Titel: Die internationale Automobil-Ausstellung Berlin 1907.
Autor: Jul. Küster
Fundstelle: Band 323, Jahrgang 1908, S. 182
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Die internationale Automobil-Ausstellung Berlin 1907. Von Jul. Küster, Zivilingenieur in Berlin. (Fortsetzung von S. 151 d. Bd.) Die internationale Automobil-Ausstellung Berlin 1907. Bei den bisher erörterten Typen war übereinstimmend ein Kühler vorn vor dem Motor stehend angeordnet, so eine senkrechte Abschlußwand für den Motorkasten bildend und technisch am günstigsten wirkend, indem die Stirnwand des Wagens mit der jeweiligen Fahrgeschwindigkeit die Luft durch die wagerechten Kühlröhrchen hindurchtreten läßt und die Luftgeschwindigkeit noch durch einen hinter dem Kühler vorgesehenen Ventilator erhöht wird. Textabbildung Bd. 323, S. 182 Fig. 19.Alba-Motor. Textabbildung Bd. 323, S. 182 Fig. 20.Renault-Motor. Als ein weiteres Beispiel dieser Anordnung mag noch in Fig. 19 der Einbau des wohl nach jeder Richtung vorzüglich durchkonstruierten, als ganz neue Type auf dem Markt erscheinenden Alba-Motors (Triest) gezeigt werden. Bemerkenswert sind hinsichtlich der eben erörterten Kühlung noch die Kappen mit dem Auslaßstutzen zentral über den Zylindern und durch dieselben hindurchgeführt, die in den Verbrennungsraum führenden Leitungen zum Entlüften mit den Kompressionshähnen. Ueber denselben befinden sich die Benzinschalen, durch welche beim Andrehen Benzin in den Verbrennungsraum der vier Zylinder eingeführt werden kann, und durch diese originell abgedichteten, durch das Kühlwasser hindurchgeführten Kompressionshähne kann bei Bedarf auch das korrekte Zünden der einzelnen Zylinder kontrolliert werden. Auch der Einlaß des Kühlwassers in die beiden Zylindermantelpaare, welche unmittelbar hinter dem Kühler vorgesehen sind, ist auf der Abbildung erkenntlich. Eine Abweichung von dieser modernen Anordnung der Kühlung bildet der gleichfalls ganz vorzüglich durchkonstruierte Renault-Motor (Fig. 20). Der Kühler ist bei dieser Type unmittelbar hinter dem Motor, also zwischen Motor und Führersitz angeordnet (s. Fig. 21), so daß die Motorhaube, wie dieselbe Abbildung zeigt, geschmackvoll nach vorne spitz zulaufen kann. Dies war die allgemeinere Anordnung der Motorhaube vor Einführung der Röhrenkühler und bietet den Vorteil noch leichterer Zugänglichkeit der Einzelteile, wie Magnetapparat, Vergaser und dergl. In die Augen fallend ist ferner die starke Abmessung der Kühlwasserrohre, sowie der Gummiverbindungen zwischen den an den Motorzylindern befestigten Rohrteilen und den an dem Kühler befestigten Stutzen. Letztere sind beide unmittelbar am Kühler vorgesehen (s. Fig. 20), so daß also eine Kühlwasserpumpe nicht erforderlich ist. Das Kühlwasser steigt vielmehr an den erhitzten Zylinderwänden infolge der geringeren Dichte des erwärmten Wassers von selbst hoch („Thermosiphon – Kühlung“), und um hierbei einen möglichst schnellen Wasserumlauf zu erzielen, sind die Leitungen so stark dimensioniert. Die senkrechten, mit Metallrippen versehenen Kühlrohre des Kühlers werden von Luft umstrichen, die seitlich oben rechts und links der Motorhaube eintritt und nach unten durch Ventilatorschaufeln des Schwungrades abgesaugt wird. Textabbildung Bd. 323, S. 182 Fig. 21.Renault-Chassie. Die normale Kühleranordnung zeigt auch Fig. 22, welche einen Zweizylindermotor (V-Motor wegen der gegenseitigen Lage der beiden Zylinder genannt) des leichten Laurin & Klement-Wagens darstellt. Der Kühler ist mit den seitlich desselben erkenntlichen Auflagestutzen auf dem Hauptlängsträger des Wagenrahmens gelagert, während der Motor selbst auf einem Unterrahmen 68 befestigt ist, der diesen mit dem zugehörigen Zahnradgetriebe verbindet. Zwischen den Zylindern ist der Vergaser vorgesehen, und zentral über den Zylindern ist die Kühlwasserverbindung zu beiden Seiten des mit senkrechten Wasserkühlröhren versehenen Kühlers erkenntlich. Textabbildung Bd. 323, S. 183 Fig. 22.Zweizylindermotor von Laurin & Klement. III. Bootsmotoren. Obgleich die Ausstellung der Bootsmotoren mit der der Automobilmotoren zeitlich nicht zusammenfiel, möge die Beschreibung der Bootsmotoren unmittelbar im Anschluß an die Automobilmotoren folgen, unter Zurücksetzung des über Vergaser und Zündung, sowie die Kraftübertragung an Automobilen noch zu sagenden. In welch engem Zusammenhange die Entwicklung der Bootsmotoren sowohl als auch die der Luftschiffmotoren mit derjenigen der Automobilmotoren steht, zeigt besonders mit bezug auf die letztbeschriebene Automobilmotortype der Hinweis, daß der Automobil-V-Motor mit Luftkühlrippen und vier Zylindern hintereinander, – so daß ein luftgekühlter Achtzylindermotor entsteht, – durch den französischen Konstrukteur Levavasseur eine Zeit lang zum besten und leichtesten Luftschiffmotor, dem bekannten Antoinette-Motor, durchgebildet wurde. Neuerdings hat auch Renault diese Bauart, bei der also je zwei Pleuelstangen an demselben Kurbelzapfen angreifen, für Luftschiffzwecke aufgenommen, weil durch die Verkürzung des Kurbelgehäuses und der Kurbelwelle eine ganz wesentliche Gewichtsersparnis erzielt wird. Andere Fabrikanten von Luftschiffmotoren gehen neuerdings soweit, daß sie bis vier Pleuelstangen an einen Kurbelzapfen angreifen lassen. Im Großen auf den Markt eingeführt ist die Bauart wohl durch den bekannten luftgekühlten Zweizylinder-V-Motor des kleinen Wagens „Picolo“, und zum Antriebe kleinerer Motorboote wird ein ähnlicher Motor mit Wasserkühlung ausgeführt von der Motorenfabrik Magnet in Weißensee bei Berlin. Textabbildung Bd. 323, S. 183 Fig. 23.Zweizylinder-Bootsmotor der Motorenfabrik „Magnet.“ Textabbildung Bd. 323, S. 183 Fig. 24.Sechszylinder-Bootsmotor der „Sun“-Motorenfabrik. Fig. 23 stellt einen derartigen Zweizylinder-Magnet-Bootsmotor dar. Die Eigenheiten treten auf der Abbildung ohne weiteres zu Tage: Die mit Treibriemen angetriebene Kühlwasserpumpe, und je ein Magnetapparat seitlich der beiden Zylinder, sowie die mechanische Steuerung der Einlaßventile. Auf die Durchbildung der Magnetzündung legt die Firma besonderen Wert: Die Betätigung der Abreißvorrichtung erfolgt vom Kolben aus unmittelbar vor dem oberen Totpunkt, und die Stromzuführung durch einen feststehenden, isolierten Stift, an welchen sich der im Zündflansch angeordnete massive Winkelhebel anlehnt. Durch den auf dem Kolben befindlichen Nocken wird der Winkelhebel vom Stift abgerissen, wodurch der Funke überspringt und das Gasgemisch zur Entzündung gebracht wird. Oben ist noch die Einstellung des Gemischregelungshebels zwischen den beiden Zylindern an der Gemischzuleitung zu sehen. Ein ähnliches Beispiel des Zusammenhangs zwischen Automobil- und Bootsmotor zeigt die Fig. 24, welche einen Sechszylinder-Bootsmotor der „Sun“-Motorenfabrik in Berlin darstellt, die im Verein mit der Marke „Argus“ eine Reihe von Preisen bei Motorboots – Wettfahrten erzielte. Auch hier steht der Motor unter einer abnehmbaren Motorhaube, deren Hinterwand Zündspule und sonstige Armaturen aufweist, während an der Vorderwand die Andrehkurbel zu sehen ist. Letztere sitzt nicht unmittelbar auf der Motorachse, weil diese zu tief im Kühlraum liegt, sondern ist durch Kette mit der Kurbelachse verbunden. Außerdem fällt der Unterschied in die Augen, i daß die Vorderwand nicht durch einen Röhrenkühler gebildet wird, da ja ein solcher für Bootsmotoren sich erübrigt durch die stete Möglichkeit der Verwendung neuen Wassers unter unmittelbarem Ausfluß des erhitzten. Textabbildung Bd. 323, S. 184 Fig. 25 und 26. Zweizylinder-Bootsmotor der Neuen Automobil-Gesellschaft. Textabbildung Bd. 323, S. 184 Fig. 27.Vierzylinder-Bootsmotor der Daimler-Motorengesellschaft. Bemerkenswert ist auch hier die Teilung der Gemischzuführung zu dem Zwecke, daß jedes der drei zusammengegossenen Zylinderpaare gleichmäßig mit brennbarem Gemisch versorgt wird. Die Bedienungs- und Kupplungshebel (letzterer bei den meisten Bootsmotoren zugleich als Umsteuerungshebel verwendet) sind hier unmittelbar hinter dem Motor vorgesehen in der Nähe des Steuerrades, um die Bedienung durch eine Person möglich zu machen. Das Gesagte gilt zugleich für den in Fig. 25 u. 26 abgebildeten Bootsmotor der Neuen Automobil-Gesellschaft m. b. H. zu Berlin und kann hinsichtlich der Anordnung der einzelnen Teile auf die übersichtlichen Inschriften verwiesen werden. Die Umsteuerung besteht hier in einem Umlaufgetriebe mit konischen Zahnrädern, vergleiche die Schnittzeichnung rechts vom Schwungrad, welches bei dieser Ausbildung große Aehnlichkeit mit dem Differentialgetriebe des Automobils hat. Hinsichtlich der Wirkungsweise sei hier nur kurz gesagt, daß zum Vorwärtsgang durch Festkuppeln des einen Seitenrades des Getriebes die Propellerwelle unmittelbar mit dem Motor gekuppelt wird, zum Rückwärtsgang aber durch Einrücken des Getriebes in umgekehrtem Drehungssinne bewegt wird. Ueber der Reversierkupplung sind die erforderlichen Einstellhebel vorgesehen und im Innern des Motorgehäuses noch der Oelbehälter. Die Schmierung und selbsttätige Benzinzuführung erfolgt auch bei dieser Bootsmotorentype durch ein unter dem Druck der Auspuffgase stehendes Reduzierventil und durch einen Oelverteiler mit Schaugläsern an der Rückwand des Motorgehäuses kann eine Kontrolle auf richtige Verteilung der Oelzufuhr erfolgen. Hier ist auch eine Handpumpe vorgesehen zur Erzeugung des anfänglichen Druckes in den Oel- und Benzingefäßen vor Inbetriebsetzung des Motors. Diese letzteren Armaturen sind besonders gut erkenntlich in Fig. 27, welche den Zweizylinderbootsmotor der Daimler-Motorengesellschaft, Zweigniederlassung Berlin-Marienfelde darstellt. (Fortsetzung folgt.)