Titel: Die Wärmekraftmaschinen der Jubiläums-Landesausstellung in Nürnberg 1906.
Autor: H. Meuth
Fundstelle: Band 321, Jahrgang 1906, S. 577
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Die Wärmekraftmaschinen der Jubiläums-Landesausstellung in Nürnberg 1906. Von Dr.-Ing. H. Meuth, Karlsruhe. Die Wärmekraftmaschinen der Jubiläums-Landesausstellung in Nürnberg 1906. Hauptbericht. In dem folgenden Bericht sollen zunächst bemerkenswerte Neuerungen an den ausgestellten Kolbendampfmaschinen besprochen werden; daran wird sich die Besprechung der Dampfturbinen, der Ueberhitzer an Lokomobilen und Lokomotiven und der in Betrieb befindlichen Kessel, und weiterhin der ausgestellten Gas- und Oelmaschinen schliessen. Textabbildung Bd. 321, S. 577 Fig. 1. Fig. 1 zeigt einen Blick in die mächtige Maschinenhalle, deren Entwurf und Ausführung von dem Werk Nürnberg der Vereinigten Maschinenfabrik Augsburg und Maschinenbaugesellschaft Nürnberg stammt. Von den ausgestellten Wärmekraftmaschinen bemerken wir im Vordergrunde links zunächst die grosse Gasmaschine, daneben die 700 PS-Dampfturbine und neben dieser den 500 PS-Dieselmotor des Nürnberg-Augsburger Werkes; auf der rechten Seite vorn, etwas verdeckt, die grosse Maschine von Rockstroh und weiter dahinter die 1300 PS-Sulzer-Dampfturbine. Die Kolbendampfmaschinen. 1. Liegende Tandemverbundmaschine mit Ventilsteuerung der Maschinenfabrik Augsburg. Die Maschine, die mit 260 bezw. 400 mm Zylinderdurchmesser und 650 mm Hub bei 150 Umdrehungen i. d. Minute normal 100 PSe leistet und mit einer Drehstromdynamo direkt gekuppelt ist, gleicht in ihrer Bauart und in der Anordnung ihrer Steuerung ziemlich der von Carels frères auf der Weltausstellung in Lüttich ausgestellten 600 PSe-Maschine, über die in D. p. J. Heft 39 Bd. 320 berichtet ist. Bei der sehr viel kleineren Augsburger Maschine ist unter anderm auf eine hintere Führung der Kolbenstange verzichtet; der Antrieb der Steuerung erfolgt hier durch unrunde Scheiben; auch greifen die Ventilhebel direkt an der Spindel an ohne Uebertragung der Bewegung durch Wälzhebel. Die Ruhe des Ganges dieser raschlaufenden Ventilmaschine, ihre schönen Formen und die vollendete Ausführung aller Teile verdient besonders hervorgehoben zu werden. 2. Die Maschinen- und Bronzewarenfabrik von L. A. Riedinger in Augsburg hat ebenfalls eine liegende Ventildampfmaschine in Tandembauart ausgestellt, welche in gleicher Weise wie die unter 1. beschriebene Maschine mit Einspritzkondensation arbeitet. Der Hochdruckzylinder hat 460, der Niederdruckzylinder 710 mm Durchmesser, der Hub beträgt 1000 mm. Bei 10 at Kesseldruck leistet die Maschine normal 425 PSe. Sie ist mit einer Gleichstromdynamo für 125 Umdrehungen i. d. Minute direkt gekuppelt und dient zum Betriebe der elektrischen Ausstellungsrundbahn, ferner für Beleuchtung und Motorenbetrieb. Die für ihre Grösse verhältnismässig raschlaufende Maschine zeigt in vieler Hinsicht beachtenswerte Einzelheiten. Es sind z.B. die Ventile in den Zylinderdeckeln untergebracht und dadurch ist nicht bloss eine Einschränkung des schädlichen Raumes und der Abkühlungsflächen, sondern auch eine sehr einfache Dampfführung erreicht. Wie aus Fig. 2, welche die Maschine im Längsschnitt darstellt, ersehen werden kann, zerfällt jeder Zylinder bei der gewählten Ventilanordnung in drei einfache Gusstücke. Durch die einfache Formgebung dieser Teile wird dem Einflüsse hoher Dampftemperaturen bei Verwendung überhitzten Dampfes wirksam begegnet. Freilich tritt bei dieser Anordnung ein recht bedenklicher Nachteil auf, da die Kolben Textabbildung Bd. 321, S. 578 Fig. 2. Ventildampfmaschine von Riedinger. nicht wie z.B. bei der Maschine der Maschinenfabrik Augsburg nach Entfernung der hinteren Deckel und Lösen der Kolbenstange auf einfache Weise herausgenommen werden können. Um zu dem Niederdruckkolben zu gelangen, muss erst das Zwischenstück entfernt werden, das zu diesem Zwecke zweiteilig mit symmetrisch zur senkrechten Maschinenachse angeordneten Fenstern ausgeführt und dessen Flansch am Niederdruckzylinder nach einem stumpfen Kegel abgedreht ist. Das Zwischenstück kann somit ohne Verschiebung der Zylinder leicht entfernt und der hintere Deckel des Niederdruckzylinders wie beim Hochdruckzylinder nach Lösung eines Gelenkes des Steuergestänges abgenommen werden. Dem Nachteil der erschwerten Zugänglichkeit der Kolben war man durch besonders sorgfältige konstruktive Ausbildung derselben abzuhelfen bestrebt. Die Kolben sind zur Einschränkung des Auflagerdruckes auf die Zylinderwand sehr breit ausgeführt. Der Hochdruckkolben besitzt vier, der Niederdruckkolben fünf selbstspannende Dichtungsringe. Die Kolben sind hinter den Ringen mit ½ mm exzentrisch abgedreht. Beide Zylinder besitzen mit dem innern Laufzylinder zusammengegossene Mäntel. Textabbildung Bd. 321, S. 579 Fig. 3. Recke-Steuerung zur Ventildampfmaschine von Riedinger. Die Füllung des Hochdruckzylinders wird durch eine Recke-Steuerung in einer neuen abgeänderten Ausführung beeinflusst. Aus Fig. 3 ist die Anordnung und Wirkungsweise derselben ersichtlich. Von einem Punkt des Auslassexzenters wird eine Schwinge bewegt und von dieser die Bewegung der Steuerstange abgeleitet und durch Einschaltung von Wälzhebeln auf die Ventilspindeln übertragen. Die Auslassteuerung besitzt ebenfalls Wälzhebel. Die Veränderung der Füllung erfolgt durch Heben oder Senken der Schwinge. Die Rückwirkung der Steuerung auf i den Regulator ist durch Einschaltung eines selbstsperrenden Schraubengetriebes aufgehoben; es ist die bekannte indirekt wirkende Regulierung verbunden mit Stellhemmung. Aus Fig. 2 ist ersichtlich, dass die Hülsenbewegung dazu benutzt wird, die konischen Reibungsräder eines auf der Regulatorspindel sitzenden Wendegetriebes miteinander in Eingriff zu bringen. Je nachdem dadurch die oberen oder unteren Reibungsräder in Berührung kommen, wird die Drehung der Regulatorspindel mittels Kegelräder in dem einen oder andern Drehsinn auf eine Schraubenspindel übertragen, durch deren Auf- oder Abwärtsbewegung in einer festen Mutter die Regulierwelle verdreht und damit die Steuerung verstellt wird. Aus der Figur ist weiterhin ersichtlich, wie eine Bewegung der Schraubenspindel den Eingriff der konischen Räder wieder aufhebt, so dass die Regulierwelle nicht weiter verdreht wird. Der Vorgang wiederholt sich so oft, bis die richtige Stellung der Steuerung erreicht ist. Ein Ueberregulieren findet nicht statt. Der Niederdruckzylinder wird durch unrunde Scheiben und ohne Zwischenschaltung von Wälzhebeln gesteuert. Die Auslassnocken können im Betriebe umgestellt werden zur Veränderung der Kompression, um die Maschine gegebenenfalls auch mit Auspuff arbeiten lassen zu können. Die Steuerwelle ist durch die Einschaltung eines Stirnräderpaares der Zylinderachse etwas näher gerückt worden. Es hätte aber auch ohne erheblichen Nachteil das Kegelrad auf der Kurbelwelle näher an das Lager und damit die Steuerwelle näher an die Zylinderachse gerückt werden können. Eine Besonderheit zeigen die Steuerventile beider Zylinder insofern, als die Verbindungsrippen zwischen Nabe und dem äusseren rohrförmigen Teil nicht mit letzterem zusammengegossen, sondern als zwei besondere Armkreuze ausgebildet sind. Dadurch wird ein Verziehen des Ventilkörpers und die infolge davon auftretende Undichtheit bei den schwankenden Temperaturen des Heissdampfbetriebes verhindert. Die vom Kurbelzapfen angetriebene Kondensator-Luftpumpe ist in ihren Einzelheiten aus Fig. 2 ersichtlich. Sie hat einen Durchmesser des Ventilkolbens von 550 mm und einen Hub von 130 mm. Die Maschine ist in allen ihren Teilen kräftig gehalten und arbeitet trotz der hohen Geschwindigkeiten (4,16 m/Sek mittlere und 6,5 m/Sek grösste Kolbengeschwindigkeit) durchaus sicher und ruhig, auch bei den erheblichen Belastungsschwankungen des Bahnbetriebes. 3. Die Maschinenfabrik Scharrer & Gross in Nürnberg hat zwei Dampfmaschinen ausgestellt, eine Tandemverbund-Ventilmaschine von 165 PSi, und eine schnelllaufende Einzylinder-Schiebermaschine von 60 PSi. Beide arbeiten mit Heissdampf als Auspuffmaschinen und sind mit Gleichstromdynamos, erstere mittels Riemen, letztere direkt gekuppelt. Die liegende Ventilmaschine hat 300 bezw. 500 mm Zylinderdurchmesser und 500 mm Hub; sie läuft normal mit 140 Umdrehungen i. d. Minute. Bei der Konstruktion der Zylinder, besonders des Hochdruckzylinders ist sehr sorgfältig auf die Wirkung des Heissdampfes geachtet. Fig. 4, welche die Maschine im Längsschnitt darstellt, lässt erkennen, dass der Hochdruckzylinder aus drei Teilen besteht; an der Laufbüchse, einem vollkommenen Rotationskörper mit zwei Flanschen, sind die Ventilgehäuse für die beiden Zylinderseiten aufgeschliffen und mit Schrauben befestigt. Die Lagerböcke für die Steuerwelle sind an den Ventilgehäusen angeschraubt. Die Zylinder selbst besitzen keine Füsse; die Stützung erfolgt am Zwischenstück und am hinteren Blenddeckel des Hochdruckzylinders. Mäntel haben die Zylinder nicht; Deckel und Zylinder sind mit Isoliermasse umkleidet. Durch die sorgfältige Ausbildung der Zylinder ist eine unbehinderte und gleichmässige Ausdehnung der Maschine gewährleistet. Der Fundamentrahmen mit Rundführung liegt auf seiner ganzen Länge auf. Es wird vielfach des leichteren Aussehens wegen dem freien Balkenrahmen (wie bei den unter 1. und 2. beschriebenen Maschinen) der Vorzug gegeben. Bei richtiger Durchbildung wie bei der vorliegenden Maschine kann indessen auch dem ganz aufliegenden Rahmen eine leichte und gefällige Form gegeben werden, der eine höhere Sicherheit bietet, leichter herzustellen ist und nicht wesentlich schwerer ausfällt als der Balkenrahmen. Sämtliche Teile des Triebwerks zeigen eine sehr zweckmässige Konstruktion. Die Kolben sind einfache Hohlgusskörper mit sehr breiten Laufflächen und 3 selbstspannenden Ringen; sie können nach hinten bezw. durch die symmetrisch angeordneten Fenster des Zwischenstücks (Fig. 5) herausgenommen werden. Kurbellager und Aussenlager sind mit Ringschmierung versehen. Die Kreuzkopfschuhe sind mit Weissmetall ausgegossen. Die Zylinder und Stopfbüchsen mit Metallpackung werden besonders geschmiert durch Einführung von Oel unter Druck. Textabbildung Bd. 321, S. 580 Fig. 4. Längsschnitt durch die Tandem-Ventilmaschine von Scharres & Gross. Textabbildung Bd. 321, S. 580 Fig. 5. Schnitt durch das Zwischenstück. Die Steuerung der Maschine für den Einlass beider Zylinder ist eine einfache Ausklinksteuerung (s. Fig. 6 u. 7) (im Prinzip mit einer der alten Corliss-Steuerungen identisch); die Klinke besitzt einen hornförmigen Fortsatz, welche an einen Knacken anstösst, je nach dessen Stellung die Klinke früher oder später abschnappt. Die Stellung des drehbar angeordneten Knackens ist vom Regulator abhängig, dessen Verstellungsarbeit ausserordentlich gering ist. Es ist beachtenswert, dass auch die Füllung des Niederdruckzylinders unter die Einwirkung des Regulators gestellt ist; das ist auf einfache Weise dadurch erreicht, dass die Regulierwelle auch bis zum Niederdruckzylinder durchgeführt ist, der die gleiche Ausklinksteuerung wie der Hochdruckzylinder besitzt. Der Antrieb der Ein- und Auslassteuerungen beider Zylinder erfolgt durch Exzenter; die Uebertragung der Exzenterbewegung auf die Auslassventile wird durch Rolldaumen betätigt. Ein sorgfältig konstruierter Oelpuffer sichert ein sanftes Auftreffen der Einlass-Ventile auf ihren Sitz. Die Ventile sind so ausgebildet, dass die Pufferwirkung erst nach erfolgtem Abschluss eintritt und die dadurch herbeigeführte Verzögerung in der Ventilbewegung die Genauigkeit des Abschlusses nicht mehr beeinträchtigt. Die von Scharrer & Gross noch ausgestellte liegende schnellaufende Einzylinder-Schiebermaschine bietet in mehrfacher Hinsicht Interessantes. Die Maschine macht 250 Umdrehungen in der Minute und ist mit einer Dynamomaschine unmittelbar gekuppelt. Zur tunlichsten Einschränkung des schädlichen Raumes und seiner abkühlenden Flächen ist das Steuerorgan vierfach geteilt; für jede Seite ist zum Ein- und Auslassen des Dampfes je ein besonderer Kolbenschieber in der aus Fig. 8 und 9 er sichtlichen Weise angeordnet. Die Schieber geben dem Dampf einen dreifachen Durchgangsquerschnitt am Umfang der eingesetzten Büchsen, in welche ringsumlaufende Schlitze eingefräst sind. Textabbildung Bd. 321, S. 580 Fig. 6. Vertikalschnitt durch den Hochdruckzylinder. Textabbildung Bd. 321, S. 580 Fig. 7. Vertikalschnitt durch den Niederdruckzylinder. Kolben- und Schieberstangen werden in langen Metallstopfbüchsen geführt und gedichtet. Der Antrieb der Schieber erfolgt durch Exzenter, welche auf beiden Seiten ausserhalb der Lager auf der Welle sitzen und mittels Hebel und Gelenkstücke (Fig. 10) ihre Bewegung auf die Schieberstangen übertragen, ohne dass letztere noch besonders geführt werden. Das Exzenter zur Betätigung der Einlassteuerung wird durch einen auf der Welle sitzenden Flachregler derart verstellt, dass gleichzeitig Voreilwinkel und Exzentrizität geändert werden; dabei wird unter annähernd gleichbleibendem linearen Voröffnen die Füllung innerhalb weiter Grenzen geändert. Die Steuerungsphasen des Auslasses bleiben ungeändert. Diese Art Schiebersteuerung gewährt genauen Abschluss und günstige Dampfverteilung bei kleineren Steuerungsabmessungen wie bei Doppelschiebersteuerungen, ohne deren Nachteile bei hoch überhitztem Dampf oder der grossen schädlichen Räume des Zweikammersystems zu besitzen. Textabbildung Bd. 321, S. 581 Fig. 8 und 9. Kolbenschieber zur Einzylinder-Schiebermaschine von Scharrer & Gross. Der Rahmen der Maschine (Fig. 11) ist als ganz aufliegender Gabelrahmen ausgebildet, die Welle ist demgemäss gekröpft. Der Zylinder ist fliegend an den Flansch der Führung angeschraubt. Der Kreuzkopf wird einseitig und bemerkenswerter Weise in einer zylindrischen Gleitbahn geführt. Eine solche ist offenbar leichter und bei Verwendung einer starken Bohrspindel auch sehr genau auszuführen. Beachtenswert ist auch die die gelenkartige Lagerung des Kreuzkopfkörpers in einer entsprechenden Aussparung im Gleitschuh, so dass etwaige Verbiegungen der Kolbenstange kein Klemmen der Gleitschuhe in der Führung hervorrufen können. Das Abheben des Kreuzkopfes von dem Gleitschuh beim Druckwechsel infolge der Kompression soll ein durchgesteckter Bolzen verhindern. Der Gleitschuh selbst wird in der üblichen Weise durch übergreifende Schienen am Abheben verhindert. Die Schmierung erfolgt in ausgiebiger Weise von einem auf dem Rahmen stehenden Oelbehälter, von dem aus das Oel zur Führung, zum Kreuzkopfzapfen und zur Stopfbüchse geleitet wird. Textabbildung Bd. 321, S. 581 Fig. 10 und 11. Rahmen zur Einzylinder-Schiebermaschine von Scharrer & Gross. Zur Sicherung eines ruhigen Ganges dieser schnelllaufenden Maschine sind die rotierenden Massen und zum Teil auch die hin- und hergehenden durch gusseiserne Gegengewichte, welche mit den Schenkeln der Wellenkröpfung verschraubt sind, ausgeglichen. Es besteht in Bayern vielfach eine merkwürdige Abneigung gegen stehende Maschinen, so dass sich die Dampfmaschinenfirmen auch für sehr hohe Umlaufzahlen zum Bau liegender Maschinen entschliessen müssen. 4. Die Maschinenfabrik von Rockstroh in Marktredwitz hat eine liegende Tandem-Ventilmaschine von 600 PSi ausgestellt, welche eine Gleichstromdynamo für 220 Volt und 1500 Amp. antreibt; der Rest der Leistung wird durch eine als Schwungrad ausgebildete Seilscheibe auf eine Wellenleitung übertragen. Die Maschine, welche 110 Umdrehungen in der Minute macht, hat einen Hochdruckzylinder von 465, einen Niederdruckzylinder von 700 mm Durchmesser und einen Hub von 1100 mm. Die Kolbenstange ist nicht bloss durch eine Führung im Zwischenstück, sondern ausserdem noch durch eine solche zwischen Kreuzkopf und Niederdruckzylinder unterstützt; beide Unterstützungen können infolge ihrer Lagerung in Zapfen den Verbiegungen der Kolbenstange folgen und sind ausserdem vertikal nachstellbar. Bemerkenswert ist ferner die Ausbildung der Stopfbüchsen. In den Zylinderdeckel ist ein zur Kolbenstange konzentrischer Ring eingesetzt, der quer zu ihrer Bewegungsrichtung verschiebbar ist. Gegen die kugelige Ausdrehung dieses Ringes wird die Stopfbüchsenbrille durch Federn gepresst. Diese Einrichtung kann zugleich als Sicherheitsventil gegen Wasserschlag wirken. Die Füllung des Hochdruckzylinders wird durch eine ausklinkende Steuerung, Patent Rockstroh, beeinflusst. Ihre Wirkungsweise ist aus Fig. 12, welche einen Querschnitt durch den für Heissdampf ausgebildeten Hochdruckzylinder darstellt, zu ersehen. Das obere Ende der Steuerstange AB, welche durch die unrunde Scheibe auf der Steuerwelle unter Zwischenschaltung des doppelarmigen Hebels ACD ihre Bewegung erhält, schwingt um Zapfen F, mit dem es durch den federnden Arm FB verbunden ist. Die am Kopf der Steuerstange drehbar aufgehängte Klinke wird durch den Regulator verstellt und dadurch das frühere oder spätere Abschnappen des Ventilhebels herbeigeführt. Der Auslass des Hochdruckzylinders sowie Ein- und Aus-lass des Niederdruckzylinders sind in gewöhnlicher Weise durch unrunde Scheiben gesteuert. 5. Die Maschinenfabrik von I. W. Earnshaw & Co. in Nürnberg hat ebenfalls eine liegende Tandem-Ventilmaschine von 160 PSi ausgestellt, welche für Heissdampf gebaut ist. Ihre Konstruktion stimmt im wesentlichen mit der von Scharrer & Gross ausgestellten Ventilmaschine überein. Textabbildung Bd. 321, S. 582 Fig. 12. Rockstroh-Steuerung; R zum Regulator. Textabbildung Bd. 321, S. 582 Fig. 13 u. 14. Schnelläufende Dampfmaschine von Gebr. Sulzer. 6. Gebrüder Sulzer in Winterthur und Ludwigshafen a. Rh. haben einen stehenden Schnelläufer von 300 Touren in der Minute ausgestellt, der durch seinen ausserordentlich ruhigen Gang das Interesse und die Bewunderung der Fachleute erweckt. Die Maschine, mit zweistufiger Expansion arbeitend, leistet normal 100 PSe; die Leistung kann auf 135 PSe gesteigert und dauernd auf dieser Höhe erhalten werden. Die Maschine ist vollständig eingekapselt; dadurch ist es möglich Pressschmierung anzuwenden. Durch eine kleine Pumpe innerhalb des Gehäuses wird das Drucköl unter 1½ bis 2 at in die Kurbellager, Kreuzkopfführungen sowie zu allen Zapfen des Haupt- und Steuerungs-Triebwerks geleitet. Die Oelschicht, die hierbei zwischen den Berührungs-Flächen der bewegten Teile immer vorhanden ist, sichert der Maschine den ausserordentlich leichten und geräuschlosen Gang. Das gebrauchte Oel fliesst immer wieder in den unteren Raum des Gestelles zurück; ein Zusatz frischen Oeles ist erst nach längerer Zeit erforderlich. Da Verunreinigung des Oels von aussen her nicht möglich ist, ist auch eine Reinigung desselben nicht notwendig. Fig. 13 u. 14 zeigen einen Längs- und Querschnitt durch die Maschine. Der Durchmesser des Hochdruckzylinders beträgt 250 mm, derjenige des Niederdruckzylinders 400 mm, der Hub 250 mm. Zwischen Rahmen und Zylinder sind kurze offene Zwischenstücke eingebaut, an welche auch die Führungsschienen für den Kreuzkopf angegossen sind. Nach unten sind die Laternen geschlossen, damit kein Tropfwasser in den unteren Teil der Maschine eindringen kann; durch die seitlichen Oeffnungen sind die Stopfbüchsen zugänglich gemacht. Die Kurbeln sind nicht unter 90°, sondern unter 135° versetzt, um die Vorteile der Massenausgleichung mit einem günstigen Verlauf des Drehmomentes zu vereinen. Die Niederdruckkurbel eilt vor. Die Steuerung erfolgt bei beiden Zylindern durch einfache Kolbenschieber. Der Schieber des Hochdruckzylinders steht unter dem Einfluss eines sehr empfindlichen Achsenregulators mit Beharrungsmasse, welcher die Füllung innerhalb 0 und 60 v. H. verändert und durch eine besondere Einrichtung während des Ganges für verschiedene Umdrehungszahlen der Maschine eingestellt werden kann. (Fortsetzung folgt.)