Titel: Neuerungen im Bau von Transportanlagen in Deutschland.
Autor: Georg v. Hanffstengel
Fundstelle: Band 321, Jahrgang 1906, S. 371
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Neuerungen im Bau von Transportanlagen in Deutschland. Von Georg v. Hanffstengel, Dipl.-Ing., Stuttgart. (Fortsetzung von S. 355 d. Bd.) Neuerungen im Bau von Transportanlagen in Deutschland. Textabbildung Bd. 321, S. 371 Fig. 54 u. 55. Halden-Drahtseilbahn von Bleichert. Die Firma Adolf Bleichen & Co., Leipzig-Gohlis, bringt als Neuerung eine Hängebahn mit Seilbetrieb, die zum Aufschütten von Halden dient (D. R. P. 150197). Der leitende Gedanke beim Entwurf war der, ein Transportmittel zu schaffen, das eine Verteilung der Schlacke oder der Berge über die Grundrissfläche der Halde mit möglichst wenig Bedienung gestattete. Fahrbare Brücken, wie sie auf Kohlenlagerplätzen üblich sind, lassen sich auf den vorliegenden Fall in keiner Form übertragen, da selbst für einen Seilbahnkran die Abmessungen, namentlich der Höhe nach, zu gross wären. Werden stationäre Seilbahnen angewandt, so erfordert die Horizontalverteilung quer zum Seil bedeutende Arbeitskräfte, sobald die Halde weiter ausgedehnt werden muss. Das lässt sich nur vermeiden, wenn man die Halde höher baut, so dass sich das hinaufgeschaffte Material von selbst ausbreitet, ein Prinzip, das z.B. auf amerikanischen Anthrazitlagerplätzen zur Anwendung kommt, wo mittels eines aufsteigenden Kratzers mit ausziehbarem Boden kegelförmige Haufen errichtet werden. Textabbildung Bd. 321, S. 372 Fig. 56. Halden-Drahtseilbahn von Bleichert. Fig. 56 zeigt an einem Ausführungsbeispiel, wie die Firma Bleichert diesen Gedanken auf Drahtseilbahnen überträgt. Eine Brücke, deren Neigung dem natürlichen Böschungswinkel des Materials möglichst genau angepasst ist, wird am Fusse der aufzuschüttenden Halde auf festen Gerüsten verlagert und nach oben hin als Kragträger bis zu beliebiger Höhe weiter gebaut. Der Raum zwischen den Hauptträgern bleibt frei für den Betrieb einer endlosen Hängebahn mit starren Schienen und Zugseil, deren Wagen sich an der oberen Umkehrscheibe selbsttätig entleeren, um in der gekippten Stellung zurückzukehren. Ist die Halde soweit aufgeschüttet, dass das letzte Brückenglied eine Unterstützung erhält, so wird, wie punktiert angedeutet, ein neues Glied angebaut und die Endseilscheibe mit dem zugehörigen Schienensegment entsprechend vorgeschoben. Das Versetzen wird dadurch erleichtert, dass der Rahmen der Scheibe an Rollen aufgehängt ist, die sich in Führungen am Hauptträger bewegen. Die Spannvorrichtung erhält genügenden Hub, so dass nicht bei jedem Vorschieben das Einspleissen eines neuen Seilstückes nötig wird. Wie hoch die Halde geschüttet werden kann, hängt von der Breitenausdehnung der verfügbaren Grundfläche ab. Hat der Kegel die zulässige Höhe erreicht, so muss wagerecht weiter gebaut werden. Bei mehreren der von Bleichert ausgeführten Anlagen ist eine Aufschüttung bis zu 125 m Höhe in Aussicht genommen. Die in Fig. 56 dargestellte Anlage befindet sich auf einer belgischen Kohlenzeche in Betrieb. Die bei der Wäsche abfallenden Berge finden in Behältern Aufnahme, aus denen sie durch die Rutschen F in die Hängebahn wagen abgezapft werden. Diese laufen auf verschiedenen durch Textabbildung Bd. 321, S. 373 Fig. 57. Hängebahnwagen mit Windwerk von Beck & Henkel. Weichen verbundenen Gleisen zur Seilbahn und werden bei K selbsttätig an das Zugseil gekuppelt. Das absteigende Seiltrum läuft über die Antriebs- und Gegenscheiben A und G, sodann über die Leitscheibe L, die beim Verlängern der Brücke zurückgesetzt werden kann, und endlich über die Spannvorrichtung S zur aufsteigenden Strecke. Textabbildung Bd. 321, S. 374 Fig. 58. Hängebahnwagen mit Flaschenzug der Berlin-Anhaltischen Maschinenbau-Aktiengesellschaft. Textabbildung Bd. 321, S. 374 Fig. 59. Laufwerk zum Hängebahnwagen von Beck & Henkel. Fig. 54 und 55 S. 371 geben Abbildungen ausgeführter Anlagen. Zuweilen werden, wie schon oben erwähnt, die Hängebahnwagen mit Hebewerken ausgerüstet, so dass das Gefäss behufs bequemeren Füllens oder Entleerens gehoben oder gesenkt werden kann. Fig. 58 zeigt eine solche Konstruktion nach Ausführung der Berlin-Anhaltischen Maschinenbau-Aktiengesellschaft, bei der ein Schraubenflaschenzug mit Krankette und Kettennuss verwandt wird. Das Gefäss hängt an jedem Ende in einer losen Rolle. Diese einfache Bauart wird durch eine neue Konstruktion der Firma Beck & Henkel, Kassel, vervollkommnet. Die alte Anordnung leidet an dem Uebelstande, dass, wenn die Schiene hoch über dem Fussboden liegt, also der freihängende Kettenstrang verhältnismässig lang ist, das Gefäss, an dem der Mann anfassen muss, pendelt, weshalb der Wagen sich nur ruckweise vorwärts bewegt und namentlich schwer durch die Weichen zu bringen ist. Dem wird nach Fig. 57 durch eine ausziehbare Schere abgeholfen, die sich mit der Vertikalbewegung des Gefässes selbsttätig verlängert oder zusammenzieht. Der Abstand ihrer Befestigungspunkte am Wagen, A und B, gibt eine genügende Basis für die Uebertragung der Horizontalkräfte ab, die am Gefässe angreifen, so dass in der Bewegungsrichtung eine starre Verbindung geschaffen ist, die ein Pendeln unmöglich macht. Die aus leichten Flachstäben hergestellte Schere vergrössert das tote Gewicht nur wenig, z.B. bei einem Wagen von 750 kg Nutzlast und bei 5 m Höhe von Fussboden bis Laufschiene um 30 kg. Das Hebewerk ist ein durch Haspelrad betätigter Schraubenflaschenzug mit zweigängiger Schnecke und Drucklagerbremse. Auf der Schneckenradwelle sitzen zwei Kettenräder für Gallsche Kette, denen lose Rollen am Lastgehänge entsprechen. Beachtung verdient auch das in Fig. 59 dargestellte Laufwerk, bei dem ungewöhnliche Sorgfalt auf die Rollenlagerung verwandt ist. Jede Rolle ist in zwei Stahlgussschilden gelagert, von denen das äussere, S1, ausserhalb des ⌶-Eisenflansches heruntergeführt und mit dem der gegenüberliegenden Seite verschraubt ist, während das innere, S2 mit jenem durch eingepasste Schrauben zwischen den Rädern fest verbunden ist. Die auf diese Weise doppelt gefassten Rollenachsen drehen sich in Kugellagern mit Stahlbüchsen. Kleine Röllchen R verhindern ein Schleifen der Aussenschilde am Trägerflansch. Die doppelte Lagerung soll das Laufwerk gegen Beschädigungen durch Stösse schützen, die beim Durchfahren von Weichen, Zusammenstossen zweier Wagen und dergleichen auftreten. Die Wagen werden von der Firma Beck & Henkel für 250, 350, 500 und 750 kg Nutzlast ausgeführt. Die zugehörigen Träger sind ⌶ N. P. 16, 18, 20 und 22. (Fortsetzung folgt.)