserrohrkessels gegen früher eine Veränderung eingetreten, die noch nicht abgeschlossen ist, so dass der Wasserrohrkessel sich zur Zeit in einem Uebergangsstadium befindet. Die niedrigen, für diesen Kessel früher allgemein gebräuchlichen Beanspruchungen der Heizfläche weichen allmählich den höheren, die mit Hilfe der Dampfüberhitzung erst möglich geworden sind. Der Anlass zu diesem Bestreben, die Heizflächenbeanspruchung zu steigern, ist in dem allgemeinen Fortschritt des Maschinenbaues begründet, rührt aber zum guten Teil wohl auch von den Anregungen her, die dem Landkesselbau seitens des Schiffskesselbaues in den letzten Jahren zu Teil geworden sind. Bekanntlich sind seit längerer Zeit in modernen Schiffsbetrieben Kessel mit weit höheren Beanspruchungen, als in Landbetrieben üblich, mit gutem Erfolg in Verwendung. Es bietet sich deshalb in dem Zweige des Maschinenbaues, der die Herstellung von Wasserrohrkesseln umfasst, zur Zeit ein recht interessantes Bild, in dem die Gegensätze nicht fehlen. Während nämlich einerseits die fortgeschrittneren Firmen für ihre Wasserrohrkessel Dampfleistungen von 30 bis 35 kg für das qm Heizfläche bei noch verhältnismässig guter Ausnutzung der Kohlenwärme garantieren, finden sich andererseits Firmen, die für ihre Wasserrohrkessel nach wie vor nur 16 bis 18 kg Dampf für das qm als Höchstleistung angeben. Diese Unstimmigkeit in der Bewertung der Leistungsfähigkeit der Wasserrohrkessel rührt aus der Zeit her, als es noch keine Ueberhitzer gab. Die alten Wasserrohrkessel ohne Ueberhitzer hatten bekanntlich unter dem Uebelstand zu leiden, der besonders bei höheren Beanspruchungen in die Erscheinung trat, dass während des Betriebes bei der Dampfentnahme sehr leicht Wasser mitgerissen wurde. Die damaligen Wasserrohrkessel standen eben in dem Rufe, nassen Dampf zu liefern. Um diesen Mangel nun weniger fühlbar werden zu lassen, wurden die Wasserrohrkessel einerseits mit sehr kleinen Beanspruchungen betrieben, was natürlich die Anlagen verteuerte, und z.B. darin einen äusseren Ausdruck fand, dass bei gleichen Leistungen die Wasserrohrkessel etwa 30 v. H. grössere Heizfläche erhielten als etwa die Flammrohrkessel. Anderseits suchten einzelne Konstrukteure durch Einbau besonderer Einrichtungen in den Kessel den Dampf von dem umlaufenden Wasser möglichst rasch und vollkommen zu befreien. Diese letztere Bestrebung führte unter anderem zu Konstruktionen, bei denen die Trennung des Dampfes und des Wassers schon in der vorderen Wasserkammer stattfinden sollte., Abgesehen davon, ob der Zweck erreicht wurde oder nicht, so kann diesen Konstruktionen der Vorwurf nicht erspart bleiben, dass sie den Wasserumlauf des Kessels beeinträchtigten. Als die Beanspruchungen der Heizfläche noch überall klein waren, trat dieser Nachteil nicht so sehr hervor; heute aber, wo die Wasserrohrkessel mit Hilfe des Ueberhitzers, in dem der feuchte Dampf erst getrocknet und dann überhitzt wird, im Begriff stehen, das, wozu sie sich mehr als andere Kessel eignen, Kessel für mittelhohe Beanspruchungen, zu werden, bildet dieser Nachteil die Ursache, weshalb unter den Wasserrohrkesseln noch einige sind, die mit oder ohne Ueberhitzer fortgesetzt nur niedrig beansprucht werden können. Es wurde vorhin eine der wichtigsten Fragen im Kapitel von modernen Wasserrohrkesseln, der Wasserumlauf, berührt. Die Wasserbewegungsfrage ist für alle Kessel von grosser Bedeutung, besonders aber für den Wasserrohrkessel. Man kann, ohne zu übertreiben, von dem Wasserrohrkessel behaupten, dass seine Güte mit der Vollkommenheit seines Wasserumlaufes steht und fällt. Jener Wasserrohrkessel ist der beste, in dem die Wasserbewegung sich am vollkommensten entfalten kann. Denn nur durch einen guten und gleichmässigen Wasserumlauf in allen Rohren ist es möglich, die Betriebssicherheit bei hoher Beanspruchung noch aufrecht zu erhalten, und nur durch einen kräftigen Wasserumlauf wird dem sonst unvermeidlichen, starken Abfall im Nutzeffekt bei zunehmender Heizflächenbeanspruchung vorgebeugt. An anderer StelleVergl. des Verfassers Aufsatz in der „Zeitschrift für Dampfkessel und Maschinenbetrieb“, Heft 12, 14 und 15: „Der Wasserumlauf in Dampfkesseln und seine Bedeutung.“ schon hat der Verfasser Gelegenheit gehabt, auf diesen Einfluss des Wasserumlaufes auf den Kesselwirkungsgrad hinzuweisen. An Hand von Versuchen an Dampfkesseln verschiedener Systeme wurde hier gezeigt, dass in der zeichnerischen Darstellung bei niedrigen und hohen Beanspruchungen die Kurve für den Nutzeffekt bei solchen Kesseln den am wenigsten geneigten Verlauf nahm, deren Wasserumlauf am vollkommensten ausgebildet war, während umgekehrt bei mangelhaftem Umlauf die Kurve verhältnismässig rasch abfiel. Man erkennt hieraus, von welcher Bedeutung der Wasserumlauf für die Wasserrohrkessel ist. Unter diesen Umständen ist es von Interesse und hat seine Berechtigung, die Aussichten der Wasserrohrkessel als Kessel für hohe Beanspruchung mit Rücksicht auf den Wasserumlauf näher zu prüfen. Es ist bekannt, dass bei Dampfkesseln mit zunehmender Heizflächenbeanspruchung sich gleichzeitig eine Vergrösserung des Wärmedurchgangskoeffizienten einstellt. Man war früher zu der Annahme geneigt, dies als die Folge von einer Erhöhung der Rauchgastemperaturen bei den höheren Anstrengungsgraden anzusehen. Später hat sich diese Vermutung als nicht völlig zutreffend erwiesen, indem zahlreiche Messungen der Rauchgastemperaturen am Anfang und am Ende der Heizfläche bei Dampfkesselversuchen übereinstimmend ergeben haben, dass diese Temperaturen bei den verschiedenen Beanspruchungen so wenig voneinander abweichen, dass die Unterschiede nicht genügen, um die Veränderung im Werte des Wärmedurchgangskoeffizienten zu erklären. Es blieb also nichts übrig, als eine andere Erklärung zu suchen. Als solche sind dann die Bewegungszustände auf beiden Seiten der Heizfläche anerkannt worden. Wahrscheinlich liegen dabei die Verhältnisse hier so, dass bei zunehmender Beanspruchung die grösseren Rauchgasmengen zunächst eine geringe Erhöhung der Temperaturen längs der Heizfläche bewirken, was eine Vermehrung des Wärmedurchganges zur Folge hat. Letzteres verursacht wieder eine lebhaftere Verdampfung bezw. eine kräftigere Wasserbewegung im Kessel. Dadurch wird der Wärmeübergang von Heizfläche auf das Wasser beschleunigt und folglich auch von den Rauchgasen auf die Heizfläche, so dass auf diese Weise ein weiteres Anwachsen der Rauchgastemperatur hintan gehalten wird. Das Ganze gestaltet sich daher, wie so oft bei technischen Problemen, als ein fortwährender Wechsel zwischen Ursache und Wirkung in den Vorgängen auf beiden Seiten der Heizfläche, bis zuletzt mit dem Beharrungszustand sich stabile Verhältnisse einstellen. Aus dem Vorstehenden und besonders aus dem, was über den Einfluss der Wasserbewegung auf den Nutzeffekt ausgeführt wurde, kann man den Schluss ziehen, dass es hinsichtlich des Wärmedurchganges für einen Dampfkessel der ideale Zustand sein müsste, wenn sein Wasserumlauf sich so ausbilden liesse, dass dessen Stärke sich annähernd proportional mit der Beanspruchung des Kessels verhält. Das Verhältnis zwischen der vorüberströmenden Rauchgasmenge auf der einen Seite und der umlaufenden Wassermenge auf der anderen Seite der Kesselheizfläche würde unter diesen Umständen bei allen Anstrengungsgraden gleich sein. Man würde mit anderen Worten dadurch für den Kessel auf beiden Seiten der Heizfläche denselben Zustand erhalten, wie bei einem Dampfüberhitzer, an dessen Heizfläche sämtliche Heizgase vorüberströmen. Es herrscht bekanntlich hier zwischen Dampfmenge einerseits und Rauchgasmenge anderseits annähernde Proportionalität. Es ist, nebenher gesagt, wegen des genannten Umstandes sehr wahrscheinlich, dass der Nutzeffekt, d.h. das Verhältnis zwischen aufgenommener und zugeführter Wärmemenge, für einen solchen, in die Kesselzüge eingebauten Ueberhitzer bei kleinen und grossen Dampfleistungen ziemlich gleichbleibend ist. Diese Auffassung kann belegt werden mit dem Hinweis auf das Verhalten des Ueberhitzungsgrades bei wechselnden Heizflächenbeanspruchungen. Dass dabei der Ueberhitzungsgrad bei den grösseren Beanspruchungen in der Regel sogar ein wenig höher ist, als bei den niedrigeren, erklärt sich, da auch hier die Rauchgastemperaturen am Anfang und Ende der Ueberhitzerheizfläche bei wechselnden Beanspruchungen gewöhnlich nur unwesentlich verschieden sind, daraus, dass infolge der Abnahme des Kesselwirkungsgrades bei zunehmender Beanspruchung das Verhältnis zwischen Rauchgasmenge und Dampfmenge etwas grösser wird. Die vorhin ausgesprochene Ansicht, dass es für einen Dampfkessel als ideal zu bezeichnen ist, wenn sich die Stärke des Wasserumlaufes proportional mit der Beanspruchung verhält, findet bis zum gewissen Grade ihre Bestätigung durch einige Versuche„Engineer“ 1899, Bd. 2, S. 20. des englischen Physikers Halliday über den Einfluss der Wasserbewegung auf den Wärmeübergang. Halliday stellte einerseits fest, dass es für durch ein Rohr fliessendes Wasser bei gleichmässig abgegebener Wärmemenge eine gewisse Geschwindigkeit gibt, bei welcher es das Maximum an Wärme für die Zeit- und Volumeneinheit aufnimmt. Sowohl bei kleineren als grösseren Werten der Geschwindigkeit wird das Wasser stets weniger Wärme aufnehmen. Das bemerkenswerteste Ergebnis dieser Versuche bildet aber die Feststellung, dass die für die Wärmeübertragung jeweilig günstigste Wassergeschwindigkeit mit der von der Wärmequelle abgegebenen Wärmemenge stets wechselte, und zwar in der Weise, dass bei einer Erhöhung der letzteren, z.B. auf die doppelte Menge, die günstigste Geschwindigkeit sich ebenfalls angenähert verdoppelte und gleichzeitig das Wasser gegen früher fast die doppelte Wärmemenge aufnahm. Man erkennt, dass demnach die günstigste Geschwindigkeit des Wassers annähernd in geradem Verhältnis zu der abgegebenen Wärmemenge, bezw. Beanspruchung, steht. Unter der Voraussetzung nun, dass die gleiche Gesetzmässigkeit auch für andere Geschwindigkeiten als die günstigste gilt, so bedeutet das letztere Ergebnis der angeführten Versuche auf die Verhältnisse der Dampfkessel angewendet, dass der Nutzeffekt eines Kessels sich bei den verschiedenen Anstrengungsgraden gleich bleiben würde, wenn zwischen der Umlaufstärke des Wassers und der Grösse der Kesselbeanspruchung Proportionalität herrschte. Voraussetzung ist natürlich dabei, dass die Verbrennung bei hoher und niedriger Beanspruchung in gleicher Vollkommenheit erfolge, und dass auch die Verhältnisse sonst die gleichen sind. Es liegt hier nahe, die interessanten Ergebnisse, zu denen man bei den erwähnten Versuchen mit dem Einfluss der Bewegung des Wassers gelangte, auch auf die Bewegungsverhältnisse des Dampfes im Ueberhitzer anzuwenden. Bekanntlich ist man keineswegs im klaren, ob und inwieweit eine Gesetzmässigkeit zwischen Dampfgeschwindigkeit und Wärmeübertragung beim Dampfüberhitzer vorhanden ist. Während die einen zu der Ansicht neigen, dass der Einfluss der Geschwindigkeit als nur gering einzuschätzen ist, sind andere und zwar wohl die Mehrzahl der entgegengesetzten Meinung. Diese Meinungsverschiedenheit erklärt sich aus dem scheinbar gesetzlosen Verhalten der Dampfgeschwindigkeit zur übertragenen Wärmemenge, zu welchem man bei Versuchen mit verschiedenen Dampfgeschwindigkeiten gekommen ist. Es liegt nahe, anzunehmen, dass für die Bewegung von anderen Flüssigkeiten als Wasser, also z.B. von Dampf und Gas in bezug auf die Wärmeübertragung ähnliche Beziehungen gelten wie für Wasser, und dass in diesem Lichte betrachtet, die jetzt herrschende Unklarheit sich möglicherweise beheben lässt. Es müsste demnach auch für Dampf bei gegebenen Wärmeverhältnissen eine Geschwindigkeit geben, bei welcher das Maximum an Wärme übertragen wird; bei kleineren sowohl als bei grösseren Geschwindigkeiten geht stets weniger Wärme über. Der Wert dieser günstigsten Geschwindigkeit ist nach dem Vorstehenden von der Temperaturzone abhängig, in welcher sich der Ueberhitzer befindet, und wechselt ferner mit der Beanspruchung, d.h. mit dem vorüberziehenden Rauchgasgewicht. Wie verhält es sich nun mit dem Wasserumlauf der Wasserrohrkessel? Der Wasserumlauf kommt hier im wesentlichen durch den Umstand zu Wege, dass an zwei Stellen im Kesselinnern, in den beiden Wasserkammern nämlich, während des Betriebes ein Unterschied an hydrostatischem Druck entsteht. Von diesem Druckunterschied darf man annehmen, dass er in geradem Verhältnis zu der Heizflächenbeanspruchung steht. Da nun die Umlaufgeschwindigkeit mit der Quadratwurzel dieses hydrostatischen Druckunterschiedes zunimmt, so ergibt sich schon hieraus, dass selbst, wenn die Widerstände vernachlässigt werden, bei Wasserrohrkesseln – andere Kessel kommen noch weniger in Betracht – an die Erlangung der vorerwähnten Beziehung, dass Proportionalität zwischen der umlaufenden Wassermenge auf der einen und der vorbeiziehenden Gasmenge auf der anderen Seite der Heizflächenwand bestehe, nicht zu denken ist; wenigstens nicht ohne äussere Hilfsmittel. Im günstigsten Falle würde z.B. bei einer Vervierfachung der Beanspruchung die Umlaufgeschwindigkeit sich verdoppeln. In Wirklichkeit sind die Strömungsverhältnisse in den Rohren wegen der Widerstände noch erheblich schlechter als dem hydraulischen Druckunterschied entsprechend. Besonders in den oberen Rohrreihen eines Wasserrohrkessels, wo an sich die Druckunterschiede klein sind, erleidet die Geschwindigkeit einen sehr starken Abfall. Ja, es kann hier zuweilen vorkommen, namentlich bei höheren Beanspruchungen, dass das Wasser durch die oberste Rohrreihe aus der vorderen Wasserkammer in die hintere zurückfliesst statt umgekehrt. Es ist selbstverständlich, dass diese Erscheinung den gesamten Wasserumlauf nur ungünstig beeinflussen kann. Eine eigentliche Wasserströmung ist tatsächlich nur in den untersten Rohrreihen, wo auch in der Hauptsache die Dampferzeugung vor sich geht, vorhanden. Hierzu kommt noch ein anderer Mangel. Wegen der verhältnismässig engen Verbindungsstutzen zwischen den Wasserkammern und dem Oberkessel ist die Verteilung des umlaufenden Wassers auf die einzelnen Rohre einer Horizontalreihe keine gleichmässige. Diese enge Verbindung hat nämlich zur Folge, dass die in der Mitte liegenden Rohre einen kräftigeren Wasserzufluss erhalten, als die mehr seitwärts liegenden.Eine Ausnahme hiervon bilden diejenigen Wasserrohrkessel, bei denen der Oberkessel quer zur Rohrrichtung in seiner ganzen Länge auf die eine Wasserkammer gesetzt ist. Ein bekannter Kessel dieser Bauart ist unter anderen der Schiffskessel von Dürr. Für die Entfaltung eines gleichmässigen Umlaufes ist es daher als eine bedeutsame Verbesserung zu betrachten, wenn, wie bei einer bekannten Bauart, die Wasserrohre in vertikalen Sektionen unterteilt sind, von denen jede einzelne ihre besondere Verbindung mit dem Oberkessel besitzt. Man begegnet in der Praxis zuweilen der Ansicht, dass ein zu starker Wasserumlauf in den Kesseln unerwünscht, ja schädlich sei, weil dadurch Verunreinigungen des Kesselwassers leicht mitgerissen werden und sich in den Ueberhitzerrohren absetzen. Dies kann allerdings eine Folge des starken Umlaufes sein, die sich aber wohl vermeiden lässt. Man kann z.B. Vorkehrungen zur guten Führung des Wasserstromes treffen, so dass die Wasserbewegung stets einen ruhigen Verlauf nimmt und das befürchtete Wasserwerfen vermieden wird. Auf die Weise wird vom Dampf, selbst bei hoher Beanspruchung, weder Wasser in nennenswerter Menge, noch werden verunreinigende Bestandteile mitgerissen. Es braucht diesbezüglich nur auf die Schiffswasserrohrkessel hingewiesen zu werden, welche, ohne Ueberhitzer zu haben, bei weit höheren Anstrengungsgraden als in Landbetrieben üblich, noch trocknen Dampf liefern müssen. Der Wasserumlauf ist für den Wasserrohrkessel von solcher Bedeutung, dass es fast widersinnig erscheint, der freien Entfaltung desselben Hindernisse in den Weg zu stellen. Wollte man zum Schluss aus dem Vorstehenden auf die Tauglichkeit des Wasserrohrkessels mit schrägliegenden, geraden Rohren als Kessel für hohe Beanspruchung schliessen, so lässt sich nicht in Abrede stellen, dass die heute gebräuchlichen Ausführungsformen dieses Kessels gewisse Eigenschaften besitzen, welche den Kessel für den genannten Zweck wenig geeignet machen und über die auch der Ueberhitzer nicht hinwegzuhelfen vermag. Allerdings ist es, wie schon hervorgehoben, dank dem Ueberhitzer, möglich geworden, die Beanspruchung der Wasserrohrkessel gegen früher erheblich zu steigern. Durch den Umstand aber, dass die Verdampfung so sehr auf die unterste Rohrreihe konzentriert ist, wird verhältnismässig bald, etwa bei 35 kg, eine Grenze für die mittlere Verdampfung für den qm Heizfläche erreicht, bei der eine weitere Steigerung für die Sicherheit des Betriebes gefährlich werden kann. Dabei wird diese Beanspruchung nur von den besten Wasserrohrkesseln erreicht, in denen der Wasserumlauf sich frei und ungehemmt entwickeln kann. Bei dem genannten Grenzwerte der Beanspruchung wird in der untersten, dem Feuer zugekehrten Rohrreihe die Verdampfung so heftig, dass der Wasserzufluss nicht rasch genug zu erfolgen vermag, um die Rohre genügend wirksam zu kühlen. Eine deutliche Sprache, um die ungleichmässige Beteiligung der verschiedenen Rohrreihen an der Leistung des Kessels zu beleuchten, führen folgende Zahlen. Durch Versuche ist festgestellt worden, dass die unterste Rohrreihe an der gesamten Dampferzeugung in normalem Betrieb mit über 60 v. H. teilnimmt; die oberste Rohrreihe dagegen mit nur etwa 0,5 v. H. Dabei besitzen beide Rohrreihen die gleiche Heizfläche oder jede etwa 10 v. H. von der ganzen Kesselheizfläche. Um diese Misstände, die den Wert des Wasserrohrkessels ohne Frage herabsetzen, zu beseitigen, müsste man zur Entlastung der untersten Rohrreihen die darüber liegenden Rohre in höherem Masse zur Beteiligung an der Dampferzeugung heranzuziehen suchen. Es ist möglich, dass dies sich erreichen lässt einerseits durch zweckmässige Anlage und Anordnung von Feuerung und Rauchgasführung und andererseits durch verbesserten Wasserumlauf in den oberen Rohren. Dort, wo der Wasserrohrkessel mit geraden, schrägliegenden Rohren in Schiffsbetrieben bisher verwendet wurde, haben die Erbauer zur Erlangung von höheren Beanspruchungen bezw. um die nachteilige Wirkung der geschilderten Misstände zu vermeiden, mit Erfolg den Weg eingeschlagen, dass sie einerseits die Wasserrohre erheblich kürzer machten als sonst üblichIn England und Amerika soll es eine durch die Erfahrung gewonnene Regel geben, wonach die Rohre eines Wasserrohrkessels nur dann den höchsten Beanspruchungen auf die Dauer standhalten, wenn ihre Länge das vierundzwanzigfache der Durchmesser nicht überschreitet. und anderseits die dem Feuer zugekehrten, untersten Rohre mit grösserem Durchmesser versahen. Die vorstehende Erörterung der Mängel des Wasserrohrkessels darf nicht zu der Auffassung verleiten, als sei nach der Ansicht des Verfassers der Wasserrohrkessel ein minderwertiger Dampferzeuger. Trotz seiner Mängel ist der gute Wasserrohrkessel hinsichtlich Leistungsfähigkeit allen anderen Dampfkesselsystemen überlegen und im übrigen zum mindesten gleichwertig. Man wird der Forderung nach noch höheren Beanspruchungen vielleicht entgegenhalten, dass ein Bedürfnis nach höheren quantitativen Kesselleistungen als die der guten Wasserrohrkessel von bekannter Bauart nicht vorhanden ist, und dass ausserdem die Befeuerung solcher Kessel Schwierigkeiten verursachen dürfte. Abgesehen von den aussergewöhnlichen Verhältnissen der Schiffsbetriebe, ist auf diesen Einwand zu erwidern, dass ein solches Bedürfnis, wenn auch nicht allgemein, so doch in manchen Fällen sich mit Wahrscheinlichkeit einstellen würde, wenn es dem Kesselbau gelingen sollte, einen Dampferzeuger herzustellen, welcher bei gleicher Betriebssicherheit und gleichem Nutzeffekt für dieselbe Dampfleistung weniger Platz bedarf als die bestehenden Kessel. Was die Befeuevung eines derartigen Kessels betrifft, so steht für den Fall, dass der natürliche Schornsteinzug nicht mehr ausreicht, der Weg offen, durch Anwendung künstlichen Zuges die Leistungsfähigkeit des Rostes zu steigern.