Titel: Polytechnische Rundschau.
Autor: H.
Fundstelle: Band 323, Jahrgang 1908, S. 29
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Polytechnische Rundschau. Polytechnische Rundschau. Untergestelle mit großem Radstand. Nach des Verf. Ansicht werden auch in England mehr und mehr Untergestelle mit großem Radstand in Betrieb genommen werden, wie solche bereits in Deutschland und Oesterreich-Ungarn, besonders in Nürnberg, Wien und Budapest, mit Radständen von 2,5–3,6 m laufen. Der übliche in England verwendete Wagen faßt 50–56 Fahrgäste, von denen 22 im Innern des Wagenkastens, die übrigen auf dem Verdeck untergebracht werden. Ein solcher Wagen ist über 9,1 m lang und wiegt besetzt 12 t. Wenn dieser Wagen mit einem Radstand von etwa 2 m ausgeführt wird, so ist dies für Geschwindigkeiten über 25 km/Std. offenbar unvorteilhaft. Man hat diese Abmessung von den alten Pferdebahnwagen übernommen, die sehr viel kleiner und leichter waren und bei denen das Hindurchziehen der Wagen durch enge Kurven den Pferden möglichst erleichtert werden sollte. Bei der Elektrisierung hat man dann wohl die übrigen Abmessungen des Wagens, nicht aber den Radstand des Untergestelles vergrößert. Durchgebogene Wagenlängsträger und hängende Plattformen sind die Folgen dieses Mißverhältnisses; außerdem werden auch die Untergestelle verbogen und schiefwinklig durch die an den Enden überhängenden Massen verzerrt. Dann darf nicht außer Acht gelassen werden, daß bei ungleicher Verteilung der Fahrgäste im Wagen die Raddrücke der beiden Radsätze wesentlich voneinander abweichen. Wagen mit Drehgestellen hält der Verf. wegen der langen Wege der Fahrgäste im Wagen nur für Vorort-, nicht dagegen für Stadtverkehr geeignet. Ueberdies werden Drehgestellwagen in bezug auf die Bandagenabnutzung und die wellenförmige Schienenabnutzung dieselben Nachteile wie Wagen mit kurzen Radständen besitzen. Die Einführung von Untergestellen mit langem Radstand bei den Straßenbahnwagen in Chesterfield im Jahre 1904 hat nach nunmehr dreijährigem Betriebe gezeigt, daß die Auf- und Abwärts-, sowie Seitenschwankungen der Enden nur sehr gering sind und daß die Bodenrahmen der Wagen leichter gebaut werden können, da sie vorteilhafter auf eine größere Länge unterstützt sind. Auch die Beanspruchung der Kasten, der Untergestelle und der Schienen sind wesentlich vermindert. Ferner sind keine Fälle von Entgleisungen und Achsbrüchen vorgekommen. (Acland.) [The Electrician 1907, S. 959–960.] Pr. Wellenförmige Schienenabnutzung.Siehe D. p. J. 1907, S. 589. Fast überall zeigen die Schienen bei elektrischen Straßenbahnen wellenförmigen Verschleiß, der schon in den ersten Tagen nach der Aufnahme des Betriebs, gewöhnlich aber nach drei Wochen bis sechs Monaten aufzutreten pflegt. Am schlimmsten treten diese Wellen in den Kurven zutage, wo die äußere Schiene meistens regelmäßige kurze Wellen, die innere dagegen mehr oder weniger ungleich verteilte Vertiefungen zeigt. In den graden Strecken wechselt die Wellenlänge gewöhnlich zwischen 6 und 12 cm, obwohl auch viel längere Wellen vorkommen. Bei Straßenbahnen mit Pferdebetrieb hat man noch nirgends die Wellenbildung auf dem Schienenkopf beobachtet, wahrscheinlich infolge des geringen Wagengewichts; bei Dampfbetrieb treten die Wellen hier und da, aber sehr selten auf. Im allgemeinen hat eine hohe Wagengeschwindigkeit einen ungünstigen Einfluß auf ihre Bildung, und nimmt die Wellenlänge mit der Geschwindigkeit zu. Die Wellenbildung wird vor allem dem Umstände zugeschrieben, daß die Schienen beim Walzen infolge von Erzitterung der Walzen eine unebene Oberfläche erhalten. Beim Darüberfahren werden die Wagen infolge der durch diese Unebenheiten veranlaßten Erschütterungen dieselben verschlimmern. Als Heilmittel hat der London County Council für ihre Straßenbahnen 25 cm lange und 6,5 cm breite Karborundumblöcke in Anwendung gebracht, die an Wasserwagen befestigt und auf die Schienenoberfläche niedergedrückt werden konnten. Die Unebenheiten der neuen Schienen wurden damit sofort nach deren Verlegung abgeschliffen, was eine Hinausschiebung der Wellenbildung auf lange Zeit zur Folge hatte. Bei schon angegriffenen Schienen hatte die gleiche Behandlung nur sehr geringen Erfolg, da die Wellenbildung sehr bald wieder auftrat. Von anderen möglichen Ursachen des wellenförmigen Verschleißes seien noch angeführt: weiche Schienen und schwere Wagen; fehlerhafte Schienenverbindungen; ungleiche Spurbreite; ungenügend befestigte Schienen; Schleifen der Räder in den Kurven; verschiedene Durchmesser der Räder; unrunde Räder; zu schnelle Beschleunigung der Wagen. Um die Wellenbildung in den Kurven möglichst einzuschränken, wird in Hamburg die Rinne in der äußeren Schiene teilweise ausgefüllt, damit die äußeren Räder hier auf den Flanschen laufen und ihr größerer wirksamer Durchmesser ein geringeres Schleifen der inneren Räder bewirkt. Im allgemeinen scheinen magnetische Bremsen den wellenförmigen Verschleiß weniger herbeizuführen als mechanische. Bei Wagengeschwindigkeit zwischen etwa 6 und 25 km i. d. Std. bleibt die Wellenlänge etwa die gleiche, bei höheren Geschwindigkeiten nimmt sie zu. Ob dies allein der hohen Geschwindigkeit oder auch dem bei derselben besonders in Amerika üblichen größeren Wagengewicht zuzuschreiben ist, muß dahingestellt bleiben. (Fell.) [The Engineer 1907, Bd. II, S. 401–402.] Ky. Spez. Wärme von Stickstoff, Kohlensäure und Wasserdampf bis 1400°. Vor zwei Jahren hat Holborn in der physikalischtechnischen Reichsanstalt die mittlere spezifische Wärme von Luft, Stickstoff und Kohlensäure bis zu 800° aufwärts bestimmt; jetzt hat er auch Wasserdampf untersucht und die obere Temperaturgrenze bis 1400° ausgedehnt. Das Gas wird zunächst in einem elektrisch geheizten Platinspiralrohr vorgewärmt und tritt dann in den eigentlichen Ofen, in dem es bis auf 1400° erhitzt werden kann. Der Heizkörper dieses Ofens steht senkrecht und wird durch zwei konzentrische Platinrohre von 6 mm bezw. 15 mm Durchm. gebildet, die am unteren Ende zusammengeschweißt sind. Der Heizstrom (bis zu 75 Amp. bei 16 Volt) wird dem inneren Rohre oben durch ein angelötetes Silberblech zugeführt, fließt durch die Rohrwandung und steigt im äußeren Rohre wieder empor. Zwischen die beiden Rohre sind zur Isolierung Ringe aus Magnesia geschoben und die obere Mündung ist durch einen gut eingepaßten Schamottepfropfen verschlossen. Als äußerer Mantel umgibt ein weites, der Länge nach in zwei Teile zerschnittenes Porzellanrohr den Ofen. In den Innenraum ragt von oben das Le Chatelier-Pyrometer, mit dem die Temperatur des erhitzten Gases gemessen wird; seine Schenkel sind mit Röhrchen aus Quarzglas überzogen. Die senkrechte Anordnung des Ofens, die eigentlich der gleichmäßigen Wärmeverteilung ungünstig ist, mußte gewählt werden, damit eine Berührung zwischen Thermoelement und der Strom führenden Rohrwandung leichter vermieden werden konnte; denn eine solche gefährdet bei Weißglut trotz isolierender Hüllen die Isolierung der Pyrometerdrähte. Nur Luft isoliert hinreichend. Bei wagerechter Anordnung ist aber eine Berührung zwischen Thermoelement und Rohrwand kaum zu vermeiden, weil sich in dieser Lage alle gebräuchlichen Schutzröhren in hoher Temperatur biegen und dann anliegen. Aus dem Ofen tritt das erhitzte Gas gleich in das darunterstehende Kalorimeter, durchströmt nacheinander drei mit Silberspähnen gefüllte Röhren und gibt an diese seine Hitze ab. Das Kalorimetergefäß, in dem diese Röhren stehen, ist mit 2,5 1 Paraffinöl gefüllt. Die Temperatur des Kalorimeters wurde durch elektrische Heizung ständig über 100° gehalten, auch bei der Beobachtung von Stickstoff und Kohlensäure. Bei Wasserdampf war dies nötig, um Verflüssigung von Wasser im Kalorimeter zu verhüten. Man hat aber außerdem noch den Vorteil, daß die Temperaturkorrektion wegen der Strahlung und Leitung aus der Umgebung klein gehalten werden kann. Wenn nämlich die Temperatur des Kalorimeters weit oberhalb der Zimmertemperatur liegt, so kann man die vom Ofen zugestrahlte Wärme durch Wärmeabgabe des Kalorimeters an seinen kühleren Mantel aufheben. Die gasdichte Verbindung des Vorwärmers mit dem Heizrohr wurde durch ein sehr dünnes, biegsames Platinröhrchen hergestellt, das einerseits an das spiralige Platinrohr des Vorwärmers geschweißt war und andererseits einen Flansch trug; dieser Flansch war unter Zwischenlegung einer Asbestdichtung an einen zweiten Flansch geschraubt, der von einem seitlichen Ansatz am inneren Heizrohre des Ofens getragen wurde. Durch einen elektrischen Strom wurde diese etwa 7 cm lange Verbindung geheizt, damit sich das Gas auf dem Wege vom Vorwärmer zum Ofen nicht zu sehr abkühle. Die Verbindung zwischen Heizrohr und Kalorimeter war ähnlich eingerichtet. Als Ergebnis der zahlreichen Messungen wurden folgende Formeln für die mittlere spezifische Wärme zwischen 1 den Temperaturen 0° und Θ° C aufgestellt: Stickstoff: c0,Θ = 0,2350 + 0,000019 Θ. Kohlensäure: c0,Θ = 0,2010 + 0,0000742 Θ                     – 0,000000018 Θ2 Wasserdampf I: c100,Θ = 0,4669 – 0,0000168 Θ                        + 0,000000044 Θ2 oder II: = 0,4544 + 0,00692510°,0007513 Θ. Die Aenderung, welche die mittlere spez. Wärme des Stickstoffs mit steigender Temperatur erfährt, ist nur gering und konnte deshalb früher nur ungenau bestimmt werden. Aus diesen Formeln ergibt sich folgende Tabelle für die mittlere (c0,Θ) und die wahre (cw) spez. Wärme: Θ Stickstoff Kohlensäure Wasserdampf Formel I (II Expo-nentialformel) c0, Θ c w c0, Θ c w c 100, Θ c w c 100, Θ c w [0°] 0,2350 0,235 0,2010 0,201 0,4669 0,469 0,4613 0,460   200 0,2388 0,243 0,2151 0,229 0,4653 0,465 0,4642 0,466   400 0,2426 0,250 0,2278 0,252 0,4672 0,473 0,4682 0,475   600 0,2464 0,258 0,2390 0,271 0,4726 0,491 0,4740 0,491   800 0,2502 0,265 0,2491 0,285 0,4817 0,519 0,4820 0,515 1000 0,2540 0,273 0,2572 0,295 0,4941 0,558 0,4935 0,554 1200 0,2578 0,281 0,2641 0,301 0,5101 0,608 0,5096 0,614 1400 0,2616 0,288 0,2696 0,303 0,5296 0,668 0,5323 0,707 [1600] 0,2654 0,296 0,2736 0,300 0,5527 0,739 0,5646 0,849 Da die Bestimmungen bis 1400° reichen, so sind wir damit in das Gebiet der Explosionsversuche gelangt, die schon bei 1300° beginnen. Der Vergleich mit den von Schreber berechneten Werten ergibt befriedigende Uebereinstimmung. Durch die mühseligen und schwierigen Untersuchungen von Prof. Holborn sind nunmehr die für die Berechnung von Verbrennungswärmen usw. überaus wichtigen spezifischen Wärmen von Stickstoff, Kohlensäure und Wasserdampf endlich genügend festgelegt. (Holborn u. Henning.) [Annalen der Physik, 23, 809–845.] A. Dampfverbrauch der Baumwollgarn-Schlichtereien. In der Mechanischen Baumwollspinnerei und Weberei Augsburg konnte ein Verdampfungsversuch zu dessen Erhebung benutzt werden und zwar ergab sich derselbe als Unterschied zwischen dem Gesamtspeisewasser-Verbrauch der Dampfkessel und der von den Wärmeöfen und der Speisepumpe erhaltenen Dampfwassermenge, wobei jegliches Kondenswasser sorgfältig aufgefangen und gewogen wurde. Tag 13. 8. 07. 14. 8. 07. Anlage Gesamte Altbau Neubau Anzahl der im Betrieb befindl.    Schlichtmaschinen 13 9 4 Gesamtdampfinhalt der Schlicht-    zylinder                            Liter 75173 48621 26552 Durchschnittliche Betriebsspan-    nung                                    at 1,2 1,1 1,4 Durchschn. minutl. Umdreh.-Zahl    des großen Zylinders 3,4 2,9 3,9 do. kleinen          do 5,8 4,6 6,9 Versuchsdauer                     Stdn. 7,97 4,00 4,22 Durchschn. Betriebszeit der Ma-    schinen nach Abzug der Still-    standpausen                    Stdn. 6,79 3,53 3,90 Gewicht des geschlichteten    Garnes                                kg 7595,7 2262,25 1718,9 Gesamtspeisewasserverbrauch d.    Dampfkessel                       kg 29600 10000 6000 Dampfverbrauch der Speise-    pumpe                                kg 596,5 271 260 Dampfverbrauch der Speisen-    wärmöfen                            kg 514,3 508,7 Gesamtdampfverbrauch für die    Schlichtereien einschließlich der    Hauptdampfleitungen 28489,2 9045,5 5740,0 Gesamtdampfverbrauch für die    Schlichtereien ohne die Haupt-    dampfleitungen 27742,7 8907,5 5498,6 Stündl. Dampfverbr. f. 1 Schlicht-    maschine einschl. der Haupt-    dampfleitungen 275,5 251,3 340,1 Stündl. Dampfverbr. f. 1 Schlicht-    maschine ohne die Haupt-    dampfleitungen 267,2 247,4 325,8 Dampfverbr. f. 1 kg geschlichtetes    Garn einschl. Hauptdampleitg 3,751 3,998 3,339       do. ohne              do. 3,652 3,938 3,199 Dampfverbr. der Schlichtzylinder    allein im ganzen                   kg 13045,5 3743,5 2824             in 1 Std. Betriebszeit für              1 Maschine 147,8 117,8 181,0             für 1 kg geschlichtetes             Garn kg 1,717 1,655 1,643 (Geiger.) [Zeitschrift des Bayr. Revisionsvereins 1907, S. 207–210.] Z. Bleibende Spannungen in Werkstücken. Sind zwei prismatische Stäbe fest miteinander verbunden, so krümmen sie sich, wenn man die Temperatur eines Stabes von t1 auf t2 erhöht. Verhindert man die Krümmung, so entsteht im erwärmten Stabe eine Druckspannung, im nicht erwärmten eine gleich große Zugspannung, deren absoluter Wert gegeben ist durch \frac{1}{2}\,E\,\alpha\,(t_2-t_1). Dabei ist E der Elastizitätsmodul, a die lineare Ausdehnungszahl. In einem Eisen mit 2400 kg/cm ursprünglicher Streckgrenze genügt in dieser Weise ein Temperaturunterschied von 200° C um die Streckgrenze zu erreichen.Nach Versuchen von Sulzer zerreißt ein Gußeisenstab, dessen Enden festgehalten werden, bei einer Abkühlung von 200 auf ungefähr 50° C (Schweiz. Bauztg. 1907, No. 4; Z. d. V. d. I. 1907, No. 30; D. p. J. 1907, No. 46) – Aendert sich die Temperatur längs der Fasern eines prismatischen Stabes, der gezwungen wird, gerade zu bleiben, so verteilen sich die Spannungen nach demselben Gesetze wie die Temperaturen, doch so, daß zur Herstellung des Gleichgewichts, die Druck- und Zugkräfte einander gleich sind. Krümmt sich der Stab, so gleichen sich die Biegungs- und Wärmespannungen teilweise aus. Entspricht das Temperaturgesetz der Spannungsverteilung in einem auf Biegung beanspruchten Stabe, so krümmt er sich bis zum spannungslosen Zustand; sind also die Spannungen nach dem Gradliniengesetz verteilt, so tritt dies bei linearer Temperaturverteilung ein. Die größten Spannungen entstehen bei vollständiger Verhinderung der Krümmung, was ohne äußeren Zwang bei einem nach der Achse symmetrisch sich abkühlenden Stab stattfindet. Haben die Spannungen keine bleibenden Formänderungen bewirkt, so verschwinden die elastischen Kräfte, sobald das Werkstück sich vollständig ausgekühlt hat. Ist das Material statt elastisch, plastisch, so werden Längenänderungen ungehindert vor sich gehen. Der Höchstwert, den die Spannungen erreichen, ist also durch die Streckgrenze gegeben. Unterhalb derselben verhalten sich die Stoffe, wie solche elastischer Art, darüber wie plastische; freilich kann die Streckgrenze infolge der Beanspruchung durch die Wärmespannungen gehoben werden. Tritt die Erwärmung bezw. die Abkühlung plötzlich auf, so kommt man ins Gebiet der dynamischen Erscheinungen. – Bei der Abkühlung von Gußstücken durchlaufen die einzelnen Teile die Temperaturen zu verschiedenen Zeiten. In einem gewissen Temperaturbereich ist die Streckgrenze des Materials niedrig, so daß die auftretenden Formänderungen nur plastischer Art sind; im Innern des Werkstückes findet dies später statt als außen.Heyn berücksichtigt die bei Warmzerreißversuchen gemachten Beobachtungen zur besseren Beschreibung der Spannungsvorgänge in sich abkühlenden Gußstücken, als sie gebräuchlich war. Vergl. z.B. F. Neumann: Die Gesetze der Doppelbrechung des Lichtes in komprimierten oder ungleich erwärmten unkrystallinischen Körpern. Abhandl. der Akademie Berlin 1841 (1843). Da das Material bei der Krümmung schwindet, so entstehen im Innern Zug–, außen Druckspannungen. Ist die Abkühlungsgeschwindigkeit proportional der Temperatur, so ist das Temperatur – Zeitgesetz durch eine logarithmische Kurve gegeben; ebenso das Dehnungs-Zeitgesetz. Sind zwei Stäbe, die sich mit verschiedenen Geschwindigkeiten abkühlen, miteinander fest verbunden, so durchlaufen sie drei typische Bereiche: im ersten liegt bei beiden die Streckgrenze niedrig, beide ändern ihre Länge bei kleinen Spannungen; im zweiten ist nur bei einem, dem langsamer sich abkühlenden eine plastische Formänderung möglich; doch erst im dritten entstehen elastische Kräfte, wenn auch der zweite Stab in den Temperaturbereich hoher Streckgrenze getreten ist. Die Zeitabschnitte sind natürlich nicht scharf voneinander getrennt, sondern gehen allmählich ineinander über. Die Größe der Spannungen hängt nicht nur vom Schwindungskoeffizienten, sondern auch davon ab, wie sich die Streckgrenze mit wachsender Temperatur erniedrigt. Der Konstrukteur hat schon im Entwurf darauf Rücksicht zu nehmen, daß die Form der Werkstücke nicht zu große bleibende Spannungen bedingt. Durch langsames Abkühlen, mit dem man noch innerhalb des Temperaturbereiches der plastischen Formänderungen einzusetzen hat, kann man die Gußspannungen vermindern; ebenso durch die Erhitzung des fertigen Stückes bis zu dieser Temperatur und umgekehrt: erzeugt man künstliche Spannungen, so kann man durch Erhitzung die Temperatur der Plastizitätsgrenze ermitteln, welche erreicht ist, sobald die Spannungen verschwinden. (Heyn.) [Stahl und Eisen 1907, No. 37 und 38.] A. L Die Wasserkraft-Elektrizitätswerke der Stadt Rio de Janeiro. Die Rio de Janeiro Tramway, Light and Power Company in Toronto, Canada, die sich vor einiger Zeit die Konzession für die elektrische Stromversorgung in der Stadt Rio de Janeiro bis zum Jahre 1950 gesichert hat, errichtet gegenwärtig 81,5 km von der Stadt entfernt eine große Wasserkraftanlage, die für den Anfang 50000, im späteren Ausbau bis zu 120000 PS in Form von Drehstrom von vorläufig 40000, später 60000 und 80000 Volt Hochspannung liefern wird. An einem 314 m hoch oberhalb des Kraftwerkes gelegenen Punkte wird das Tal des Rio das Lages, der hier eine Reihe von Wasserfällen bildet, durch eine Staumauer von 35 m größter Höhe abgeschlossen, wodurch ein See von etwa 26 km Länge und annähernd 190 Millionen cbm Wasserinhalt geschaffen wird. Die Wasserverhältnisse dieses Flusses sind so günstig, daß man nur sehr kurze Zeit auf den niedrigsten Wasserstand zu rechnen braucht und mit Bestimmtheit hoffen darf, über die volle Leistung des Kraftwerkes während der ganzen Dauer des Jahres verfügen zu können. Aus dem vorerwähnten Stausee führen zwei eiserne Rohrleitungen von 2,4 m Weite zu einer 1800 m entfernten Verteilstelle, an der sich die beiden Rohre vereinigen und von welcher die sechs eigentlichen Druckleitungen von je 900 mm Durchm. abgehen. Diese Leitungen führen mit 270 m Gefälle steil hinunter zu dem weiter unterhalb am Lauf des Rio das Lages errichteten Maschinengebäude und führen so das Kraftwasser unmittelbar je einem 9000-pferdigen Pelton-Wasserrad mit senkrechter Welle und unmittelbar damit gekuppelter 6000 KW-Drehstromdynamomaschine zu. Die von Escher Wyß & Co. in Zürich ausgeführten Turbinen haben je vier durch Nadelventile regulierbare Zulaufdüsen und durch Drucköl betätigte Regulatoren und sollen einen gewährleisteten Wirkungsgrad von 82 v. H. ergeben. Der mit 6000 Volt Spannung erzeugte Strom wird in Transformatoren stufenweise bis auf 40000 Volt Spannung erhöht und einem Umformerwerk in der Stadt Rio de Janeiro zugeführt, wo seine Spannung wieder bis auf die Verbrauchsspannung erniedrigt wird. Dieses Umformerwerk wird außerdem im ersten Ausbau mit zwei durch Generatorgasmaschinen betriebenen 600 KW-Drehstromerzeugern als Reserven für den Fall einer Störung der Wasserkraft- oder Fernleitungsanlage ausgerüstet. Für die Zwecke der Kraftlieferung während der Bauarbeiten an dieser Wasserkraftanlage und zur allmählichen Einführung ihrer Stromabgabe an die Stadt hat die Gesellschaft vor kurzer Zeit eine 3400 PS liefernde Wasserkraftanlage an dem gleichen Fluß erbaut, die durch zwei 750 mm weite Druckleitungen von einer Stelle etwas unterhalb der geplanten Talsperre gespeist wird. Endlich hat die Gesellschaft sich auch das Recht zur Ausnutzung der etwa 100000 PS betragenden Wasserkräfte des Perahyba-Flusses, etwa 160 km weit von Rio de Janeiro gesichert, für den Fall, daß sich der Kraftbedarf der Stadt erheblich steigern sollte. Dieser Fluß dürfte aber wegen seiner großen Entfernung von Rio de Janeiro wohl eher zur Versorgung des Staates Minas Geras in Frage kommen. [The Engineer 1907, Bd. II, S. 409–410 und The Engineering Record 1907, Bd. II, S. 439–440.] H.