Titel: Neuerungen aus einigen Gebieten der Starkstromtechnik.
Autor: K. Kahle
Fundstelle: Band 323, Jahrgang 1908, S. 172
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Neuerungen aus einigen Gebieten der Starkstromtechnik. Von Regierungsrat Dr. K. Kahle, Charlottenburg. (Schluß von S. 154 d. Bd.) Neuerungen aus einigen Gebieten der Starkstromtechnik. Luminescenz-Lampen. Bedeutet die Quarzlampe der Glas-Quecksilberlampe gegenüber eine stärkere Betonung der Temperaturstrahlung, so hat neuerdings auch ein Repräsentant des reinen Luminescenzlichtes Eingang in die Praxis gefunden. Es ist dies das von Mc Farlan Moore seit Beginn der 90 er Jahre entwickelte Beleuchtungssystem, das auf dem Prinzip der Geißler-Röhre beruht.s. D. p. J. 1903, S. 823 – Proc. of the Americ. Inst. El. Eng. 1907, S. 523. Statt einer größeren Zahl einzelner Lichtquellen benutzt Moore zur Beleuchtung eines Raumes eine einzige ihn umspannende Leuchtröhre, die auf etwa 0,1 mm Luftdruck evakuiert wird und in Längen bis 70 m hergestellt werden kann. Fig. 50 zeigt die Beleuchtung eines Theaterfoyers mit einer solchen Leuchtröhre. Textabbildung Bd. 323, S. 171 Fig. 50.Foyer eines Theaters mit Moorescher Beleuchtung. Die Enden der Röhre befinden sich mit dem zur Stromversorgung erforderlichen Apparaten in einen Kasten vereinigt, der in Fig. 51 dargestellt ist. Der erforderliche hochgespannte Strom wird in dem Transformator 4 erzeugt, der primär an ein gewöhnliches Niederspannungsnetz und sekundär an die Kohleelektrode 3 des Rohres 1 angeschlossen ist. Außerdem befindet sich in den: Schutzkasten 2 noch eine Einrichtung zur Konstanthaltung des Luftdruckes in der Röhre auf dem Betrage, für den der Widerstand der Lampe ein Minimum ist. Oberhalb und unterhalb dieses Druckes sinkt bei konstanter Spannung die Stromstärke und damit die Leuchtkraft beträchtlich und bei größeren Abweichungen beginnt die Lampe zu flackern. Da nun während des Betriebes der Lampe Luft verbraucht wird und somit der Druck sinkt, so wird ohne regelmäßige Zufuhr die Lampe nur kurze Zeit funktionieren. Hierfür ist von Moore eine sehr sinnreiche und einfache elektromagnetische Vorrichtung angegeben, durch die die Lampe erst lebensfähig geworden ist. Textabbildung Bd. 323, S. 171 Fig. 51.Anschlußkasten. In Fig. 51 sieht man von dem einen Ende der Leuchtröhre ein Rohr abzweigen, das in einem weiteren offenen Rohr endigt. Auf dem Boden des weiteren Rohres sitzt ein poröser Kohlekegel, der einen für Luft durchlässigen Verschluß bildet. Wie Fig. 52 zeigt, ist der Kohlekegel ausgehöhlt und mit Quecksilber überdeckt, das die Luft abschließt. In das Quecksilber taucht die rohrförmige Verlängerung eines Eisenkerns, der von einer im Primärstromkreise des Speisetransformators liegende Spule beeinflußt wird. Je nach der Stellung des Kerns ist der Kohlekegel ganz oder teilweise vom Quecksilber überdeckt und läßt dementsprechend mehr oder weniger Luft nach dem Leuchtrohr zu. Textabbildung Bd. 323, S. 171 Fig. 52.Luftdruckregler. Der aufrecht zu erhaltende Luftdruck liegt nun etwas über dem, der dem geringsten Widerstände, also dem stärksten Strome entspricht. Verringert sich nun beim Gebrauche der Lampe der Luftdruck, so steigt der Strom und hebt den Kern an, so daß etwas Luft in die Röhre eintritt. Die Stellung der Spule zum Kern läßt sich nun durch eine Schraube so einstellen, daß die Lampe alle eine bis zwei Sekunden in der vorbeschriebenen Weise Atem holt und so ihr Leben fristet. Die Einrichtung zur Beleuchtung eines Raumes nach Moore umfaßt also die Leuchtröhre, den Speisetransformator und den Luftregler. Sie ist somit verhältnismäßig einfach und bedarf auch nicht der Aufsicht und Bedienung. Bezüglich des Wirkungsgrades läßt sich das Moore-Licht wegen seiner eigenartigen Verteilung und auch der Farbe wegen nur schwer mit anderen Lichtquellen vergleichen. Moore hat einen und denselben Raum mit verschiedenen Lichtquellen beleuchtet und die Bodenhelligkeit bestimmt. Danach soll sein Licht etwa fünfmal weniger Energie als Glühlicht und zwei- bis dreimal weniger als Bogenlicht gebrauchen. Die Spannung beträgt für längere Rohre etwa 200 Volt auf 1 m. Bei 45 mm Durchm. erfordern sie bei 20 m Länge einen Transformator von 2 KW und bei 70 m Länge einen solchen von 4,5 KW. Die Farbe des Lichtes ist bei Luftfüllung ähnlich der der Quecksilberlampe nur nicht so intensiv, sondern fahler, doch soll man es in der Hand haben, durch Zuleitung anderer Gase in das Rohr angenehmere Farben zu erzielen. Es erscheint sehr zweifelhaft, ob das Moore-Licht weitere Verbreitung finden wird, die langen, leuchtenden an der Decke verlaufenden Lichtbänder von eigenartiger Färbung dürften nicht nach jedermanns Geschmack sein. Jedenfalls hat Moore eine sehr interessante Erscheinung auf dem Gebiete des Beleuchtungswesens geschaffen, die dem Scharfsinn und der zähen Energie ihres Erfinders alle Ehre macht. Elektrische Zugbeleuchtung. s. D. p. J. 1904, S. 4 und 1905, S. 193. Der Schluß dieser Ausführungen sei der elektrischen Zugbeleuchtung gewidmet, einem Gebiete, auf dem sehr viel erfunden, aber, soweit Deutschland in Betracht kommt, wenig in Wirklichkeit umgesetzt wird. Für Zugbeleuchtungsanlagen kommt heute wohl nur noch das sogenannte gemischte System in Betracht, bei dem eine Sammlerbatterie während des Stillstandes des Zuges allein den Beleuchtungsstrom liefert und hierin während der Fahrt durch eine von der Radachse angetriebene Dynamomaschine unterstützt wird, die gleichzeitig die Batterie aufladet. Das reine Sammlersystem hat nur in Ländern mit kurzen Bahnstrecken, z.B. in Dänemark Einführung gefunden, ist aber ebenso wie das reine Dynamosystem mit Antrieb der Dynamomaschine durch eine von der Zuggeschwindigkeit unabhängige Kraftquelle als aufgegeben anzusehen. Das gemischte System erfordert, da die einzelnen Wagen des Zuges voneinander unabhängig und abtrennbar sein müssen, in jedem Wagen eine Sammlerbatterie. Diese Batterien werden entweder sämtlich von einer gemeinsamen, beispielsweise im Gepäckwagen untergebrachten Dynamomaschine gespeist, oder wenn die einzelnen Wagen gänzlich und dauernd voneinander unabhängig sein sollen, führt jeder von ihnen eine besondere Dynamomaschine für die zugehörige Batterie mit sich. Man benutzte nun in dem gemischten System bis vor wenigen Jahren ausschließlich die auch für stationäre Anlagen üblichen Dynamomaschinen, die bei konstanter Erregung in ihrer Spannung von der Umlaufszahl und von der abgegebenen Leistung abhängig sind und außerdem die für Sammlerbetrieb lästige Eigenschaft haben, daß sich ihre Stromrichtung mit der Drehrichtung ändert. Um trotzdem die für den Licht- und Ladebetrieb erforderliche konstante Spannung von stets gleicher Richtung zu erhalten, war man genötigt, eine Reihe verwickelter selbsttätig wirkender Einrichtungen zu schaffen. Wir finden daher in allen Zugbeleuchtungsanlagen zum mindesten einen selbsttätigen Polwechsler, der bei Umkehr der Drehrichtung in Wirksamkeit tritt, einen selbsttätigen Stromschließer, der die Einschaltung der Dynamomaschine erst dann besorgt, wenn ihre Spannung die der Batterie übersteigt, und einen selbsttätigen Feldregler für konstante Spannung oder konstante Leistung. Meistens werden hierfür elektromagnetische Einrichtungen verwandt, nur Stone benutzt bei seinem in England sehr verbreiteten Systems. D. p. J. 1904, Bd. 319, S. 4. ausschließlich mechanische Einrichtungen, nämlich einen von der Achse mitgenommenen Umschalter, einen durch Zentrifugalkraft bewegten Stromschließer und als Spannungsregler einen Antriebsriemen, dessen Schlüpfung sich mit der Belastung selbsttätig ändert. Wie diese in zahlreichen Ausführungsformen vorhandenen Regelungseinrichtungen aber auch wirken mögen, stets bilden sie den empfindlichsten Teil der ganzen Zugbeleuchtungsanlage, und lieferten den Gegnern der elektrischen Zugbeleuchtung stets einen willkommenen Angriffspunkt. Die Bemühungen der Elektrotechniker sind daher schon lange darauf gerichtet, sich von diesen unbequemen Zubehörteilen der Dynamomaschine frei zu machen und haben in den letzten Jahren in der Tat einige Systeme gefördert, die selbsttätige Hilfseinrichtungen nicht mehr benötigen. Der bedeutendste Fortschritt in dieser Richtung war mit der Einführung der Rosenbergschen Maschine gemacht, die wir oben (S. 10 d. Bd.) bereits behandelt haben. Wir sahen (Fig. 6), daß diese Maschinen eine außerordentlich hohe Ankerrückwirkung haben, so daß sie beim Parallelarbeiten mit Sammlern bei weitgehenden Schwankungen der Umdrehungszahl nahezu konstante Stromstärke liefern können. Außerdem ist aber auch ihre Stromrichtung von der Drehrichtung unabhängig. Wie erinnerlich, entsteht der Nutzstrom in dieser Maschine durch Drehung des Ankers in seinem eigenen, durch die Kurzschlußbürsten gelieferten Felde (dem Sekundärfeld). Dieses Feld ändert bei Umkehrung der Drehrichtung seine Richtung, wenn, was als selbstverständlich vorauszusetzen ist, ein Primärfeld von unveränderlicher Richtung vorhanden ist. Aendert aber Drehung und induzierendes Feld immer gleichzeitig ihre Richtung, so muß die Richtung des induzierten Stromes stets dieselbe bleiben. Hieraus erklärt sich die von allen anderen Gleichstrommaschinen abweichende Eigenart der Rosenbergschen Maschine, immer Strom gleicher Richtung zu liefern. Diese Stromlieferung von konstanter Stärke und Richtung ist aber grade das, was für eine Zugbeleuchtungsanlage gesucht wird und was bisher nur mit Hilfe von selbsttätig wirkenden Einrichtungen erreicht wurde. Man hat nur noch Sorge zu tragen, daß die Maschine beim Stillstand und beim Anlaufen keinen Rückstrom aufnimmt und daß sich der Unterschied zwischen Lade- und Entladespannung der Batterie nicht an den Lampen fühlbar macht. Hierfür genügt schon die Einschaltung einer Ventilzelle zwischen Maschine und Batterie und eines Variationswiderstandes (vergl. S. 57 d. Bd.) zwischen Batterie und Lampen. Textabbildung Bd. 323, S. 172 Fig. 53. In einfachster Form stellt sich demnach die Beleuchtungsanlage eines einzelnen Wagens mit einer Rosenbergschen Maschine nach dem Schema der Fig. 53 dar, wo A die Dynamomaschine, B die Sammlerbatterie und L die Lampen bedeuten. V stellt die Ventilzelle und F die Feldwicklung dar, deren Erregung durch den Regler R für einen bestimmten Ankerstrom ein für alle Mal festgelegt wird. W ist der den Lampen vorgeschaltete Variationswiderstand, der zweckmäßig aus Einzelwiderständen für jede Lampe zusammengesetzt ist. Die Ventilzelle könnte auch durch einen elektromagnetischen, von der Spannung abhängigen oder durch einen mechanischen, von der Umlaufgeschwindigkeit abhängigen Stromschließer ersetzt werden. Textabbildung Bd. 323, S. 173 Fig. 54. Wird ein solcher angewandt, so wird er zweckmäßig nach Art des D. R. P. 179806 der Kl. 21 c ausgeführt, deren Gegenstand an Fig. 54 erläutert werden möge. Die Bedeutung von A, B, L, F, R und W ist dieselbe, wie in Fig. 53. An Stelle der Ventilzelle V ist aber der Umschalter CD getreten, dessen Stellung CC1, DD1 für den Stillstand bezw. den Anlauf der Maschine gilt. Man sieht, dann sind der den Lampen vorgeschaltete, den Unterschied zwischen Lade- und Entladespannung ausgleichenden Widerstand und die Nutzbürsten der Maschine kurz geschlossen. Die Batterie speist also mit der niedrigen Entladespannung die Lampen, und die Dynamomaschine kann beim Anlauf nicht unnötigerweise Spannung liefern. Ist die erforderliche Umdrehungszahl erreicht, so wird durch Zentrifugalkraft der Umschalter in die Betriebsstellung CC2, DD2 geführt, die Maschine liefert dann sofort die richtige Stromstärke und Spannung und die Batterie speist nun bei der höheren Ladespannung über den Widerstand W die Lampen. In diesem Falle braucht natürlich der Widerstand W nicht ein selbstregelnder Variationswiderstand zu sein. Um Stöße bei der Einschaltung der Maschine zu vermeiden, wird man zweckmäßig den Widerstand W in Stufen abschalten und die Maschine über einen abgestuften Widerstand schließen. Damit dürfte dann aber auch ein vollständig selbstregelndes, allen praktischen Anforderungen genügendes Zugbeleuchtungssystem geschaffen sein, in dem nur noch der selbsttätige Stromschließer der alten Systeme unter Ausscheidung des Polwechslers und des selbsttätigen Feldreglers beibehalten ist. Der Vollständigkeit halber sei hier erwähnt, daß man auch auf anderem Wege zu einem selbstregelnden Zugbeleuchtungssystem unter möglichster Vermeidung von Hilfsapparaten zu gelangen versucht hat, nämlich unter Aufgabe des Gleichstroms und unter Einführung des Wechselstroms. Bei letzterem spielt natürlich die Drehrichtung des Stromerzeugers keine Rolle, so daß zunächst der Polwechsler entfällt. Wechselstrom von konstanter Stärke bei variabler Umdrehungszahl läßt sich nun in gewissen Grenzen mit Hilfe einer der Maschine vorgeschalteten Selbstinduktion erzeugen, deren Betrag bekanntlich proportional der Periodenzahl ist, die ihrerseits wieder der Umdrehungszahl proportional ist. Da die Spannung der Wechselstrommaschinen umgekehrt proportional der Umdrehungszahl ist, so dürfte leicht zu ersehen sein, daß die vorgeschaltete Selbstinduktion den Einfluß der Schwankungen der Umlaufszahl einigermaßen zum Verschwinden bringt. Dies System leidet aber offenbar daran, daß sich Wechselstrom nicht aufspeichern läßt, und daher besondere Einrichtungen für die Zeiten zu treffen sind, wo der Zug steht. Leitner und Lucas, die dies System angegeben habenD. R. P. 179457, Kl. 21 c.Berichtigung der Fußnoten: 4) D. P. P. 183635 statt D. R. P. 183935. 5) D. R. P. 186445 statt D. R. P. 184445. 7) Elektrot. Zeitschr. 1907, S. 495 statt 485., sehen daher Sammlerbatterien vor, die von den Wechselstromerzeugern unter Vorschaltung von Gleichrichtern während der Fahrt geladen worden sind. Man sieht es sind in letzter Zeit grundlegende Aenderungen auf dem Gebiete der elektrischen Zugbeleuchtung eingetreten, die ihre Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit wesentlich erhöhen. Eine Verdrängung der Gasbeleuchtung dürfte aber doch wohl noch gute Weile haben, zumal auch dort in letzter Zeit durch Einführung des Gasglühlichts für die Zugbeleuchtung ein ganz erheblicher Fortschritt gemacht ist. Für die Verwendung des elektrischen Lichtes sprechen die bequemere Handhabung und vor allem Sicherheitsrücksichten, die bei der Wahl der Beleuchtungsart den Ausschlag geben sollten.