Titel: Kupplungen für Kraftfahrzeuge.
Autor: R. Lutz
Fundstelle: Band 323, Jahrgang 1908, S. 36
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Kupplungen für Kraftfahrzeuge. Von Prof. R. Lutz. (Fortsetzung von S. 6 d. Bd.) Kupplungen für Kraftfahrzeuge. Die Verwendung von Innenfedern verringert die Baulänge und schützt die Federn, erschwert aber auch deren Nachstellung. Die Fahrzeugfabrik Eisenach verwendet (Fig. 11) zwei parallel geschaltete Federn, auf deren Nachspannung verzichtet ist, deren Kräfte aber ausgeglichen sind. Die Kegelführung ist eine gute und durch eine Oldham-Kupplung a vor der Einwirkung von Rahmenbiegungen geschützt. Rückt der vom Fußhebel bewegte Ausschaltring b, welcher zwar besonders geschmiert ist, aber nicht in einem Kugellager geht, den Vollkegel aus, so überträgt die Kugel c einen Teil der frei werdenden Federkraft auf die Getriebewelle und entlastet so die der Maschine. Durch Verschiebung der Hohlwelle d nach rechts läßt sich eine bequeme Auseinandernähme aller Teile herbeiführen. Der gedrängte Bau der Kupplung ist bemerkenswert. Textabbildung Bd. 323, S. 36 Fig. 11. Für eine Leistung von 30 PS bei 1000 Umdreh. rechnet die Fabrik mit folgenden Größen: Halber Kegel-Spitzenwinkel = 10° Reibungskoeffizient = 0,16 Gesamter Federdruck = 126 kg Spezifische Pressung = 1,14 kg/qcm Als ein Normaltyp kann die Opel-Kupplung betrachtet werden, welche Fig. 12 im Grundriß darstellt. Sie ist ausgeglichen, besitzt sichere Kegelführung auf dem Wellenfortsatz und kann nach Herausnahme des Stückes a leicht auseinandergenommen werden. Die in dem Antriebsring sitzenden Zapfen b vermitteln die Kupplungsbetätigung, das Oldham-Gelenk c nimmt Formänderungen des Rahmens auf. Die Feder, welche den freien Druck nach Auskupplung in gewöhnlicher Weise auf ein Kugellager überträgt, kann nur nach Abnahme des Teiles a nachgezogen werden. Unmöglich ist übrigens auch bei solchen Innenfedern eine Nachspannung ohne irgendwelchen Abbau nicht, wie die Nebenfigur in Fig. 12 zeigt. Eine geteilte Nachstellmutter d faßt dort mittels zweier Schräubchen einen verschiebbaren Ring, welcher auf die Feder wirkt. Textabbildung Bd. 323, S. 36 Fig. 12. Textabbildung Bd. 323, S. 36 Fig. 13. Opel führt seine Kupplung bis zu 25 PS mit Lederkonus und von 25 bis 60 PS mit einem solchen aus Phosphorbronze aus. Eine absonderliche Anordnung wird von der Société de Construction Automobile de ReimsVergl. „Revue Française de Construction Automobile“ 1906, S. 344. gebaut (Fig. 13). Das Schwungrad ist auf der Maschinenwelle durch Konus und Keil befestigt. Ein abschraubbarer Wellenfortsatz trägt ein Widerlager für die Feder, dient aber nicht, wie gewöhnlich zur Kegelführung. Diese ist vielmehr besonders durchgebildet, woraus sich ein erhebliches Ineinanderschachteln von Teilen ergibt. Eine gute Schmierung kann durch das Röhrchen a erzielt werden. Der Ring b bewirkt die Ausschaltung. Nach Lösung der Flanschenverbindung c läßt sich das Gelenkstück d entfernen, und dann die Kupplung abbauen. Recht einfache, nach außen glatt abschließende Kupplungskonstruktionen ergeben sich, wenn man durch Zwischenfedern den Vollkegel vom Schwungrad abpreßt, wobei dann ein umgekehrt liegender Hohlkegel mit dem Schwungrad verbunden werden muß. Textabbildung Bd. 323, S. 37 Fig. 14. DecauvilleVergl. „Revue Française de Construction Automobile“ 1905, S. 123. (Fig. 14) führt diesen Hohlkegel geteilt aus, den Vollkegel aus gepreßtem, dünnen Stahlblech, also sehr leicht. Die Feder ist aber völlig unzugänglich und nicht nachstellbar, die Kegelführung unsicher. Auseinandernehmen lassen sich die Teile leicht, wenn das Hohlstück a entfernt wird. Hering und Richard (Ronneburg) führen ihre Kupplung (Fig. 15) ähnlich, wie die französische Firma Renault aus. Gegenüber Fig. 14 ist die bessere Kegelführung bemerkenswert. Ausgleich ist vorhanden, der Abbau einfach, für Schmierung der Kugellager gesorgt; Federnachstellung fehlt. Die Arme des Vollkegels dienen als Ventilatorflügel: auch der Umfang des Schwungrades ist mit solchen besetzt, so daß ein sehr wirksames Absaugen der Luft stattfindet. Textabbildung Bd. 323, S. 37 Fig. 15. Eine gute Federnachspannung weist die für den 24-pferdigen Nutzwagen (Lastwagen, Omnibus) bestimmte Kupplung der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft (Berlin) auf (Fig. 16). Durch Ausschnitte des gepreßten Vollkegels ist eine der Federnachstellung dienende, im Gewinde gehende Scheibe a zugänglich gemacht worden, deren Feststellung durch Einfassen einer Feder b in entsprechende Umfangsausschnitte erfolgt. Die Kegelführung ist nicht vollkommen, der Kraftausgleich erfolgt durch Achsialbeanspruchung eines Kugellagers. Die Berliner Motorwagenfabrik (Reinickendorf) wendet für ihre leichte Lastwagenkupplung (Fig. 17) eine nicht nachstellbare Kegelfeder mit Rechteckquerschnitt an. Das Kugellager ist gut geschmiert zu halten, wird jedoch beim Kraftausgleich achsial beansprucht. Drei bequem einzustellende Andrückfedern verwendet die Süddeutsche Automobilfabrik (Gaggenau) bei ihrer in Fig. 18 dargestellten Kupplung. Den Kraftausgleich vermitteln die in den Wellenmitten sitzenden beiden Kugeln, die durch den Ring a bewirkte Ausrückung der Kupplung begrenzt die Stellschraube b. Die Schmierung ist gut, die Kegelführung nachgiebig. Textabbildung Bd. 323, S. 37 Fig. 16. Textabbildung Bd. 323, S. 37 Fig. 17. Die Vorzüge der Kegelkupplungen, wie Einfachheit, genügend sanftes Angehen bei schwächeren Gefährten und schnelles Ausschalten, werden dieser Bauart eine dauernde Anwendung sichern. Abgesehen von der im Bau von Luxusfahrzeugen einflußreichen Mode, welche häufig und nicht immer zum Vorteil der Sache zur Nachahmung neuer, von irgend einer bekannteren Firma angewendeter Konstruktionen verleitet, setzen sich der Anwendung von Kegelkupplungen ernstliche Schwierigkeiten erst bei sehr kräftigen Fahrzeugen entgegen. Das übertragbare Drehmoment M folgt ja aus der Gleichung M=Q\,\cdot\,r\,\frac{\mu}{\sin\,\alpha+\mu\,\cdot\,\cos\,\alpha}, wenn Q den achsialen Anpressungsdruck, r den Radius der Reibung, μ den Reibungskoeffizienten, a den halben Kegelwinkel bedeutet. μ ist nun in gewissen Grenzen gegeben, a aus Gründen, welche schon entwickelt wurden, nach unten zu beschränkt. Das Schwungrad darf sich der Fahrstraße mit Rücksicht auf Steine usw. nicht allzusehr nähern, so daß sein Durchmesser und damit auch r über einen gewissen Wert nicht hinausgehen können. Mit wachsendem Drehmoment M muß daher vor allem Q wachsen. Aber auch das hat seine Schranken, einerseits in den aus der Einhaltung einer gewissen Flächenpressung sich ergebenden Kupplungslängen, vor allem aber in der schon erörterten Einschränkung von Kraft und Weg des Führerfußes. Der geringste Ausrückungsweg sollte in Anbetracht der immerhin nachgiebigen Lederbespannung 7 mm sein, da andernfalls leicht keine vollständige Ausschaltung erfolgt; damit ist aber auch die größte mögliche Uebersetzung des Fußdruckes, also auch der höchste Anpressungsdruck Q festgelegt. Textabbildung Bd. 323, S. 38 Fig. 18. Textabbildung Bd. 323, S. 38 Fig. 19. Aber nicht nur der Umstand, daß die Größe des übertragbaren Drehmoments bei Kegelkupplungen aus den angegebenen Gründen begrenzt ist, hat teilweise zum Verlassen dieser Kupplungen geführt, sondern auch die Notwendigkeit, mit schweren Wagen sanft anfahren zu müssen. Das dabei unerläßliche Schleifen der Kupplung führt bei häufigem Eintreten und längerer Dauer zu einem starken Verschleiß und zum Verbrennen des Leders, welches deshalb gelegentlich auch durch den weniger empfindlichen Kameelhaarfilz oder durch Metall ersetzt worden ist. Wie ungern man trotz dieser Schwierigkeiten die Kegelkupplungen, insbesondere die Lederkupplungen auch bei starken Gefährten verlassen hat, folgt am besten aus den mannigfachen Bestrebungen, durch Verbesserungen der Kegelkupplungen die Leistungsfähigkeit und Anwendbarkeit der letzteren zu heben. So hat man (Fig. 19 A), um verschlissenes Leder schnell ersetzen zu können, die Bandage nicht auf den Vollkegel aufgenietet, sondern sie durch Spannschrauben mit Hammerkopf befestigt und dadurch leicht abnehmbar gemacht. Gleichmäßigeres Anliegen des Leders und damit bessere Mitnahme ist dadurch angestrebt worden, daß unter dasselbe Gummi oder ein Federsystem gelegt wurde (Fig. 19 B u. C). Zu dem gleichen Zwecke werden auch federnde Zungen aus dem dann aus dünnem Stahlblech hergestellten Vollkegel herausgetrennt (Fig. 19 D), oder man zerlegt dessen Umfang durch Radialschlitze in einzelne federnde Segmente (vergl. Fig. 11). Gleiten der Kupplung während der Fahrt ist durch Verriegelung derselben unmöglich gemacht worden, wie Fig. 20 an einem Beispiel (Brasier) zeigt. Die geteilte Kupplungsmuffe a faßt in einen gleichfalls geteilten Flansch b, welcher sechs Stifte c trägt. Am Schwungrad sitzt die mit 36 Löchern versehene Scheibe d, in welche die Stifte bei Weiterverschiebung der Muffe hineinfassen, somit also die Kupplung verriegeln. Textabbildung Bd. 323, S. 38 Fig. 20. RenaultVergl. „La France Automobile“ 1904, S. 350. hat zur Erzielung besonders weichen Anfahrens versucht, den Hohlkegel nicht fest mit dem Schwungrade zu verbinden, sondern Mitnehmerfedern zwischen beide zu legen. Die Adlerwerke erstreben das Gleiche dadurch, daß sie eine Metallkupplung im Oelbad verwenden (Fig. 21). Wie schon angegeben, lagern sie Motor, Kupplung und Wechselgetriebe in einem gemeinsamen Gehäuse a. Dadurch wird der Kupplungsabbau sehr erschwert, die Kupplung verlangt also eine ganz besonderes sorgfältige Konstruktion. Ihre Oelung erfolgt durch das Rohr b, so daß stets Oelvorrat in der geschlossenen Umkapselung vorhanden ist. Die Feder ist nicht nachstellbar, aber ausgeglichen; die Drehung überträgt der Mitnehmer c. Ausgekuppelt wird durch den Hebel d unter Mitwirkung des Zwischenhebels e. Textabbildung Bd. 323, S. 38 Fig. 21. Oelrückstände müssen von Zeit zu Zeit durch Benzin oder Petroleum entfernt werden; durch Petroleumzusatz zum Schmieröl beugt man der Bildung solcher Rückstände etwas vor. Es ist ein Vorzug metallischer Kegelkupplungen, daß ihr Lüftungshub sehr gering sein kann, denn das erleichtert die Durchbildung einer bequemen Uebersetzung zwischen Fußhebel und Ausrückring. (Fortsetzung folgt.)