Titel: Das Bohren und Nieten von Eisenkonstruktionen mit elektrischen Pendelbohrmaschinen und elektrischen Nietmaschinen.
Autor: W. Schrader
Fundstelle: Band 322, Jahrgang 1907, S. 513
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Das Bohren und Nieten von Eisenkonstruktionen mit elektrischen Pendelbohrmaschinen und elektrischen Nietmaschinen. Von W. Schrader, Oberingenieur. Das Bohren und Nieten von Eisenkonstruktionen mit elektrischen Pendelbohrmaschinen usw. Trotz des großen Umfanges, den die Arbeiten an Eisenkonstruktionen in Maschinenfabriken und in Eisenkonstruktionswerkstätten heutzutage angenommen haben, vermißt man allgemein auf diesem Gebiete Arbeitsverfahren, die ganz der Eigenart der in Frage kommenden Gegenstände angepaßt sind und somit neben sachgemäßer und billiger Herstellung erstklassige Arbeit liefern. Textabbildung Bd. 322, S. 513 Fig. 1. Bei den meist vorkommenden Konstruktionen, Trägern für Brücken und Krane, Gerüsten aller Art, Dachbindern und dergl. mehr, besteht die auszuführende Arbeit darin, verschiedenartige Walzeisen mit Blechlaschen durch Nieten und Schrauben zu einer vollständigen Eisenkonstruktion zu vereinigen. Ein sehr wichtiger Teil der hierzu erforderlichen Bearbeitung besteht darin, die für die Verbindung der einzelnen Eisen erforderlichen Löcher zu bohren und darauf die Verbindung selbst in den meisten Fällen durch Nietung herzustellen. Wählen wir als Beispiel für unsere Betrachtung einen als Gitterträger ausgebildeten Kranträger, wie er auf Fig. 1 sichtbar ist so besteht die Bohr- und Nietarbeit darin, die Winkeleisen der Untergurtung und der Obergurtung so zu bohren, daß sie miteinander und mit den senkrechten und diagonalen Stäben, mit den Ecklaschen und mit dem oberen und unteren Gurtungsflacheisen vernietet werden können. Bisher ist diese Arbeit meist so ausgeführt worden, daß die eine Lage der Winkel nach der Zeichnung angerissen und dann auf einer Bohrmaschine gebohrt oder auf einer Stanze gelocht wurde; darauf wurde diese Lage Winkel mit den darunter liegenden Winkeln, Laschen usw. zusammengelegt, die Löcher wurden nach den oberen Winkeln wieder angerissen, die Konstruktion wurde wieder auseinandergenommen und die zweite Lage der Winkel und Laschen wurde jetzt gebohrt oder gelocht. Dieses Verfahren mußte so oft wiederholt werden, als an den einzelnen Verbindungsstellen Eisen übereinander lagen. Es ist ohne weiteres ersichtlich, daß dieses Verfahren ein sehr umständliches und zeitraubendes ist, und daß es vor allen Dingen außerordentliche Transportkosten für die meist sehr sperrigen und langen Eisen verursacht. Außerdem hat es noch den großen Nachteil, daß die Arbeit, welche auf diese teuere und zeitraubende Weise geleistet wird, keinesfalls erstklassig ist. Im Gegenteil, in der Mehrzahl der Fälle zeitigt es ziemlich schlechte Ergebnisse insofern, als die Löcher niemals genau übereinander liegen, sondern stets durch die beim Anreißen gemachten Fehler sowie durch das unvermeidliche Verlaufen der Bohrer mehr oder weniger gegeneinander versetzt sind. Außerdem erfordert diese Arbeit seitens der Arbeiter eine große Peinlichkeit und Sorgfalt, damit man nur ein einigermaßen brauchbares Ergebnis erhält, das durch nicht allzu große Nacharbeit verwendungsfähig gemacht werden kann. Man muß daher zur Herstellung solcher Eisenkonstruktionen nach dem oben geschilderten Verfahren geübte und erfahrene Arbeitskräfte haben, die naturgemäß teuer sind. Um die schlecht passenden Löcher einigermaßen übereinander zu bringen, hat man dann zum Aufdornen und zum Aufreiben der Löcher seine Zuflucht nehmen müssen. Namentlich die erstere Arbeit, das Aufdornen, ist vor dem Nieten fast allgemein gebräuchlich und war nötig, um überhaupt die Nieten in die Löcher stecken zu können. Es ist aber einleuchtend, daß die Eisenkonstruktion unter allen Umständen durch das Aufdornen leidet, indem einerseits in den Stäben und Winkeln schädliche Spannungen auftreten, die bei der Berechnung gar nicht berücksichtigt werden können, und andererseits die Löcher verdrückt und unrund werden, so daß die gute Anlage der Niete an den Lochwandungen in Frage gestellt wird. Textabbildung Bd. 322, S. 514 Fig. 2. Trotz der hohen Herstellungskosten ist also das Ergebnis eine mehr oder weniger mangelhafte Arbeit. Man hat daher schon lange darauf gesonnen, andere Bearbeitungsverfahren einzuführen, die diese Mängel vermeiden. So hat man die ganzen vorläufig zusammengehefteten Träger an Bohrmaschinen vorbeigeführt und auf diese Weise mit der Bohrmaschine die Löcher gleich durch alle Lagen gebohrt. Zweifellos bietet dieses Verfahren den Vorzug, daß es wenigstens saubere Löcher gewährleistet, aber es hat den schweren Nachteil, daß man die großen, räumlich sehr ausgedehnten Träger in mangelhaft verbundenem Zustande transportieren muß. Erstens können hierbei sehr leicht Verschiebungen vorkommen und zweitens entstehen hierdurch außerordentliche Transportkosten; ferner setzt dieses Bearbeitungsverfahren voraus, daß ein sehr großer Raum zur Verfügung steht, der mindestens doppelt so lang ist wie die Eisenkonstruktion. Bei schweren Eisenkonstruktionen, z.B. bei dem in Fig. 1 dargestellten Träger, würde es gar nicht möglich sei, das ganze Werkstück auf einmal an der Bohrmaschine vorbei zu bewegen. Man würde gezwungen sein, zunächst nur die Obergurtung und nachher nur die Untergurtung auf diese Weise zu bohren. Das Zusammenbohren der Stäbe und Diagonalen müßte dann in der früheren Weise geschehen. Auf diesem Wege läßt sich also nur ein geringer Vorteil erzielen. Die Arbeit wird kaum billiger werden als bei den zuerst geschilderten Verfahren; günstigsten Falles wird ein Teil der Löcher besser ausfallen. Eine andere Arbeitsweise, die man manchmal antrifft, besteht darin, daß man Bohrmaschinen nach Art der Knarren mit biegsamer Welle antreibt und dieselben unter Ansetzung von Bohrwinkeln gleich die Löcher durch die ganzen Lagen durchbohren läßt. Dieses häufig verwendete Verfahren vermeidet allerdings das mehrfache Anreißen der Löcher und das häufige Auseinandernehmen der Konstruktion und ergibt gut passende Löcher, aber es hat doch schwerwiegende Nachteile. Einmal ist das Anbringen der Bohrwinkel oft sehr schwierig und stets sehr zeitraubend, da die Bohrwinkel mit Rücksicht auf ihre Standfestigkeit nur verhältnismäßig kurz sein können und infolgedessen mit derselben Stellung des Bohrwinkels im allgemeinen nur zwei bis höchstens drei Löcher gebohrt werden können. Ferner drängt der Druck des Bohers die einzelnen Blechlagen auseinander. Dazu kommt noch, daß diese Bohrknarren doch nur sehr unvollkommene Bohrapparate sind, die nicht einmal selbsttätige Nachspannung und schnellen Rückgang der Bohrspindel haben, so daß das Bohren mit diesen Apparaten ein sehr unvollkommenes ist. Bei dieser Gelegenheit muß auch erwähnt werden, daß der Antrieb durch eine biegsame Welle sehr mißlich ist. Erfahrungsgemäß verzehren dieselben sehr viel Kraft und sind außerdem vielen Reparaturen unterworfen; vor allen Dingen verlangen sie eine sehr sachgemäße Wartung und Behandlung; sie müssen möglichst in gerader, gestreckter Lage arbeiten, wenn sie nicht zu schnellen Verschleiß aufweisen sollen und erfordern daher fortwährendes Nachrücken und richtiges Aufstellen des antreibenden Motors. Das Arbeiten nach diesem Verfahren ist daher sehr unbequem und infolgedessen teuer und hat diejenigen Vorteile, die man bei seiner Einführung erhoffte, nicht gebracht. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, daß man, um die Ungenauigkeiten der zurzeit geschilderten Bearbeitungsweise leichter beheben zu können, elektrisch oder mit Luft angetriebene Aufreibmaschinen gebaut hat, die meist von zwei Mann gehalten, ein genaues Nachreiben der Löcher auf maschinellem Wege ermöglichen sollen. Zur Würdigung dieser Bearbeitungsweise ist zu bedenken, daß die in dem zuerst geschilderten Verfahren steckenden Nachteile und die durch sie bedingten hohen Herstellungskosten durch die maschinelle Nacharbeitung der Löcher keineswegs behoben werden; im Gegenteil die Herstellungskosten werden noch mehr steigen, indem noch eine Arbeitsstufe hinzugefügt wird. Außerdem werden durch das Aufreiben, namentlich durch das maschinelle, die Löcher verschieden im Durchmesser, so daß die Nieten, die naturgemäß alle gleich gemacht werden, die Nietlöcher bei zu großem Durchmesser schlecht und unvollkommen ausfüllen, oder daß das Material des Nietes nicht mehr zu einer vollkommenen Kopfbildung ausreicht. Die Mängel aller dieser Bearbeitungsverfahren werden beseitigt durch die Anwendung der von der Firma Carl Flohr gebauten Pendelbohrmaschinen. Ihre Bauart ist aus Fig. 2 und 3 ersichtlich. Ein kräftiger und dennoch leichter Bügel aus Schmiedeeisenkonstruktion trägt einen hängend angeordneten Elektromotor, der mittels einer dreistufigen Stufenscheibe auf die Antriebswelle der Bohrmaschine arbeitet. Die eigentliche Bohrmaschine ist in einem kräftigen Gußstücke gelagert, welches sämtliche Wellen und Mechanismen in starken Abmessungen und in der Ausführung enthält, wie sie bei modernen Bohrmaschinen üblich ist. Die Bohrspindel wird von der oberen Welle durch Kegelräder angetrieben. Die Bohrspindel ist in einer Buchse gelagert, die durch Zahnstange und Zahntrieb gehoben und gesenkt werden kann. Das Heben geschieht schnell von Hand durch einen Griff, während der Vorschub beim Bohren entweder von Hand durch ein Handrad mit Schneckenübersetzung oder selbsttätig durch doppelte Schneckenübersetzung geschehen kann. Um die Leistungsfähigkeit der Maschine möglichst groß zu machen, ist sie eingerichtet für Spiralbohrer aus Schnellarbeitsstahl (Novostahl); es ist dementsprechend ein sehr kräftiger Motor von 2½ bis 3 PS Leistung vorgesehen, der zum Schulze gegen Regen und Staub gekapselt ist. Statt eines Bohrtisches hat die Maschine einen Gegenhalter, der den Bohrdruck aufnimmt, indem er unter die zu bohrende Eisenkonstruktion greift. Dieser Gegenhalter ist mit Schrauben an dem Bügel der Maschine angeschraubt und läßt sich in den dafür vorgesehenen Löchern leicht höher und tiefer stellen und auch vollständig umdrehen, so daß Gegenstände von beträchtlicher Höhe gebohrt werden können. Die Maschine ist über ihrem Schwerpunkte pendelnd aufgehängt. Der Aufhängepunkt kann aber seitlich verschoben werden, so daß die Maschine zum Bohren von Löchern in schrägen Gurtungen schräg arbeiten kann, wie dieses aus Fig. 4 hervorgeht. Auf diesem Bilde ist auch noch eine Reihe anderer Gegenhalter dargestellt, die man sich für die besonderen Verhältnisse passend selbst leicht herstellen kann, da sie nur aus einem gebogenen Flacheisen bestehen. Textabbildung Bd. 322, S. 515 Fig. 3. Der Anlaßwiderstand ist gleich an der Maschine angebracht, so daß letztere mittels eines beweglichen Kabels unmittelbar an die elektrische Kraftleitung angeschlossen werden kann. Durch die Anwendung der Pendelbohrmaschine wird eine Arbeitsweise geschaffen, die besonders für Eisenkonstruktionen eine sehr vorteilhafte und günstige ist. Als Beispiel sei wieder der schon oben erwähnte in Fig. 1 dargestellte Kranträger gewählt. Seine Bearbeitung gestaltet sich folgendermaßen. Die einzelnen, die Eisenkonstruktion bildenden Winkel, Laschen usw. werden auf einer Zulage auf Böcken ausgelegt, ausgerichtet und mit Schraubzwingen und Klammern zusammengeheftet; darauf werden in dem oben aufliegenden Eisen die Löcher angerissen und angekörnt. Nachdem dieses geschehen ist, wird mit dem Bohren mit der Pendelbohrmaschine begonnen. Die durch die pendelnde Aufhängung leicht drehbare und bewegliche Maschine wird an die einzelnen Löcher geführt, die schnell und sauber gleichzeitig durch alle Lagen durchgebohrt werden. Der Gegenhalter der Maschine legt sich dabei unter die Eisenkonstruktion und nimmt den Bohrdruck auf, der gleich zum Zusammenpressen der einzelnen Lagen dient. Das Bohren geschieht schnell und sachgemäß, weil der Arbeiter gleich nach dem Ansetzen die Kupplung zum selbsttätigen Vorschub einschaltet. Der Bohrer wird so während der ganzen Bohrzeit gleichmäßig und richtig nachgespannt und somit sowohl die Maschine als auch das Material der Bohrer zur Erreichung einer großen Arbeitsgeschwindigkeit voll ausgenutzt. Nachdem ein Loch gebohrt ist, wird die Maschine gedreht und werden alle in ihrem Bereiche liegenden Löcher gebohrt; darauf wird sie durch einfaches Ziehen an den Handketten der die Maschine tragenden Laufkatze weiter bewegt und so allmählich um die ganze Eisenkonstruktion herumgeführt. Textabbildung Bd. 322, S. 515 Fig. 4. Nachdem der Träger so gebohrt ist, wird er in derselben Lage, also ohne jedweden Transport mit der elektrischen Nietmaschine genietet; dieses Nieten vollzieht sich sehr schnell, weil alle Löcher ganz sauber und genau passend sind und gar keine Nacharbeit durch Aufdornen oder Aufreiben der Löcher erforderlich ist. Textabbildung Bd. 322, S. 516 Fig. 5. Außerdem fällt die Nietung sehr gut aus, weil die Niete die sauber gebohrten Löcher genau ausfüllen und somit mit ihrem ganzen Querschnitt tragen, und weil durch die genau zueinander passenden Löcher in den verschiedenen Eisenlagen schädliche Spannungen von der Eisenkonstruktion ferngehalten werden. Durch diese Bearbeitungsweise wird also das, was erstrebt werden muß, wirklich erreicht, nämlich eine billige, sachgemäße Bohrung und Nietung von Eisenkonstruktionen, unter Vermeidung jeglicher unnützen, zeitraubenden Nebenarbeiten (Transport, Nachreiben und Aufdornen der Löcher usw.) Es geht auch hieraus hervor, daß durch die Einführung dieser Bearbeitungsweise mittels Pendelbohrmaschinen die Leistungsfähigkeit wesentlich erhöht wird, da die Arbeit schnell von statten geht. Diese Leistungsfähigkeit läßt sich besonders dann, wenn es sich um größere Eisenkonstruktionen (Kranträger, Brückenträger usw.) handelt, noch mehr steigern, wenn gleichzeitig mit mehreren Maschinen gebohrt wird, wie auf Fig. 1 zu sehen ist. Hierin liegt auch ein wesentlicher Vorteil dieser Bearbeitungsweise; man ist ohne weiteres imstande, die Arbeiten an einer ausgelegten Eisenkonstruktion in beliebiger Weise durch gleichzeitiges Arbeiten mit mehreren Maschinen zu beschleunigen. Bei den oben erwähnten, älteren Arbeitsmethoden ist eine solche Verkürzung der Arbeitszeit nicht ohne weiteres möglich. Die Verwendung der Pendelbohrmaschine in verschiedenartigen Fällen sei noch an einigen Figuren erläutert. Fig. 5 zeigt das Bohren von Löchern in der Gurtung eines Gitterträgers. Der Gegenhalter ist dabei umgedreht, so daß er unter den Träger faßt; das bietet in diesem Falle den Vorteil, daß die seitliche Verschiebung der Bohrmaschine bequem ist. In Fig. 4, die das Bohren von Löchern in dem schrägen Teil der Gurtung eines Gitterträgers zeigt, ist der Gegenhalter nach oben gedreht, so daß er sich jetzt unmittelbar gegen die Eisen der Gurtung stützt. Die Schiefstellung ist so gewählt, daß die Löcher senkrecht durch die Eisen gebohrt werden. (Schluß folgt.)