Titel: Polytechnische Rundschau.
Autor: P. Weiske
Fundstelle: Band 323, Jahrgang 1908, S. 445
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Polytechnische Rundschau. Polytechnische Rundschau. Demontage einer eisernen Brücke mittels Flammenschnittes. Bekanntlich beruht das autogene Schneiden darauf, daß mittels einer Wasserstoff-Sauerstoff-Flamme oder auch Azetylen-Sauerstoff-Flamme das zu zerschneidende Eisenmaterial am Schnittanfang stark erwärmt und dann auf die erwärmte Stelle ein dünner Sauerstoffstrahl von entsprechendem Druck geleitet wird, wobei das Eisen lebhaft verbrennt und bei entsprechender Vorwärtsbewegung des „Schneidbrenners“ eine glatte Schnittfuge erzeugt wird. In der Nacht vom 13. auf 14. November 1907 stieß im Hafen von Havre der transatlantische Dampfer „Virginie“ gegen die etwa 50 m langen, 7 m breiten und etwa 250 t schweren Brücke, welche den zwischen dem Bassin d'Eure und dem Bassin Bellot liegenden Verbindungskanal überbrückt. Der Zusammenstoß war so heftig, daß die schwere Brücke auf die ganze Länge verbogen, aus ihren Lagen gehoben und um etwa 20 cm verschoben wurde. Die etwa 30 in den Bassins befindlichen Schiffe, von welchen 10 zur Ausfahrt für Seereise bereit lagen, konnten infolge des Unfalls den Verbindungskanal nicht passieren. Eine sofortige Untersuchung seitens der Hafenbehörden und Ingenieure ergab die Unmöglichkeit die schwere Brücke in kurzer Zeit wieder in die Lager zu heben, und daß es am zweckmäßigsten sei, die beschädigten Teile der Brücke abzutragen und durch Neukonstruktion zu ersetzen. Zunächst sollte der den Kanal überspannende, auf etwa 100 t geschätzte Teil der Brücke baldmöglichst abgetragen werden. Die mittels Meißel und Säge vorgenommene Arbeit erwies sich aber alsbald so langwierig, daß man mit einer Frist von mindestens acht Tagen hätte rechnen müssen, wobei große Verluste für die zur Ausfahrt bereiten Schiffe eintreten mußten. Die Firma „Caillard Frères“ erbot sich nun, die Arbeit mittels Azetylen-Sauerstoff-Schneidbrennern auszuführen. Mit dem Schneidverfahren wurden noch am 15. November die Geländer-Oberkonstruktionen der Brücke entfernt und gleichzeitig wurden zwei belastete Transportschiffe unter den zu entfernenden Teil der Brücke gefahren, verankert und dann soweit entlastet, bis sie das Gewicht der Brücke trugen. Alsdann wurde in der Nacht vom 15. auf 16. November die Brückenkonstruktion auf beiden Seiten quer durchgeschnitten mit je einem Azetylen-Sauerstoff-Brenner, so daß das herausgeschnittene Brückenstück auf den beiden Transportschiffen ruhte. Das Zerschneiden war bereits am 16. November früh beendet. Durch weitere Entlastung der beiden Transportschiffe wurde das Brückenstück soweit gehoben, daß es von denselben aus der Durchfahrt entfernt werden konnte, und bereits um 9 Uhr vormittags die Durchfahrt durch den Kanal für die Schiffe wieder freigegeben war. Diese unter Aufsicht des Hafenkommandanten und des Chef – Ingenieurs der Straßen- und Brückenbauten ausgeführte Arbeit hatte von Beginn bis zur Beendigung nur etwa 20 Stunden gedauert; ein Beweis von der Nützlichkeit des autogenen Schneidverfahrens in Fällen wie der oben geschilderte. [Revue des Eclairages 1908, I.] - t. Anzeigevorrichtung für den Anpressungsdruek von Stromabnehmern. Textabbildung Bd. 323, S. 446 Fig. 1. Da der Anpressungsdruck der Stromabnehmer mit Rücksicht auf die Abbiegung des Fahrdrahtes vor den Aufhängepunkten und besonders vor Weichenstücken und Streckenisolatoren in der Oberleitung für die Abnutzung des Fahrdrahtes und die hiermit in Verbindung stehenden Drahtbrüche von größter Wichtigkeit ist, muß dauernd darauf geachtet werden, daß dieser Anpressungsdruck möglichst gering ist. Anderseits darf dieser Druck einen gewissen Wert nicht unterschreiten, damit bei Rollenstromabnehmern die Rolle nicht entgleist. Die zur Ueberwachung dieser Anforderungen gebaute neue Vorrichtung, die Fig. 1 schematisch zeigt, besteht aus einem Gußstück a, das mittels zweier Klemmen b, b an der Fahrleitung c befestigt ist. An dem Gußstück ist mittels Schneiden ein einarmiger, mit einer Teilung versehener Wagebalken d gelagert, auf dem ein verschiebbares Gewicht e aufgeklemmt ist und der sich in der gabelförmigen Aussparung eines zweiten gleichfalls verschiebbaren Gewichtes f derart bewegen kann, daß er nach einem bestimmten Ausschlage gezwungen ist, auch dieses Gewicht mit anzuheben. Mit dem Hebelarm stehen zwei unterhalb des Gußstückes zu beiden Seiten des Fahrdrahtes angeordnete Schienen g in Verbindung, gegen die sich beim Vorbeifahren die Flanschen jeder Rolle anlegen. An dem Wagebalken sind außerdem Kontaktfedern h befestigt, die bei Anheben des Wagebalkens mit dem festen Gewicht allein, sowie in Verbindung mit dem zweiten Gewicht je einen Kontakt und damit den Stromkreis einer roten oder grünen Lampe schließen. Die Gewichte werden so eingestellt, daß der Wagebalken mit dem einen Gewichte allein bei dem geringst zulässigen Anpressungsdruck und mit dem zweiten Gewichte beim Ueberschreiten des zulässigen Anpressungsdruckes angehoben wird. An dem Aufleuchten nur einer Lampe ist zu erkennen, daß der Anpressungsdruck des betreffenden Stromabnehmers das richtige Maß besitzt. Leuchten beide Lampen auf oder bleiben beide dunkel, so ist dies ein Hinweis darauf, daß der Anpressungsdruck zu groß oder zu klein ist und daß die Stromabnehmerfeder entsprechend I verstellt werden muß. Am zweckmäßigsten wird die Anordnung in das Zufahrtsgleis zum Wagenschuppen eingebaut, so daß täglich bei dem Hereinfahren jedes Wagens in den Schuppen der Anpressungsdruck geprüft wird. [Street Railway Journal 1908, I, S. 755.] Pr. Schnellzuglokomotiven. Die Berliner Maschinenbaugesellschaft hat für die italienische Staatsbahn 24 Stück ¾ gekuppelte Zwillingslokomotiven mit Rauchrohrüberhitzer, System Schmidt, gebaut. Das Reibungsgewicht durfte dabei 44,25 t nicht überschreiten, der Achsdruck beträgt demnach nur 14,75 t. Auf ebener Strecke müssen diese Lokomotiven ein Wagengewicht von 250-2801 befördern können. Die Ueberhitzerfläche wurde nach den Erfahrungen der preußischen Staatsbahn ungefähr als vierter Teil der gesamten Heizfläche angenommen. Die Abmessungen der Zylinder wurden so gewählt, daß auch bei Fahrten auf Steigungen die Geschwindigkeitsabnahme gering bleibt und daß die Anfuhrperiode möglichst gekürzt wird. Die Lokomotivzugkraft beträgt 9275 kg. Diese Lokomotiven sind mit Westinghouse-Schnellbremsen ausgerüstet, welche auf alle Räder der Lokomotive und des Tenders wirken. Der Kessel ist mit zwei Sicherheitsventilen, System Pop-Coalc versehen. Der Sandstreuer, Bauart Leach, wird durch komprimierte Luft betätigt. Diese neuen Lokomotiven, Gruppe 640, treten an Stelle der Verbundlokomotiven, Gruppe 630. Die Tabelle gibt die Hauptabmessungen dieser beiden Lokomotivtypen. Gruppe630 Gruppe640 Arbeitsdruck              at 16 12 Zylinderdurchm.     mm 430 u. 680 540 Kolbenhub                 „ 700 700 Treibraddurchm.        „ 1850 1850 Ueberhitzerfläche    qm 38,5 Gesamte Heizfläche  „ 125 142 Dienstgewicht            t 54,8 55,0 [Il Monitore Tecnico 1908, S. 168–170.] W. Drucklufthammer von A. Baril. Ein neuartiger Drucklufthammer, dessen Konstruktion gegenüber dem Gebräuchlichen gewisse Vereinfachungen aufweist, ist in Fig. 13 dargestellt. Der Hammer besteht (s. Fig. 1) aus dem Zylinder a, dem Kolben b und dem Steuergehäuse c, welches auf das obere Zylinderende aufgeschraubt und auf welchem der Griff p mit einer hülsenartigen Fortsetzung in gewissen Grenzen verschiebbar aufgesetzt ist. Die Druckluft wird durch einen biegsamen Schlauch zugeführt, der an das kurze Rohrstück x angeschlossen ist. Im Ruhezustand wird daher der unter dem Druck der Luft stehende Kolbenschieber n ständig nach rechts geschoben, da der Gesamtdruck auf seine größere Ringfläche überwiegt. Um den Hammer in Gang zu setzen, drückt man den Meisel n' kräftig an das zu bearbeitende Werkstück derart, daß der Griff p etwas auf das Steuergehäuse heraufgeschoben und dadurch der Kolbenschieber n verstellt wird (s. Fig. 3). Die Druckluft gelangt infolgedessen durch die Kanäle d und h in den Zylinder und treibt den Kolben b kräftig nach vorne, während gleichzeitig die Luft vor dem Kolben durch die Längsbohrung j des Zylinders sowie durch die Kanäle i, k und l des Steuergehäuses entweichen kann. Außerdem gelangt die Druckluft durch den Kanal h auch auf die andere Seite des Ventiles f (s. Fig. 3), an dessen Lage jedoch nichts geändert wird, weil der Druck nach rechts überwiegt. In dem Augenblick, wo das hintere Ende des Kolbens die Oeffnungen m freigibt, pufft die Druckluft, welche den Kolben vortreibt, kräftig aus, und infolge dieser Druckabnahme schlägt das Ventil f nach links hinüber (s. Fig. 1). Der Zutritt der Druckluft wird hierdurch auf die andere Seite des Kolbens b umgeleitet, da jetzt die Kanäle h, k und i an die Bohrung j angeschlossen werden, so daß, nachdem der Kolben seinen Schlag ausgeführt hat und infolge des Rückpralles etwas zurückgewichen ist, die Druckluft seinen Rückhub beschleunigt, während gleichzeitig die Luft hinter dem Kolben zunächst durch die Oeffnungen m und, nachdem diese verschlossen worden sind, durch die Bohrungen o und l (s. Fig. 2), entweicht. Gegen Ende des Rückhubes verschließt der Kolben dann auch die Bohrungen o; es tritt somit eine Kompression ein, die einen genügend hohen Druck erzeugt, um das Ventil f wieder nach rechts zu verschieben und damit den Ausgangszustand aller Teile wieder herzustellen. Textabbildung Bd. 323, S. 447 Fig. 1. Textabbildung Bd. 323, S. 447 Fig. 2. Textabbildung Bd. 323, S. 447 Fig. 3. Die Vorzüge dieser Bauart bestehen in erster Linie in der Vereinfachung, welche durch den Fortfall eines besonderen, durch Fingerdruckhebel zu betätigenden Anlaßventiles erzielt wird. Da das Andrücken des Hammers an das Werkstück beim Beginn der Arbeit selbstverständlich ist, so ist es das Natürlichste, diese Bewegung mit der Anlaßsteuerung zu verbinden. Man vermeidet auf diese Weise auch die bei anderen Bauarien vorliegende Möglichkeit, daß der Hammer in unrichtiger Haltung in Gang gesetzt und der Kolben vorwärtsgeschleudert wird, aber dann wegen des fehlenden Rückpralles nicht mehr zurückgelangt und so der Hammer betriebsunfähig gemacht wird. Textabbildung Bd. 323, S. 447 Fig. 4. Bei dieser Gelegenheit sei auch eine verhältnismäßig einfache Prüfeinrichtung für Drucklufthämmer erwähnt, die gleichfalls von A. Baril herrührt, und von ihm zur Untersuchung des vorstehend beschriebenen Hammers verwendet worden ist. Die in Fig. 4 dargestellte Einrichtung besteht aus dem Zylinder A, in welchem die kräftige Feder R den Kolben B ständig gegen den eingeschraubten Deckel C drückt. Die Spannung der Feder R wird, entsprechend der Stärke des vom Hammer O mit Hilfe des Meisels K auf den Kolben B ausgeübten Schlages, durch Herein- oder Herausschrauben des Deckels C so geregelt, daß eine durch die Feder P in den Kolben eingedrückte Nadel D auf dem vor der Mündung des Zylinders A vorbeigeführten, über Rollen H und H1 laufenden und von dem Flacheisen J unterstützten Papierstreifen bei jedem Schlage des Hammers gerade noch einen schwachen Eindruck hinterläßt, derart, daß man aus der Geschwindigkeit des Papierstreifens und aus der Zahl der auf der Längeneinheit hinterlassenen Eindrücke die Zahl der minutlichen Hammerschläge sehr genau bestimmen kann. Wie aus der Zeichnung zu ersehen ist, werden der Zylinder A und der Hammer in Bügeln T und T1 fest gegeneinander verspannt, während die Schraube S dazu dient, den Griff des Hammers vorzudrücken, um den Betrieb einzuleiten. Ergebnisse einer Reihe von Versuchen mit dem Barilschen Hammer, welche auf diese Weise gewonnen worden sind, sind nachstehend zusammengestellt: Versuchs-Nummer 1 2 3 4 5 6 Auf 1 Minutebezogene Mittel-werte aus allenVersuchen Dauer in Sekunden 30 30, 30 30 30 30 60 Zahl der Schläge i. d. Minute 465 460 457 448 452 456 456 Luftverbrauch in Litern von 6,5 at 40 35 35 35 35 35 35,83 Luftverbrauch für einen Schlag 0,0868 0,0761 0,0766 0,078 0,0774 0,0768 0,0786 Wirklicher Druck der Druckluft in at 6,25 bis 6 6,25 6,25 6,25 6,25 Die gleiche Vorrichtung kann übrigens auch dazu benutzt werden, um die Kraft jedes einzelnen Hammerschlages zu bestimmen. Man braucht zu diesem Zwecke nur zu beobachten, um wieviel die Nadel D bei jedem Schlage herausgetrieben wird und jenes Gewicht zu ermitteln, welches bei angenommener Fallhöhe die gleiche Formänderung der Feder R hervorbringt. Im vorliegenden Falle hat sich z.B. gezeigt, daß die Kraft eines Hammerschlages gleichbedeutend ist mit derjenigen, welche ein aus 0,27 m Höhe frei herabfallendes Gewicht von 15 kg auf die Unterlage ausübt, daß also der 545 Gramm wiegende Kolben des Hammers am Ende seines Krafthubes eine Geschwindigkeit von 12,1 m i. d. Sekunde erlangt haben und eine lebendige Kraft von 4,05 Kilogrammetern besitzen muß. Vergleicht man diese Zahl mit dem Luftverbrauch, bezogen auf atmosphärischen Druck, so erhält man einen Wert, welchen man als den spezifischen Luftverbrauch (Verbrauch für 1 mkg Schlagkraft) ansehen und für den unabhängigen Vergleich verschiedener Hammerkonstruktionen benutzen kann. Bei dem vorliegenden Hammer beträgt dieser Wert 0,124, während bei vier anderen Bauarten 0,165, 0,243, 0,252 und 0,333, als wesentlich ungünstigere gefunden worden sind. (Sauvage). [Bulletin de la Société pour l'Encouragement de l'Industrie Nationale 1908, S. 12–18.] H. Herstellung von Eisenbetonhohlkörpern mittels Schleuderform. Durch D. R. P. Nr. 190432 und mehrere Auslandspatente ist ein „Verfahren zur Herstellung eines Hohlkörpers aus plastischer Masse mit Streckmetalleinlage mittels Schleuderform“ geschützt. Durch Schleudern von dünnflüssiger, mit Asbestfasern gleichmäßig durchsetzter Zementmasse in rotierender Form werden unter die Einwirkung der Zentrifugalkraft Röhren und röhrenförmige Körper hergestellt. Hierbei wird in die Schleuderform ein Eisengerippe aus Streckmetall oder Rundeisengeflecht eingefügt, welches von der erhärteten Asbestzementmasse umschlossen wird. Der Asbest wird auf Kollergängen zerkleinert und in Holländern unter reichlichem Wasserzusatz in seine Fasern aufgelöst. Der Asbestbrei wird mit Zementmilch gut durchgemischt und in eine zweiteilige, lösbare, jedoch dicht schließende Form gebracht, in die vorher die Eiseneinlagen eingelegt sind. Die gefüllte Form wird auf einer Rotationsmaschine mit 300–1500 Umdreh. i. d. Minute 10–15 Minuten lang gedreht. Hierbei sammelt sich das leichtere Wasser in der Mitte der Form, während die schwerere Asbestzementmasse sich gegen die Wandung der Form preßt. Nach Beendigung der Drehung wird das Wasser abgelassen. Nach einigen Tagen wird die Form auseinandergenommen und das Rohr zum völligen Abbinden an der Luft gelagert. Bei konischer Form wird durch den Schleuderprozeß die Wandstärke an der Stelle des größten Durchmessers am größten, also entsprechend der größten Beanspruchung bei späterer Verwendung. Durch die feinen, netzartig im Zement gelagerten Asbestfasern wird die Zugfestigkeit des Betons erhöht. Derartige Röhren sind bis 10 m Länge hergestellt und sollen Verwendung finden als Telegraphen-, Signal- und Leitungsmaste, als Röhren für inneren und äußeren Druck, als Hohlträger und Säulen und als Rammpfähle, die mit besonders hergestellten Spitzen versehen werden. (M. Förster.) [Beton u. Eisen 1908, S. 85 ff.] Dr.-Ing. P. Weiske.