Titel: | Aërogengas. |
Autor: | Friedrich Meyenberg |
Fundstelle: | Band 322, Jahrgang 1907, S. 225 |
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Aërogengas.
Von Dipl.-Ing. Friedrich Meyenberg,
Braunschweig.
(Fortsetzung von S. 212 d. Bd.)
Aërogengas.
Ueber die hygienischen Eigenschaften des Aërogengases kann man sich leicht durch
folgende Rechnung klar werden: Hat das Benzin die oben angenommene Zusammensetzung,
so gilt für die Verbrennung von 1 cbm Benzindampf die folgende Gleichung:
\underbrace{0,333\,C_5\cdot H_{12}+0,667\,C_6\,H_{14}}_{\mbox{I cbm Benzindampf}+}+\underbrace{\frac{0,333\cdot 8+0,667\cdot
9,5}{0,2133}\,\mbox{Luft}}_{42\mbox{ cbm Luft}}=
\underbrace{(0,333\cdot 5+0,667\cdot 6)\cdot CO_2}_{5,567\mbox{ cbm }CO_2+}+\underbrace{(0,33\cdot 6+0,667\cdot 7)\,H_2O}_{6,667\mbox{
cbm }H_2O+}+\underbrace{0,7867\,\left(\frac{0,333\cdot 8+0,667\cdot 9,5}{0,2133}\right)\,N}_{33\mbox{ cbm }N}
Sind in dem Aërogengas 250 g Benzin für 1 cbm Luft enthalten und beträgt wie oben das
Gewicht von 1 l Benzindampf 3,65 g, so kommen \frac{250}{3,65}=\sim\,68,7 l Benzindampf auf 1 cbm Luft
in dem Gase selbst. Multiplizieren wir mit diesem Werte die obige Gleichung, so
erhält diese die Form:
(0,0687 + 1,0) cbm Aërogengas + 0,0687 . 42–1 cbm Luft
= 0,0687 (5,567 cbm CO2 + 0,667 cbm H2O + 33 cbm N)
1,0687 cbm Aërogengas + ∾ 1,9 cbm Luft =
0,382 cbm CO2 + 0,457 H2O + 2,26 cbm N
1,0 cbm Aërogengas + ∾ 1,8 cbm Luft =
0,360 cbm CO2 + 0,43 cbm H2O + 2,12 cbm N,
d.h. also, es entstehen bei Verbrennung von 1 cbm Aërogengas
rund 360 l CO2, 430 l H2O und 2,12 cbm N, insgesamt 2,91 cbm Verbrennungsprodukte.
Beträgt ferner der obere Heizwert des verbrauchten Benzins 12000 WE für 1 kg, so ist
derjenige des Aërogengases: 0,250 . 12000 = 3000 WE für 1 cbm. Aus diesen Zahlen
läßt sich auf die Art und Weise schließen, wie die Benutzung des Aërogengases auf
die Gesundheit der Verbraucher einwirkt, da die ersteren ein Maß für die
Verschlechterung, die letzte ein solches für die Erwärmung der Luft des betr.
Wohnraumes bieten. Am besten wird man sich hierüber natürlich einen Begriff durch
den Vergleich mit anderen Beleuchtungsmitteln bilden können, deren Einwirkung auf
den Menschen aus der Erfahrung bekannt ist. Und ein solcher ist durch die Spalten 10
bis 13 der Tab. 2 S. 226 ermöglicht.
Diese habe ich in der Hauptsache mit Hilfe zweier Veröffentlichungen
zusammengestellt, wie das die Angaben unter der Rubrik „Bemerkungen“ im
einzelnen kennzeichnen, und außerdem eine Reihe von Werten nach anderen Quellen
zugefügt, um ein möglichst vollständiges Bild zu geben. Bei dem Artikel im
„Journal für Gasbeleuchtung und Wasserversorgung“ handelt es sich um eine
sehr eingehende Arbeit von Professor Wedding; die dort
gegebenen Zahlen beruhen sämtlich auf genauen Versuchen. Woher die einzelnen Angaben
der Veröffentlichung in der „Zeitschrift des bayrischen Revisionsvereins“
stammen, ist nicht immer genau angegeben. Was zunächst Spalte 3 „Leuchtkraft der
Flamme in Hefnerkerzen“ betrifft, so ist hervorzuheben, daß Wedding nachweist, wie es für einen Vergleich der
einzelnen Lichtquellen im allgemeinen richtiger ist, die sphärische Lichtstärke und
nicht die wagerechte heranzuziehen. Da aber bei den anderen Quellen, die benutzt
sind, hierüber keinerlei Angaben gemacht sind und da in der Praxis sonst meist die
wagerechte, bequemer festzustellende Lichtstärke Verwendung findet, so wurde
angenommen, daß auch diese, in den anderen Quellen gegebenen Zahlen sich auf die
wagerechte Lichtstärke beziehen, und die Angaben von Wedding entsprechend umgerechnet. Beim Petroleum ist der untere Heizwert
auf Grund der Angabe des oberen in einer Höhe eingesetzt, wie er bei einer mittleren
Beschaffenheit dieses Brennstoffes eintritt. Die Verschiedenheit der Preise für
Spiritus, 30 und 35 Pf. für 1 kg, ist auf die Verschiedenartigkeit der Quellen
zurückzuführen; (das gilt auch für die anderen Beleuchtungsmittel: Steinkohlengas
0,124 und 0,16 M. für 1 cbm; Elektrizität 0,40 und 0,60 M. für 1 Kw.). Doch ist es
wahrscheinlich, daß hier in der Arbeit von Wedding ein
Versehen vorgekommen ist. Denn es ist in der Erklärung der Tabelle gesagt, daß es
sich um 95 v. H. Spiritus gehandelt habe, dessen Preis 30 Pf. für 1 l sei. Das würde
also etwa 35 Pf. für 1 kg entsprechen, und darum sind in der Zeile d auch die Angaben dieser Quellen auf diesen höheren
Preis umgerechnet. Für das benutzte Steinkohlengas gibt Wedding den Heizwert (und es kann dabei der Natur der Sache nach nur der
obere gemeint sein) zu 5100 WE an. Danach ist der untere zu rund 4600 WE eingesetzt,
da dieser erfahrungsgemäß bei normalen Verhältnissen rund 10 v. H. unter jenem
liegt. Für das in der „Zeitschrift des bayr. Revisionsvereins“ angeführte
Beispiel habe ich aber bei dem dort angegebenen normalen Gaspreise von 0,16 M. für 1
cbm auch die im Mittel für Leuchtgas in Frage kommende Zahl von 5600 bezw. 5000 WE
eingesetzt, (Angaben über Heizwerte fehlen in dieser Quelle) und dann auch die von
diesem „Normalgas“ hervorgebrachte Kohlensäuremenge gewählt. Die Zahl von
0,12 M. für
Tabelle 2.
Textabbildung Bd. 322, S. 226
Zeilenbezeichnung; Art des
Beleuchtungsmittels; Preis; Leuchtkraft der Flamme; Brennstoffverbrauch i. d.
Stunde; Brennstoffkosten für eine Stunde eine Hefnerkerze; Oberer Heizwert;
Unterer Heizwert; Insgesamt i. d. Stunde entwickelte Wärmemenge; Wärmemenge für
eine Stunde und 1 HK; Insgesamt i. d. Stunde entwickelte Kohlensäure;
Entwickelte Kohlensäure für eine Stunde u. 1 HK; Kosten von 1000 WE bezogen auf
den unteren Heizwert; Bemerkungen; Petroleum; Journal f. Gasbel. u. Wasservers.;
Zeitschr. d. bayrischen Rev.-Vereins 1905; Spiritusglühlicht;
Steinkohlengasglühlicht; -Liliputbrenner; Elektr. Licht: Kohlenfadenlampe;
Osmiumlampe; Acetylen: offener Brenner; Glühlicht; NB. Die gesamten Rechnungen
sind mit dem Rechenschieber ausgeführt machen also keinen Anspruch auf große
Genauigkeit. Diese erscheint um so weniger erforderlich als die grundlegenden
Zahlen zum Teil auf Annahmen beruhen und daher gewisse Schwankungen zulassen;
Aërogengas
1 cbm, Zeile i, entspricht
dem in vielen Städten üblichen Preise für Koch- und Heizgas. Der Preis eines
Kubikmeters Acetylen, Zeile q, r, s, t ist auf Grund
der Abrechnung der Zentrale Wertingen eingesetzt, wo 1903 1 cbm 1,09 M., 1904 0,822
M. kostete; unsere Quelle bemerkt dazu, daß bei dem üblichen Verkaufspreise von 2 M.
für 1 cbm sich natürlich alle Zahlen entsprechend verdoppeln würden. Da nur dann
diese mit denjenigen für Leuchtgas verglichen werden können, habe ich jedesmal die
doppelten Zahlen in den Zeilen q1, r1, s1, t1 ebenfalls aufgeführt. Die Heizwertgrößen sind nach
den Angaben der „Hütte“ eingesetzt. Für Acetylenglühlicht ist zunächst in
Zeile s und s1 ein Verbrauch von 10 l für eine Flamme von 40 H.
K. angegeben. Unsere Quelle bezweifelt diese Zahl aber selbst, die gegenüber dem
offenen Brenner eine Ersparnis von 60 v. H. ergeben würde. Es hat hierüber in der
„Zeitschrift des bayrischen Revisionsvereins, Jahrgang 1904“ eine längere
Erörterung stattgefunden, als deren Ergebnis etwa folgendes zu bezeichnen ist: jener
Wert von 10 l für eine Flamme von 40 H. K. ist richtig für die soeben neu
installierte Flamme, bei der der Glühstrumpf noch vollkommen unbeschädigt ist und
alle beeinflussenden Umstände aufs peinlichste berücksichtigt sind. Es muß aber die
Ersparnis für den Verbraucher wirtschaftlich und im Durchschnitt mit nicht mehr als
30 v. H. in Anschlag gebracht werden, da erfahrungsgemäß aus verschiedenen Gründen
jener ideale anfängliche Zustand nur kurze Zeit bestehen bleibt. Danach würde der
Verbrauch einer Flamme von 40 H. K. mit 17,5 l einzusetzen sein. Nun ist aber bei
diesen Erörterungen niemals klar gesagt worden, ob bei der Angabe der Ersparnis auch
die Ausgaben für die Glühstrümpfe berücksichtigt sind. Vorsichtshalber habe ich
angenommen, daß das der Fall ist. Dann muß aber in die Tabelle, in der es sich ja
auch bei den anderen Beleuchtungsmitteln nur um den reinen Brennstoffverbrauch
handelt, eine andere niedrigere Zahl eingesetzt werden, wenn nicht beim Vergleich
das Acetylen zu ungünstig behandelt werden soll. Ich glaubte unter diesen Umständen
annähernd richtig mit einer Ersparnis von 40 v. H., also einem Verbrauch von 15 l
für 40 H. K. zu rechnen (Zeile t und t1).
Für Aërogengas findet sich in der „Zeitschrift des bayrischen
Revisionsvereins“ die Angabe eines Gasverbrauchs von 100 l für 40 H. K. Es
ist das jedoch eine Zahl, welche ich wohl mit Recht nicht in meine Tabelle
aufgenommen habe. Sie stammt nämlich aus dem seinerzeit mit der Gemeinde Kehlheim i.
Bayern seitens der Aërogengas-Gesellschaft
abgeschlossenen Vertrage und ist in keiner Weise durch Versuche nachgeprüft.
Naturgemäß enthält aber eine solche Zahl eine reichliche Sicherheit, da es bei den
scharfen sonstigen Bedingungen, unter denen meist der Bau solcher Anlagen vergeben
wird, einem verständigen Fabrikanten nicht einfallen wird, in derartigen Garantien
bis an die Grenze seiner Leistungsfähigkeit zu gehen. Nun hat sich jedoch gerade
über diese Anlage Kehlheim ein scharfer Streit zwischen Acetylenfachleuten und der
Aërogengasgesellschaft entsponnen, bei dem, wie sich schließlich herausgestellt hat,
die letztere durchaus zu Unrecht angegriffen ist und einen vollen Sieg erzielt hat.
Anders vermag ich wenigstens das schon erwähnte, mir vorliegende Gutachten von dem
bekannten Münchener Zivilingenieur Dr. E. Schilling
nicht aufzufassen.
Aus ihm geht meines Erachtens unzweideutig hervor, daß die Anlage in Kehlheim in
jeder Beziehung ihre Schuldigkeit tut und daß sie in mancher Hinsicht erheblich mehr
leistet als vertraglich zugesichert. Als Ergebnis seiner sehr eingehenden Messungen
aber führt Schilling die folgende Tabelle auf:
Lichtstärke und spezifischer Gasverbrauch der
Aërogengasbrenner in Kehlheim.
BrennerNo.
NormalerGasverbr.in l
Lichtstärke in H. K.
Spez. Gasverbrauch
Lochzylind.
glatterZylinder
Loch-zylinder
glatterZylinder
0
100
50
58
2,0
1,7
1
200
100
118
2,0
1,7
Diese Zahlen glaubte ich um so mehr in meine Tabelle 2 direkt einsetzen zu können,
als es sich in denn Gutachten von Schilling keineswegs
um sogenannte Paradeversuche handelte, sondern wie ausdrücklich von diesem betont
wird, um Feststellung der tatsächlich in Kehlheim bestehenden Verhältnisse. Aus
diesem Grunde sind die Versuche auch nicht nur mit ganz neuen Glühstrümpfen
angestellt, sondern auch mit solchen, welche bereits wochenlang im Betriebe waren.
Eine durchgängige wesentliche Erhöhung des Gasverbrauchs bezw. Verminderung der
Lichtstärke hat sich bei diesen nicht ergeben, während er bei Acetylenglühlicht, wie
bereits erwähnt, unvermeidlich ist. Es dürfte das damit zusammenhängen, daß bei
letzterem das Anzünden stets mit einem explosionsartigen Knall verbunden ist, durch
den der Strumpf gefährdet und rascher zerstört wird als bei Aërogengas. Der
Strumpfverbrauch ist daher auch bei diesem ganz erheblich geringer. Uebrigens sind
jene oben gegebenen Zahlen denjenigen ziemlich gleich, die bei Abnahme der Anlage
für die Pflegeanstalt Herrnsprotsch bei Breslau schon vor Jahren gefunden wurden.
Sie lauten:
BrennerNo.
Gesamtgasverbrauchin l
Lichtstärkein H. K.
Spez. Gasverbrauchin l
0
86
47,6
1,81
1
152
76,5
1,99
Es dürfte somit jeder Zweifel an der Richtigkeit dieser Zahlen ausgeschlossen sein.
Bemerken will ich noch zu der von Schilling gegebenen
Tabelle, daß man nach diesen Ergebnissen wohl in Zukunft von der Benutzung der
Lochzylinder Abstand nehmen wird. Der obere Heizwert des Gases ist wieder unter der
Annahme berechnet, daß derjenige des benutzten Benzins 12000 WE für 1 kg beträgt,
der untere ist dann in entsprechender Höhe eingesetzt. Der Preis von 0,10 M. für 1
cbm ergibt sich bei einem solchen von 0,40 M. für 1 kg Benzin. Er entspricht
annähernd auch den unten in den Abrechnungen der Zentrale Telgte aufgeführten
Zahlen. Als Verkaufspreis ist 0,20 M. für 1 cbm Gas angenommen, welcher Wert den in
vielen Fällen in der Praxis gewählten darstellt. Entsprechend dem Vorgehen beim
Acetylen hat dieser Verkaufswert in den Zeilen u1 und v1 der Tabelle ebenfalls Platz gefunden. In der
Spalte: „Insgesamt in der Stunde entwickelte Kohlensäure“ ist die unserer
obigen Rechnung entsprechende Zahl aufgeführt, die natürlich je nach der Art des
verwandten Benzins sich in gewissen Grenzen ändern kann. Wie aus diesen Ausführungen
ersichtlich, ist beim Vergleich der in der Tabelle 2 enthaltenen Zahlen eine ganze
Reihe von Umständen zu berücksichtigen; vor allem aber ist auch zu beachten, daß es
für den Konsumenten in vielen Fällen gar nicht so sehr auf die tatsächliche
Helligkeit der benutzten Flamme ankommt. Häufig wird die Ersetzung einer
Petroleumflamme von 15 H. K. nur durch eine solche irgend eines anderen
Beleuchtungsmittels von 40 H. K. erfolgen müssen, da sich mit diesem eine kleinere
Flamme gar nicht erzeugen läßt. Ist nun für den Verbraucher diese
Helligkeitsvergrößerung nicht aus besonderen Gründen in dem gerade vorliegenden
Falle erforderlich, so wird er sich auch nicht für die Ersparnis und sonstigen
Vorteile bezogen auf 1 H. K. interessieren, sondern nur die absoluten Kosten und
sonstigen Verhältnisse beider Flammen miteinander vergleichen. Aus diesem
Grunde sind die betr. Spalten 5, 10 und 12 mit in Tab. 2 aufgenommen. Ferner ist zu
bedenken, daß nur die Kosten des Beleuchtungsmittels allein aufgeführt sind, die ja
auch mit den entsprechenden Verkaufspreisen berechnet
für den Konsumenten allein Wert haben, daß aber alle
Ausgaben für die Verzinsung und Abschreibung der Beleuchtungsanlagen, ihre
Bedienung usw. nicht berücksichtigt sind, also für Produzenten ein unmittelbares Urteil auf Grund der Tab. 2 selbst bei
Zugrundelegung der betr. Selbstkostenpreise des Beleuchtungsmittels unmöglich ist.
Ich komme darauf noch weiter unten zurück.
(Fortsetzung folgt.)