Titel: Der Einphasen-Wechselstrommotor.
Autor: A. Linker
Fundstelle: Band 322, Jahrgang 1907, S. 807
Download: XML
Der Einphasen-Wechselstrommotor. Bauart, Wirkungsweise und Eigenschaften der bisher angegebenen Konstruktionen. Von Dipl.-Ing. A. Linker. (Schluß von S. 797 d. Bd.) Der Einphasen-Wechselstrommotor. Durch eine besondere Anordnung der Feldwicklung, die allerdings im Prinzip mit der von Déri angegebenen übereinstimmt, erreicht die Firma Helios A.-G., Köln, (194, 197) ohne Umschaltung der Polzahl des Feldes, daß die beim Anlauf als Hauptschluß resp. Repulsionsmotor arbeitende Maschine nach Erreichung einer gewissen Umdrehungszahl selbsttätig als Asynchronmotor arbeitet. Textabbildung Bd. 322, S. 807 Fig. 147. Textabbildung Bd. 322, S. 807 Fig. 148. Zu dem Zwecke ist das Feld nach Fig. 147 mit den Wicklungen I und II versehen. Beim Anlauf wird zwischen den Punkten a und b der Wicklung II nur eine geringe Spannung herrschen, da wegen der Rückwirkung des Rotorfeldes die Impedanz zwischen diesen Punkten dem Anker gegenüber klein ist. Infolgedessen bildet sich nur das von der Wicklung I erzeugte vierpolige Feld aus und die Maschine arbeitet als Hauptschlußmotor. Mit zunehmender Umdrehungszahl steigt die Spannung zwischen ab, wodurch das von der Wicklung II erzeugte achtpolige Feld überwiegt und der Motor infolge der besonderen Wicklung des Rotors als Asynchronmotor weiter arbeitet. Zur wirksameren Ausnutzung eines nach dem Repulsionsprinzip arbeitenden Motors verwendet W. Uhde (200) bei einem nach Art der Gleichstrommaschinen gebauten Motor f. d. Polpaar vier Bürsten (Fig. 148), von denen je zwei benachbarte durch regulierbare induktive Widerstände L resp. Kondensatoren C verbunden sind. Dadurch wird im Gegensatz zu einer Anordnung von Thomson und Fig. 75 (Schuckert) erreicht, daß die gesamte Wicklung für die Erzeugung eines Drehmoments bei kleinem Anlaufstrom ausgenutzt wird. Es werden nämlich die an die Kondensatoren angeschlossenen Abteilungen ab und cd der Wicklung des Ankers infolge der gegenelektromotorischen Kraft der Kondensatoren mit Strömen solcher Richtung gespeist, daß eine Stromverteilung entsteht, wie sie sonst bei einem normalen Hauptschlußmotor auftritt. Unter gleichen Verhältnissen ist daher in diesem Fall das Drehmoment beim Anlauf ungefähr 2½ mal so groß als bei einem gewöhnlichen Repulsionsmotor mit offener Wicklung. Sobald die Umdrehungszahl einen bestimmten Wert erreicht hat, wird durch eine Umschaltung bewirkt, daß die Maschine als Asynchronmotor weiter arbeitet. Dabei erhält der rotierende Anker den Wechselstrom durch Schleifringe zugeführt, während die ruhende Feldwicklung kurzgeschlossen wird. Die Anordnung scheint jedoch wegen der Anwendung von Kondensatoren wenig Aussicht auf Erfolg zu besitzen. In ähnlicher Weise, wie es schon von E. Arnold angegeben ist, löst auch L. Schüler (218) die Aufgabe, Motoren für große Anzugskraft zu bauen. Der von der E.-A. vorm. W. Lahmeyer & Co., Frankfurt a. M. gebaute MotorE. T. Z., 16. Juli 1903, S. 565. besitzt einen Stator S, dessen Wicklung (Fig. 149) wie bei einem Drehstrommotor ausgeführt ist. Allerdings werden nur zwei Phasen davon jeweils in Hintereinanderschaltung benutzt, die dritte Phase dient zur Umkehr des Drehsinns. Der Rotor A ist wie ein Gleichstromanker gebaut und enthält drei Schleifringe, die mit drei um 120° gegeneinander verschobenen Punkten der Wicklung verbunden sind und andererseits durch Bürsten B1 an einen regulierbaren Anlaßwiderstand R angeschlossen werden können. Soll der Motor zum Anlauf kommen, so schließt man bei geöffnetem Anlasser R die Bürsten B2 mittels des veränderlichen Widerstandes r, wobei der Motor durch Repulsionswirkung ein von r abhängiges relativ großes Drehmoment entwickelt. Mit steigender Umdrehungszahl wird nun der Anlasser R allmählich eingeschaltet und schließlich kurzgeschlossen, so daß die Maschine als Asynchronmotor weiter arbeitet. Da hierbei der Kommutator nahezu stromlos wird, so ist keine Möglichkeit zur Funkenbildung geboten. Textabbildung Bd. 322, S. 808 Fig. 149. Textabbildung Bd. 322, S. 808 Fig. 150. Während nun beim Arbeiten als Repulsionsmotor das Drehmoment mit höherer Umdrehungszahl sinkt, steigt die Zugkraft des Asynchronmotors von Null an bis zu einem Maximalwert kurz vor dem Synchronismus, um weiter schnell wieder auf Null zu sinken. Der kombinierte Motor zeigt also das Verhalten, wie es in der Kurve des Drehmoments Md (Fig. 151) dargestellt ist. Er vereinigt somit die günstigen Anlaufbedingungen des Repulsionsmotors mit der guten Wirkungsweise des Asynchronmotors im normalen Betrieb. Ein Nachteil gegenüber dem Wagner-Motor nach E. Arnold besteht allerdings darin, daß eine besondere Anlaßvorrichtung notwendig ist. Sie besitzt jedoch den Vorzug, ein allmähliches Aendern der Zugkraft ohne Stöße zu ermöglichen. Textabbildung Bd. 322, S. 808 Fig. 151. J = Stromstärke (Amp.); Md = Drehmoment (m/kg); n = Umdrehungszahl i. d. Minute. Das ist besonders für den Betrieb von Aufzügen wünschenswert und gewährleistet bei Anlagen mit gleichzeitigem Lichtanschluß ein ruhiges Brennen der Glühlampen. Während bei den älteren Konstruktionen die Aenderung des Drehsinns durch Bürstenverschiebung oder Verwendung zweier um ½ Polteilung gegeneinander verschobenen Bürstensätze erfolgte, wird bei den neueren Motoren nur eine Hauptwicklung F und zu beiden Seiten derselben je eine Hilfswicklung f1 und f2 (Fig. 150) angeordnet, die durch Umschalter S wechselweise angeschlossen werden können. Nach neueren Patenten der Firma Lahmeyer (256, 282, 285, 289) werden die Hilfswicklungen mit der Hauptwicklung in Reihe geschaltet, so daß sie bei normalem Lauf in derselben Richtung wirken. Beim Lauf dagegen wird eine Hilfswicklung umgeschaltet, wodurch das Hauptfeld auf einer Seite geschwächt, auf der anderen Seite verstärkt und dadurch in einer Richtung verschoben wird. Das Hauptfeld wird zu dem Zweck von einer gleichmäßig verteilten Einphasenwicklung, die Hilfsfelder von einer mit halber Polzahl ausgeführten Zweiphasenwicklung erzeugt. Fig. 151 zeigt die Betriebskurven eines sechspoligen MotorsE. T. Z., 16. Juli 1903, S. 567.El., 15. Januar 1904, Bd. 52, S. 481. von 2,5 PS Leistung für 220 Volt, 6 Amp., 50 Perioden, 960 Umdrehungen i. d. Minute, aus denen ersichtlich ist, daß bei niedrigem Anlaufstrom das Drehmoment relativ hoch ist. Dagegen wird, weil keine Phasenkompensierung vorhanden ist, der Leistungsfaktor klein. Eine Modifikation des vorigen Motors von Schüler ist von V. A. Fynn (215, 220, 236) angegeben. Anfänglich besaß der Anker neben der Gleichstromwicklung I eine zu Schleifringen führende Drehstromwicklung II (wie auch im Patent von Schüler angegeben), jedoch waren beide Wicklungen miteinander elektrisch verbunden. Diese Form ist jedoch später dahin abgeändert worden, daß eine Vierphasenwicklung benutzt und diese nicht parallel, sondern in Sternschaltung zur Gleichstromwicklung angeschlossen ist (Fig. 152). Textabbildung Bd. 322, S. 808 Fig. 152. Textabbildung Bd. 322, S. 808 Fig. 153. Zur Verringerung der Anzahl der Schleifringe auf drei wurde dann nach Fig. 153 eine Dreiphasenwicklung mit einer gewöhnlichen GleichstromwicklungEl. 5. August 1904, Bd. 53, S. 646. vereinigt. Der Motor läuft also als Repulsionsmotor an. Mit steigender Geschwindigkeit wird der Anlaßwiderstand R immer mehr verkleinert und schließlich kurzgeschlossen, wobei die Maschine als Asynchronmotor arbeiet. Durch verschiedene VeränderungenJ. Inst. El. Eng., 8. März 1906, Bd. 36, S. 324El., 9. März 1906, Bd. 56, S. 839.E. T. Z., 19. Juli 1906, S. 681. und Anordnung einer Phasenkompensation (260) ist der Motor allmählich so weit verbessert worden, daß er bei nahezu konstanter Geschwindigkeit mit hohem Leistungsfaktor arbeitet und außerdem ein großes (etwa 2,5 fach normales) Anzugsmoment besitzt. In Fig. 154 ist das Schema eines solchen Motors angegeben, wie er von der E.-G. Alioth, Münchenstein-Basel gebaut wird. Der Motor trägt drei Wicklungen. Von diesen erzeugt die als Einphasenwicklung ausgeführte Arbeitswicklung F1 das Hauptfeld, HW ist eine um 90 elektrische Grad gegen F1 verschobene Hilfswicklung zur Erzeugung eines Hilfsfeldes, F2 dient zur Hervorbringung des beim Lauf notwendigen Erregerfeldes, durch dessen Aenderung der Leistungsfaktor beeinflußt werden kann. Die Wicklungen F1, F2 und HW sind Spulenwicklungen, deren Weite gleich der Polteilung ist. Die Fig. 154 zeigt die Schaltung beim Anlauf, wobei die Hilfswicklung HW mit der Hauptwicklung F1 zusammen ein gegen die dauernd kurzgeschlossenen Bürsten B1 geneigtes resultierendes Feld ergeben, so daß der Motor nach dem Repulsionsprinzip anläuft. Textabbildung Bd. 322, S. 809 Fig. 154. Nachdem eine bestimmte Geschwindigkeit erreicht ist, wird durch Verschieben des Kontakts S1 das Hilfsfeld allmählich geschwächt. Sobald S1 auf den Kontakt c gelangt ist, werden die Schalter S2 und S3 nach a gelegt. Hierbei wird jetzt infolge der in F2 als Sekundärwicklung zu F1 induzierten EMK den Erregerbürsten B2 ein Strom zugeführt, so daß der Anker das Erregerfeld hervorruft. Da die EMK in F2 nahezu mit der Klemmenspannung in Phase ist, so kann durch Anwendung einer bestimmten Windungszahl der Leistungsfaktor verbessert und der Einheit nahe gebracht werden. Zur Umkehr des Drehsinns werden F1 und F2 umgeschaltet. Diese Motoren werden von Alioth in Größen von ½ bis 24 PS Leistung gebaut. Sie entwickeln beim Anlauf ein Drehmoment, welches doppelt so groß wie das normale ist, bei etwa 1½ fächern Normalstrom und cos φ = 0,6 bis 0,8. Der Leerlaufstrom beträgt 30–20 v. H. des normalen. Die Schlüpfung schwankt zwischen 11 und 6 v. H. nach der Größe des Motors. Der Motor fällt bei etwa doppelter Ueberlastung und 60 v. H. der synchronen Umdrehungszahl außer Tritt, Infolge der großen Polzahl der Motoren ist der Wirkungsgrad allerdings nicht sehr hoch. Textabbildung Bd. 322, S. 809 Fig. 155. Textabbildung Bd. 322, S. 809 Fig. 156. Bei der normalen Leistung beträgt der Wirkungsgrad η = 0,63 der Leistungsfaktor cos φ = 0,92 (bei Leerlauf = 0,62), die Schlüpfung s = 0,08. Fynn hat dann später (280) einige Veränderungen vorgenommen, um dem Läufer noch eine Hilfsspannung aufdrücken zu können. In ähnlicher Weise wie E. Arnold hat auch W. A. Laymann (266) die Wirkungsweise eines Repulsionsmotors mit derjenigen eines Induktionsmotors vereinigt mit dem Unterschied, daß entsprechend Fig. 155 außer der normalen Gleichstromwicklung I auf dem Anker gleichmäßig verteilte Spulen II angeordnet sind, welche nach Erlangung einer gewissen Geschwindigkeit von Hand aus oder selbsttätig kurzgeschlossen werden. Diese Konstruktion ruft jedoch gegenüber der vorher angegebenen nur eine Komplikation der Wicklung hervor. Während Atkinson bei dem in Fig. 82 dargestellten Motor die Aenderung des Querfeldes durch einen zur Wicklung II parallel geschalteten Widerstand vornimmt, erreicht M. MilchEl. World, 5. November 1904, Bd. 44, S. 770.Proceed., Juni 1906, Bd. 25, S. 61.Ecl. El., 5. Mai 1906, S. 185. dasselbe Resultat dadurch, daß er nach Fig. 156 nur eine gleichmäßig verteilte Statorwicklung anwendet, dagegen das Bürstenkreuz um einen Winkel a gegen die Achse des Statorfeldes verstellt.vergl. E. T. Z., 14. Januar 1904, S. 36, Fig. 26. Die Wirkungsweise dieses Motors entspricht nun in dieser Form der Kombination eines vierpoligen Repulsionsmotors mit einem zweipoligen Induktionsmotor. Textabbildung Bd. 322, S. 809 Fig. 157. J = Stromstärke (Amp.); N = abgegebene Leistung (PS); n = Umdrehungszahl i. d. Minute; η = Wirkungsgrad (v. H.); cos φ = Leistungsfaktor (v. H.). Er arbeitet deswegen beim Anlauf als Repulsionsmotor mit großem Anzugsmoment, dagegen beim Lauf als Induktionsmotor mit nahezu konstanter Tourenzahl. Während die Kommutation beim Anlauf ungünstig ist, wird sie bei normaler Umdrehungszahl zufriedenstellend, da der Motor hierbei nicht weit vom Synchronismus abweicht. Die Versuchsergebnisse, welche an einem vierpoligen Motor für eine Leistung von 5 PS, bei 220 Volt Klemmenspannung, 60 Perioden, erhalten wurden, sind in Fig. 157 dargestellt und zeigen, daß der Leistungsfaktor nur wenig kleiner als 1 ist. Ferner ist noch bemerkenswert das große Anlaufmoment, welches nach der von Milch gegebenen Theorie hauptsächlich der dritten Harmonischen des Feldes zuzuschreiben ist. Textabbildung Bd. 322, S. 809 Fig. 158. Außer der großen Bürstenreibung besitzt der Motor jedoch den Nachteil, daß bei Anlauf der Strom und damit die Kommutatorverluste sehr groß sind und die Kommutierung schlecht ist, so daß er vorläufig nur für niedrige Leistungen gebaut wird. Milch hat dann die Anordnung (300) entsprechend Fig. 158 dahin abgeändert, daß er bei offenem Schalter S den Motor in Hauptschlußschaltung anlaufen läßt und erst in der Nähe des Synchronismus den Schalter S schließt, so daß die Maschine normal als kompensierter Nebenschlußmotor arbeitet.