Titel: | Zink und Zinklegierungen. |
Autor: | E. Rasch |
Fundstelle: | Band 322, Jahrgang 1907, S. 54 |
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Zink und Zinklegierungen.
Von E. Rasch.
Zink und Zinklegierungen.
Die physikalisch-technologischen Eigenschaften des Zinks sind bislang keineswegs
Gegenstand erschöpfender Untersuchungen geworden oder gar hinreichend geklärt.
Es ist dies um so auffälliger, als das Zink – als
elektropositivstes Metall – neben dem Kupfer gerade in
den verbreitetsten und hochwertigsten Metallegierungen, Messing, DuranaDurana: 60 Cu + 40
Zn + Fe., NeusilberNeusilber,
Argentan: ∾ 60 Cu + 15 Ni + 25 Zn., NickelinNickelin: 54 Cu +
26 Ni + 20 Zn., Weißmetallen, schmiedbaren Bronzen usw., eine besondere
und wichtige Rolle spielt und da man diesen Zinkabkömmlingen (z.B. dem
Patronenmessing) fortgesetzt großen Untersuchungseifer und allerregstes Interesse
entgegenzubringen genötigt ist.
Es möge als eine dankenswerte Aufgabe anempfohlen sein, nach dem zweiten Schritt den
ersten und nächstliegenden nachzuholen und das Zink zum Gegenstande strengerer
Untersuchung zu machen.
Da Deutschland überdies nahezu die halbe Weltproduktion an Zink aufbringt, so dürfte
es wohl auch nicht an dem wirtschaftlichen Anlaß fehlen.
Auch vom wissenschaftlichen Standpunkte aus bietet das Zink des Merkwürdigen
genug.
1. Blei und Zink.
Das Blei bildet in den Zinklegierungen, insbesondere in den Walz- und Stanzqualitäten
der Kupferzinklegierungen, wohl die gefährlichste Verunreinigung, die selbst in
geringfügigen Mengen Messingbrüchigkeit im Gefolge hat.
Man erinnert sich aus dem Karsten-Parkes-Prozeß der
Bleientsilberung durch Zink der eigenartigen Lösungsverhältnisse, die das Zn gegenüber Silber, Gold, Kupfer und Blei zeigt.
Bei der Erstarrungstemperatur des Zinks (419,2° C) scheiden sich aus dem
Blei-Zinkgemisch etwa 99 v. H. des schwereren Bleis aus und sinken zu Boden, während
nur 0,9 v. H. des Bleies mit dem Zink legiert bleiben (siehe das Erstarrungsdiagramm
Fig. 1) und das bei 417,7° C erstarrende
Eutektikum bildenJour. Chem. Soc.
1897..
Textabbildung Bd. 322, S. 54
Fig. 1.Erstarrungsdiagramm der Zink-Blei-Legierungen.
Bleigehalt in v. H.
Textabbildung Bd. 322, S. 54
Fig. 2.Löslichkeitskurve von Blei.
Bleigehalt in v. H.
Weit größer ist jedoch die Löslichkeit des Zinkes für Blei bei höheren Temperaturen,
wie dies die Löslichkeitskurve (Fig. 2) erkennen
läßtZeitschr. f. angew.
Chemie 1897 (Spring u. Romanoff)..
Die beiden Aeste a und b
der Löslichkeitskurve werden hier bei jeder Temperatur in je einem Punkte
geschnitten, d.h. das Gemisch trennt sich im flüssigen Zustande in zwei verschieden
zusammengesetzte Blei-Zinklegierungen, in eine bleiärmere a und eine bleireichere b, von denen die
letztere als die spezifisch schwerere zu Boden sinkt.
Die jeweilige Zusammensetzung der beiden Legierungen a und b hängt von der Temperatur des Pb-Zn-Gemisches ab. So liest man aus der Kurve (Fig. 2) beispielsweise für die Temperatur t = 600° C ab.
Zusammensetzung der Legierung a = 5,0
v. H. Pb + 95 v. H. Zn.
Zusammensetzung der Legierung b = 86
v. H. Pb + 16 v. H. Zn.
2. Kupfer und Blei.
In die Kupfer-Zinklegierungen geht das Blei in den allermeisten Fällen durch das Zink
ein, da es – wie das Cadmium – einen ständigen Begleiter des schlesischen sowohl wie
des Derbyshire Zinkes darstellt.
Es scheint nun für das Verhalten des Bleies in den Kupferlegierungen nicht belanglos
zu sein, daß das (durch Zn eingetragene) Blei vom
Kupfer leicht gelöst wird, wie dies das Erstarrungsdiagramm (Fig. 3) veranschaulicht.
Textabbildung Bd. 322, S. 55
Fig. 3.Erstarrungsdiagramm der Kupfer-Blei-Legierungen.
Kupfer-Zink (Messing).
Der Vollständigkeit halber möge das Erstarrungsdiagrammvergl. Rasch
„Ueber den Erstarrungsvorgang des Kupfers“. D. p. J. 1906, 321 S. 636.
Fig. 4 (nach Robert
Austen), der Kupfer-Zinklegierungen, von denen im obigen die Sprache war,
eingeschaltet werden, das über die verwickelten Lösungsverhältnisse hinreichenden
Aufschluß gibt. Hervorgehoben mag nur werden, daß das durch seine große Dehnbarkeit
ausgezeichnete Duranametall 40 v. H. Zn und 60 v. H.
Cu neben geringen Mengen Fe enthält, somit nahezu dem Schnittpunkt der beiden Kurvenäste a und b angehört.
Textabbildung Bd. 322, S. 55
Fig. 4.Erstarrungsdiagramm der Kupfer-Zink-Legierungen nach
Austen.
Weiter sei kurz erwähnt, daß Herschkowitz durch
Potentialmessungen die Existenz einer chemischen Verbindung Zn2Cu wahrscheinlich gemacht hat.
4. Physikalisch-technologische
Eigenschaften.
Eine neuere Arbeit von Oswald Meyer
„Ueber die Eigenschaften von verschieden legierten Zinkblechen und deren
Beeinflussung durch Aetzung und Erhitzung des Materials“Metallurgie 1906 (2) S. 53 ff. klärt
leider die gestellte Aufgabe in keiner Weise, so gut gemeint und in Einzelheiten
fleißig sie auch erscheint.
Es möge nur auf einige Zahlenreihen, die wir dem umfangreichen Versuchsmaterial
entnehmen, durch untenstehende Tab. 1 verwiesen werden.
Irgend welche Gesetzmäßigkeiten lassen sich aus ihnen jedoch wohl kaum bündig
ableiten.
Selbst wenn man davon absieht, daß die Versuchsbleche auf verschiedene Blechdicken
heruntergewalzt waren und somit einen nicht vergleichbaren Grad der mechanischen
Bearbeitung besassen, so scheinen die Zahlen doch auch sonst noch durch
Störungseinflüsse willkürlich beeinträchtigt: Ein schädlicher Einfluß des Bleies,
den man auch beim reinen Zink zu erwarten geneigt sein könnte, wird in den Zahlen
des Autors keineswegs deutlich erkennbar. Die Probe 00 (s. Tab. 1) mit 1,04 v. H.
Pb weist die höchste durchschnittliche Festigkeit
von 25,7 kg/qcm,
und gleichzeitig beispielsweise eine größere Dehnung (17,2 v. H. gegen 16,2 v. H.)
auf als die reinste Probe mit 0,07 v. H. Pb usw.
„Ein Zusatz von 0,2 v. H. Cadmium ist von deutlichem Vorteil für die Qualität des
Zinkes. Seine Zähigkeitsverhältnisse und der Qualitätskoeffizient werden kräftig
gehoben“. (Meyer.)
Referent hält diese Schlüsse – ohne die Möglichkeit dieser Erscheinungen prinzipiell
zu bestreiten – durch die Versuche nicht hinreichend gestützt und der Nachprüfung
unbedingt bedürftig. Es drängt sich der Verdacht auf, daß dem Autor etwa der Einfluß
der Streckgeschwindigkeit auf die Festigkeitswerte entgangen sein könnte, der ja
eingehend durch die klassischen Arbeiten von Bauschinger,
Martens, Hartig, A. Le Chatelier und anderen studiert ist und der
bekanntlich gerade bei den Metallen der Magnesiumgruppe (Mg,
Zn, Cd) außerordentlich groß ist, wie im weiteren zu erläutern sein
wird.
Ueberdies lassen die sehr eingehenden Angaben des genannten Autors über die
Einzelheiten des Versuches jeden Hinweis auf diese doch wohl beachtliche Erscheinung
vermissen.
Tabelle 1.
Festigkeitseigenschaften von Zinkblech.
(Mittelwerte aus Längs- und Querproben.)
Probe
Verunreinigungen durch
DickedesWalz-blechesmm
Zugfestig-keitσBkg/qmm
Quer-schnitts-verminde-rungv. H.
Dehnungδv. H.
Elastizi-tätsmodulkg/qmm
Biegezahl
Bemerkungen
Cadmiumv. H.
Bleiv. H.
00024416888R.
0,0500,0470,2440,4020,4020,5900,9120,7320,030
1,040,0240,1000,0210,0210,0250,0250,8100,810
1,632,011,733,032,023,013,012,022,03
25,723,320,525,324,723,522,623,622,7
17,216,238,318,016,024,612,0 3,620,2
27305635233729 625
959012000 9510 8860 9290 9020 8720 9780 9630
61217 6 9 7 612 9
UngeglühtesWalzmaterialEisengehaltrund0,025 v.
H.
Es ist ferner bekannt, daß das Zink bei etwa 155° C am geschmeidigsten ist (δ =
80 – 100 v. H.) bei etwa 200° C dagegen außerordentlich spröde ist, kristallinisch
wird und gepulvert werden kann.
Auch dieses Verhalten des Zinkes dürfte zu einwandsfreien Warmversuchen wohl
herausfordern, zumal da bei CuZn Legierungen
eigenartige und für die Praxis wohl beachtliche Erscheinungen zutage treten, die
hiermit offensichtlich im Zusammenhange stehen.
So mag nur an die Warmsprödigkeit des MessingsAnmerkungszeichen zu dieser Fußnote fehlt im Text.Die von Oswald Meyer
im geglühten Zustande geprüften
Zinkwalzbleche sind bis auf 275° C („Normaltemperatur“) erhitzt
worden. erinnert werden, die ihr Maximum etwa bei 375° C
erreicht, und weiter an die Möglichkeit, hart gewalztes Messing durch Glühungen bei
gewissen mittleren Temperaturen (etwa 280° C) erheblich zu zähen, d.h. dessen
Dehnbarkeit ohne fühlbaren Rückgang der Festigkeit
beträchtlich heraufzusetzen. (Veredelung.)
5. Viscose Formänderungen des
Zinkes.
Das Zink zeigt, wie oben angedeutet, in ausgeprägtem Maße die merkwürdige Eigenschaft
– ähnlich wie viscose (zähflüssige) Materialien (Pech usw.) – unter relativ kleinen
Belastungen ständig nachzufliessen, während im Gegensatze dazu bei Stahl oder dergl.
die Fließerscheinung sofort (ähnlich wie das Strecken durch mechanische Bearbeitung)
eine Selbsthärtung des Materials im Gefolge hat. Allem Anscheine nach ist diese
Eigenschaft des Zinkes in der Metallurgie von Wichtigkeit, da das Zink in den
Legierungen gewissermaßen einen nachgiebigen, zähen Kitt bildet, in welchem härtere
Gefügesubstanzen und dergleichen eingebettet sind.
Textabbildung Bd. 322, S. 56
Fig. 5.Zunahme der Bruchfestigkeit mit der Streckgeschwindigkeit
(Braunschweiger 1891).
Versuchsdauer in Minuten.
Dem angedeuteten Verhalten entspricht es, daß der Einfluß der Zeit auf die
Festigkeitswerte beim Zink eine große Rolle spielt, auf die Bauschinger (1891) allem Anscheine nach zuerst hingewiesen hat. (s. Tab. 2
u. Fig. 5.)
Tabelle 2.
Einfluß der Streckdauer auf die Festigkeitswerte bei Zink nach
Bauschinger.
Dauer desVersuchs
FestigkeitσBkg/qmm
Dehnungδv. H.
Ver-hältnis-zahlen fürσB
Bemerkungen
6 Min. 13 Sek.22 „ 32 „37 „ 23 „81 „
– „
20,517,616,716,4
16,5 9,911,220,3
100 86 81,5 80,0
Material nichtsehrgleichmäßig
Von neuem ist durch A. Le Chatelier (1901)Baumaterialienkunde 1901, S. 180 ff.
auf diese Erscheinungen des viscosen Nachfließens, die durch folgenden Versuch
trefflich veranschaulicht werden, nachdrücklichst hingewiesen worden.
A. Le Chatelier belastete statisch einen Zinkdraht mit 6
kg/qmm. Der
Probedraht zeigte fortschreitende Dehnungen bis schließlich bei einer Längendehnung
von 173 v. H. nach etwa zehnstündiger Belastung der Bruch erfolgte. Der Verlauf
dieses Versuches wird durch die Zahlen der Tab. 3 wiedergegeben.
Tabelle 3.
Nachstrecken des Zinkes unter der statischen Balastung von 6 kg/kmm.
BelastungsdauerStd.
Dehnung inv. H.
0,08
1,33
0,17
6,0
2,0
20,0
6,0
61,0
9,0
102,0
10,0
126,0
10,17
173,0 Bruch
Ein ähnliches, wenn auch bei gewöhnlicher Temperatur weniger auffälliges Nachstrecken
ist durch die Le Chatelierschen Versuche in gleicher
Weise an anderen Materialien (Kupfer, Aluminium) studiert worden. Gemeinhin wird
diese Erscheinung stets dann in den Vordergrund treten, wenn die Streckgrenze durch
höhere Versuchstemperaturen ständig herabgeworfen, der härtende Einfluß des
Streckens somit jeweilig beseitigt wird, wie die Le
Chatelierschen umfangreicheren Warmversuche an Kupfer erweisen.
Von Interesse ist ferner die Frage nach der Abhängigkeit der Festigkeit des Zinkes
von der Streck- bezw. Versuchsgeschwindigkeit, die durch Versuche von Le Chatelier gleichfalls klarer gestellt worden
ist.
Wie Fig. 6 erkennen läßt, nimmt die Festigkeit (σB) des Zinkes mit
wachsender Versuchsdauer sehr rasch ab und zwar ist der Einfluß bei großen
Zerreißgeschwindigkeiten am auffälligsten.
Textabbildung Bd. 322, S. 56
Fig. 6.Versuchdauer in Minuten.
Wie jedoch bereits der vorhin erwähnte Versuch (Tab. 3) beweist, nähert sich die
Zugfestigkeit (σB)
keineswegs etwa assymptotisch einem bestimmten Minimalwert, sondern es reichen sehr
geringe Spannungen (dort 6 kg/qmm) hin, um das Material zu Bruch zu bringen. In
Wirklichkeit nähert sich die Festigkeit (σB) mit wachsender Belastungsdauer (τ) ohne Ende dem
Nullwert, ähnlich, wie dies bei viscosen Materialien (Pech und dergl.) beobachtet
wird, die unter ihrem Eigengewicht strecken, einschnüren und zu Bruch kommen.
Dies wird durch Tab. 4 sehr wahrscheinlich gemacht.
Tabelle 4.
Zugfestigkeit (σB) und Versuchsdauer (τ) beim Zink.
Versuchs-dauer τMinuten
Zugfestigkeit σB inkg/qmm
Differenz
Δbeobachtet-berechnet
Δ2
beobachtet
berechnet
0 0,5 1,0 5,015,060,0
–28,024,021,016,511,5
32,2527,624,421,016,811,3
–+ 0,4– 0,4± 0,0– 0,3+
0,2
–0,160,160,000,090,04
Σ Δ2 =
0,45
So weit ich dies zu übersehen vermag, gehorcht dieses Gesetz der Gleichung
\sigma=\frac{\sigma_0}{1+m\,\sqrt{\tau}} . . . kg/qmm,
wobei σ0 die Spannung bedeutet, die das Material bei
plötzlicher Belastung (Versuchsdauer τ = 0) zum Bruche
bringt.
Aus den Le Chatelierschen Zahlen finde ich für diese
maximale Festigkeit σ0
= 32,25 kg/qmm.
Die Zeitkonstante berechnet sich zu m = 0,2392.
Spalte 3 gibt die berechneten σ-Werte. Die Differenzen Δ
= σbeob. – σberechn. (s. Spalte 4)
weisen ständigen Zeichenwechsel auf, deuten somit auf einen systematischen Gang
nicht hin. Der wahrscheinliche Fehler der Einzelbeobachtung
\Sigma=\pm\,\frac{2}{3}\,\sqrt{\frac{\Sigma\,\Delta^2}{n-1}}=\pm\,0,22 kg/qmm
liegt durchaus im Bereiche der gemeinhin zu erwartenden
Versuchsfehler.
Die Uebereinstimmung darf somit eine gute genannt werden.