Titel: | Aërogengas. |
Autor: | Friedrich Meyenberg |
Fundstelle: | Band 322, Jahrgang 1907, S. 245 |
Download: | XML |
Aërogengas.
Von Dipl.-Ing. Friedrich Meyenberg,
Braunschweig.
(Fortsetzung von S. 228 d. Bd.)
Aërogengas.
Textabbildung Bd. 322, S. 245
Schnitt durch den Gasapparatenraum; Schnitt durch den Wärter- und
Grasmotorenraum; A. Wärterraum; 1 Schrank für Werkzeuge und Materialien; 2
Wascheinrichtung; 3 Tisch und Regal; 4 Stuhl; 5 Kohlenkasten; 6 Kontrollgasuhr;
7 Ofen für die Zentralheizung; B. Gasmotorenraum; 8–9 Aërogengasmotor; 10–11
Auspufftopf; 12 Druckregler; C. Gasapparateraum; 13–16 Gaserzeuger; 17
Stationsgasmesser; 17a Benzinbehälter; 17b Benzinverteiler; 17c
Verteilungsapparat; 18 Umschaltvorrichtung; 19 Hauptdruckregler; 20–22
Heizkörper; 23 Wellenleitung; D. Gasbehälterraum; 24 Gasbehälter; 25–26
Wassertöpfe; 27 Umgangsleitung; 28–29 Gastrockner; 30–31 Ventile; 32 Abort; 33
Geräteraum; E. Unterirdisches Benzinlager.
In Fig.
3–6 ist nun ein Bild einer derartigen Aërogengasanstalt gegeben, wie sie
etwa in einer Ortschaft der anfangs gekennzeichneten Größe zur Aufstellung kommen
würde. Sie besteht aus einem massiven Gebäude mit vier voneinander getrennten
Räumen, von denen drei nur von außen durch nach außen schlagende Türen zugänglich
sind, der Wärterraum A, der Gasapparateraum C und der Gasbehälterraum D, während der vierte der Motorenraum B mit
A durch eine Tür verbunden ist. Der Wärterraum A enthält, abgesehen von dem für den Wärter
erforderlichen Mobiliar eine Kontrollgasuhr 6 zum
Prüfen von Brennern und einen Füllofen 7, welcher eine
für sechs Stunden strenger Kälte ausreichende Menge Brennmaterial aufzunehmen
vermag. In seinem Feuerungsraume liegt eine Heizschlange, die an eine die sämtlichen
Räume durchziehende Zirkulationswasserleitung angeschlossen ist. Durch diese
Einrichtung wird überall eine derartige Erwärmung herbeigeführt, daß das in den
Apparaten befindliche Wasser vor dem Einfrieren geschützt wird. Im Gasmotorenraum
B stehen zwei kleine Motoren 8 u. 9 normaler
Durchbildung, mit Ventilsteuerung und Glührohrzündung, welche unter
Zwischenschaltung eines Druckreglers an die Gasleitung angeschlossen sind. Ihr
Kühlwasser wird dem Gasbehälterbassin entnommen. Jeder von den Motoren arbeitet
mittels fester und loser Riemenscheibe auf die durch die Wand hindurch in den
Gasapparateraum tretende Transmission und ist stark genug, um den ganzen Betrieb
allein übernehmen zu können. Vorschrift ist, daß sich beide Motoren einen um den
anderen Tag in der Arbeit abwechseln, damit so der in Reserve stehende Motor stets
überwacht wird und Betriebsstörungen ausgeschlossen sind.
Textabbildung Bd. 322, S. 245
Fig. 7.
Im Gasapparateraum C sehen wir zunächst die in ihrer
Wirkungsweise bereits eingehend geschilderten Gaserzeuger 13–16 in Verbindung mit dem Hauptgasmesser 17, dem Benzinbehälter 17a, Schöpfwerk und
Verteilungsapparat 17b u. c.
Fig. 7 gibt ein Bild dieser Apparate für eine
Anlage, bei der drei Gaserzeuger Aufstellung gefunden haben, Rechts ist über dem
Hauptgasmesser das von dessen Achse durch Kette angetriebene Schöpfwerk mit dem
Verteilungsapparat sichtbar. Auf Fig. 4 sind vier
Gaserzeuger angedeutet. Ihre Zahl richtet sich selbstverständlich ganz nach der
Größe der Anlage. Jeder einzelne kann durch Umlegen des Riemens auf die lose Scheibe
und Schließen des entsprechenden Ventils am Verteilungsapparat abgestellt werden.
Durch eine aus
drei Hähnen bestehende Umschaltvorrichtung 18 wird das
Gas von den Erzeugern aus beliebig erst in den Gasbehälter und von dort zum
Hauptdruckregler 19 oder direkt zu letzterem geleitet.
Durch diesen soll ein gleichmäßiger Druck an den Verbrauchsstellen auch bei stark
wechselndem Betriebe erzielt werden. Der Gasapparateraum C erhält drei Fenster aus eingemauertem Siemens-Drahtglas und eine nach außen aufschlagende, nur von innen ohne
Schlüssel zu öffnende Tür. Vor einem der Fenster wird außen eine Reflektorlaterne
angebracht, die den Raum abends während des Betriebes erleuchtet, so daß dessen
Betreten mit Licht unnötig gemacht wird. Der Gasbehälterraum D wird zum größten Teil durch eine Gasglocke 24 bekannter Konstruktion eingenommen; nur zwei Ecken sind zur
Unterbringung der Abortanlage 32 und des Geräteraumes
33 benutzt.
Textabbildung Bd. 322, S. 246
Fig. 8.
Beide sind nur von außen, nicht vom Gasbehälterraum aus
zugänglich. Bei E ist schließlich das unterirdische
Benzinlager angedeutet, dessen Einrichtung aus Fig.
8 genauer zu erkennen ist, Von dem in die Erde gegrabenen Fasse aus gehen
drei Rohrleitungen nach dem Gasapparateraum; die erste (links) dient zum Ein- und
Ausfüllen des Benzins, die zweite zum Luftausgleich und die dritte zum Anzeigen des
Faßinhaltes; diese letzte mündet nämlich in ein Manometer, das durch den Luftdruck
die Größe des Flüssigkeitsvorrats kennzeichnet. Die zweite Leitung führt in etwa 3 m
Höhe ins Freie; in die erste ist eine kleine Flügelpumpe sowie ein Absperrhahn
eingebaut, der mit einem zweiten Absperrhahn in der Luftleitung durch ein
Hebelsystem verbunden ist (in der Zeichnung der Deutlichkeit halber fortgelassen).
Ein Gewicht sorgt dafür, daß beide Hähne im allgemeinen geschlossen sind. Sodann hat
die Benzinleitung noch eine Abzweigung, die unmittelbar unter der Erdoberfläche in
einem durch Deckel, Sieb sowie Verschraubung abgeschlossenen Trichter endigt.
Luftleitung und Benzinleitung haben endlich noch Abzweigungen, die an der Außenwand
des Gebäudes Anschlußstutzen besitzen. Die Abfüllung eines Fasses Benzin ist mit
Hilfe dieser Einrichtung sehr einfach. Der Transport geschieht zweckmäßig in
eisernen, geschweißten Gefäßen von etwa 300 l Inhalt, die eine eiserne
Spundverschraubung erhalten. Ein solches ist auf Fig.
8 außerhalb des Gebäudes wiedergegeben. Es wird bis an dessen Wand
herangerollt und in die Spundverschraubung, die nach oben steht, das in Fig. 9 angedeutete Standrohr mit Luftventil
eingesetzt, das wie gezeichnet, mit Luft- und Benzinleitung verbunden wird. Leitet
man nun durch einige Bewegungen der Pumpe ein Ueberfließen des Benzins aus dem
Transportfasse in das Lagerfaß ein, so entleert sich jenes durch die
Heberwirkung von selbst, während die mit Benzindämpfen geschwängerte Luft gefahrlos
aus dem Lagerfasse in das Transportfaß übertritt. Etwa in dem letzteren verbleibende
Reste entfernt man nach Abschrauben des Standrohres dadurch, daß man das
Transportfaß über den Trichter rollt. Soll nun der Benzinbehälter im
Gaserzeugungsraume aufgefüllt werden, so werden mittels des Gewichtshebelsystems die
beiden Hähne in der Benzin- und Luftleitung geöffnet und mit der Pumpe das Benzin
aus dem Lagerfasse gehoben, wobei die mit Benzindämpfen vermischte Luft wieder
gefahrlos in das Lagerfaß treten kann. Es ist behauptet worden, daß diese eben
geschilderte Einrichtung nicht alle Möglichkeiten einer Explosion oder eines Brandes
beseitige; ein großer Streit hat sich hierüber entsponnen, der zu längeren
Auseinandersetzungen und Versuchen auf beiden Seiten geführt hat. Dem sei nun, wie
ihm wolle: soviel steht wohl durch die Erfahrung fest, daß die vorgeschlagene
Anordnung bei sorgsamer und sachgemäßer Behandlung allen Ansprüchen, die man
billigerweise in bezug auf Gefahrlosigkeit stellen kann, genügt.
Textabbildung Bd. 322, S. 246
Fig. 9.
Textabbildung Bd. 322, S. 246
Fig. 10.
Die Ausbildung aller sonstigen Teile, das Straßenrohrnetz, die Straßenbeleuchtung
selbst, die Hausanschlüsse und Rohrleitungen in den Gebäuden, die Gasmesser,
Brenner, Koch- und Heizapparate bieten gegenüber den Ausführungen, wie sie für
Steinkohlengas üblich sind, nichts grundsätzlich Neues. Ja, die Uebereinstimmung ist
so groß, daß alle diese Teile ohne weiteres für den Betrieb mit Steinkohlengas
brauchbar sind, eine sehr schätzenswerte Eigenschaft der Aërogengasbeleuchtung. Denn
angenommen, daß eine Ortschaft heute noch nicht die Größe und Bedeutung hat, daß
sich der Bau einer Steinkohlengasanstalt lohnt, so ist es doch möglich, daß sich das
im Laufe der Jahre geändert hat, wenn die Bevölkerung entsprechend gewachsen ist.
Ist dann diese Gemeinde im Besitze einer Aërogengasanstalt, so können sämtliche
Teile der ganzen Einrichtung mit Ausnahme der Anstalt selbst ohne weiteres für die
jetzt wirtschaftlicher gewordene und daher seitens der Gemeinde erbaute
Steinkohlengasanlage im Betriebe bleiben, d.h. ein erheblicher Teil des ursprünglichen
Anlagekapitals ist selbst in diesem Falle nicht umsonst ausgegeben oder jener
spätere Uebergang zu der jetzt wirtschaftlicheren Beleuchtungsart ist ganz
wesentlich erleichtert.
Wie eingangs bereits erwähnt, beschränkt sich aber die Anwendbarkeit der
Aërogengasbeleuchtung nicht auf ganze Ortschaften, sie paßt sich auch sehr gut den
Forderungen an, die bei Beleuchtung eines einzelnen Gehöftes, Landhauses usw.
auftreten. Eine solche sogenannte Hausgasanlage finden wir auf Fig. 10 dargestellt. Alle geschilderten Teile kehren
hier in entsprechender Ausführung wieder, der Gaserzeuger, der Benzinbehälter mit
Schöpfwerk, der Gasmesser, Gasbehälter und der Motor. Letzterer ist hier mit
Rücksicht auf die nur sehr kleine erforderliche Betriebskraft als Heißluftmotor
ausgebildet, der durch das selbst erzeugte Aërogengas betrieben wird. Vorn am
Gasbehälter sehen wir noch eine Vorrichtung zur selbsttätigen Abstellung der
Gaserzeugung. Sie besteht aus einem in das Verbindungsrohr zwischen Gasmesser und
-behälter eingeschalteten Hahn, der durch Gewichtshebel und Lenker bedient wird, und
von dem auch das Gasrohr zur Motorflamme abzweigt. Ist der Hahn offen, so kann die
Motorflamme entzündet und dadurch die Anstalt in Betrieb gesetzt werden. Die
Behälterglocke steigt nun, nimmt den Gewichtshebel mit und stellt sich selbst und
den Hahn entsprechend dem grade vorhandenen Verbrauch ein. Steigt dieser, so sinkt
die Glocke, wird dagegen weniger Gas gebraucht, so geht sie nach oben, und hört
schließlich der Verbrauch ganz auf, so gibt in der höchsten zulässigen Stellung der
Glocke der Lenker den Gewichtshebel frei, er fällt und sperrt den Hahn ab. Dadurch
erlischt aber auch die Motorflamme und der Betrieb der Anlage ist überhaupt zu
Ende. Man setzt also diese still, indem man abends in irgend einem beliebigen von
ihr fern gelegenen Orte die letzte Flamme löscht.
Textabbildung Bd. 322, S. 247
Fig. 11.
Schließlich sei noch auf den „Gewichtsapparat“ für ganz kleine Anlagen mit
sehr wechselndem Bedarf, wie Restaurants und dgl., hingewiesen, bei dem jeder
motorische Antrieb vermieden ist. Fig. 11, die wohl
ohne weiteres verständlich ist, gibt ihn wieder. Bemerkt sei nur, daß auch hier
durch eine besondere Einrichtung die Erzeugung des Gases nach dem Verbrauche
geregelt wird. Bei dem Druckregler, einem kleinen Gasbehälter, der hinter dem
Schöpfwerk usw. oben auf dem Tische steht, wird nämlich die Glocke auf einem
Mittelrohre geführt, welches zugleich als Luftzuführungsrohr des Gebläses dient. Ist
nun die Glocke gefüllt und wird kein Gas gebraucht, so schließt sie das Rohr ab und
bremst damit das Gebläse und so auch das Gewicht. Die Leistungsfähigkeit dieses
Apparates hängt natürlich sehr von der Fallhöhe ab, die man dem Gewichte geben kann.
Beträgt diese z.B. 12 bis 14 m, so können mit dem größten Modell 4 Stunden hindurch
je 12 cbm entsprechend etwa 120 Flammen zu 45 H. K. erzeugt werden, ehe ein
Wiederaufziehen des Gewichtes erforderlich ist. Dieses letztere kann übrigens auch
während des Betriebes vorgenommen werden.
(Schluß folgt.)