Titel: Beitrag zur genauen Konstruktion der Zeuner'schen und Müller-Reuleaux'schen Schieberdiagramme.
Autor: H. Nolet
Fundstelle: Band 322, Jahrgang 1907, S. 689
Download: XML
Beitrag zur genauen Konstruktion der Zeuner'schen und Müller-Reuleaux'schen Schieberdiagramme. Von H. Nolet, Ingenieur, Hengelo (Holland). [Beitrag zur genauen Konstruktion der Zeuner'schen und Müller-Reuleaux'schen Schieberdiagramme.] Es sei im Folgenden ein, so. weit mir bekannt ist, neues Verfahren gegeben, die Endlichkeit der Stangenlängen auf ganz einfache Weise bei der Konstruktion der üblichen Schieberdiagramme zu berücksichtigen, ohne daß es notwendig ist, die äußerst lästigen und ungenauen Kreisbogen zu schlagen. Zwar besteht ein Annäherungsverfahren von Brix und ein genaues von Goldberger (D. p. J. 1905, Heft 29); das Folgende ist aber mit diesen auf den Konstruktionsbureaus sehr gut brauchbar und dabei mathematisch genau. Textabbildung Bd. 322, S. 689 Fig. 1. Das Verfahren stützt sich auf die von Professor Müller angegebene Ermittelung, bei einer gegebenen Kurbelstellung die zugehörige Lage des Kolbens (resp. Schiebers) bei Berücksichtigung der endlichen Stangenlängen zu finden. Zum leichteren Verständnis sei das Müller sehe Verfahren an Hand von Fig. 1 zuerst hier kurz erwähnt. Um den Koordinatenanfangspunkt O werden mit den Radien r = Kurbellänge, lr, und l + r, wobei l = Stangenlänge, Kreise geschlagen und um den Schnittpunkt l des r – Kreises mit der (negativen) x-Achse, ein Kreis mit dem Radius l. Bei gegebener Kurbelstellung z.B. O – 2 findet man jetzt das Verhältnis, worin der Kolben (resp. Schieber) den Kolben- oder Schieberweg teilt, gegeben durch das Verhältnis der Stücke 2–3 und 3–4. Das Stück 5–6 ist gleich {(l + r) – (lr)} = 2r = dem Hube s und ebenso ist das Stück 2–4 = s. Ueberträgt man den Punkt 3, durch einen mit dem Radius O – 3 um den Punkt O geschlagenen Kreis nach 3' auf der x-Achse, so ist 5 – 3' : 3' – 6 das Verhältnis, worin der Kolben (resp. Schieber) seinen Weg teilt. Um nun diese Fig. 1 mit den gebräuchlichen Schieberdiagrammen zusammenfallen zu lassen, geht man zweckmäßig wie folgt vor. Textabbildung Bd. 322, S. 689 Fig. 2. Man zeichnet zuerst das gewöhnliche Diagramm für unendliche Pleuelstangen – und Exzenterstangenlänge, (in Fig. 2 das Reuleauxsche –, in Fig. 3 das Zeunersche) und nimmt jetzt den dazu gehörigen, mit beliebigem Radius geschlagenen Kurbelkreis R an als Radius l + r aus Fig. 1. Also angenommen R = l + r. (In Wirklichkeit ist dies natürlich niemals der Fall.) Wenn jetzt l = nr, wobei n gewöhnlich 4–6 bei \frac{\mbox{Pleuelstangenlänge}}{{Kurbelradius}}, so läßt sich r im selben Maßstabe leicht bestimmen aus r=\frac{R}{n+1} Man ist jetzt imstande die Müllerschen Kreise alle zu schlagen (lr, r und l). Die gefundenen Schnittpunkte 1, 2, 3 und 4 der Kurbelstellungen bei Expansion, Vor-Ausströmung, Kompression und Vor – Einströmung (Ex., VA., Co. und VE.) mit dem l-Kreise (von Prof. Maller Distanzkreis genannt) überträgt man durch Kreisbogen (in Fig. 2 u. 3 punktiert) auf der x-Achse (vergleiche 33' in Fig. 1) und findet somit die Punkte 1', 2', 3' und 4'. Textabbildung Bd. 322, S. 690 Fig. 3. Aus den beiden Endpunkten 5' und 6' der parallel zur x-Achse gezogenen Linie 5' – 6', worauf man, wie gebräuchlich, die Dampf abschnitte anträgt, zieht man durch die Punkte 5 und 6 zwei Geraden, die einander im Punkte O' schneiden. Wir haben jetzt ein rechtwinkliges Dreieck O' 6' 5' mit einer Parallelen 5 – 6 zur Basis 5' – 6'. Zieht man von O' aus eine Gerade nach der Basis, so wird die Parallele 5 – 6 durch diese Linie im selben Verhältnis geteilt wie die Basis. Man braucht demnach nur noch von O' durch die gefundenen Punkte 1' 2' 3' und 4' Geraden zu ziehen, welche dann auf 5' 6' die Dampfabschnitte mit Berücksichtigung der Endlichkeit der Schubstange im richtigen Verhältnis abschneiden. Das Verfahren eignet sich besonders zur Ermittelung von e, i, r und δ bei gegebener Dampfverteilung, zu welchem Zwecke man die gewünschten Dampfabschnitte auf der Linie 5' – 6' aufträgt und damit das Schieberdiagramm konstruiert. Es gibt dann alle Kurbelstellungen sowohl bei endlichen als auch bei unendlichen Stangenlängen an. Die punktierten Hilfskreise, sowie die r- und lr-Kreise brauchen übrigens nicht mit aufgezeichnet zu werden, wodurch sich die Arbeit noch bedeutend vereinfacht. In den Fig. 2 und 3 bedeuten Exu, VAu, Cou, VEu und Exe, VAe, Coe und VEe natürlich die Dampfabschnitte bei unendlicher resp. bei endlicher Stangenlänge. Textabbildung Bd. 322, S. 690 Fig. 4. In Fig. 4 ist ein Müllersches Doppelschieberdiagramm aufgezeichnet, wobei das Verhältnis \frac{l}{r}=\frac{\mbox{Pleuelstangenlänge}}{{Kurbelradius}}=4 zugrunde gelegt ist. Es bedeutet darin: rg den Grundexzenterradius, re den Expansionsexzenterradius und rr den Relativexzenterradius. Die Figur bedarf keiner weiteren Erklärung. Zur Ermittlung des Einflusses der Exzenterstangenlänge ist das Verfahren natürlich auch anwendbar, obwohl nicht empfehlenswert.