Titel: | Der heutige Stand der Motorfahrräder. |
Autor: | Oscar Koch |
Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 294 |
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Der heutige Stand der Motorfahrräder.
Von Oscar Koch,
Gross-Lichterfelde, West.
Der heutige Stand der Motorfahrräder.
In meinem letzten Bericht D. p. J. 1905 320261 u. ff. ist schon darauf
hingewiesen, dass der Zweiradrahmen gegen früher nicht nur länger und niedriger
gehalten, sondern auch in allen seinen Teilen verstärkt wurde. Trotz alledem hat er
den an ihn gestellten Anforderungen noch nicht vollständig genügt. Von dem modernen
Rahmen kann verlangt werden, dass er sehr fest ist ohne plump oder unelastisch zu
sein. Dabei soll er möglichst langgestreckt und so niedrig gehalten werden, dass der
Fahrer über dem Fahrzeug stehen kann. Durch die lange Bauart kommt zugleich der
Motor mehr nach vorn, wobei eine gute Verteilung der Lasten stattfindet, was
nebenbei Sicherheit gegen das seitliche Gleiten auf schlüpfrigen Wegen bietet.
In der Hauptsache sind zwei Typen zu unterscheiden: 1. der geschlossene Rahmen, bei
dem ein Rohr im Bogen unter dem Motorgehäuse heruntergeführt ist, 2. der offene
Rahmen, dessen Enden mit dem Motorgehäuse verschraubt sind. Auf ersterem ist das
Fahren wohl weicher, da das gebogene Rahmenrohr grössere Elastizität besitzt, als
wenn die Rohrenden mit dem Motor verschraubt sind. Dagegen hat diese Anordnung
den grossen Vorteil, dass das ganze Fahrzeug dadurch niedriger wird, was dem Fahrer
ein viel grösseres Gefühl der Sicherheit gibt.
Im folgenden sollen die jetzt gebräuchlichsten Rahmenkonstruktionen in grossen Zügen
behandelt werden, und zwar zuerst die geschlossenen Rahmen.
Diesen bildet die Progress Motoren- und Apparatebau G. m. b.
H. in Charlottenburg in einfachster Weise nach Fig. 1 aus. Nach
demselben Prinzip ist der Rahmen (Fig. 2) der Presto-Werke, Günther & Co., Kom. Ges. in Chemnitz,
gebaut. Er unterscheidet sich von ersterem durch das zur Erzielung höherer
Festigkeit eingefügte zweite Horizontalrohr a. Das
Rahmenrohr b-c geht bei dieser Anordnung in vollem
Bogen um das Motorgehäuse herum, wodurch der Motor möglichst tief zu stehen kommt.
Auch die Wanderer-Fahrradwerke, vorm. Winklhofer &
Jaenicke in Chemnitz-Schönau, bauen diese Type jedoch mit eigenartiger
Versteifung. Wie Fig. 3 zeigt, schliesst sich das Horizontalrohr a nicht an das Rohr b an, sondern bei f schräg aufsteigend an das Steuerrohr i. Rohr a und b sind dann noch durch Strebe g abgestützt. Um diese Rahmenart länger zu gestalten, führt die Schönebecker Metallindustrie A.-G. in Schönebeck a. E.
nach Fig. 4
das Rohr b-c wohl um das Motorgehäuse herum, doch dient
hier c nicht als Sattelstützrohr. Letzteres ist im
Gegensatz zu Fig.
1–3 ein selbständiges Rohr d, das zum
Tretkurbellager führt. In ähnlicher Weise baut die Maschinenfabrik Gritzner A.-G. in Durlach ihren Rahmen, nur mit dem
Unterschied, dass Rohr c in Fortfall kommt. Mehr nach
vorn rückt der Motor bei der Konstruktion (Fig. 5) von Th. Linser in Reichenberg i. B. Erreicht wird dieses
dadurch, dass das Rohr b nahezu senkrecht abwärtsführt.
Das Motorgehäuse umfassend, geht es zum Tretkurbellager und vereinigt sich dort mit
dem Sattelstützrohr c und der Hinterradgabel. Da aber
hierdurch der Abstand zwischen den Rohren b und c sehr gross wird, so ist, um dem Rahmen die nötige
Festigkeit zu geben, noch die Strebe f vorgesehen.
Textabbildung Bd. 321, S. 295
Eine ganz eigenartige Konstruktion besitzt der Rahmen (Fig. 6) von Seidel & Naumann in Dresden. Entgegen dem heutigen
Bestreben, ist der Motor hier hoch gelagert. Dabei kommt das bei den Fig. 2–5 übliche
Horizontalrohr a in Fortfall, das hier ohne Schädigung
der Rahmenfestigkeit ganz gut entbehrt werden kann, da der Benzinbehälter zwischen
den Rohren c und f sitzt.
Den sogenannten offenen Rahmen verwendet Progress nach Fig. 7 für ihre
stärkeren Motore. Im gewissen Sinne ist der Rahmen nur eine Umkonstruktion von Fig. 1, der
Bogen kommt in Fortfall, dafür werden die Rohre b und
c am Motorgehäuse angeschlossen. Weit
gebräuchlicher sind folgende Konstruktionen, bei denen das Sattelstützrohr nicht zum
Motorgehäuse, sondern wie bei Fig. 4–6 zum Tretkurbellager
führt. Eine solche Konstruktion, wie sie u.a. die Neckarsulmer Fahrradwerke A.-G. in Neckarsulm, die Gouverneur-Fahrradwerke, Paul Erbrecht in Braunschweig, sowie die Bielefelder Maschinen- und Fahrradwerke, Aug. Goricke
in Bielefeld ausführen, zeigt Fig. 8. Aehnlich diesem
bauen auch die Cito-Fahrradwerke in Klön-Klettenberg
ihren Rahmen. Er unterscheidet sich nur dadurch von ihm, dass das Gabelrohr e nicht in gerader Linie mit der Gabel zum Motorgehäuse
führt, sondern wie in Fig. 8 punktiert
angegeben ist, vom Tretkurbellager schräg zum höchsten Punkt des Motorgehäuses
ansteigt. Fig.
9 stellt den Rahmen dar, den die Adler-Fahrradwerke, vorm. H. Kleyer in Frankfurt a. M. für ihre 3 PS.-Type
bauen. Bei der 2½ PS.-Type ist das mittlere Horizontalrohr gerade. Die Diamant-Fahrradwerke, Gebr. Nevoigt in
Reichenbrand-Chemnitz bauen ihren Rahmen (Fig. 10) nach Art des
geschlossenen Rahmens von Progress (Fig. 1) Der Unterschied
liegt nur darin, dass der Bogen unterbrochen ist und die Rohre b und c mit dem Motor
verschraubt sind.
Um den Magnet-Apparat, der jetzt fast ausschliesslich hinter dem Motor sitzt, nicht
zu tief lagern zu müssen, bilden die Excelsior-Fahrradwerke,
Conrad & Patz in Brandenburg a. H. bei ihrem Rahmen (Fig. 11) das untere
Gabelrohr e bogenförmig aus.
Dieses Bogenstück e und das mittlere Horizontalrohr
sind mittels Strebe f abgestützt. Aehnlich diesem ist
auch der Rahmen Fig. 12 der Brennabor-Fahrradwerke, Gebr.
Reichstein in Brandenburg a. H., nur greift die Strebe f nicht an das Bogenstück e, sondern direkt an das Motorgehäuse an. Diese Aufhängung des Motors ist
den anderen Anordnungen vorzuziehen, da das senkrechte Rohr f den Erschütterungen besser standhält als das wagerechte oder
bogenförmige Rohr e.
Andere Firmen bilden das Rohr b im Gegensatz zu Fig. 7–12 nach Art
der geschlossenen Rahmen (Fig. 1–6) bogenförmig aus.
Einen derartigen Rahmen der Phänomen-Fahrradwerke, Gustav
Hiller in Zittau, sowie der Motorenfabrik
„Magnet“ in Berlin-Weissensee und der Bielefelder Maschinenfabrik, vorm. Dürkopp & Co. zeigt Fig. 13, während Fig. 14 den
Rahmen von Joh. Puch in Graz darstellt. Bei ihm führt
wieder das Strebrohr f wie bei Brennabor, zum Motorgehäuse, während das Rohrstück e schräg aufsteigend sich, wie bei Fig. 12, an f anschliesst Aehnlich diesem ist der Rahmen der Mars-Werke A.-G. in Nürnberg-Doos, nur liegt bei ihm
das Rohrstück e in der in Fig. 14 punktiert
angedeuteten Lage.
Der Grund, das Rohrstück e schräg aufsteigend
anzuordnen, liegt ebenfalls darin, dem Magnet-Apparat zu seiner Unterbringung Raum
zu bieten. Bei den geschlossenen Rahmen Fig. 1, 2, 3 und 5 lässt er sich bequem
noch innerhalb des Rahmens unterbringen, ebenso bei Fig. 10, 20 und 23, wo er
auf der Brücke e sitzt. Bei Fig. 6 und 24 liegt er
unter dem Motor, während er bei Fig. 4 sogar im
Motorgehäuse liegt. Adler bilden das Rohrstück e als Gabel aus, zwischen der der Magnet-Apparat
hindurchtritt. Bei der Anordnung nach Fig. 13 ist er hängend
oder wagerecht angeordnet. Eine ganz besonders stabile Lagerung hat der Motor in dem
Rahmen (Fig.
15) der Mindener Maschinen- und Fahrradfabrik,
Hoppe & Homann in Minden i. W. Das Motorgehäuse wird hier an drei
Punkten angegriffen, so dass dieser Rahmen eine Kombination der Rahmen nach Fig. 13 und
14
bedeutet. Der Magnet-Apparat findet zwischen den beiden Rohren e und e1 noch genügend Platz. Recht bemerkenswert ist auch
der Rahmen (Fig.
16) von Adam Opel in Rüsselsheim a. M. Das
mittlere Horizontalrohr ist nach oben durchgekröpft und dient zum Teil als
Gasleitungsrohr. Zu diesem Zweck ist der Vergaser an der Rohrkröpfung hinter dem
Zylinder angeschlossen; das Gas führt durch den bogenförmigen Teil des Rahmenrohres
und tritt durch den ⌊-förmigen Stutzen in den Zylinder ein. Da nun der Stutzen
gleichzeitig zur Befestigung des Zylinders dient, so verteilen sich die durch den
Motor verursachten Erschütterungen viel gleichmässiger auf den ganzen Rahmen. Um
letzteren möglichst niedrig zu gestalten, ist die Hinterradgabel, nicht wie sonst
üblich, an das Ende des oberen Rahmenrohres, sondern etwas unter ihm
angeschlossen.
Der Vollständigkeit halber sollen noch zwei Rahmen für Damenfahrräder gezeigt werden,
und zwar in Fig.
17 die Konstruktion von Joh. Puch in Graz, in
Fig.
18 diejenige der Bielefelder Maschinenfabrik,
vorm. Dürkopp & Co. in Bielefeld. Bei beiden ist die Bauart der
Herrenfahrräder beibehalten, nur ist das Scheitelrohr seiner Bestimmung gemäss nach
abwärts, dem Tretkurbellager zu, geführt. Auch diese Rahmen sind so verstrebt, dass
sie genügend Sicherheit bieten.
Die Rahmen der zweizylindrigen Fahrräder besitzen teils dieselbe Form, teils kleine
Umkonstruktionen der oben beschriebenen Systeme. So ändert z.B. Joh. Puch seinen Rahmen (Fig. 14) dahingehend
ab, dass er das vordere Rohr in gerader Linie zum Motorgehäuse führt (Fig. 19).
Ausserdem ist vor dem Stützrohr f noch ein zweites f1 vorgesehen. Zwischen
diesen beiden Rohren steht der eine Zylinder senkrecht, während der andere geneigt
in Richtung des vorderen Rahmenrohres unter diesem liegt. Günstiger ist die
Lage des Motors beim Rahmen (Fig. 20) der Neckarsulmer Fahrradwerke A.-G. in Neckarsulm. Die
Rahmenkonstruktion selbst lehnt sich an Fig. 10 an. Die Mars-Werke A.-G. in Nürnberg-Doos stellen die Zylinder
V-förmig, wobei sich der Rahmen (Fig. 21) an die
Konstruktion (Fig. 14) anlehnt, allerdings mit dem Unterschied, dass das Stützrohr f schräg in Richtung des Sattelstützrohres liegt. Diese
Konstruktion bauen auch die Phänomen-Fahrradwerke,
führen aber das Rohrstück e gerade in der punktiert
angegebenen Richtung. Eine ganz eigene Konstruktion der Neckarsulmer Fahrradwerke zeigt Fig. 22. Das Rohr b ist so ausgebogen, dass der schräg liegende Zylinder
einen möglichst grossen Neigungswinkel bekommen kann, was für die Kühlung des
senkrechten Zylinders recht vorteilhaft ist. Ebenso ist der vordere Teil des Rahmens
(Fig.
23) der Diamant-Fahrradwerke konstruiert,
während der hintere Teil nach Fig. 20 ausgebildet
ist. Die Motorenfabrik „Magnet“ behält den
Rahmen (Fig.
13) auch für zweizylindrige Fahrräder bei, bringt aber, um Raum für beide
Zylinder zu gewinnen, das Strebrohr f in Fortfall, was
nicht gerade vorteilhaft sein dürfte. Göricke &
Cito benutzen die Konstruktion (Fig. 8) unverändert,
die ja auch genügend Raum für beide Zylinder bietet.
Geschlossene Rahmen benutzen u.a. die Presto-Werke, die
Wanderer-Fahrradwerke, Ch. Linser und Seidel & Naumann. Die drei ersten Firmen verwenden
ihre Konstruktionen (Fig. 2, 3 und 5) ohne Abänderung, da
sie ebenfalls genügend Raum für zwei Zylinder bieten. Seidel
& Naumann dagegen müssen wieder die Strebe f in Richtung des Sattelstützrohres legen, um Raum für beide Zylinder zu
erhalten, f und b sind
dabei durch das Bogenstück k versteift (Fig. 24).
Ebenso wie die Rahmen, sind auch die anderen Teile umkonstruiert, so dass auch hier
bei den Motorrädern vom Tretrad nichts mehr übrig geblieben ist. Zuerst wurde die
Vorderradgabel verstärkt (D. p. J. 1905, 320, 261), um
ihr die nötige Widerstandsfähigkeit zu geben. Dieser Zweck wurde erreicht, aber man
hatte nun eine vollständig unelastische Gabel, mit der das Fahren kein Vergnügen
war. Diese Konstruktionen sind daher wieder in Fortfall gekommen, oder wenigstens
mit Federung versehen worden. Hierbei sitzt das Vorderrad im allgemeinen nicht in
den Gabelscheidenenden selbst, sondern, wie Fig. 25 bei der
Abfederung von Opel zeigt, an den Enden eines das
Vorderrad ⊂-förmig umfassenden doppelarmigen Schwinghebels ac, der in b an der Gabel seinen Drehpunkt
hat, und mittels zweier Federn d mit den Gabelscheiden
e verbunden ist. Diese Federn haben dabei das
Bestreben, das durch den Fahrer belastete Hebelende c
in Richtung des Pfeiles nach oben zu ziehen. Um bei etwaigem Abheben des Vorderrades
vom Erdboden ein zu kräftiges Abwärtsschnellen des Hebels a zu verhindern, sind längs der Innenseiten der Hebelschenkel c und der Gabelscheiden e
Spreizfedern f vorgesehen, die nach Art der
Sicherheitsnadel gebogen sind, wobei deren Schleife die Achse umgibt, während ihre
Enden an c und e befestigt
sind. Diese Federn f arbeiten den Spiralfedern d entgegen, und dämpfen die Bewegung des ganzen
Systems, besonders bei Rückkehr des Hebels ac, in seine
Gleichgewichtslage nach Entspannen der Feder d.
Bei der Vorderradabfederung der Brennabor-Fahrradwerke
kommen zwei Paar Gabelscheiden in Anwendung. Wie Fig. 26 zeigt, ist am
Kopf der eigentlichen Gabel a noch ein zweites Paar
Scheiden b angelenkt, die das Vorderrad tragen. Diese
letzten Scheiden sind mit Pfannen c ausgestattet, durch
die der am Ende des Scheidenpaares a angelenkte Bolzen
d hindurchführt. Er trägt zwei Schraubenfedern e und f und zwar die
zwischen den Scheiden a und b eingespannte stärkere e und die zwischen
der pendelnden
Scheide b und Mutter g
eingespannte schwächere f Erstere stützt sich in der
Pfanne c und bildet die Hauptfeder, während letztere,
wie bei Opel die Spreizfedern, als Ausgleichungs- und
Dämpfungsfeder dient.
In recht einfacher Weise bilden die Adler-Fahrradwerke
ihre Vorderradgabel federnd aus. Wie aus Fig. 27 ersichtlich,
ist sie durch das Gelenk a mit dem Schaftrohr b verbunden, und trägt einen kurzen Hebel c, durch den ein Bolzen d
führt, der am Rahmenrohr bei e angelenkt ist und eine
Feder trägt. Diese legt sich einerseits gegen das freie Ende des Hebels c, anderseits gegen die Mutter f. Aehnlich ist auch die Federung des Hinterrades (Fig. 28), wobei die
Gabel g durch Gelenke h
mit dem Hebel i verbunden ist, der einerseits in k schwingt, anderseits sich mit seinem Ende gegen die
Feder l stützt. Diese findet an der Mutter m des schwingbar gelagerten Bolzens ihr Widerlager. Die
Gabelstrebe n schwingt im Gelenk o.
Textabbildung Bd. 321, S. 297
Fig. 29
zeigt eine Gabel, deren Enden sich an der Büchse a
vereinen. Letztere trägt einen Zapfen, der einerseits die Achse, anderseits eine
Feder trägt, welche die Stösse aufnimmt. Diese Gabel bringen z.B. Seidel & Naumann, die Phänomen- sowie die Wanderer-Fahrradwerke in
Anwendung (s. D. p. J. 1905 320 S. 278 Fig. 16 sowie S.
362 Fig. 77 und 78).
Aehnlich bilden die Cito-Fahrradwerke ihre Gabel (Fig. 30)
aus, lassen aber die Federbüchse fort. Dagegen geben sie der Verstärkungsstrebe c eine solche Form, dass die Elastizität der Gabel b gewahrt bleibt.
Die Fabrique Nationale d'Armes de Guerre in Herstal bei
Lüttich hat ihre Gabel (s. D. p. J. 1905 320 S. 278 Fig.
17) beibehalten. An die Hauptgabel a ist nach Fig. 31
eine zweite Gabel b, die das Rad trägt, mittels der
Gelenkstücke c und d
angelenkt. Der Schaft der Gabel b
führt durch die bei e und f mittels Lenker h am Schaft der Gabel a aufgehängte Büchse g und
stützt sich mittels des auf ihn aufgesetzten Bundes i
gegen die Bufferfeder k. Oberhalb der Büchse g ist auf das aus ihr herausragende Ende des
Gabelschaftes der Gummizylinder l aufgesteckt, der sich
gegen die Mutter m stützt. Gegen Verschiebung in
Richtung ihrer Achse ist die Federbüchse g dadurch
gesichert, dass an ihr sowie am Gabelkopf n die
Zugstange o angebracht ist.
Bei auftretenden Stössen schwingt die Radachse p um
einen Kreisbogen, dessen Halbmesser gleich der Länge des um den Punkt q der Gabel a schwingenden
Lenkhebels c ist, wobei Feder k die Stösse aufnimmt, der Gummizylinder l
dagegen nach Entlastung der Feder k den Rückstoss
dämpft.
Der Schaft der Gabel b verschiebt sich hierbei in der
ihm zugleich als Führung dienenden Büchse g entgegen
der Federwirkung k, wobei Büchse g ihrerseits kleine Pendelbewegungen um ihren
Aufhängungspunkt f ausführen muss.
Die Mars-Merke A.-G. in Nürnberg-Doos verbinden die
Gabel a bei d gelenkartig
mit zwei zweiarmigen Hebeln bc (Fig. 32), die bei g die Radnabe tragen. Der Hebelarm c ist an Rohre e
angelenkt, die sich teleskopartig in Stützrohren f
verschieben. Die Feder in den letzteren ist oben an ihnen und unten an e befestigt, so dass sie sowohl die Stösse auf Druck
als auch auf Zug aufnehmen.
Die Minerva Motors Ltd. in Berchem-Antwerpen verwenden
eine senkrecht stehende Hilfsgabel b (Fig. 33), die durch
eine dreiteilige Blattfeder c mit der Hauptgabel a verbunden ist. Auch hier sind in den Scheiden der
Hilfsgabel, die bei d das Rad trägt, Federn
angeordnet.
Die Neckarsulmer Fahrradwerke A.-G. ordnen nach Fig. 34 an den unteren
Enden der Vorderradgabelscheiden je einen Winkelhebel b,
c drehbar an, an deren Armen c das Vorderrad
sitzt. Bei d und e sind an
den Gabelscheiden und zwar parallel zu ihnen kräftige Blattfedern f so angebracht, dass das eine Ende derselben in
Richtung ihrer Längsachse sich verschieben kann. Mit diesen Blattfedern ist das Ende
des Hebelarmes b bei g
verbunden.
Bei dieser Anordnung werden die Stösse durch den Winkelhebel b, c auf die Federn f übertragen und von
ihnen aufgenommen und abgeschwächt (s. auch D. p. J. 1905 320 S. 362 Fig. 79).
Durkopp ersetzt die starren Gabelscheiden durch
Blattfedern und fasst die einzelnen Blätter mit vier Schellen am Gabelkopf zusammen.
Während die oberen Enden am Steuerkopf festgelegt sind, ist das verstärkte untere
Ende der Hauptfeder mit der Achse verschraubt (s. D. p. J. 1905 320 S. 362 Fig. 80).
Bei der Vorderradgabel (Patent Truffault) der Köln-Lindenthaler Metallwerke A.-G. sind, wie Fig. 35
zeigt, die Streben a zur Aufnahme der Vorderradachse
einerseits mit dem Lenkbügel b, anderseits mit der
Puffergabel c durch Scharniere beweglich verbunden. Der
Kolben d der Puffergabel gleitet im Steuerrohr e und drückt gegen vier ineinandergesteckte
Spiralfedern, die sich im Innern des Steuerrohres befinden. Sobald ein Stoss gegen
das Vorderrad wirkt, drückt der Kolben d auf die im
Steuerrohr gelagerten Federn, gleichzeitig gleiten die Bremsfedern f an dem am Steuerrohr bei h befestigten Bremsrohr g entlang und
verhindern ein zu schnelles Zurückschlagen der Spiralfedern.
Fig. 36 stellt endlich die Abfederung der Bielefelder Maschinen- und Fahrradwerke, Aug. Göricke
dar. Die Gabelscheiden sind an je ein Bogenstück angebracht, die einerseits drehbar
an der Radachse befestigt, anderseits durch Federn an den Gabelscheiden aufgehängt
sind.
Textabbildung Bd. 321, S. 298
Fig. 36.
Hand in Hand mit der Ausbildung der beschriebenen Abfederungen ging die
Umkonstruktion der Lenkstange, die bekanntlich beim Tretrad nicht nur zum Lenken,
sondern auch dazu dient, die Körperkräfte besser auf die Pedale wirken zu lassen,
und zwar durch Ziehen an derselben. Zu diesem Zwecke mussten auch die Griffe
unmittelbar hinter ihr sitzen. Beim Motorrade dagegen ist die Lenkstange nur zum
lenken da, und kann deshalb auch eine andere Form besitzen. Diese muss so sein, dass
sie trotz des weit nach hinten verlegten Sattels einen aufrechten Sitz
ermöglicht, und durch ihre Länge die unausbleiblichen Stösse des Vorderrades beim
Befahren schlechter Wege nur in milder Weise wiedergibt.
Die Batterie- oder Akkumulatoren-Zündung besitzt den Nachteil, dass das Fahrzeug nach
eingetretenem Kurzschluss so lange unbrauchbar ist, bis die Akkumulatoren wieder
geladen sind, was, nebenbei gesagt, nicht einmal überall geschehen kann. Diese
Zündung ist jetzt fast vollständig verschwunden. An ihre Stelle tritt die
Magnet-elektrische Zündung mit und ohne Abreissvorrichtung. Der Magnet-Apparat sitzt
meist hinter dem Motorgehäuse, um ihn erstens vor Beschmutzen zu schützen, und
zweitens, um ihn bei eventl. Sturz vor Schaden zu bewahren. Selbst der Auspufftopf
wird mehr und mehr nach hinten verlegt, wodurch die Auspuffgase mit weniger Geräusch
und für den Fahrer in angenehmer Weise entweichen. Dem steht aber der Nachteil
gegenüber, dass durch die lange Auspuffleitung die Kraftleistung des Motors sinkt.
Da dieses besonders bei Bergfahrten schwer empfunden wird, sind an der
Auspuffleitung – ziemlich nahe am Motor – verschliessbare Oeffnungen vorgesehen, die
nach Fig. 37 mittels Fuss, oder wie später gezeigt
wird, mittels Hebels von der Lenkstange aus nach Bedarf geöffnet werden. Durch sie
entweicht nun der grösste Teil der Abgase mit starkem Geknatter, was aber in wenig
belebter Gegend nicht von Belang ist.
Textabbildung Bd. 321, S. 298
Fig. 37.
Die Anordnung des Vergasers ist dieselbe geblieben wie im Vorjahr, nur eine Firma ist
mir bekannt geworden, die den Vergaser in den Motor mit einbaut, ja sogar ihn mit
dem Ein- und Auslassventil vereinigt. (Näheres hierüber folgt im Abschnitt
„Motoren“.)
Die Betätigung des ganzen Fahrzeuges ist dahingehend vereinfacht dass bei der
Mehrheit die Betätigungshebel möglichst an der Lenkstange untergebracht sind, so
dass die Hände besonders in kritischen Augenblicken an ihr belassen werden können,
wodurch mancher Sturz oder Zusammenstoss vermieden wird.
Als Mittel zur Kraftübertragung hat sich der Gummisowie der Lederkeilriemen (D. p. J
1905, 320, 361) behauptet. Zu ihm gestellt sich jetzt ein
neuer Riemen unter dem Namen „Watawata-Riemen“, den die Neckarsulmer Fahrradwerke zum erstenmal in der
diesjährigen „Internationalen Automobilausstellung in Berlin“ gezeigt
haben.
Was die Motoren anbelangt, so waren sie schon im Vorjahre so ziemlich alle mit
Leerlaufkupplung ausgerüstet (s. D. p. J. 1905, 320,
361). Diese hat bekanntlich den Zweck, den Motor nach Unterstützen des Hinterrades
antreten zu können, ohne wie früher das Fahrzeug mitbewegen zu müssen, was besonders
bei Transportdreirädern sehr lästig war. Zu dieser Leerlaufeinrichtung sind jetzt
noch Einrichtungen zum Aendern der Fahrgeschwindigkeit getreten. Sie sind umsomehr
zu begrüssen, als die bisherigen Motorfahrräder meist für Fahrten auf ebenem Terrain
berechnet waren, so dass dann bei steilen Bergfahrten die Kraft des Motors nicht
mehr ausreichte, und man das zweifelhafte Vergnügen hatte, mittreten zu müssen.
Besonders fühlbar machte sich die Verminderung der Motorkraft bei
Transportfahrzeugen, und Zweirädern mit Seiten-, Anhänge- oder Vorsteckwagen. Der
Uebersetzungsmechanismus befindet sich entweder am Motor selbst oder in der
Hinterradnabe, seltener an Stelle der Tretkurbeln.
(Fortsetzung folgt.)