Titel: Polytechnische Rundschau.
Autor: H.
Fundstelle: Band 323, Jahrgang 1908, S. 590
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Polytechnische Rundschau. Polytechnische Rundschau. Autogene Schweißung. Dr. Michaelis erörtert die Benutzung von gelöstem Azetylen für autogene Schweißung und wirft dabei die Fragen auf, ob hierzu Apparate mit kleinen Karbidmengen überhaupt ausgeführt und Apparate nach dem „Tauchsystem“ oder mit kleinkörnigem „Karbid ins Wasser“ für große Leistungen noch für Schweißzwecke in den Handel zu bringen sind. Seine Ausführungen und die im Anschluß hieran gebrachten Erwiderungen der an dem Bau von autogenen Schweißapparaten beteiligten Firmen lassen sich wie folgt zusammenfassen: Uebereinstimmend wird als erste Bedingung für Schweißungen mit Azetylen anerkannt die Verwendung von reinem Gas, welches aus C2H2 besteht und nicht mit Polymerisationsprodukten, Schwefel- und Phosphor-Verbindungen beladen ist. Ferner herrscht Einstimmigkeit in den zum Ausdruck gebrachten Anschauungen darüber, daß unter den Apparaten zur Erzeugung des Azetylengases solche, die nach dem Tauch- und Tropf-System arbeiten, sich als nicht brauchbar erwiesen haben. Nach dem Ueberschwemmungs-System arbeitende Apparate hält Michaelis zum Gebrauch in Größen bis zu stündlichen Leistungen von 3000 l für geeignet. Gegen die Verwendung von Einwurf-Apparaten („Karbid ins Wasser“) zur Ausführung von Dampfkesselreparaturen wendet Michaelis zunächst allgemein ein, daß die beschränkten räumlichen Verhältnisse leicht zur Anwendung von zu kleinen Apparaten führen können. Von anderer Seite wird der Vorzug größerer Apparate zugegeben, es aber als ausreichend erachtet, wenn die ununterbrochene Leistung 3 bis 4 cbm Gas i. d. Stunde beträgt. Im übrigen wird von den Einwurfapparaten übereinstimmend verlangt, daß sie mit einem hinreichenden Wasserüberschuß arbeiten, damit nicht die Vergasung im Kalkschlamm erfolgt. Aus demselben Grunde darf keinesfalls Karbid über die vorgeschriebene Menge hinaus nachgeworfen werden. – Ueber die erforderliche Wassermenge scheinen die Ansichten noch auseinander zu gehen. Von der einen Seite werden 10 bis 20 l, von anderer 5 l Wasser auf 1 kg Karbid verwendet. – Ferner soll vor jeder neuen Karbidfüllung sorgfältige Reinigung (Entschlammung) und Erneuerung des Entwickelungswassers stattfinden und die Vergasung ohne Störung möglichst schnell und möglichst kalt sich vollziehen. Zugegeben wird, daß bei selbsttätigen Einwurfapparaten die regelmäßige Zuführung bestimmter Mengen Karbid Schwierigkeiten bereitet, weil das Karbid zackig und daher besonders das grobkörnige schwer beweglich ist. Bei Apparaten die mit Beschickungsventilen arbeiten, können außerdem zeitweise Störungen dadurch eintreten, daß die Ventilteile infolge der Reaktionswärme sich mit aufgelöstem Karbid verschmieren; dann gelangen leicht größere Karbidmengen auf einmal in das Entwickelungswasser, was übermäßige Gasentwicklung zur Folge hat. Bei Zufuhr bestimmter Mengen Karbid durch einen Karbidschlauch soll dieser Mangel jedoch ausgeschlossen sein. Ueber die Wärmeentwicklung beim Vergasen bestehen verschiedene Ansichten: Michaelis will bei den selbsttätigen Einwurfapparaten großstückiges Karbid verwendet wissen, weil sonst die Gefahr vorliege, daß das Karbid, das bei der Berührung mit dem Wasser sich zersetzt, von dem sich entwickelnden Gas hin- und hergeworfen und zu heiß wird, so daß minderwertiges Azetylen entsteht. Dem wird entgegen gehalten, daß erfahrungsgemäß bei Verwendung von granuliertem Karbid (1 kg auf 20 bis 40 l Wasser) selbst bei Körnung von 1 bis 4 mm und angestrengtem Betriebe die Höchsttemperatur nur 27° C betrage. Größere Temperatursteigerungen bis zum Glühendwerden des Karbids seien nur bei Gegenwart von Karbidstaub („Flugkarbid“) besonderer Zusammensetzung eingetreten. Das granulierte Karbid müsse daher vor der Verwendung durch sorgfältiges Absieben von dem Staubfeinen befreit werden; dann sei es aber auch für transportable, konzessionsfrei aufzustellende Apparate sehr gut geeignet. Von anderer Seite ist die Erfahrung gemacht, daß bei transportablen Apparaten granuliertes Karbid erforderlich sei, bei ortsfesten grobstückiges. Der einzige Nachteil des ersteren sei geringere Gasausbeute. Unter den Massen zum Reinigen des Gases bezeichnet Michaelis alle diejenigen, welche Kalk enthalten, als durchaus unbrauchbar für Apparate zu Schweißzwecken, weil durch das starke Saugen des Azetylens vermittels des Sauerstoffinjektors Kalkstaub mitgerissen werde. Dasselbe gelte auch von Puratylen, wenn gleich es für Lichtzwecke die denkbar vorzüglichste Reinigungsmasse sei. Von anderer Seite wird dagegen behauptet, daß die Reiniger so gebaut werden könnten, daß Kalkstaub von dem Gas nicht mitgerissen werde, und daß Puratylen gut, und weil sehr einfach zu handhaben, besser sei als Heratol. Von dem Gesichtspunkte aus, daß nur reinstes Gas zum Schweißen verwendbar ist, hält Michaelis die in Ausbildung begriffene Leuchtgasschweißung wegen des Schwefelgehaltes von Leuchtgas nicht für entwicklungsfähig zur Ausführung von auf Festigkeit beanspruchten Schweißungen, wohl aber für Kunstschmiedearbeiten und Hartlötungen. Für Schweißungen bei Dampfkesselreparaturen will er nur die Verwendung von Azetylen-Dissous zulassen. Von anderer Seite wird nicht bestritten, daß in dem komprimierten Gas eine äußerst bequeme Verwendungsform des Azetylens geboten ist, zugleich wird aber darauf hingewiesen, daß hiermit nicht nur wesentlich höhere Kosten als bei Erzeugung des Gases an Ort und Stelle, sondern auch die Uebelstände des lästigen Versendens der Flaschen und das Angewiesensein auf nur eine einzige Bezugsquelle verbunden sind. [Zeitschrift für Kalziumkarbid-Fabrikation, Azetylen- und Klein-Beleuchtung 1908, S. 169–177.] ε. Thermitschweißung bei niedrigen Schienen. Auf einem 240 m langen Viadukt in New York konnte für die elektrische Bahn mit Rücksicht auf die geringe Stärke des Asphaltbelages in der Mitte der Buckelplatten nur eine Schiene von etwa 65 mm Höhe verlegt werden. Da die geringe Schienenhöhe die Verwendung von Stoßverbindungen der üblichen Bauart ausschloß, hatte man anfangs die Stoßstelle in Stühlen angeordnet und zur Verminderung des Stoßes beim Uebergang von einer Schiene auf die andere die Schienenenden unter einem Winkel von 45° abgeschnitten. Trotzdem waren die Erschütterungen der Schiene so groß, daß Ausbesserungen des Asphaltes stellenweise alle zwei bis drei Wochen vorgenommen werden mußten. Höhere Schienen konnten zur Abhilfe dieses Uebelstandes nicht in Frage kommen, da diese eine Gesamterneuerung des Viaduktbelages nötig gemacht hätten. Als Ausweg schlug die Goldschmidt-Thermit-Gesellschaft vor, die Schienenstöße zu schweißen. Um diese Schweißung recht sorgfältig auszuführen und vor allem um ein Heraussickern der Schweißmasse aus der Form und die hierdurch zu befürchtende Beschädigung der Eisenkonstruktion des Viaduktes zu verhüten, wurde eine Hilfsform aus Messing benutzt. Diese wurde nach Entfernung des Stuhles angelegt und mit Wachs ausgegossen, so daß um die Stoßstelle ein Wachskörper von der Form des durch das Schweißgut zu bildenden Eisenkörpers entstand. Alsdann wurde ein Eisenblechgefäß an der Stoßstelle befestigt, mit einer Mischung aus Ton und Sand ausgefüllt, mit einem Einguß, einer Lüftungsöffnung und einer dritten Oeffnung am unteren Teile der Form versehen. In die letztere wurde das Mundstück eines Gasgebläses eingeführt, so daß das Wachs herausschmolz und nach etwa 15 bis 18 Minuten die Stoßenden bis zur Rotglut erhitzt wurden. Hierauf erst wurde in der bekannten Weise die Thermitschweißungs. D. p. J. 1903, 318, S. 737. vorgenommen. Der Gußkopf wurde mittels einer Druckluftschere entfernt. Zum Abschlichten der Stoßstelle diente eine Schmirgelscheibe, die unter Zwischenschaltung einer biegsamen Welle von einem aus der Oberleitung gespeisten Elektromotor angetrieben wurde. [Electric Railway Journal 1908, II, S. 157–159.] Pr. Selbsttätiger Gasanzünder von Stephens. Das Gas tritt aus dem Rohrnetz durch den Stutzen B (Fig. 1) in den Behälter A ein und drückt auf die federnde Platte C, die durch die Stange J mit dem bei G drehbar gelagerten und bei H mit Gewichten belasteten Hebel F in Verbindung steht. Textabbildung Bd. 323, S. 591 Fig. 1. Textabbildung Bd. 323, S. 591 Fig. 2. Ueber die Ventile D und E kann das Gas zum Brenner 2 und zur Zündflamme 1 gelangen. Beide Ventile werden durch den Hebel F betätigt. Am Tage, wo der Gasdruck gering ist, hat F die in Fig. 1 gezeichnete Stellung. Hierbei ist D geschlossen und E offen; die Zündflamme brennt. Sollen die Leuchtflammen angezündet werden, so wird der Druck in der Rohrleitung von der Gasanstalt aus gesteigert. Die Platte C biegt jetzt nach unten durch; hierdurch hebt sich F rechts und öffnet zunächst das Ventil D, so daß das Gas im Brenner 2 an der Zündflamme 1 entflammt. Bei weiterer Drucksteigerung schließt sich E und die Zündflamme erlischt. Die Lampen Fig. 2. brennen, bis der Gasdruck wieder hinreichend vermindert wird, so daß die Platte C den Hebel F freigibt. Um zu verhindern, daß die Lampen bei abnehmendem Gasdruck vor der gewollten Zeit verlöschen, ist folgende Einrichtung getroffen (s. Fig. 2). Mit dem Hebel F ist der kleine Arm K verbunden, der bei L um einen geringen Kreisbogen schwingen kann. Wenn nun der Gasdruck am Abend steigt und hierdurch der Hebel F leicht angehoben wird, schwingt der Arm K etwas nach links, bis er an einer mit der Platte M verbundenen Gabel zur Anlage kommt. Sinkt der Druck nun, so ist der Arm K in der Gabel festgehalten und hindert seinerseits den Hebel F am Absinken, so daß das Ventil D offen und die Lampe brennen bleibt. Sollen die Lampen später ausgelöscht werden, so ist der Druck von der Gasanstalt aus zunächst etwas zu steigern; der Arm K wird hierbei frei, so daß der Hebel F nun, sobald der Gasdruck wieder sinkt, sich drehen und das Ventil D schließen kann. Durch geeignete Anordnung der Anschläge für den Arm K soll es erreichbar sein, daß einzelne Apparate bei abnehmendem Druck bereits schließen, während andere noch Gas zum Brenner hinzulassen. [Engineering 1908, S. 624.] ε. Luftwiderstand. Textabbildung Bd. 323, S. 591 Fig. 1.Seitenlänge der Platten in Fuß. Mittelwerte aus den Fallversuchen am Eifelturm; Mittelwerte aus den Versuchen der N. P. L. im Wind; Mittelwerte aus den Versuchen der N. P. L. im Luftstrom. Auf dem Eifelturm angestellte Versuche mit Platten von 0,0468 bis 1,022 qm, die mit Geschwindigkeiten von 18 bis 40 m i. d. Sekunde herabgelassen wurden, zeigen bei guter Uebereinstimmung der Ergebnisse mit den Beobachtungen des National Physical Laboratory zu London, (Fig. 1) daß der Luftwiderstand bei wachsender Fläche bis zu einer gewissen Grenze zunimmt und von da ab konstant bleibt. Für quadratische Flächen wurde die Grenze bei etwa 1 qm gefunden und der dann gleich bleibende Widerstand zu 0,0032, ausgedrückt in Pfd. für den Quadratfuß und Meilen für die Stunde. Die gleichen Werte gelten für Kreisscheiben und rechteckige Platten mit dem Verhältnis der Kantenlängen nicht unter 1 : 3. Stanton führt den Einfluß der Flächengröße darauf zurück, daß die Saugwirkungen hinter der Platte mit wachsender Größe der letzteren zunehmen. (Stanton.) [Engineering 1908, S. 605.] ε. Neuere Staudämme in Amerika. In dem Bestreben, die kostspieligen Staudämme und Talsperren aus Mauerwerk durch leichtere und billigere Konstruktionen zu ersetzen, haben die Amerikaner den ganz aus Eisen bestehenden Hauser Lake Steel Dam in der Nähe der Stadt Helena, Montana, in den Jahren 1905 bis 1907 erbaut, welcher im Frühjahre 1907 in Betrieb genommen worden ist. Dieser Damm hat eine Länge von etwa 190 m und ist quer durch das alte 100 m breite Flußbett des Missouri gelegt. Seine Höhe beträgt an der tiefsten Stelle des Flusses bis zur Dammkrone 24,5 m, die Kronenbreite etwa 1 m (s. Fig. 1). Die beiderseitigen Böschungen, die der Form der Erddämme nachgebildet sind, sind mit 1 : 1½ geneigt. Auf die Dammkrone ist ein eiserner Aufbau aufgesetzt, der bis zu 4,5 m Höhe durch Schützen oder Dammbalken geschlossen werden kann, um die Stauhöhe zu vergrößern. Darüber hinweg führt ein Fußweg. Zur Zeit des Hochwasserstandes werden diese Schützen zum Teil gänzlich fortgenommen, so daß die etwa 1800 cbm i. d. Sekunde betragenden Wassermassen frei über den Damm hinweggehen können. Bei Mittelwasserstand hingegen wird das ganze Wasser, etwa 90 cbm i. d. Sekunde, durch einen Triebwerkskanal seitlich nach einem unterhalb des Staudammes gelegenen Kraftwerk abgeleitet, wo elektrischer Strom für die Versorgung der umliegenden Städte und Fabriken erzeugt wird. Die ganz aus Eisen bestehende Dammkonstruktion setzt sich aus senkrecht gestellten eisernen Jochen in je 3 m Abstand voneinander zusammen, von denen je vier durch Quer- und Längsverstrebungen zu einem festen Bock vereinigt sind. Die Hauptrichtung der Joche im Dammquerschnitt ist senkrecht zu der mit 1 : 1½ Neigung angelegten Wasserseite des Dammes und ihre oberen Enden tragen einen kräftigen Walzeisenbalken, welcher das Auflager für die die Wasserseite des Dammes abschließenden 10 mm dicken Bleche bilden. Besonders schwierig lagen bei diesem Staudamm die Gründungsverhältnisse. Während an den Ufern beiderseits gesunder Felsboden vorhanden war, mußte der Damm in der Mitte auf etwa 100 m Länge auf einer stark wasserführenden Kiesschicht gegründet und auf der Wasserseite durch eine eiserne Spundwand sowie einen 4 m breiten und 3 m hohen Betonblock gegen Unterspülung geschützt werden. Nichtsdestoweniger ist dieser Teil des Dammes etwa ein Jahr nach der Inbetriebnahme, nachdem er mehrere Hochwasserstände überdauert hatte, infolge von Unterspülung eingestürzt, wahrscheinlich weil die Abdichtung mit Hilfe des Betonblockes, welche unter Wasser ausgeführt werden mußte, nicht genügend war. Der Damm soll aber in 6 Monaten wieder hergestellt werden. (Wiig.) [Deutsche Bauzeitung 1908, S. 402–403.] Textabbildung Bd. 323, S. 592 Fig. 1. H.