Titel: Versuchsmethode zur Ermittlung der Spannungsverteilung bei Torsion prismatischer Stäbe.
Autor: Hugo Anthes
Fundstelle: Band 321, Jahrgang 1906, S. 441
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Versuchsmethode zur Ermittlung der Spannungsverteilung bei Torsion prismatischer Stäbe. Von Dipl.-Ing. Hugo Anthes. (Fortsetzung von S. 392 d. Bd.) Versuchsmethode zur Ermittlung der Spannungsverteilung bei Torsion prismatischer Stäbe. 4. Untersuchung des quadratischen und des rechteckigen Querschnittes. (s. Fig. 29). Die im folgenden durch die Versuche gefundenen Werte sollen verglichen werden mit den Resultaten, die die St. Vénantschen Formeln für die Torsion von Stäben mit rechteckigem Querschnitt liefern. Es sollen hier auch gleich die untersuchten rechteckigen Querschnitte eingeschlossen werden. Es istVergl. de St. Vénant, Mémoires sur la Torsion des Prismes, Kapitel VIII, S. 360 und folgende.: \tau_{x\,y}=-G\,\vartheta\,c\,\left(\frac{4}{\pi}\right)^2\,\frac{a}{c}\,\sum_1^\infty\,\frac{(-1)^{n-1}}{(2\,n-1)^2}\,\frac{\mbox{sih}\,\frac{(2\,n-1)}{2}\,\pi\,\frac{z}{a}}{\mbox{coh}\,\frac{(2\,n-1)}{2}\,\pi\,\frac{c}{a}}\,\cos\,\frac{(2\,n-1)\,\pi\,y}{2\,a}, \tau_{x\,z}=G\,\vartheta\,a\,\left(\frac{4}{\pi}\right)^2\,\frac{c}{a}\,\sum_1^\infty\,\frac{(-1)^{n-1}}{(2\,n-1)^2}\,\frac{\mbox{sih}\,\frac{(2\,n-1)}{2}\,\pi\,\frac{y}{c}}{\mbox{coh}\,\frac{(2\,n-1)}{2}\,\pi\,\frac{a}{c}}\,\cos\,\frac{(2\,n-1)\,\pi\,z}{2\,a}. Für y = a, z = 0 wird τxy = 0 und τxz = τam Ende a. Für z = c, y = 0 wird τxz = 0 und τxy = τam Ende c. \tau_{\mbox{am Ende c}}=+G\,\vartheta\,c\,\left(\frac{4}{\pi}\right)^2\,\frac{a}{c}\,\sum_1^\infty\,\frac{(-1)^{n-1}}{(2\,n-1)^2}\,\mbox{tgh}\,\frac{(2\,n-1)\,\pi}{2}\,\frac{c}{a}; Textabbildung Bd. 321, S. 441 Fig. 29. \tau_{\mbox{am Ende a}}=+G\,\vartheta\,a\,\left(\frac{4}{\pi}\right)^2\,\frac{c}{a}\,\sum_1^\infty\,\frac{(-1)^{n-1}}{(2\,n-1)^2}\,\mbox{tgh}\,\frac{(2\,n-1)\,\pi}{2}\,\frac{a}{c}. Wie bei dem Fall der Torsion eines Stabes mit gleichseitig dreieckigem Querschnitt soll auch hier wieder eine Beziehung zwischen τ und Md gesucht werden. Es ist: M_d=G\,\vartheta\,a\,c^3\,\left(\frac{16}{3}\right)-\left(\frac{4}{\pi}\right)^5\,\frac{c}{a}\,\sum_1^\infty\,\frac{1}{(2\,n-1)^5}\,\mbox{tgh}\,\frac{(2\,n-1)\,\pi}{2}\cdot \frac{a}{c}. Durch Entwickeln der Summe kommt man zu der vereinfachten Gleichung: \begin{array}{rcl}M_d&=&G\,\vartheta\,a\,c^3\,\left(\frac{16}{3}-\lambda\,\frac{c}{a}\right),\\&=&G\,\vartheta\,a\,c^3\cdot \mu,\end{array} worin λ und μ Zahlenwerte sind, deren Grösse durch das Seitenverhältnis \frac{a}{c} bedingt ist. Die Werte μ und λ für das Quadrat und die im folgenden untersuchten Rechtecke sind in Tab. 4 zusammengestellt. Tabelle 4. c/a λ μ 1 3,08 410 2,24 923 0,8 3,23 196 2,74 772 0,643 3,30 980 3,20 182 0,6 3,32 451 3,33 863 0,4 3,35 873 3,98 984 0,25 3,36 132 4,49 300 Aus der letzten Gleichung ergibt sich: G\,\vartheta=\frac{M_d}{\mu\,a\,c^3}, also \tau_{\mbox{am Ende c}}=+\frac{M_d}{\mu\,a\,c^2}\,\left(\frac{4}{\pi}\right)^2\,\frac{a}{c}\,\sum_1^\infty\,\frac{(-1)^{n-1}}{(2\,n-1)^2}\,\mbox{tgh}\,\frac{(2\,n-1)\,\pi}{2}\,\frac{c}{a}; \tau_{\mbox{am Ende a}}=+\frac{M_d}{\mu\,c^3}\,\left(\frac{4}{\pi}\right)^2\,\frac{c}{a}\,\sum_1^\infty\,\frac{(-1)^{n-1}}{(2\,n-1)^2}\,\mbox{tgh}\,\frac{(2\,n-1)\,\pi}{2}\,\frac{a}{c}; es sei a > c \tau_{\mbox{am Ende c}}=\tau_{\mbox{max}}=\frac{M_d}{\mu\,a\,c^2}\,\left(\frac{4}{\pi}\right)^2\,\frac{a}{c}\,\sum_1^\infty\,\frac{(-1)^{n-1}}{(2\,n-1)^2}\,\mbox{tgh}\,\frac{(2\,n-1)\,\pi}{2}\,\frac{c}{a}; \tau_{\mbox{am Ende a}}=\frac{M_d}{\mu\,a^2\,c}\,\left(\frac{a}{c}\right)^2\,\left(\frac{4}{\pi}\right)^2\,\frac{c}{a}\,\sum_1^\infty\,\frac{(-1)^{n-1}}{(2\,n-1)^2}\,\mbox{tgh}\,\frac{(2\,n-1)\,\pi}{2}\,\frac{a}{c}. Es sei a=\frac{h}{2}, c=\frac{b}{2}; dann ist: \tau_{\mbox{max}}=\left[\frac{8}{\mu}\cdot \left(\frac{4}{\pi}\right)^2\cdot \frac{h}{b}\,\sum_1^\infty\,\frac{(-1)^{n-1}}{(2\,n-1)^2}\,\mbox{tgh}\,\frac{(2\,n-1)\,\pi}{2}\,\frac{b}{h}\right]\,\frac{M_d}{b^2\,h}; \tau_{\mbox{am Ende a}}=\left[\frac{8}{\mu}\,\left(\frac{4}{\pi}\right)^2\,\frac{h}{b}\,\sum_1^\infty\,\frac{(-1)^{n-1}}{(2\,n-1)^2}\,\mbox{tgh}\,\frac{(2\,n-1)\,\pi}{2}\,\frac{h}{b}\right]\,\frac{M_d}{h^2\,b}. Die beiden Hauptspannungen sind also auf die Form gebracht worden: \tau_{\mbox{max}}=m_1\cdot \frac{M_d}{b^2\,h}, \tau_{\mbox{am Ende a}}=m_2\cdot \frac{M_d}{h^2\,b}, wobei m_1=\frac{8}{\mu}\,\left(\frac{4}{\pi}\right)^2\cdot \frac{h}{b}\,\sum_1^\infty\,\frac{(-1)^{n-1}}{(2\,n-1)^2}\,\mbox{tgh}\,\frac{(2\,n-1)\,\pi}{2}\cdot \frac{b}{h}; m_2=\frac{8}{\mu}\,\left(\frac{4}{\pi}\right)^2\,\frac{h}{b}\,\sum_1^\infty\,\frac{(-1)^{n-1}}{(2\,n-1)^2}\,\mbox{tgh}\,\frac{(2\,n-1)\,\pi}{2}\cdot \frac{h}{b}. Tabelle 5 enthält die Werte von m1 und m2 für die untersuchten Querschnitte. Tabelle 5. b\h = 1= 0,8= 0,643= 0,6= 0,4= 0,25 m 1 = 4,80= 4,53= 4,28= 4,20= 3,81= 3,56 m 2 = 4,80= 5,19= 5,63= 6,01= 7,45= 9,97 Es war G\,\vartheta=\frac{M_d}{\mu\cdot a\,c^3}, woraus G\,\vartheta=\frac{16}{\mu}\,\frac{M_d}{h\,b^3}; \frac{16}{\mu} gesetzt, ergibt \vartheta=n\cdot \frac{M_d}{G\,b^3\,h}. Nach de St. Vénant ergeben sich folgende Werte für n: b/h = 1 0,8 0,643 0,6 0,4 0,25 n = 7,11 5,82 4,99 4,79 4,01 3,56 Ausserdem wurde der Wert n durch den Versuch bestimmt. Nach dem Analogon von Prandtl ist: \frac{\partial^2\,u}{\partial\,y^2}+\frac{\partial^2\,u}{\partial\,z^2}=\frac{p}{S}. Diese Beziehung gilt für jeden Punkt der Haut. Durch graphische Differentiation ist \frac{\partial^2\,u}{\partial\,y^2} und \frac{\partial^2\,u}{\partial\,z^2} aus den Kurven der aufgetragenen Spannungen zu bestimmen. Gewählt wurde für die Differentiation der Punkt 0 der aufgetragenen Spannungskurven. (Vergl. die Auftragungen Fig. 32 und später Fig. 35 und 39 bis 42). Hier haben die Spannungskurven einen Wendepunkt, und daher kann die Kurve für ein kurzes Stück als Gerade angesehen werden. Die Differentiation für diesen Punkt liefert genügend genaue Werte. Der Wert \frac{p}{S} ist also gefunden. Nach Prandtl ist: M_d=4\,G\,\vartheta\cdot \frac{S}{p}\cdot V. also \vartheta=\frac{p}{S}\,\frac{M_d}{4\,G\,V}; nach de St. Vénant ist: \vartheta=n\cdot \frac{M_d}{G\,b^3\,h}; woraus durch Gleichsetzung der beiden Werte von ϑ folgt. n=\frac{p}{S}\cdot \frac{b^3\,h}{4\,V}. a) Versuchsergebnisse bei dem Quadrate. (s. Tab. 6 und 7 und Fig. 30 bis 32). \frac{b}{h}=1, m1 = m2 = m; Textabbildung Bd. 321, S. 443 Fig. 30. Quadrat für V = 0 ccm. Textabbildung Bd. 321, S. 443 Fig. 31. Quadrat bei V = 10 ccm. \tau_{\mbox{max}}=m\cdot \frac{M_d}{b^3}; \alpha_{\mbox{max}}=m\cdot \frac{2\,V}{b^3}; Tabelle 6. Untersuchung von Punkten auf den Hauptachsen des Quadrates. Querschnitt: Quadrat, Seitenlänge 12 cm. Angewandtes Luftvolumen V = 10 cm. Abstand l = 59,6 cm; \frac{B}{G}=\frac{1}{4,9} Textabbildung Bd. 321, S. 443 y, z sind die Koordinaten der untersuchten Punkte in bezug auf ein Koordinatensystem, das durch die Hauptachse des Quadrates gelegt ist. Textabbildung Bd. 321, S. 444 Fig. 32. Spannungsvarteilung längs der beiden Hauptachsen beim Quadrat mit der Seitenlänge = 12 cm; b = a in der z-Achse; a = b in der y-Achse. Mittelwert αmax = 0,0555.       V ist gleich 10 ccm. m = 4,79. (0,2 v. H. Fehler.) Bestimmung von n: In diesem Falle ist α für die Punkte I, I', A und A, (s. Tabelle 6) das gleiche. Der Mittelwert aus diesen vier Werten ist \frac{\partial\,u}{\partial\,y}=\frac{\partial\,u}{\partial\,z}=0,0068. Betrachtet man das Stück der Spannungskurven vom Wendepunkte 0 bis zum Schnitt der Kurve mit der Ordinate in der Entfernung z = 1 cm (Fig. 32) als Gerade, so ist \frac{\partial^2\,u}{\partial\,y^2}=\frac{\partial^2\,u}{\partial\,z^2}=\frac{0,0068}{1}=0,0068. \frac{p}{S}=2\cdot \frac{\partial^2\,u}{\partial\,y^2}=0,0136; der Wert n = 7,05. (0,8 v. H. Fehler.) Nach der von Grashof in seiner Festigkeitslehre angegebenen Näherungsformel für die Verdrehung von Stäben mit quadratischem Querschnitt ist der Koeffizient m gleich 4,5. In der Auftragung (Fig. 32) ist die Näherungstheorie durch die eingezeichnete Gerade berücksichtigt; sie ersetzt ungefähr die gefundene Spannungskurve durch eine Gerade, wobei jedoch der Wert τmax zu klein wird, Tabelle 7. Untersuchung von Punkten auf der Diagonale des Quadrates. Querschnitt: Quadrat, Seitenlänge 12 cm. Angewandtes Luftvolumen V = 10 ccm. Abstand l = 59,6 cm; \frac{B}{G}=\frac{1}{4,9}. Punktρ ist die Entfernung des untersuchten Punktes vom Koordinatenanfang (Mittelpunkt des Quadrates). s. Fig. 32a. 2a x y α   1 ρ = 1 0,35 0 0,35 0,0059   2 ρ = 2 0,80 0 0,60 0,0134   3 ρ = 3 1,19 0 0,70 0,0200   4 ρ = 3,5 1,42 0 1,0 0,0238   5 ρ = 4 1,55 0 1,0 0,0260   6 ρ = 4,5 1,60 0 1,20 0,0267   7 ρ = 5 1,55 0 1,0 0,0260   8 ρ = 6 1,40 0 0,90 0,0235   9 ρ = 7 1,00 0 0,80 0,0168 10 ρ = 8 0,32 0 0,70 0,0054 11 ρ = 8,5 Textabbildung Bd. 321, S. 444 Fig. 32a. Spannungsverteilung längs der Diagonale des Quadrates. (Fortsetzung folgt.)