Titel: Die Anwendung des Tallowwood-Hartholzes im Eisenbahn- und Straßenbau.
Autor: Jaehn
Fundstelle: Band 322, Jahrgang 1907, S. 212
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Die Anwendung des Tallowwood-Hartholzes im Eisenbahn- und Straßenbau. Von Regierungsbaumeister Jaehn in Bromberg. (Fortsetzung von S. 197 d. Bd.) Die Anwendung des Tallowwood-Hartholzes im Eisenbahn- und Straßenbau. Im Eisenbahnbau spielt das Holz eine nicht unbedeutende Rolle hinsichtlich seiner Verwendung für Eisenbahnquerschwellen. Wie schon im Vorhergehenden kurz angedeutet war, erleiden die Schwellen infolge der Druck- und Stoßwirkungen der Fahrzeuge mechanische Angriffe, welche Formveränderungen und Beanspruchungen der Schwelle herbeiführen, denen diese um so länger widerstehen wird, jemehr ihre Form und ihre Abmessungen, ferner die Güte des Holzes, schließlich die Gesamtanordnung des Gleises den Anforderungen bezüglich der Festigkeitsbedingungen und der baulichen Ausgestaltung entspricht; gleichzeitig aber üben die Witterungseinflüsse eine zerstörende Wirkung auf die Schwelle aus, denen diese infolge der eintretenden Fäulnis nach einem kürzeren oder längeren Zeitraume unterliegt. Der Schienendruck preßt die Holzfasern zusammen und bewirkt durch das Aufschnellen der Schienen nach Entlastung eine baldige Lockerung der Befestigungsmittel. Die Wirkungen der Seitenkräfte äußern sich durch Verdrückungen und Verdrehungen der Befestigungsmittel, welche allmählich gelockert werden, an Haltkraft verlieren und durch Erweiterung der Löcher die mechanische und Fäulniszerstörung der Schwelle begünstigen. Die insbesondere durch das Wandern erzeugten Längskräfte führen Verschiebungen und Verdrehungen der Schwelle herbei, die gleichfalls eine Lockerung der Befestigungsmittel und eine Zerstörung der Holzfaser im Gefolge haben. Die Betriebssicherheit macht zur Erhaltung der Spurweite eine öftere Umnagelung der Schienen und Nacharbeiten der Auflagerflächen erforderlich, wodurch der Verschleiß der Schwelle beschleunigt wird. Außer diesen Beanspruchungen ist die Schwelle schließlich noch durch die Uebertragung der Druck- und Reibungswirkungen auf die Bettung, ferner das Unterstopfen und die Härte des Bettungsstoffes Zerstörungen ausgesetzt. Die Tallowwoodquerschwelle ist infolge ihrer im Vorhergehenden erörterten Eigenschaften imstande, diesen verschiedenartigen zerstörenden Einflüssen erfolgreich zu widerstehen, außerdem aber stellt sie sich insofern wirtschaftlich, weil wegen der hohen Festigkeit ein geringerer Schwellenquerschnitt als bei Verwendung einer Eichenquerschwelle ausreicht, zudem aber eine Imprägnierung sich erübrigt. Die Unterhaltungskosten für eine Oberbauanordnung unter Verwendung von Tallowwoodquerschwellen werden aber gegenüber jeder anderen Holzquerschwellenart außerordentlich gering, weil infolge der sehr großen Härte des Holzes die Schraubennägel fast unverrückbar festsitzen und die Abschleifung des Holzes an den beanspruchten Stellen – unter den Unterlagsplatten und auf der Unterkante – nur in sehr geringfügigem Maße auftritt. Um eine bestehende Oberbauanordnung zu verstärken, hat man eine gleichmäßigere Druckverteilung auf die Bettung und eine geringere Beanspruchung derselben durch Verlängerung der Schwellen und möglichst enge Schwellenlage zu erreichen gesucht. Dieses Ziel kann bei sehr stark befahrenen Gleisen unter Verwendung von Tallowwoodquerschwellen sehr leicht und billiger als bisher erreicht werden. Unter voller Ausnutzung der Festigkeitseigenschaften dieses Holzes wird ein niedrigerer Querschnitt nur erforderlich, der ohne weiteres eine sehr enge Schwellenteilung ohne Nachteile für ein gutes Unterstopfen zuläßt. Zudem aber kann die Schwellenbreite verringert werden, die eine weitere Näherlegung der Schwellen gestattet. Die vielfach gerühmte ruhige Fahrt auf einzelnen amerikanischen Eisenbahnen ist, abgesehen von der Ausrüstung der Wagen mit dreiachsigen Drehgestellen, auf die durch Verwendung schwacher Schwellen ermöglichte sehr enge Schwellenlage zurückzuführen. Schließlich ist bei Verwendung von Tallowwoodquerschwellen eine Verringerung der Auflagerfläche der Unterlagsplatten angängig, wodurch die Kosten des Kleineisenzeugs herabgemindert werden. Wenn auch eine Eisenbahnverwaltung bei der Auswahl der Holzarten für die Eisenbahnschwellen in erster Linie auf die einheimischen und die in den angrenzenden Ländern vorkommenden Waldhölzer angewiesen ist, so in Deutschland auf Kiefern-, Buchen- und Eichenholz, so wird doch die Verwendung von Tallowwoodquerschwellen an besonders der Zerstörung ausgesetzten Gleisstellen, wie z.B. am Stoß, in Krümmungen, auf Brücken und in Tunnelstrecken gegenüber den erstgenannten Querschwellen sich wirtschaftlicher erweisen. Es erscheint auch nicht ausgeschlossen, daß sich durch eine zweckmäßige Form der Verblattung oder Verdübelung von Tallowwood mit einheimischem Weichholz eine neue, besonders leistungsfähige Schwellenart herstellen läßt. Als ein bemerkenswertes Ergebnis über die Bewährung von Tallowwoodschwellen mag hier angeführt werden, daß auf der Dresdener Eisenbahn-Elbbrücke seit sechs Jahren liegende Tallowwoodlangschwellen sich infolge ihrer großen Härte sehr gut bewährt haben Die mit drei Schraubennägeln auf den Schwellen befestigten Hakenplatten haben sich trotz des besonders auf den Personengleisen starken Verkehrs – täglich 85 Züge in jeder Richtung – nicht in das Holz gedrückt. Die zur Befestigung der Hakenplatten verwendeten Schraubennägel sitzen außergewöhnlich fest, so daß gelegentlich kürzlich vorgenommener Unterhaltungsarbeiten beim Ausdrehen der Schrauben mehrere infolge des Festsitzens abbrachen. Für Tunnelstrecken besitzen wir in Schwellen aus australischem Hartholz wohl das widerstandsfähigste Material. Englische Bahnen haben daher insbesondere Schwellen aus Karri und Jarrah für Tunnelstrecken oder Untergrundbahnen mit Erfolg verwendet, in neuester Zeit z.B. bei der neuen Londoner Untergrundbahn, deren OberbauOberbau der Londoner Untergrundröhrenbahnen. „Org. f. Fortschr.“ 1907, Heft 1, S. 18. eine Menge interessanter Einzelheiten aufweist, so beispielsweise Mittelschwellen von 35,6 × 12,7 cm Querschnitt. Textabbildung Bd. 322, S. 213 Fig. 4.Tallowwood-Langschwellen auf der Dresdener Eisenbahn-Elbbrücke. Im Eisenbahnbrückenbau bringt die Verwendung von Tallowwood mancherlei Vorteile mit sich. Zunächst gestattet die Tallowwoodschwelle eine Verringerung der Bauhöhe wegen der geringeren erforderlichen Stärke, sei es, daß sie unmittelbar auf den Hauptträgern oder den Längsträgern aufgelagert ist, sei es, daß sie in dem durchgeführten Kiesbett liegt. Gilt es, bei einer mit Kastenträgern versehenen Brücke die Fahrbahn ohne erhebliche Kosten elastischer auszugestalten, so bietet die Einlegung von Tallowwoodlangschwellen hierfür ein gutes Mittel. In Fig. 4 ist die bereits erwähnte Langschwellenanordnung auf der Dresdener Eisenbahn-Elbbrücke dargestellt; in ähnlicher Weise lassen sich Kastenträgersysteme älterer Brücken, bei denen die Schienen bisher unmittelbar durch Querstücke auf den Kastenträgern befestigt waren und daher die Fahrbahn infolge der Stoßwirkungen ungünstig beeinflußt war, zweckmäßig umgestalten. Als weiterer Vorzug ist die hohe Haftfestigkeit der Tallowwoodschwellen zu nennen, welche ein Lockerwerden der Befestigungsmittel fast ausschließt, dem diese durch die Schwingungen des Oberbaues und der Fahrbahnglieder beim Hinüberrollen der Radlasten ganz besonders ausgesetzt sind. Es möge im übrigen hier darauf hingewiesen werden, daß im englischen Brückenbau die Langschwelle aus Holz als Unterstützung der Schienen fast ausschließlich verwendet wird und daß diese Anordnung auch bei dem Umbau oder der Verstärkung alter Eisenbahnbrücken beibehalten worden istWilliam Marriott, Consolidation et entretien des anciens ponts en fer, „Bulletin du congrès international des chemins de fer“ Vol. XX – No. 6 – Juni 1906.. Die große Feuersicherheit schließlich ist für die Betriebssicherheit insofern von hohem Wert, als namentlich bei weitgespannten Eisenbrücken, deren Verkehrslasten zur Verringerung der Baukosten durch die Querschwellen unmittelbar auf die Zwischenlängsträger übertragen werden, ein Brand der Querschwellen und ihre Zerstörung durch Feuer außerordentlich viel schwerer als bei Kiefern- oder Eichenquerschwellen eintreten kann. Die schwere Brennbarkeit im Verein mit der geringen Abschleifung lassen das Tallowwood besonders geeignet für Bohlenbeläge auf Brücken erscheinen. In der Tat sind bereits eine Anzahl von Brücken mit derartigem Belag an Stelle von Kiefern- oder Eichenholz versehen worden, z.B. die Straßeneisenbahn-Rheinbrücke bei Köln und ein Teil der Eisenbahn-Elbbrücke bei Wittenberge, ferner 34 Brücken der Linie Wahren–Schönefeld und verschiedene Brücken der Bahnhofsanlagen Leipzig–Plagwitz, Leipzig–Engelsdorf und Chemnitz; die bisher damit gemachten Erfahrungen sind durchaus günstig, insbesondere wurde Werfen oder Reißen der Bohlen nicht bemerkt. Aus Anlaß eines Brandes, der durch den Funkenwurf der Lokomotiven auf der Eisenbahnüberführung über den Humboldthafen in Berlin entstanden war und, abgesehen von der Beschädigung des Ueberbaues, auf etwa 1½ Stunden den ganzen Stadtbahnbetrieb lahmgelegt hatte, soll nunmehr diese Ueberführung völlig mit Tallowwoodbelag ausgerüstet werden. Die Erzielung der denkbar größten Betriebssicherheit weist im Eisenbahnwagenbau darauf hin, Hölzer von hoher Festigkeit und sehr geringer Entflammbarkeit anzuwenden. Die traurigen Erfahrungen, die man bei mehreren Brandkatastrophen im Eisenbahnbetriebe, insbesondere bei dem folgenschweren Unfall auf der Pariser Untergrundbahn gemacht hatte, waren der Anlaß, in eingehende Erwägungen über die Ausgestaltung der Personenwagen zu treten, um solchen Vorkommnissen in Zukunft vorzubeugen. Die daraufhin vielfach eingeführten Feuerlöschvorrichtungen in den Eisenbahnwagen bieten gewiß einen hohen Schutz, die höchste Sicherheit wird sich jedoch nur durch- Verwendung möglichst schwer entzündlicher Materialien für den Eisenbahnwagenbau erzielen lassen. Zu diesen kann sogen, feuersicher imprägniertes Holz nicht gerechnet werden, wie die Wagen der Pariser Untergrundbahn zeigten, die bald in Flammen standen; dagegen scheint eine Anzahl australischer Harthölzer dieser Bedingung zu entsprechen und es hat daher die neue Londoner Untergrundbahn für die Holzteile der Wagen ebenso wie für die Schwellen die obengenannten als unentflammbar geltenden Hölzer Karri und Jarrah verwendet. Wie die Schnittproben in Fig. 3b, 3c und 3d zeigen, ist Tallowwood diesen Hölzern bezüglich der Brennsicherheit noch überlegen. Es kann auch hier nur dem Wunsche Ausdruck gegeben werden, daß an geeigneter Stelle Versuche über die Festigkeit und die Brennsicherheit verschiedener Hölzer angestellt werden möchten, um auf Grund der Ergebnisse die zum Eisenbahnwagenbau nach allen Richtungen hin zweckentsprechendsten Hölzer zu bestimmen. Im Eisenbahnhochbau verdient Tallowwood den Vorzug vor anderen Hölzern, wenn es gilt, eine besondere Widerstandsfähigkeit des Holzes gegen Abschleifung bei starkem Personenverkehr oder gegen Feuersgefahr zu gewährleisten. Eine solche Eigenschaft des Holzes wird vornehmlich bei stark begangenen Fußböden und Treppenstufen zu verlangen sein. Von diesem Gesichtspunkte ausgehend hat man in neuerer Zeit mehrfach Tallowwood als Belag für Fußböden in Wartesälen und Treppen für Empfangsgebäude und Personentunnelaufgänge verwendet; von derartigen Ausführungen seien hier genannt sämtliche Treppenstufenbeläge und Podestfußböden für die fünf Hauptzugangstreppen nach den Bahnsteigen des Hamburger Zentralbahnhofs, ferner die Fußböden der Wartesäle in den Empfangsgebäuden Barmen–Rittershausen, Mühlheim–Broich und die der Bahnlinie Schönefeld Wahren, schließlich die Stufenbeläge für die Treppenaufgänge zu den Bahnsteigen einzelner Bahnhöfe der Berliner Stadtbahn. Es braucht nach Vorstehendem kaum besonders hervorgehoben zu werden, daß Tallowwood sich mehr als jede andere Holzart zum Fußbodenbelag stark benutzter Güterschuppen, Ueberladerampen, Umladehallen usw. eignet. Ein weiteres Verwendungsgebiet für das Tallowwood im Eisenbahnbau bietet die Pflasterung von Viehrampen. Infolge seines hohen Gehaltes an Gerbsäure und Chininsäure wird Tallowwoodpflaster nicht durch Auswurfstoffe, Urin und Fäkalien irgendwelcher Art angegriffen, ebenso nimmt es nicht wie Weichholzpflaster aus Fichte und Kiefer – welche ja infolge der Weichheit und Porosität sowie des andauernden Arbeitens (Zusammentrocknen und Aufquellen) ganz besonders dazu neigen – Krankheitsstoffe in sich auf. Während die Weichholzpflasterarten mit großen Fugen versehen werden müssen, wird Tallowwoodpflaster ohne Fuge verlegt, ein Eindringen der Feuchtigkeit in das Pflaster ist daher fast ausgeschlossen. Ein solches Pflaster ist wegen der fast ebenen Fläche sehr leicht zu reinigen, trotzdem haftet ihm keine zu Unfällen Anlaß gebende Glätte an. Daß die Unterhaltungskosten für eine Pflasterung aus Tallowwood sich äußerst gering wegen der kaum meßbaren Abnutzung stellen, ist kaum noch besonders zu erwähnen und durch mehrfache jahrelange Erfahrungen schon praktisch erwiesen. Der Querschnitt einer Tallowwoodpflasterung für Viehrampen ist in Fig. 5 dargestellt und bedarf höchstens der Erläuterung, daß unter Feinschicht eine Schicht bestehend aus einer Mischung von 1 Teil Zement und 3 Teilen feinem Sand zu verstehen ist. Textabbildung Bd. 322, S. 214 Fig. 5.Pflasterung für Viehrampen. B Beton; F Feinschicht; H Tallowwoodpflaster; eng ohne Fugen verlegt. (Schluß folgt.)