Titel: Versuchsmethode zur Ermittlung der Spannungsverteilung bei Torsion prismatischer Stäbe.
Autor: Hugo Anthes
Fundstelle: Band 321, Jahrgang 1906, S. 471
Download: XML
Versuchsmethode zur Ermittlung der Spannungsverteilung bei Torsion prismatischer Stäbe. Von Dipl.-Ing. Hugo Anthes. (Schluss von S. 459 d. Bd.) Versuchsmethode zur Ermittlung der Spannungsverteilung bei Torsion prismatischer Stäbe. d. Versuchsergebnisse bei dem Rechteck mit den Seitenlängen b = 7,2 cm und h = 12 cm. (s. Tab. 11 u. Fig. 40.) \frac{b}{h}=0,6;\ \alpha_{\mbox{max}}=m_1\cdot \frac{2\,V}{b^2\,h}; Mittelwert αmax = 0,053; also m1= 4,12 (Fehler 1,9 v. H.). \alpha_{\mbox{am Ende a}}=m_2\cdot \frac{2\,V}{b\,h^2}; Mittelwert von αam Ende a = 0,045 (5); also m2 = 5,90 (Fehler 1,8 v. H.). Bestimmung von n: Für Punkt 0 der aufgetragenen Spannungsverteilungskurve Fig. 40 ist: Mittelwert \frac{\partial^2\,u}{\partial\,y^2}=0,0025,        „        \frac{\partial^2\,u}{\partial\,z^2}=0,0151,                 \frac{p}{S}=0,0176, woraus n=\frac{p}{S}\cdot \frac{b^3\,h}{4\,V}=4,93 (Fehler 2,9 v. H.) Tabelle 11. Querschnitt: Rechteck, Seite b = 7,2 cm; Seite h = 12 cm. Angewandtes Luftvolumen V = 4 ccm. Abstand l = 59,6 cm; \frac{B}{G}=\frac{1}{4,9}. Textabbildung Bd. 321, S. 472 e. Versuchsergebnisse bei dem Rechteck mit den Seitenlängen b = 4,8 cm und h = 12 cm. (s. Tab. 12 und Fig. 4143.) \frac{b}{h}=0,4;\ \alpha_{\mbox{max}}=m_1\cdot \frac{2\,V}{b^2\,h}; Mittelwert von αmax = 0,055; also m1= 3,80 (0,3 v. H. Fehler). \alpha_{\mbox{am Ende a}}=m_2\cdot \frac{2\,V}{b\,h^2}; Mittelwert von αam Ende a = 0,043; also m2 = 7,43 (0,3 v. H. Fehler). Textabbildung Bd. 321, S. 472 Fig. 40. Spannungsverteilung längs der beiden Hauptachsen beim Rechteck mit 7,2 × 12,0 cm Seitenlänge; a. in der z-Achse; b. in der y-Achse. Für den Punkt 0 der aufgetragenen Spannungsverteilungskurve Fig. 43 ist: Mittelwert \frac{\partial^2\,u}{\partial\,y^2}=0,0021\,(5),        „       \frac{\partial^2\,u}{\partial\,z^2}=0,0221,                \frac{p}{S}=0,0242\,(5), Textabbildung Bd. 321, S. 472 Fig. 41. Rechteck. Textabbildung Bd. 321, S. 472 Fig. 42. Rechteck. und n=\frac{p}{S}\cdot \frac{b^3\,h}{4\,V}=4,02 (0,2 v. H. Fehler). f. Versuchsergebnisse bei dem Rechteck mit den Seitenlängen b = 4 cm und h = 16 cm. (s. Tab. 13 u. Fig. 44.) Tabelle 12. Querschnitt: Rechteck, Seite b = 4,8 cm. Seite h = 12 cm. Angewandtes Luftvolumen V = 2 ccm. Abstand l = 59,6 cm; \frac{B}{G}=\frac{1}{4,9}. Textabbildung Bd. 321, S. 473 \frac{b}{h}=0,25;\ \alpha_{\mbox{max}}=m_1\cdot \frac{2\,V}{b^2\,h}; Mittelwert αmax =0,054, gibt m1 = 3,46 (2,8 v. H. Fehler). \alpha_{\mbox{am Ende a}}=m_2\cdot \frac{2\,V}{b\,h^2}; Mittelwert αam Ende a = 0,041 (5), gibt m2 = 10,62 (6,5 v. H. Fehler). Für Punkt 0 der aufgetragenen Spannungsverteilungskurve Fig. 44 ist: \frac{\partial^2\,u}{\partial\,y^2}=0;\ \frac{\partial^2\,u}{\partial\,z^2}=0,0268; also \frac{p}{S}=0,0268, und n = 3,43 (3,7 v. H. Fehler). Textabbildung Bd. 321, S. 473 Fig. 43. Spannungsverteilung längs der beiden Hauptachsen beim Rechteck mit 4,8 × 12 cm Seitenlänge; a. in der y-Achse; b. in der z-Achse. Textabbildung Bd. 321, S. 473 Fig. 44. Spannungsverteilung längs der beiden Hauptachsen beim Rechteck mit 4,0 × 16 cm Seitenlänge; a. in der z-Achse; b. in der y-Achse. Tabelle 13. Querschnitt: Rechteck, Seite b = 4 cm.                                     Seite h = 16 cm. Angewandtes Luftvolumen V = 2 ccm. Abstand l = 59,6 cm. \frac{B}{G}=\frac{1}{4,9}. Textabbildung Bd. 321, S. 474 C. Kritik der Methode. Die ausgeführten Beispiele zeigen, dass die Versuchsmethode Resultate ergibt, die mit den de St. Vénant sehen Lösungen verglichen für praktische Zwecke genügende Genauigkeit besitzen. Der Grund dafür, dass die neue Methode und die exakte Lösung keine völlige Uebereinstimmung zeigen, ist in folgenden Fehlerquellen, die der Methode anhaften können, zu suchen. Diese Fehlerquellen sind: 1. Die Abweichung der Seifenhaut von der durch die Differentialgleichung auf Seite 11 definierten Fläche und zwar verursacht durch:Nach den Angaben von Plateau ist die Voraussetzung konstanter Spannung S bei der Lamelle in Wirklichkeit gut erfüllt. Siehe Plateau, Statique Expérimentale et Théorique des Liquides 1873. Gand et Paris. S. 241–294.a) den normal zur Fläche statt zur Randebene wirkenden Druck p;b) den Einfluss der Unebenheit des Blechrandes. 2. Die beschränkte Genauigkeit der zeichnerischen Methode. 3. Die Vernachlässigung der sehr kleinen Höhenordinate u gegenüber der Entfernung l. 4. Die beschränkte Genauigkeit der Ermittlung von V. Was den unter la genannten Fehler betrifft, so benutzt das Gleichnis von Prandtl, wie in der Einleitung S. 343 angegeben ist, für die Fläche die Differentialgleichung: \frac{\partial^2\,u}{\partial\,y^2}+\frac{\partial^2\,u}{\partial\,z^2}=\frac{p}{S}. Eine Flüssigkeitlamelle genügt aber der Differentialgleichung: \frac{\left[1+\left(\frac{\partial\,u}{\partial\,z}\right)^2\right]\,\frac{\partial^2\,u}{\partial\,y^2}-2\,\frac{\partial\,u}{\partial\,y}\,\frac{\partial\,u}{\partial\,z}\,\frac{\partial^2\,u}{\partial\,y\,\partial\,z}+\left[1+\left(\frac{\partial\,u}{\partial\,y}\right)^2\right]\,\frac{\partial^2\,u}{\partial\,z^2}}{\left[1+\left(\frac{\partial\,u}{\partial\,y}\right)^2+\left(\frac{\partial\,u}{\partial\,z}\right)^2\right]^{\frac{3}{2}}}=\frac{p}{S}. Die durch diese Differentialgleichung (das ist zugleich auch die Gleichung der wirklich benutzten Flüssigkeitslamelle) bestimmten Werte des Neigungswinkels α in einem Punkte weichen in sofern von den durch die erstere Differentialgleichung gegebenen Werten von α ab, als die Grössen \left(\frac{\partial\,u}{\partial\,y}\right)^2,\ \left(\frac{\partial\,u}{\partial\,y}\cdot \frac{\partial\,u}{\partial\,z}\right) und \left(\frac{\partial\,u}{\partial\,z}\right)^2 in dieser Gleichung vernachlässigt worden sind. Wenn aber letztere sehr klein sind, so ist auch das Gefälle der Fläche, das ist der Ausdruck tg\,\alpha=\sqrt{\left(\frac{\partial\,u}{\partial\,y}\right)^2+\left(\frac{\partial\,u}{\partial\,z}\right)^2}, und auch tg2 α als sehr klein anzusehen; α2 ist dann erst recht sehr klein. Bei den Versuchen liegen die beobachteten α und die α2 zwischen folgenden Grenzen (s. Tab. 14). Die Genauigkeit der Versuchsergebnisse entspricht daher in dieser Hinsicht der Vernachlässigung von Werten der Grössenordnung der α2 gegenüber der Einheit. Tab. 14 zeigt, dass diese Fehler noch Einfluss auf die dritte Dezimale in ungünstigen Fällen haben können. Die Werte von α sind dementsprechend auf drei oder vier Dezimalen angegeben. Man erkennt daraus auch die Berechtigung der Vertauschung des Sinus mit dem Bogen (s. S. 390). Tabelle 14. Querschnitt Beobachtete αZwischen: α2Zwischen: Kreis 0,0075 u. 0,070 0,00006 u. 0,00490 Ellipse 0,0054 „ 0,056 0,00003 „ 0,00314 Dreieck 0,0210 „ 0,063 0,00044 „ 0,00397 Quadrat 0,0067 „ 0,056 0,00005 „ 0,00314 Rechteck \frac{b}{h}=0,8 0,0059 „ 0,067 0,00003 „ 0,00449       „        \frac{b}{h}=0,643 0,0046 „ 0,073 0,00002 „ 0,00533       „        \frac{b}{h}=0,643 0,0025 „ 0,112 0,000005 „ 0,01254       „        \frac{b}{h}=0,6 0,0025 „ 0,053 0,000005 „ 0,00280       „        \frac{b}{h}=0,4 0,0021 „ 0,055 0,000004 „ 0,00303       „        \frac{b}{h}=0,25          0 „ 0,054              0 „ 0,00290 Mit entsprechender Genauigkeit kann auch die Gleichung τ = x . tg α ersetzt werden durch τ = x . α. Die ermittelten Neigungswinkel der Seifenhaut können daher bei flacher Wölbung der letzteren unmittelbar als Mass für die Spannungen betrachtet werden. Von grösserem Einfluss dürfte der Fehler 1b sein. Zunächst werden an den Stellen, wo die Flüssigkeitslamelle auf dem Metallrande aufsitzt, besondere örtliche Kapillarerscheinungen auftreten, die die Spiegelung beeinflussen. Ausserdem werden durch etwaige kleine Verbiegungen des Randes mehr oder weniger starke Verzerrungen der Seifenblase hervorgerufen. Da sowohl bei der ebenen als der gewölbten Haut die Störungen dieser Verbiegung in gleicher Weise auftreten, so fällt der durch sie hervorgerufene Fehler bei Bestimmung der relativen Lage von P1 und P2 fast vollständig heraus. Sind die Verzerrungen aber grösser, so empfiehlt es sich, die entsprechenden Punkte für die Ermittelung der Spannung nicht heranzuziehen. Der Versuch ist dann unter möglichster Beseitigung der Störung zu wiederholen. Zur Fehlerquelle 3 ist zu bemerken, dass durch Wahl einer genügend grossen Entfernung l zwischen Apparat A und Schirm S die kleine Ungenauigkeit der Vernachlässigung von u gegenüber l beliebig klein gemacht werden kann. Durch die vorstehenden Betrachtungen dürfte der Beweis geführt seinh dass die vorliegende Methode geeignet ist, für die verschiedenartigsten Querschnitte die Spannungsverteilung und Formänderung bei der Torsion prismatischer Stäbe mit solcher Genauigkeit zu ermitteln, wie es für praktische Bedürfnisse erforderlich ist. Textabbildung Bd. 321, S. 475 Fig. 45. Aufschlüsse wird man daher von der Methode in den Fällen erwarten, in denen Querschnitte vorliegen, welche, wie beim L-U-T-Eisen und ähnlichen zusammengesetzten Profilen, der mathematischen Behandlung grosse Schwierigkeiten entgegensetzen. Man wird aber in der Arbeit die Behandlung eines solchen Querschnittes vermissen. Versuche dieser Art wurden allerdings angestellt, jedoch ist für zusammengesetzte Querschnitte noch folgendes zu beachten: Fig. 45 zeigt, wie klein der Seifenhügel ausfällt, wenn z.B. der Umriss des ⊤-förmigen Querschnitts, wie es nahe liegt, dem des gezeichneten rechteckigen Querschnitts angepasst wird. Leider fällt dabei der Seifenhügel, wie Fig. 45 zeigt, und damit auch das Luftvolumen V wesentlich kleiner aus. Entsprechend gestaltet sich auch die weitere Durchführung zu ungenau für die so gewählten Abmessungen. Man ist daher gezwungen die Profilabmessungen für den Versuch wesentlich zu vergrössern, und damit sind auch der gesamten Anordnung grössere Verhältnisse zu geben. Die Versuchseinrichtungen hierzu standen mir leider nicht zur Verfügung. Schwierigkeiten in Erhaltung der Seifenlamelle sind nicht zu befürchten, da die genannte Seifenlösung niemals Anstände ergeben hat, auch nicht bei Profilen mit einspringenden Ecken.