Titel: Transportanlagen des Getreide-Welt-Verkehrs.
Autor: E. Lufft
Fundstelle: Band 322, Jahrgang 1907, S. 817
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Transportanlagen des Getreide-Welt-Verkehrs. Von E. Lufft, Regierungsbaumeister. (Schluß von S. 803 d. Bd.) Transportanlagen des Getreide-Welt-Verkehrs. B. Elevatoranlage zum Löschen von Getreide im Kuhwärderhafen von Hamburg. In unseren bedeutendsten deutschen Häfen hat es bis in die neueste Zeit hinein an Anlagen gefehlt, die das Löschen ganzer Getreideladungen in einer rationellen und dem heutigen Stande der Technik entsprechenden Weise auszuführen vermögen. Die Löschung erfolgte vielmehr in der denkbar primitivsten Form der Art, daß durch die Winden der Dampfer das im Schiffsraum in Körbe gefaßte Getreide hochgewunden und auf Deck in eine Kastendezimalwage entleert worden ist, von welcher es dann durch eine hölzerne Schurre in einen längsseits liegenden Lager- oder Flußkahn abgelassen wurde. Diese Ausladeart ist namentlich auch in Hamburg üblich, wo sich die Liegeplätze der Getreidedampfer in der Hauptsache in dem geräumigen etwa 230 m breiten Becken des Kuhwärderhafens befinden. Die Dampfer machen dort im allgemeinen an den Dukdalben fest, die sich etwa in der Mitte des Beckens auf dessen ganze Länge hin in gleichmäßigen Abständen befinden und sorgen dadurch, daß sie sich von diesen Dukdalben in gehörigen Abständen abbäumen, dafür, daß zu beiden Schiffsseiten Leichter längsseits gehen können. Textabbildung Bd. 322, S. 817 Fig. 9.Ansicht der Pieranlage. Erbaut von Amme, Giesecke Konegen. Die nachstehend beschriebene Anlage (Fig. 9), welche mit dem bisherigen Gebrauch beim Löschen von Getreidedampfern vollständig bricht, befindet sich ebenfalls im Kuhwärderhafen. In der Südecke dieses Hafenbeckens befindet sich, wie aus dem Lageplan (Fig. 10) zu erkennen ist, ein im Wasser freistehender Pier A errichtet von einer Länge, die einer Dampferlänge etwa gleichkommt. Dieser Pier, welcher aus gerammten und solide verstrebten Pfählen mit kräftiger Holzabdeckung gebaut und durch Streichbalken und Dukdalben gegen die Berührung der Dampfer geschützt ist, hat mit dem Ufer nur durch einen schmalen Steg B Verbindung. Dieser Gehsteg (s. a. Fig. 9) kann hochgeklappt werden, so daß das betr. Stück des Kais für ein anlegendes Schiff jederzeit frei bleiben kann. Der genannte Holzpier, zu dessen beiden Seiten je ein Dampfer anlegen kann, ist das Traggerüst für zwei leistungsfähige Schiffselevatoren C u. D, von denen jeder imstande ist, stündlich 125000 kg Schwergetreide zu löschen. Fig. 11 zeigt bei C die Bauart dieser Schiffselevatoren, die, in Eisen konstruiert (s. a. Fig. 12), sich auf einem fahrbaren Unterwagen erheben, vermittels dessen sie die ganze Länge des Piers abfahren können. Die Elevatoren können sich deshalb zu einer beliebig gelegenen Schiffsluke hinbewegen und das Anlegen der Schiffe kann rasch und ohne Rücksicht auf genaue Lage erfolgen. Da die Elevatoren aber sowohl nach der einen, als auch nach der anderen Pierseite zu löschen haben, so stützt sich die ganze Konstruktion auf einen Rollenkranz und ist mit einem Drehwerk versehen, welches seine Bewegung durch einen besonderen Drehmotor erhält. Ebenso ist für die Längsbewegung ein besonderer Fahrmotor vorhanden. Textabbildung Bd. 322, S. 818 Fig. 10.Lageplan des Kuhwärderhafens in Hamburg. a Verladerohr, b feststehender Schiffselevator, c Durchgang 1 Boden, d bestehender Speicher, e neuer Bodenspeicher. Für das Heben des Getreides aus dem Schiffsraum dienen Becherwerke der sogen. Zwillingskonstruktion. Es sind das am Ende eines langen Auslegers pendelnd eingehängte Schwebeelevatoren, von denen jedes Fahrgerüst zwei besitzt (siehe Fig. 9 und 12), welche scherenförmig in die Getreideladung eingesetzt werden und damit unter Beschränkung der für das Zuschaufeln erforderlichen Arbeit eine ausgiebige Beherrschung des Schiffsinnenraumes gewährleisten. Das gehobene Getreide wird durch Telekoprohre nach den Füßen zweier im Innern der Fahrgerüste befindlichen Elevatoren abgegeben, Welche die Frucht über automatische Wagen leiten, unterhalb denen das gewogene Getreide von Sammelbehältern aufgenommen wird. Der Antrieb dieser Mechanismen, welche noch durch eine Entstaubungsanlage vervollständigt werden, erfolgt elektrisch. Textabbildung Bd. 322, S. 818 Fig. 11.Pier mit einem der beiden Elevatoren. Das in den Sammelbehältern gefaßte Getreide kann verschiedene Wege geleitet werden. Sofern die Rückseite des Piers nicht durch einen Dampfer besetzt gehalten wird, ist es am einfachsten, das Leichterschiff dort fest zu machen und ihm das Getreide von dem Sammelbehälter in natürlichem Gefälle zuzuführen. Sofern dieser Fall jedoch nicht besteht, kann die Löschung durch ein weit ausragendes Verladerohr über den Dampfer hinweg erfolgen und es besitzt deshalb jeder der beiden Schiffselevatoren zwei Ueberheb-Elevatoren von annähernd 22 m Höhe über Pier (s. Fig. 9). Obgleich diese Löschanlage sich in der Hauptsache mit dem direkten Umschlag vom Dampfer zum Leichter beschäftigt, so kann sie doch nicht ohne einen Speicher von beträchtlicher Fassungskraft auskommen. Der Fall liegt hier analog demjenigen, wie er sich schon bei der vorbeschriebenen Verschiffungsanlage ergeben hat, daß nämlich die mannigfachen Unregelmäßigkeiten im Zusammentreffen der beiden Transportmittel, Eisenbahn und Dampfer, bezw. Dampfer und Leichter durch ein mehr oder weniger großes Lager ausgeglichen werden müssen. Bei vorliegender Anlage befinde sich der Speicher, wie ebenfalls die Fig. 9 zeigt, nicht weit vom Ufer, rd. 14 m von der Kaikante entfernt. Es muß möglich sein, die von dem Schiffselevator ausgebaggerte Frucht diesem Speicher zuzuführen, ohne die für die freie Schiffsdurchfahrt vorhandene Strecke zwischen Pier und Kai zu beeinträchtigen. Es befinden sich deshalb, auf die Länge des ganzen Piers hinführend und von den Unterwagen der Schiffselevatoren überbrückt, zwei Transportbänder (Fig. 11) angeordnet, welche das Getreide aus den Sammelbehältern der Schiffselevatoren empfangen und es nach zwei Turmelevatoren (E und F in Fig. 10 und E in Fig. 11) abgeben, welche es heben und mit langen durch Seilzüge unterstützten Fallrohren R nach dem festen Ufer werfen. Dort erfolgt der Weitertransport durch Bänder und Elevatoren in einer Weise, wie man sie für. moderne Speicher allgemein im Gebrauch hat (siehe Fig. 9). Der Speicher, welcher seiner Bauart nach als kombinierter Boden- und Silospeicher angelegt ist, enthält auch, da er nicht ausschließlich Speditionszwecken dient, eine kräftige Einrichtung für die Reinigung und Behandlung der verschiedenen Getreidearten. Das eingelagerte Getreide kann dort in Säcke gefaßt und nach der Bahn,welche sich dem Speicher entlang zieht, verfrachtet werden oder es kann in losem Zustande nach Kähnen gebracht werden, wozu ein allseitig bewegliches und ausziehbares Verladerohr dient. Textabbildung Bd. 322, S. 819 Fig. 12.Die Elevatoren während des Baues. Eine den Getreideimporteuren genugsam bekannte und sehr unangenehme Eigenschaft ihres Geschäftes ist die, daß sich in den Getreideladungen von Uebersee häufig sogen. Beschädigungen befinden, worunter solche Partieen zu verstehen sind, welche auf dem langen Wege von der Erzeugungsstelle bis zum Einfuhrhafen durch irgend einen Einfluß in ihrer Qualität Einbuße erlitten haben. Solche beschädigte Partieen müssen natürlich beim Löschen gegenüber den unbeschädigten auseinandergehalten werden und es ist dem bei der Anlage dadurch Rechnung getragen worden, daß die beiden Elevatortürme E, F (Fig. 10) an den Pierenden zu geräumigen Silos ausgebildet und mit Elevatoren, Kastenwagen und Fallrohren ausgestattet wurden. Durch die einfache Verstellung einer Klappe kann das von dem Schiffselevator gelöschte Getreide statt nach Leichtern oder dem Speicher in diese Silos umgeleitet werden, von wo es dann bei passender Gelegenheit in besonders dafür bereitgehaltene Fahrzeuge abgelassen wird.