Titel: | Ermittlung der Abmessungen zu einem Hochwaldschen Schieber. |
Autor: | W. Pickersgill |
Fundstelle: | Band 322, Jahrgang 1907, S. 769 |
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Ermittlung der Abmessungen zu einem Hochwaldschen
Schieber.
Von Professor W.
Pickersgill-Stuttgart.
Ermittlung der Abmessungen zu einem Hochwaldschen
Schieber.
Im Nachstehenden sollen die grundlegenden Beziehungen abgeleitet werden, die für
die Bemessung der einzelnen Kanalmündungen und Deckungen des in der Zeitschrift des
Vereins deutscher Ingenieure 1905, S. 1324 u. f. an Hand einer schematischen Skizze
beschriebenen Hochwaldschen Schiebers dienen
können.
Anschließend daran soll an Hand einer Ausführungszeichnung der Maschinenfabrik A. Borsig in Berlin-Tegel eine Ausführungsvariante
näher untersucht werden.
Zunächst sei nur bemerkt, daß sich der Hochwaldsche,
Schieber vom Trick sehen Kanalschieber mit
Ueberströmung bezüglich der Einströmung grundsätzlich nicht unterscheidet.
Textabbildung Bd. 322, S. 769
Fig. 1.
Textabbildung Bd. 322, S. 769
Fig. 2.
Die Verbesserung der Ausströmungsverhältnisse ist es vielmehr, welche den Hochwaldschen Schieber dem Trickschen wie dem Pennschen Schieber
gegenüber überlegen macht.
Es mögen deswegen zuerst die Beziehungen für die Bemessung der Durchlaßweiten für die
Ausströmung aufgestellt werden.
Hat der Schieber aus seiner Mittelstellung (Fig. 1)
nach links die Wegesstrecke ξ = i zurückgelegt, so beginnt die Ausströmung an den drei Durchgängen A1, A2, A3 zugleich (Fig. 2).
Mit den Buchstaben A1A2A3 mögen die
betreffenden Kanalmündungen in der Zylinderkanalplatte, mit a1a2a3 die zugehörigen Mündungsweiten im Schieber selbst
bezeichnet sein (vergl. Fig. 3).
Nach einer Ausweichung des Schiebers nach links um
ξ = i + s+ i = 2i + s
sind die sämtlichen Durchlaßöffnungen für den Austritt um je
s + i offen.
Alsdann bleibt a3 = i + s konstant, während
die Eröffnungen bei a1
und a2 gleichmäßig
zunehmen, bis die Kante b über die Kante c gelangt ist (Fig. 3).
Damit hierbei die erforderliche Gesamtweite a für die
Ausströmung vorhanden ist, müssen die Eröffnungen bei a1 und a2 je betragen
\frac{a}{2}-\frac{s+i}{2}=A_3
und beträgt der Schieberweg
\xi=1+\left(\frac{a}{2}-\frac{s+i}{2}\right)
Vergl. Z. d. V. d. I. 1905, S. 1326 unten links.
=\frac{a+i-s}{2}.
Würde der Schieber dann umkehren, also die Exzentrizität
p=\frac{a+i-s}{2}
betragen, so würde die größte Eröffnung für die Ausströmung
nur während eines Augenblicks, in der Endlage des Schiebers, erreicht. Alsdann würde
dieselbe in der gleichen Weise auf Null abnehmen, wie sie vorher auf a zugenommen hatte.
Ein solcher Schieber würde dem Pennschen gegenüber nicht
im Vorteil sein, sondern würde diesem nachstehen, denn beim letzteren wird die
größte Austrittsweite längere Zeit vor der Schieberendlage erreicht und während der
gleichen Dauer nach der Endlage aufrecht erhalten.
Um dies beim Hochwaldschen Schieber zu erzielen, muß die
Kante b (Fig. 3) die
Kante c um z
überschleifen.
Macht man hierbei
a_1=A_3=\frac{a}{2}-\frac{s+i}{2} . . . . . . 1)
so öffnet die Kante l ebenso viel, als die Kante c während des Ueberschleifens absperrt, so daß während
der Dauer des Ueberschleifens die Eröffnung für den Austritt a beträgt.
Damit ergibt sich eine Eröffnungs- bezw. Schließungskurve, wie eine solche die
Fig. 7, Z. d. V. d. I. 1905, S. 1325Vergl. a. Z. d. V. d. I. 1967, S. 1384, Fig. 3. zeigt, bestehend aus zwei
Teilen. Während des ersten Teiles nehmen alle drei Durchlässe gleichmäßig bis auf je
s + i zu, während des zweiten bleibt a3 = s + i
Textabbildung Bd. 322, S. 770
Fig. 3.
konstant, hingegen nehmen die Durchlässe A1 und A2 je bis auf
\frac{a}{2}-\frac{s+i}{2} zu.
Die Exzentrizität beträgt hierbei
\rho=i+A_3+z=\frac{a+i-s}{2}+z . . 2)
und es muß sein
A_1=A_2=\frac{a}{2}-\frac{s+i}{2}+z=\rho-1 . . 3)
Die Weite m muß so bemessen sein, daß bei der
Gesamteröffnung a die durch die Durchlässe
a3= s + i und A_2=\frac{a}{2}-\frac{s+i}{2}
hindurchgehende Dampfmenge in m
den gleich großen Durchgangsquerschnitt findet, somit
\begin{array}{rcl}m&=&s+i+\frac{a}{2}-\frac{s+i}{2}\\ &=&\frac{a+s+i}{1}\ .\ .\ .\ 4) \end{array}
Die Mündungsweite k braucht hinsichtlich der Ausströmung
nur so groß zu sein, daß in der linken Endlage des Schiebers k noch um a1
offen hält.
Mit den Bezeichnungen in Fig. 3 gilt
k = ρ –
s0
– sk + a1 . . . . . . . . . .
5)
Im Interesse eines möglichst kurzen Schiebers hat man die Abmessungen für sk, sm und st nur so groß zu
wählen, als der dichte Abschluß dieser Kanten erfordert.
Für die Weite des Hilfskanals t gilt
t ≧ ρ – e
. . . . . . . . . . 6)
wenn e die äußere Ueberdeckung
bedeutet.
Der Durchlaß a4 dient
einmal für die Einströmung nach der rechten Zylinderseite, das andere mal für die
Ausströmung von der rechten Seite.
Im letzteren Falle behält der Durchlaß a3 seine bisherige Rolle bei, A3 übernimmt die Rolle von A2 und a2 diejenige von m; a1 kommt für die
Ausströmung hierbei nicht in Betracht.
Für die rechte Ausströmung ist somit
a3= s + i
und
a_2=m=\frac{a+s+i}{2} . . . . 7)
Es muß somit s + i für beide Seiten gleich
sein!
Der Durchlaß A1
übernimmt die Rolle von A3, und weil A1 > A3, so
genügt A1
= ρ – i jedenfalls für die rechte Ausströmung.
Hingegen ist A3 <
A2 und ist ganz
offen nach der Schieberausweichung
i+A_3=1+\frac{a}{2}-\frac{s+i}{2}=\frac{a+i-s}{2}=\rho-z,
wonach die beiden Durchlasse A1 und A3 unverändert eröffnen, zusammen um
s+i+\frac{a}{2}-\frac{s+i}{2}=\frac{a+s+i}{2}=m
Soll von diesem Augenblick an die Gesamteröffnung für den Austritt a konstant sein, also nach der Ausweichung ρ – z, so muß hierbei a4 ganz offen sein, also
\begin{array}{rcl}i+a_4&=&\rho-z\\ a_4&=&\rho-z-i\\ &=&\frac{a+i-s}{2}+z-z-i\\ &=&\frac{a-i-s}{2}=\frac{a}{2}-\frac{s+i}{2}\end{array} . 8)
Textabbildung Bd. 322, S. 770
Fig. 4.
und die Gesamteröffnung muß betragen
\frac{a+s+i}{2}+\frac{a}{2}-\frac{s+i}{2}=a
Schließlich findet sich
a
0
= so + sk + k + sm + s
= so + sk + ρ – so
– sk + a1 + sm + s
= ρ + a1 + sm + s
9)
und
A
4
= ρ – e
10)
Der Zusammenhang zwischen a', e, i und ρ ist aus der Fig. 4
ersichtlich.
Um für einen bestimmt vorliegenden Fall deren zahlenmäßige Größen zu ermitteln,
verzeichnet man zu dem in Aussicht genommenen Spannungsdiagramm das sogen. Müller-Reuleauxsche Schieberdiagramm, in welchem die
Größen e, i und a' in
gleichem, jedoch vorerst unbestimmtem Maßstab erscheinen.
Textabbildung Bd. 322, S. 771
Fig. 5.
Textabbildung Bd. 322, S. 771
Fig. 6.
Textabbildung Bd. 322, S. 771
Fig. 7.
Textabbildung Bd. 322, S. 771
Fig. 8.
Wählt man die zulässige Dampfgeschwindigkeit für die Einströmung mit 40 m sekundlich,
so gilt
f=3\cdot a'\cdot b=\frac{1}{40}\,F\cdot c_{\mbox{max}}, . . . . 11)
worin b die Kanalbreite in m,
F
den Kolbenquerschnitt in qm und
c
max
die größte Kolbengeschwindigkeit in m/Sek. be-zeichnen.
Ist die absolute Größe von a' bekannt, so finden sich
diejenigen von e, i und ρ
durch Multiplikation der aus dem Schieberdiagramm entnommenen diesbetreffenden
Größen mit der nach Vergleich der Strecke a' im
Schieberdiagramm mit dem gerechneten Wert zu a'
bestimmten Verhältniszahl.
Für die Ausströmung wählt man bekanntlich einen kleineren Wert, etwa 30 m/Sek. als
zulässige Dampfgeschwindigkeit, also
a=\frac{F\cdot c_{\mbox{max}}}{30\,b} . . . . . . . 12)
Mit den Gleichungen 1–11 lassen sich alle Durchlässe im Schieber ermitteln, nachdem
vorher a, e, i und ρ
gefunden waren.
Werden noch die Stegstärken sk, sm und st gewählt und die
Größen s und s0 für die Ueberströmung versuchsweise ermittelt, so
ist die gesamte Länge des Schiebers gegeben.
Textabbildung Bd. 322, S. 771
Fig. 9.
Textabbildung Bd. 322, S. 771
Fig. 10.
Das Diagramm Fig. 4 gehört zu dem in den Fig. 5 bis 9
wiedergegebenen Hochwaldschen Schieber einer stehenden
Verbundmaschine der Maschinenfabrik A. Borsig in
Berlin-Tegel, Hub 550 mm, Zylinderdurchm. 620/950, Umdrehungszahl 155 minutl.,
Voreilungswinkel δ =49°, Exzentrizität 55 mm,
Kanalweite angeblich 73 mm. Wie ersichtlich, beträgt a
= 86 mm.
Bei diesem Schieber ist a1 kleiner gewählt als wie im Vorstehenden dargelegt wurde. Damit wird eine
kleinere Schieberlänge erzielt, hingegen tritt die volle Gesamteröffnung a für die Ausströmung später ein und hält kürzer an.
Die Eröffnungs- und Schließungskurve besteht hierbei aus drei Teilen; während des
ersten Teiles nehmen alle drei Durchlässe gleichmäßig bis auf je s + i zu, während des
zweiten Teiles bleibt a3 = s + i
konstant, hingegen nehmen die Durchlässe bei A1 und A2 je bis auf a1 zu, während des dritten Teiles bleiben a3 = s + i und a1 konstant und es
nimmt A2 bis auf ρ – i – z zu. Hierauf sperrt die Kante c ebenso viel zu als die Kante l aufmacht, so
daß die Gesamteröffnung während des Ueberschleifens z
konstant = a bleibt.
Wie ersichtlich, wird die Größe a jetzt später
gegen vorher erreicht, ohne daß in der Totlage der Kurbel die Austrittsweite
schädlich verkleinert wäre. Man hat in der Wahl der Größe von a1 ein Mittel an der
Hand, die Schieberlänge ohne Nachteil für die Ausströmung zu verkleinern.
Infolge des Einflusses der endlichen Stangenlänge fallen hier e, i, s, s0 und die damit im Zusammenhang
stehenden Abmessungen für beide Seiten ungleich aus.
Wie ersichtlich, ist die Ueberströmung wegen s > i einerseits noch nicht beendet, wenn die
Vorausströmung beginnt, andererseits beginnt die Ueberströmung, bevor die
Kompression einsetzt, so daß beidemal der überströmende Dampf direkt ins Freie bezw.
nach dem Kondensator abströmt.
Diese in der Fachliteratur als unzulässig bezeichnete Erscheinung ist im vorliegenden
Fall nicht von erheblicher Schädlichkeit und findet ihre Rechtfertigung darin, daß
der Konstrukteur genügend große Ueberströmquerschnitte anstrebte.Vergl. a. Z. d. V. d. I. 1907, S. 1384 rechte
Spalte unten.
Bezüglich der diagrammatischen Darstellung der letzteren sei bemerkt, daß die
Zennersche dieselben recht ungenau, wenn auch an
sich anschaulich verbildlicht. Die Müllersche
Darstellungsweise läßt zwar eine genaue Ablesung der Ueberströmeröffnungen zu; sie
ist jedoch mit dem Nachteil verbunden, daß zur Ablesung derselben auf die
Kurbelstellungen zurückgegriffen werden muß.
Aus diesem Grunde ist in Fig. 10 die Schieberellipse
verzeichnet und die Summe der Eröffnungsgrößen für die Ueberströmung in den Kanälen
t und m
dargestellt.
Die Kanaleröffnungen für den Ein- und Austritt sind als Ordinatenstrecken mit den
wagerechten Grundlinien im Abstand e bezw. i aufgetragen, die Ueberströmungseröffnungen haben zur
Grundlinie die betreffenden Stücke der Schieberellipse.