Titel: | Bemerkenswerte technische Neuerungen auf dem Gebiete der Zuckerfabrikation im ersten Halbjahr 1907 (s. d. Bd. S. 278). |
Autor: | A. Stift |
Fundstelle: | Band 322, Jahrgang 1907, S. 730 |
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Bemerkenswerte technische Neuerungen auf dem
Gebiete der Zuckerfabrikation im ersten Halbjahr 1907 (s. d. Bd. S. 278).
Von k. k. landw. techn. Konsulent A. Stift
(Wien).
(Fortsetzung von S. 669 d. Bd.)
Bemerkenswerte technische Neuerungen auf dem Gebiete der
Zuckerfabrikation usw.
Die Konstruktion eines neuen Kalkmilchgefäßes liegt
von LeclercZentralblatt für die Zuckerindustrie 1907, 15. Jahrgang, S.
594. vor. Es hat den Zweck, den Säften den gewünschten Prozentsatz an
trockenem Kalk (CaO) hinzuzufügen. Fig. 19
veranschaulicht die Seitenansicht, Fig. 20 die Endansicht
des Meßgefäßes und die Fig. 21 und 22 stellen
die Längs- und Querschnitte dar.
Textabbildung Bd. 322, S. 730
Textabbildung Bd. 322, S. 730
Das Meßgefäß besteht aus dem eisernen Kasten a mit einem
halbzylindrischen Boden. Im Innern des Kastens dreht sich die Welle b mit den Flügeln c, c, c;
auf dieser Welle befinden sich zwei Scheiben d, d, von
denen die eine eine Leerlaufscheibe ist. Die Welle wird von der Transmission in
Bewegung gesetzt. Im Innern des Kastens a befindet sich
das Abflußrohr e, welches mittels des Hebels f bewegt wird und (ebenso wie auch der Hebel) an dem konusartigen
hohlen Pfropfen g, der sorgfältig im Neste h angeschliffen ist, wie ein gewöhnlicher Hahn
befestigt ist. An der Seite des Kastens a ist der
Trichter i angebracht, in den beim Abmessen die
überflüssige Kalkmilch aus dem Meßgefäß abgelassen wird und der mittels eines Rohres
mit dem Gefäße, aus welchem die Pumpe die Kalkmilch saugt, verbunden ist. Das
Probierröhrchen k zum Abmessen der Dichte der Milch
wird mittels des Ventils oder Hahnes l gefüllt, und
mittels des Ventils oder Hahnes m entleert; s ist das Ablaßventil (vom Meßgefäß zu den
Saturationspfannen), n ist das Erwärmungsrohr (von der
Pumpe zum Meßgefäß), p das Ventil, welches beim Füllen
des Meßgefäßes mit Kalkmilch geschlossen und nach dem Abmessen derselben geöffnet
wird, r eine eiserne Stange, welche an den Pfropfen g festgeschraubt ist, s
eine Schraube zum Andrücken der Stange r, wodurch eine
gute Dichtung des Pfropfens g im Neste h erzielt wird und t
schließlich ist eine Skala mit Teilungen. Die Größe des Meßgefäßes ist nicht die
gleiche für alle Fabriken, sondern hängt von der Höhe des Diffusionsabzuges, von der
Dichte des Diffusionssaftes bei der Normaltemperatur 17,5° C, von der Temperatur des
Diffusionssaftes beim Verlassen des Vorwärmers oder beim Eintritt in das
Saturationsgefäß, von der angewendeten Kalkmenge und schließlich von der Dichte der
Kalkmilch ab. Die Arbeit mit dem Meßgefäß vollzieht sich in folgender Weise: Ist das
Saturationsgefäß mit Saft gefüllt, so öffnet der Arbeiter beim Meßgefäß das Ventil
p, mißt die Dichte der im Meßgefäß befindlichen
Kalkmilch und stellt den Hebel f auf den gewünschten
Grad. Die ganze überflüssige Kalkmilch fließt durch den Trichter i ab; ist dies geschehen, so wird das Abflußventil o geöffnet und die im Meßgefäß gebliebene Kalkmilch in
das Saturationsgefäß abfließen gelassen. Das Meßgefäß hat in einer russischen
Zuckerfabrik die ganze Kampagne tadellos gearbeitet.
Vor einiger Zeit hat Stolc eine Wage zum Wägen und selbsttätigen Regulieren des Abzuges des
Diffusionssaftes auf Grund des Gewichtes des gesamten abgezogenen Saftes
für eine Batterie von 16 Körpern zu je 65 hl ausführen lassen, die sich in der
Praxis bestens bewährt hat. Stolc hat nun diese Wage
nach der Richtung hin modifiziert, daß sie die Flüssigkeiten nach dem Gehalt ihrer
Trockensubstanz abwägt, so daß jede einzelne Abwäge eine Flüssigkeitsmenge angibt,
die stets eine und dieselbe Menge aufgelöster oder beigemischter fester Substanz
(Trockensubstanz) enthält, auf die die Wage eingestellt ist, mag die Dichte der
gewogenen Flüssigkeit was immer für eine sein. Nach der Beschreibung von TurekZeitschrift
für Zuckerindustrie in Böhmen 1907, 31. Jahrgang, S. 260. besteht
diese Wage, wie aus den Fig. 23 und 24 ersichtlich ist, aus dem blechernen Behälter A, welcher nach Art der Brücke der Zentesimalwagen in
parallel wagerecht laufenden Prismenhäkchen eingehängt und durch den Zylinder D am Ende des Wagebalkens E austariert ist. Der Zylinder D ist in
Wasser oder eine andere Flüssigkeit in das Gefäß H
getaucht; steigt also der Wagebalken E, so taucht der
Schwimmer D aus der Flüssigkeit heraus und nimmt sein
Gewicht um das der früher verdrängten Flüssigkeit zu, hierdurch gleicht er die
Gewichtszunahme der Flüssigkeit beim Füllen des Gefäßes A aus und dient zugleich als Bremse, indem er das Schaukeln des
Wagebalkens E verhindert. Letzterer ist mit einem
Zeiger versehen, welcher auf einer weithin sichtbaren Skala das Gewicht der
abgemessenen Flüssigkeit anzeigt. Der gleichachsig mit dem Wagebalken E sich drehende Hebel J
trägt den auf einen Draht aufgehängten Schwimmer L,
welcher auf der Oberfläche der Flüssigkeit in dem Gefäß A schwimmt und in seiner Mitte den Ausschalter i für das Einlaßventil besitzt. Die Bewegung des Wagebalkens E und des Hebels J ist
durch die Konstruktion der Wage derart angeordnet, daß ein richtiges Abmessen resp.
Abwägen der Flüssigkeit erzielt ist, wenn die Achsen des Wagebalkens E und des Hebels J sich
decken und das Ventil n geschlossen wird; der Zeiger
F gibt dann die Dichte der gewogenen Flüssigkeit
unmittelbar in Graden Balling oder Beaumé an.
Textabbildung Bd. 322, S. 731
Fig. 23.
Textabbildung Bd. 322, S. 731
Fig. 24.
Die Menge der Trockensubstanz, die die einzeln abgewogene Flüssigkeitsmenge enthalten
soll, last sich durch entsprechendes Verschieben des Hakens K des Gegengewichtes M und Wahl des Gewichtes
d beliebig in den Grenzen, für welche die Wage
konstruiert ist (1–5 fache Menge) bestimmen. Die Flüssigkeit wird ähnlich wie bei
der oben erwähnten Diffusionswage durch das sich selbsttätig schließende Ventil n zugeführt, welches von sehr einfacher und vollkommen
zuverlässiger Konstruktion ist, und das Schließen geschieht ohne Benutzung der
elektrischen Batterie ganz selbsttätig, wenn beide Wagebalken sich decken. Durch das
Rohr N wird die Flüssigkeit bis zum Boden des Gefäßes
A geführt, damit sie nicht schäumt und nicht heftig
aufstößt. Das Ablassen der Flüssigkeit erfolgt durch das von oben zugängliche Ventil
O, und die Hebel des Einlaß- und Ablaßventils sind
so eingerichtet, daß, so lange ein Ventil geöffnet ist, nicht zugleich das zweite
geöffnet werden kann, so daß ein Irrtum des Arbeiters völlig ausgeschlossen ist und
die Wage von jedem ungeübten Arbeiter bedient werden kann. Diese Wage ist besonders
dort zu empfehlen, wo es sich um das genaue Abwägen von Flüssigkeiten oder
Mischungen oder um Feststellung der Trockensubstanzmenge in der für eine bestimmte
Zeit zu verarbeitenden Flüssigkeit handelt. So eignet sie sich zum Wägen von
Kalkmilch nach deren Gehalt an Kalziumoxyd von 15–18° Beaumé, ferner zum Wägen von Natron- oder Kalilaugen, von Abläufen der
Zentrifugen nach dem Zuckergehalte, ferner der Deckkläre usw. Die beschriebene Wage
ist in ihren konstruktiven Teilen mit der Diffusionswage fast ganz übereinstimmend,
ein Unterschied besteht jedoch in der Dimensionierung des Schwimmers D und der Gegengewichte, so daß die Diffusionswage nach
einem im voraus bestimmten Verhältnis mehr dickere Säfte und weniger dünnere abwägt
und bei der Funktionierung der Wage zuerst der mit dem Wagebalken E verbundene Zeiger in Tätigkeit tritt und der das
Volumen der Flüssigkeit angebende Zeiger jenen einholt, bis sie bei richtigem Abmaß
sich decken, während bei der, die Flüssigkeit nach der Trockensubstanz wägenden Wage
der Hebel des Volumenmechanismus vorausgeht und der mit dem Wagebalken
zusammenhängende und das Gewicht der Flüssigkeit anzeigende Zeiger jenen einholt,
und wie in ersterem Falle ist das gewünschte Abmaß erzielt, wenn sich beide
Wagebalken decken. Anschließend an die Mitteilungen von Turek bemerkt Stolc, daß die Empfindlichkeit
seiner Wage ebenso groß sein kann wie bei der Dezimalwage, nur daß diese
Konstruktion nicht nur Wage, sondern auch ein Regulator ist. Der Zweck dieser, auf
rein wissenschaftlicher Grundlage konstruierten Wage ist der, die Diffusion zu
regeln. Während der ursprüngliche Meßapparat Cerny-Stolc etwas schwerfällig und nicht leicht zu begreifen war, ist die
neue Konstruktion viel einfacher und hat sich auch im Betriebe bereits vollkommen
bewährt.
Textabbildung Bd. 322, S. 732
Fig. 25.
Textabbildung Bd. 322, S. 732
Fig. 26.
Die Konstruktion einer genauen Meßvorrichtung für den
Diffusionssaft liegt auch von Macas vor,
worüber Havelka und MészZeitschrift f.
Zuckerindustrie in Böhmen 1907, 31. Jahrg., S. 354. berichten.
Diese Meßvorrichtung, auf den bisherigen Prinzipien der Volumen – Meßgefäße
beruhend, enthält absolut keine beweglichen Mechanismen und kann mit geringem
Aufwand aus den bestehenden Meßgefäßen hergestellt werden. Die Meßvorrichtung (Fig. 25 und 26) ist
ein viereckiges, durch eine Querwand geteiltes Gefäß und bildet demnach zwei
einfache Meßgefäße, welche abwechselnd angefüllt und abgelassen werden. In den
Stirnwänden der beiden Abteilungen AA1 befinden sich viereckige, längliche Oeffnungen,
welche mit verschiebbaren Schleusen b, b1 verdeckt sind. Diese Schleusen sind mit
Ueberfallöffnungen aa1
versehen. Wenn sich die Unterkante dieser Oeffnungen in der untersten Lage der
Schleuse befindet, so entspricht dies einem 100prozentigen, wenn in der obersten,
einem 120prozentigen Abzug. Die Schleusen bb1 sind mit Seitenrahmen versehen und können mittels
Schraubenspindeln genau eingestellt werden. Außerdem sind die Schleusen mit Skalen
ii1 versehen, auf
denen die Zeiger kk1 das abgezogene Saftquantum unmittelbar in Hektolitern und Litern
angeben. Unter den beiden Ueberfallöffnungen befindet sich die gemeinsame Rinne B mit dem Stutzen C an
unterster Stelle, samt Schwimmer D, der an der Stange
d geführt ist. Der Stutzen C ist mittels Kreuzstück und Hähnen mm1 mit beiden Metallgefäßabteilungen verbunden. An
der Stirnwand des Meßapparates sind ferner Schaugläser in demselben Niveau wie die
Ueberfallöffnungen angebracht, damit es sichtbar ist, wenn der Abzug zu Ende geht.
Ferner sind zwei Thermometer zur Ablesung der Temperatur des abgezogenen Saftes
angebracht. Die Arbeit mit dem Apparat geht in folgender Weise vor sich: Sobald der
Saftspiegel des abgezogenen Saftes die Höhe der Unterkante der Ueberfallöffnung
erreicht hat, läuft etwas Saft in die Rinne B über,
wodurch der Arbeiter gemahnt wird, das Einlaßmomentanventil zu schließen.
Gleichzeitig hebt die übergelaufene geringe Saftmenge den Schwimmer D, wodurch der Kontakt der Elektrizitätsleitung ef geschlossen wird und das Klingeln die Vollziehung
des vorgeschriebenen Abzuges anzeigt. Hierauf wartet der Arbeiter einige Sekunden,
bis der Ueberfallsaft zu fließen aufhört, und läßt den Meßgefäßinhalt in den
Diffusionssammler ab. Die hierzu dienenden Abflußventile sind gewöhnliche Ventile
mit Schraubenspindeln. Die übergelaufene, gewöhnlich etwa 5 Liter betragende
Saftmenge wird nach jedem Abzuge durch Hahn m in die
zweite leere Meßhälfte auf Rechnung des nächsten Abzuges abgelassen. Um ein
Schließen des Meßgefäßes vor dessen vollkommener Entleerung hintanzuhalten, ist das
Meßgefäß mit folgender Einrichtung versehen: Die Böden beider Abteilungen sind
vertieft und in ihren untersten Teilen befinden sich Ablaßstutzen nn1 mit Schwimmern EE1; diese Schwimmer
haben lange Stiele und werden in zwei Stangen geführt. Die an den Stielenden
angebrachten Oesen rr1
sind mit Ketten samt Gewichten verbunden, wodurch der Saftstand an einer an der
Diffusionsbatterie gut ersichtlichen Skala angegeben wird. Beim Ablassen des Saftes
sinkt der Schwimmer E solange, bis der am Schwimmerstiel
angebrachte Taster u den Kontakt vz berührt und die elektrische Glocke das Zeichen gibt,
daß das Meßgefäß bis auf einen geringen, im Stutzenende befindlichen Rest entleert
ist. Bevor der Arbeiter das Ablaßventil geschlossen hat, läuft auch dieser letzte
Rest ab. Das Meßgefäß kontrolliert bei genau bestimmtem Zuckergehalte der Rübe
die Füllung und umgekehrt wieder bei genauer Füllung den Zuckergehalt der Rübe und
hat sich in der Praxis bereits bestens bewährt.
(Fortsetzung folgt.)