Titel: Fortschritte in der Theorie des Eisenbetons seit 1904.
Autor: P. Weiske
Fundstelle: Band 322, Jahrgang 1907, S. 152
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Fortschritte in der Theorie des Eisenbetons seit 1904. Von Dr.-Ing. P. Weiske, Kassel. (Schluß von S. 135 d. Bd.) Fortschritte in der Theorie des Eisenbetons seit 1904. 1. Dehnungsfähigkeit. Die grundlegenden Versuche Considères hatten nach seiner Veröffentlichung (Génie civil 1899) Dehnungen des Eisens ohne Rißbildung ergeben, welche diejenigen des reinen Betons um das 10 bis 20 fache übertrafen. Neuerdings sind diese Dehnungsversuche nachgeprüft. Kleinlogel veröffentlichte im Heft 1 der Forscherarbeiten sein Versuchsmaterial, welches durch Untersuchung wesentlich größerer Versuchstücke, als wie sie Considère verwendet hat, gewonnen war. Die Probekörper hatten verschieden hohe Armierung. Bei sämtlichen Probekörpern zeigte sich eine nicht wesentlich andere Dehnung des Eisenbetons bis zum Eintritt der Risse als bei reinen Betonkörpern. Rudeloff hat ebenfalls zur Nachprüfung der Considèreschen Versuche in dem Königlichen Materialprüfungsamt in Groß-Lichterfelde mit etwa fünf Jahre alten, an der Luft erhärteten Probekörpern verschiedener Armierung Dehnungsversuche angestellt, welche zeigen, daß die Bruchdehnung keinesfalls durch die Eiseneinlagen vergrößert wird. Diese Versuche, welche in den Mittellungen aus dem Königlichen Materialprüfungsamt 1904, Heft 1, veröffentlicht sind, bestätigen also die Considèreschen Beobachtungen auch nicht. Erneut von Considère angestellte Versuche zeigten dagegen wieder eine größere Dehnungsfähigkeit, wenngleich nunmehr nur Dehnungen bis etwa zur Hälfte der von ihm zuerst angegebenen Werte von dem unter Wasser erhärteten Probekörper erreicht wurden, während der an der Luft erhärtete Probekörper noch weiter zurückblieb. Bei Versuchen von Wayß und Freytag wurde etwa das dreifache der Dehnungsfähigkeit des reinen Betons bei Eisenbetonträgern festgestellt. Die Körper wurden nach ihrer Anfertigung naß gehalten, aber dann in lufttrockenem Zustande geprüft. Aus diesen Versuchen scheint hervorzugehen, daß man durch Naßhalten und Aufbewahren unter Wasser die Dehnungsfähigkeit des Eisenbetons gegenüber reinen Betonkörpern steigern kann. Für die Beurteilung der Bruchursachen von Eisenbetonkörpern ist eine geringere Dehnungsfähigkeit des Betons im Eisenbetonkörper, als wie sie bisher angenommen wurde, nur von sekundärer Bedeutung. 2. Haftfestigkeit. Zur Bestimmung der Haftfestigkeit des Eisens in der Betonhülle sind zahlreiche Versuche angestellt. Versuche von Mörsch (siehe Wayß-Freytag, Eisenbetonbau, S. 46 ff.) zeigten eine Haftfestigkeit von 48,8 kg/qcm bei 10 v. H. Wasserzusatz, von 31,2 kg/qcm bei 12,5 v. H. Wasserzusatz und von 29,1 kg/qcm bei 15 v. H. Wasserzusatz als Mittel aus vier Versuchen. Die Betonmischung war 1 : 4, die Probekörper waren vier Wochen alt und 20 cm hoch. Bei besonderer Sicherung gegen Zerspringen des Betons durch eine Drahtspirale zeigten sich noch höhere Zahlen. Nach Ueberwindung der Haftfestigkeit blieb noch ein Gleitwiderstand von 24–32 kg/qcm. v. Bach hat ebenfalls Versuche angestellt (Heft 22 der Forscherarbeiten auf dem Gebiete des Ingenieurwesens), deren wichtigstes Ergebnis ist, daß die Adhäsion mit zunehmender Länge der einbetonierten Eisen abnimmt. Nach diesen Versuchen scheint sich die Haftfestigkeit um so mehr der Scherfestigkeit des Betons zu nähern, je kürzer die Eisen sind. Zu erwähnen sind noch Versuche aus der Versuchsanstalt der Technischen Hochschule in Wien, die Meyer in der Oesterreichischen Wochenschrift für öffentlichen Baudienst 1906, Heft 32, veröffentlicht hat. Die Versuche sind Zugversuche mit 17,5 cm Meßlänge der einbetonierten Eisen, welche verschiedene Querschnittsformen haben. Diese Versuche zeigen ebenfalls, daß mit der Güte des Betons die Haftfestigkeit wächst, und daß die Eisenstäbe mit Walzhaut im Mittel eine 2,7 mal größere Haftfestigkeit zeigen als bearbeitete Stäbe. Die Haftfestigkeitswerte sind den von Mörsch gefundenen ähnlich. Außerdem zeigt sich aus den Versuchen der große Vorteil des haken- oder gabelförmigen Abbiegens der Enden. Die hohen Haftfestigkeitszahlen, die Mörsch gefunden hat, erklärt Martens hauptsächlich dadurch, daß dieselben aus Druckversuchen gewonnen sind, und daß die Zeitdauer zu kurz gewesen sei. Die von Martens im Materialprüfungsamt in Groß-Lichterfelde gewonnenen Zahlen sind erheblich niedriger. Martens vertritt die Anschauung, daß die Haftfestigkeit durch die Scherfestigkeit der Betons begrenzt ist, und daß man dem Eisen eine derartige Form geben soll, daß man nicht mit der Haftfestigkeit des Bindemittels am Eisen, sondern mit der Ueberwindung der Schub- und Scherfestigkeit des umgebenden Bindemittels oder der Betonhülle zu rechnen hat. (Beton und Eisen 1905, VI.) 3. Schub- und Scherfestigkeit. Die Schubfestigkeit von reinen und armierten Betonkörpern wurde von Morsch (Weiß und Freytag, Eisenbetonbau, S. 34 ff.) mit Hilfe der Martensschen Druckpresse untersucht. Dieselbe wächst mit dem Alter und der Güte der Mischung. Probekörper von zwei Jahren Alter im Mischungsverhältnis 1:3 ergaben eine Scherfestigkeit von 65,9 kg/qcm, solche von 1½ Monat Alter im Mischungsverhältnis 1:4 zeigten eine Scherfestigkeit von 37,1 kg/qcm. Prismen, mit Eiseneinlagen an der Ober- und Unterseite, zeigten die gleiche Scherfestigkeit; der Körper wurde jedoch erst vollständig zerstört, nachdem auch die Scherfestigkeit des Eisens ausgenutzt war. Die Scher- und Schubfestigkeit hat Zipkes zum Gegenstand einer eingehenden Untersuchung gemacht in seiner Arbeit: „Scher- und Schubfestigkeit des Eisenbetons“ („Beton und Eisen“ 1906, I–IV, Sonderdruck bei Ernst & Sohn). Zipkes berichtet über Scherversuche der Firma Luipold & Schneider in der Materialprüfungsanstalt in Stuttgart, welche mit reinen und armierten Betonkörpern angestellt sind. Die Last, welche die ersten Scherrisse hervorrief, mußte auf etwa das fünffache bis zum Bruch gesteigert werden. Die Scherfestigkeit betrug im Mittel 25,2 kg/qcm bei Probekörpern von 50 Tagen Alter in einer Mischung 1:3. Die höheren Zahlen von Mörsch erklärt Zipkes wie Martens dadurch, daß die Zeitdauer der Versuche zu kurz war. Das Ergebnis der Versuche mit Eiseneinlagen ist, daß das Eintreten der Scherrisse erst bei einer Belastung stattfindet, welche der Scherfestigkeit reiner Betonkörper entspricht, während die Scherfestigkeit der armierten Betonkörper etwa auf das Doppelte anwächst. Hierbei war außer den üblichen Einlagen von geraden und aufgebogenen Stäben noch eine kreisrunde, spiralartige Armierung des Balkens vorhanden. Auch wurden Körper mit kreisförmigen Aussparungen innerhalb dieser Armierung untersucht. Die Festigkeitszahlen waren etwas niedriger. Das Ergebnis der Versuche ist jedenfalls, daß die Eisenarmierung das Erscheinen der Scherrisse verschiebt und die erforderliche Bruchbelastung erhöht. Diese Steigerung der Festigkeit ist von der Art und dem Grad der Armierung abhängig. An diese Versuche schließt Zipkes Betrachtungen über die Berechnung der Schub- und schiefen Hauptspannungen an. Insbesondere fordert er, daß der Anteil des Eisens bei der Aufnahme der Schubspannungen auch rechnungsmäßig in den zu verwendenden Formeln zum Ausdruck kommt. Zur Begründung dieser Forderung führt Zipkes Beispiele aus der Praxis an, bei welchen die Schubspannungen mehr als das Doppelte der zugelassenen Beanspruchung von 4,5 kg/qcm betragen haben, ohne daß irgend welche Scherrisse entdeckt werden konnten. 4. Normalspannungen eines Eisenbetonträgers. Die Spannungen im Beton nehmen nicht proportional mit den Dehnungen zu, sondern wachsen langsamer, wie durch viele Versuche besonders von Bach nachgewiesen ist. Man hat versucht, diese Formänderungen der elastisch veränderlichen Stoffe in eine mathematische Form zu kleiden. Die wichtigsten Gesetze hierfür sind das Potenzgesetz (Bach-Schüle) und das hygerbolische Gesetz (Lang). Die Verwertung dieser Gesetze zur Aufstellung der Gleichgewichtsbedingungen eines auf Biegung beanspruchten Eisenbetonträgers und zur Berechnung der Spannungen ist umständlich. Die Berechnungen sind für das Potenzgesetz durchgeführt von Koenen (Grundzüge für die statische Berechnung der Beton- und Eisenbetonbauten, Ernst & Sohn) und von Mörsch (Wayß und Freytag, Eisenbetonbau, S. 78 ff.) Hyperbolische Spannungsverteilung legt Francke zugrunde in seiner Arbeit: „Abhängigkeit der inneren Längsspannungen eines Querschnittes von der angreifenden Längskraft mit besonderer Bezugnahme auf Zement und Beton („Zeitschrift für Arch.- und Ing.-Wesen“ 1904, Heft I, S. 39 ff.)“ Die Schwierigkeiten der Berechnung werden umgangen durch die graphische Methode. Weiske (Forscherarbeiten, Heft II) führt die mit dem jeweiligen Elastizitätsmodul multiplizierten Flächenstreifen als Kräfte ein, zu denen er mit Hilfe von Kraft- und Seileck die I-Flächen konstruiert. Aus diesen läßt sich das Widerstandsmoment berechnen, sowie Formeln für die Trägerhöhe und den Eisenquerschnitt in der einfachen Form h = a√M und Fe = μ bh mit der Annahme bestimmter Dehnungen auf der Zug- und Druckseite des Balkens ableiten. Hotopp benutzt die zu bestimmten Spannungswerten aus direkten Versuchen gewonnenen Dehnungswerte, um eine Integralkurve der in der Momentengleichung vorkommenden Summen werte zu zeichnen, mit Hilfe deren sich leicht zusammengehörige Spannungen und Dehnungen im Balken abgreifen lassen. Mit Hilfe des Polabstandes des zu den Dehnungsflächen gehörigen Seilecks und des Abstandes der zu den äußersten Dehnungen gehörigen Seilstrahlschnittpunkten auf der Nullachse läßt sich dann leicht eine sehr einfache Formel für Höhe und Eisenquerschnitt ableiten. (Keck-Hotopp Elastizitätslehre, Helwings Verlag und „Zeitschrift für Arch.- und Ing.-Wesen“ 1906, Heft IV.) Wegen der elastischen Veränderlichkeit des Betons ändert sich der Betrag der einzelnen, parallel zur Nullinie laufenden Schichten eines Querschnittes zu seinem Trägheitsmoment mit zunehmender Belastung. Die Randfasern entlasten sich auf Kosten der mittleren Schichten. Auch die Lage der Nullinie ist veränderlich, und zwar so, daß sie mit zunehmender Belastung der Druckkante näher rückt. Bei der graphischen Behandlung lassen sich diese Verhältnisse in einem Schaubilde verfolgen. Bei der rechnerischen Behandlung pflegt man verschiedene Phasen des Spannungszustandes zu unterscheiden. Man nimmt gewissermaßen eine sprungweise Aenderung des Spannungszustandes an und macht für jeden Zustand gewisse vereinfachende Annahmen, um die Formeln zu vereinfachen. Diese Phasen sind folgende: I. Bei niedriger Beanspruchung verhält sich der Eisenbetonträger nahezu wie ein reiner Betonbalken. Für die Spannungsberechnung wird der Elastizitätsmodul auf Zug und Druck gleich angenommen, der Eisenquerschnitt wird mit dem n fachen Wert eingeführt. Hierbei ist n=\frac{Ee}{Ed}=\,\sim\,10. IIa. Die Zugspannungen des Betons sind so gewachsen, daß die Dehnungen nicht mehr proportional den Spannungen angenommen werden können. Man nimmt zur Vereinfachung an, daß letztere von der Nullinie an bis zu einem Höchstwert wachsen und von da ab bis zur Zugkante konstant bleiben. Die Druckspannungen können noch geradlinig wachsend angenommen werden. Der Eisenquerschnitt wird mit seinem n=\frac{Ee}{Ed} fachen Wert eingeführt. IIb. Der durchschnittliche Elastizitätsmodul der Betonzugzone hat bei weiterer Steigerung der Belastung derartig abgenommen, daß der Beitrag der Zugzone zur Aufnahme der inneren Kräfte nur noch gering ist. Da auch das Entstehen von Zugrissen im Beton nicht ausgeschlossen ist, so wird die Betonzugzone ganz aus der Berechnung ausgeschaltet, und alle Zugspannungen werden dem Eisen zugewiesen. Die Betondruckspannungen werden noch geradlinig wachsend angenommen, wenngleich bereits ein Spannungsabfall für die. stärker gedrückten Fasern vorhanden ist. Das Eisen wird mit dem N=\frac{Ee}{Ed} fachen Wert in die Rechnung eingeführt. Diesem Zustand entsprechen die Annahmen der amtlichen Bestimmungen. In denselben wird n = 15 angenommen. III.Bruchstadium. Der Verlauf der Druckspannungen bis zur Druckkante ist nicht mehr geradlinig wachsend, sondern stark konvex gekrümmt. Die Betonzugspannungen sind höchstens noch in der Nähe der Nullinie wirksam. Der Gleichgewichtszustand wird nur noch durch die Zugkraft des Eisens hergestellt. Der Bruch erfolgt durch das Zerquetschen des Betons oder durch das Zerreißen der Eiseneinlagen, wenn die Haftfestigkeit des Eisen am Beton oder die Schubfestigkeit des Betons nicht vorher überwunden sind. Für diese Phasen sind von verschiedenen Forschern Berechnungsmethoden aufgestellt, unter verschiedener Annahme der zu wählenden Elastizitätsmodulen. Die wichtigsten Methoden stammen von Melan, Koenen, Ritter, Emperger, Thullié, Barkhausen, Mörsch. Für die statischen Berechnungen im Hochbau hat man jetzt die Dimensionierung nach Phase IIb angenommen, bei welchen der Zustand vor dem Bruch zugrunde gelegt wird. (vergl. auch amtliche Bestimmungen vom 16. April 1904.) Mörsch hat durch Versuche nachgewiesen, daß sich der Spannungszustand eines Trägers bei steigender Belastung diesen Annahmen immer mehr nähert. (Wayß und Freytag, Eisenbetonbau, S. 92 ff.) Nach Mörsch hat man eine mindestens 1½ fache Sicherheit gegen das Auftreten der ersten Zugrisse, wenn man nach dieser Phase dimensioniert. Für Ingenieurbauten, welche besonders der Witterung, den Rauchgasen usw. ausgesetzt sind, verlangt der oben erwähnte Erlaß der Kgl. Eisenbahndirektion Berlin, außer der Berechnung nach Phase IIb zum Nachweis des Maximums der Eisenspannungen, noch die Berechnung der wahrscheinlichen Betonzugspannungen. Um ein annähernd richtiges Bild der Spannungsverteilung in dem zugelassenen Zustand zu bekommen, müßte die Berechnung nach Phase IIa geschehen, wie sie von Barkhausen durchgeführt ist in der „Zeitschrift für Architektur und Ingenieurwesen“ 1901, Heft II in seinem Aufsatze: Die Verbundkörper aus Mörtel und Eisen im Bauwesen. Für die Berechnung der Spannungen im Bruchzustand ist noch folgendes zu bemerken: Die Spannungen können wegen der Unsicherheit der Dicke der Druckzone und der Verteilungsweise der Druckspannungen über dieselbe nur annäherungsweise berechnet werden. Auf die Stärke der Druckzone kann annähernd aus den Enden der Zugrisse geschlossen werden. Als Druckmittelpunkt ist dann die Mitte dieser so gemessenen. Druckschicht anzunehmen. Der Abstand der resultierenden Druck- und Zugkräfte oder der Hebelarm des inneren Momentes h1 ist dann die Entfernung des Druckmittelpunktes vom Schwerpunkt der Eiseneinlage. Aus dem äußeren Moment kann man dann durch Division mit h1 die inneren Druck- und Zugkräfte ermitteln. Von der Annahme der Spannungsverteilung in der Druckzone hängt die Berechnung der Größe der Randdruckspunnung ab. Es ist ersichtlich, daß eine geradlinige von Null an wachsende Spannungsverteilung die Bruchrandspennung zu groß liefert. Emperger nimmt neuerdings gleichmäßig verteilte Spannung im Bruchstadium an, indem er gewissermaßen den Druckquerschnitt als Druckgurt und den Eisenquerschnitt als Zuggurt eines Fachwerks betrachtet. Hierdurch ergeben sich niedrigere Druckrandspannungen, als wie sie andere Forscher, z.B. Thullié, der zwei Geraden als Begrenzungslinien des Spannungsdiagrammes der Druckzone einführt, berechnen. Faßt man die nach Emperger berechnete Spannung als durchschnittliche Bruchspannung des Betons auf, so würde die lokale Bruchrandspannung kd durch die Ungleichung beschränkt sein: \frac{D}{f}\,<\,k_d\,<\,2\,\frac{D}{f}, hierbei ist f der Bruchdruckquerschnitt und D die innere Druckgurtkraft. D=\frac{M_{\mbox{bruch}}}{h_1} Die durchschnittliche Zugbruchspannung ist ebenso k_e=\frac{Z}{F_e}=\frac{M_{\mbox{bruch}}}{F_e\cdot h_1}. Die sämtlichen für die Berechnung der Normalspannungen aufgestellten Methoden beruhen auf der Annahme des Ebenbleibens der Querschnitte und berücksichtigen nicht die aus der Be- und Entlastung der Träger zurückbleibenden Dehnungen. Mit diesen Fragen beschäftigt sich die neueste Arbeit Schüles sehr eingehend, welche das Heft X der Mittellungen der Materialprüfungsanstalt in Zürich bildet, unter dem Titel: „Resultate der Untersuchung von armiertem Beton auf reine Zugfestigkeit und auf Biegung unter Berücksichtigung der Vorgänge beim Entlasten“. Im Anschluß an seine früheren Mitteilungen in „Beton und Eisen“ 1903, Heft II, werden hier weitere Zug- und Biegungsversuche mitgeteilt und eingehend erörtert. Im Rahmen dieses kurzen Referates ist es unmöglich, auch nur annähernd auszugsweise den Inhalt dieser wichtigen Schrift anzugeben. Es sollen nur einige wichtige Schlußfolgerungen angegeben werden: 1. Aus den Zugversuchen geht hervor, daß die Sprödigkeit des Betons durch die Armierung vermindert und die Dehnungsfähigkeit bedeutend erhöht wird, wie dies von Considère festgestellt ist: 2. Schon innerhalb der zulässigen Belastung läßt sich eine Abweichung von der Hypothese des Ebenbleibens der Querschnitte feststellen. 3. Die bleibenden Deformationen beim Entlasten haben auch nach Auftreten der ersten Risse im Zuggurtbeton eine Entlastung der Eisenstangen zur Folge, solange die Streckgrenze im Eisen nicht erreicht ist. Im Beton des Druckgurtes hingegen veranlassen diese bleibenden Deformationen eine Zunahme der Druckspannungen, welche bisher unberücksichtigt blieb. 4. Die üblichen Berechnungsverfahren der inneren Spannungen geben keinen auch nur annähernd richtigen Einblick in die wirklichen Verhältnisse des armierten Betons, eine Vereinfachung dieser Verfahren für die Berechnung der Abmessungen in der Balkenmitte ist daher begründet. Dieser Vereinfachung gegenüber sollten jedoch die Verhältnisse der Verankerung und die Größe der Scherbeanspruchung in jedem Falle sorgfältig untersucht werden. 5. Von größter Wichtigkeit für eine Konstruktion ist das genügende Erhärten des Beton. Die Frist zum Ausschalen sollte nach Tunlichkeit verlängert und Belastungen von Belang erst nach einigen Monaten aufgebracht werden. 5. Bruchursachen. Die Bruchursachen eines Eisenbetonträgers lassen sich auf vier Ursachen zurückführen, die bei dem Bruche getrennt aber auch gemeinsam auftreten können. Die zahlreich veröffentlichten Bruchbilder lassen die typischen Bruchrisse erkennen. Die Bruchursachen sind folgende: 1. Ueberschreiten der Druckfestigkeit    des Betons2. Ueberschreiten der Zugfestigkeit    des Eisens In der Nähe desgefährlichenQuerschnittes. 3. Ueberschreiten der Haftfestigkeit    zwischen Beton und Eisen4. Ueberschreiten der Schubfestigkeit    des Betons in der Nähe desAuflagers. Diesen Brucherscheinungen geht das Entstehen von Zugrissen in der Mitte des Balkens oder zu beiden Seiten desselben voraus. Diese Risse können als den Balken direkt gefährdend nicht angesehen werden, sie sind nur insofern von Wichtigkeit, als sie die zur Aufnahme der Haftspannungen des Eisens erforderliche Länge des Trägers am Auflager begrenzen. Aus diesem Grunde ist eine ausreichende Zugfestigkeit der Betonträger unbedingt erforderlich. Während man früher die Bruchursachen vornehmlich in der Ueberwindung der Normalspannungen suchte, hat man neuerdings sich der Untersuchung der unter 3. und 4. genannten Bruchursachen zugewendet und diese genauer studiert. Eine eingehende Untersuchung der Rolle der Haftfestigkeit hat Emperger in Heft III der Forscherarbeiten gegeben. (Die Rolle der Haftfestigkeit im Verbundbalken.) In dieser Abhandlung führt Emperger die Bruchursachen vieler Bruchversuche nicht auf die Ueberwindung der Normalspannungen, sondern auf die Ueberwindung der Haftfestigkeit zwischen Beton und Eisen zurück. Als Maß für die Größe der Haftfestigkeit ist der Ausdruck k=\frac{V}{m\cdot U} anzusehen. Hierbei ist V die größte Querkraft, m der Abstand von Druck- und Zugmittelpunkt und U der Umfang der gezogenen Eiseneinlagen. Emperger leitet aus seinen Versuchen ab, daß der Haftfestigkeit des Eisens bis zum Bruch nie eine größere Zahl als im Durchschnitt k = 16 kg/qcm zugemutet werden darf, falls nicht durch besondere konstruktive Anordnungen, welche beschrieben werden, eine höhere Zahl zulässig erscheint. Thullie untersuchte die von Emperger besprochenen Beispiele in seiner Arbeit: „Die Bruchursachen der betoneisernen geraden Träger“, „Beton und Eisen“ 1905, IX bis XII, und führt die Bruchursachen hauptsächlich auf Ueberwindung der Normalspannungen zurück. Es sei auch noch hingewiesen auf die lehrreichen Beispiele von Mörsch, (Wayß und Frey tag, „Eisenbetonbau“ S. 127 ff), welche besonders die Wichtigkeit der am Auflager aufgebogenen Stangen zeigen. Aus der Beschreibung der Bruchursachen kann gefolgert werden, daß für die Berechnung der auf Biegung beanspruchten Konstruktionsglieder zuerst die Abmessungen den Normalspannungen entsprechend festzusetzen sind. Sodann sind die Haft- und Schubspannungen am Auflager zu ermitteln und eventl. durch konstruktive Mittel: Ab- und Aufbiegen der Stangenenden, Einlegung von Bügeln oder Spiralen, genügende Breite des Zuggurtes zu vermindern. Die vorstehenden Ausführungen sollen in der Folge ergänzt werden durch periodische Mitteilungen über die Fortschritte in der Theorie und der Konstruktion des Eisenbetons.