Titel: Die Betoneisenbauten im Hafen von Talcahuano, Chile.
Autor: F. Kerdijk
Fundstelle: Band 323, Jahrgang 1908, S. 755
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Die Betoneisenbauten im Hafen von Talcahuano, Chile. Von Ing. F. Kerdijk, Hengelo. Die Betoneisenbauten im Hafen von Talcahuano, Chile. Bei den teilweise fertiggestellten und teilweise noch in Ausführung begriffenen Arbeiten für den Ausbau des Hafens von Talcahuano, Chile, wird von armiertem Beton bei der Konstruktion der Kaimauern, Wellenbrecher und Schutzmauern ein allgemeiner Gebrauch gemacht. Obwohl der vollständige Entwurf für den Hafenausbau auch einen Handelshafen umfaßt, ist vorläufig aus Mangel an den erforderlichen Geldmitteln nur der Kriegshafen in Angriff genommen worden, dessen Ausführung einer Chilenischen Ingenieurfirma unter der Leitung von A. Lira Orrego, jedoch unter der Bedingung übertragen wurde, daß mit den Betoneisenbauten eine Firma mit spezieller Erfahrung auf diesem Gebiete zu beauftragen sei. Textabbildung Bd. 323, S. 756 Fig. 1.A, B, C Wellenbrecher. D, E Landungssteg, F-L Kaimauer, M. N Schutzmauer, O Eisenbahn, P Werkstätte, Q Schuppen, R Dock, S Magazine, T Kanal, U Hafen für Docktüre, V Leuchtturm, W Boje, X Auszutiefen bis – 10 m. Textabbildung Bd. 323, S. 756 Fig. 2.Kaimauer. Querschnitt und halber Grundriß. C Mauerwerk, D-E Steinschüttung, F Bodenfüllung, G Füllbeton. Es wurde denn auch für diese ein Unterkontrakt mit dem in Santiago errichteten Zweigbureau der Hollandsche Maatschappy tot het maken van werken in Gewapend Beton abgeschlossen, welche Gesellschaft, obwohl die Einzelheiten der Ausführung bei der Verdingung schon festgestellt waren, die Gewähr für die richtige Bemessung der Unterteile zu übernehmen hatte. Sie konnte dabei natürlich Aenderungen vorschlagen, wovon namentlich für die Zusammensetzung des dem Seewasser ausgesetzten Betons Gebrauch gemacht wurde, indem die ursprünglich in Aussicht genommene Mischung viel zu schlaff geurteilt und eine Mischung von 2 Zement: 3 Sand: 5 Steinschlag verwendet wurde. Ausführliche Mitteilungen über das Entstehen des Entwurfs und die Ausführung der betr. Arbeiten hat einer der Oberingenieure der genannten Betoneisen-Gesellschaft, W. C. van Manen, kürzlich in einem VortragDe Ingenieur 1908, Heft 35. im Kon. Inst. van Ingenieurs gemacht, aus dem die wichtigsten Angaben hier zusammengefaßt sind. Die Arbeiten können in vier Gruppen verschiedener Bauart eingeteilt werden; sie umfassen: einen Wellenbrecher A B C (Fig. 1), einen Landungssteg D E, eine Kaimauer F G H I K L und eine Schutzmauer M N. Abgesehen vom Landungssteg beruht das Prinzip für die Bauten darauf, daß auf dem Lande große, hohle BetoneisentrogeAehnliche Kaimauertroge aus Eisenbeton werden auch im Hafen von Rotterdam verwendet und haben in Talcahuano zum Vorbilde gedient. Siehe D. p. J. Bd. 322, Heft 39. auf dafür hergestellte Gerüste aufgebaut werden; nach genügender Erhärtung, und je nachdem die Baggerarbeiten fortschreiten, läßt man diese Troge mittels einer besonders zu diesem Zweck konstruierten Vorrichtung von Stapel und schleppt sie schwimmend an den Aufstellort, wo sie durch Einpumpen von Wasser auf den vorbereiteten Meeresboden gesenkt und schließlich mit Beton oder mit Steinen und Sand angefüllt werden, wonach gegebenenfalls die Hinterfüllung des Bodens und die Aufmauerung der Oberkonstruktion erfolgen kann. Textabbildung Bd. 323, S. 756 Fig. 3.Wellenbrecher (Querschnitt).D Feine Steinschüttung, E Grobe Steinschüttung, H Stein- und Sandfüllung, Y Meeresboden. Der für die Kaimauern gewählte Querschnitt ist aus Fig. 2 ersichtlich. Der eigentliche Mauerkörper ist sehr schmal gehalten, aber durch die weit nach hinten ausragende und mittels kräftiger, dreieckiger Rippen mit dem Trogkörper A verbundene Bodenplatte B, auf die der unmittelbar hinter der Mauer liegende Boden lastet, hat man erreicht, daß die Resultierende aus den äußeren Kräften – Bodendruck und Gewicht – innerhalb des Kernes der Grundfläche bleibt. Die Forderung einer möglichst billigen Bauart, sowie die Schwerpunktswahl des Troges derart, daß ein Schwimmen in angenähert senkrechtem Zustande möglich wird, führte zu der nach unten verjüngten Form des Trogkörpers. Zur Erhöhung der Standsicherheit ist die durch Rippen versteifte und ein wenig gewölbte Bodenplatte B nach vorne verbreitert und hier ebenfalls mittels dreieckiger Rippen versteift, die je in einer Ebene mit denen an der Hinterseite, sowie mit den Querschotten im Innern des Troges liegen. Textabbildung Bd. 323, S. 757 Fig. 4.Schutzmauer (Querschnitt). D Steinschüttung. H Stein- und Sandfüllung. Die Höhe der Betoneisenkonstruktion beträgt 10,35 m (für einen Teil der Kaimauern 9,65 m), die Breite oben 3 m, unten 6,50 m, die Troglänge 10 m, das Gewicht des leeren Troges etwa 215 t, nach Füllung mit Beton 620 t. Ueber die ganze Länge (1113 m) dieser Kaimauern ist das Mauerwerk c aus Bruchsteinen mit einer Kanalaussparung a für hydraulische, elektrische und Gasleitungen errichtet. Textabbildung Bd. 323, S. 757 Fig. 5.Landungssteg. Querschnitt und Grundriß. Z Felsboden. Vor der Aufstellung der Betoneisentroge wird eine 12 m breite Rinne bis auf- 10,5 m ausgebaggert und in diese Rinne eine 0,5 m dicke Schicht D aus feinem Steinschlag geschüttet, die von einem Taucher möglichst geebnet wird. Zur Verringerung des Bodendruckes ist hinter der Mauer ein dreieckiges Prisma aus Steinschüttung E vorgesehen, das von der Oberkante der Betoneisenkonstruktion unter einem Neigungswinkel von 45° ausgeht. Der in Fig. 3 im Querschnitt dargestellte Wellenbrecher, dessen Form Und Abmessungen aus der Fig. hervorgehen, ruht auf einer 0,5 m dicken Schicht feiner Steinschüttung D und ist mit Stein und Sand gefüllt, Während zum allmählichen Brechen der Wellen auf der Nordseite eine grobe Steinschüttung E unter einem Neigungswinkel von 1½: 1 angebracht wird, deren äußere Schicht aus Blöcken mit einem Mindestgewicht von 2000 kg bestehen muß. Für die Strecke B C (Fig. 1) ist der Wellenbrecher um 1 m tiefer gegründet als in Fig. 3 angegeben und sind die Betoneisentroge deshalb 1 m höher. Auch die Troge A für den Wellenbrecher sind 10 m lang und durch drei Querschotten in vier gleiche Abschnitte geteilt. Die beiden Stirnwände eines jeden Troges sind mittels drei wagerechter Rippen verstärkt. Textabbildung Bd. 323, S. 757 Fig. 6.Unterstützung der Troge auf der Längsbahn. K Kupplung. Ueber die ganze Länge (553 m) des Wellenbrechers, der durch einen breiteren Stirnblock mit kleinem Leuchtturm abgeschlossen wird, ist eine Brustwehr auf der Nordseite bis auf + 4 m angebracht und auf die Troge ist eine dreigleisige Bahn verlegt. Textabbildung Bd. 323, S. 757 Fig. 7.Unterstützung der Troge auf der Querbahn. K Kupplung. Auch die Schutzmauer, deren Länge 253 m betragen wird, setzt sich aus 10 m langen Trogen zusammen, deren Querschnitt und Abmessungen aus Fig. 4 hervorgehen. Da der Unterboden am Aufstellungsort sehr weich ist, soll hier bis auf – 11 m eine 12 m breite Rinne ausgebaggert und mit Steinen vollgeschüttet werden. Die Troge werden nur bis auf – 6 m mit Steinen und Sand gefüllt, um den auf den Boden lastenden Druck möglichst zu beschränken. In den Seitenwänden der Troge werden 60 cm im Geviert große Löcher ausgespart, um das Wasser in den Trogen mit den wechselnden Gezeiten auf und nieder gehen zu lassen. Eine von den vorbesprochenen vollständig abweichende Konstruktion wurde für den Landungssteg (Fig. 5) gewählt. Hätte man hier ebenfalls zum Trogbau gegriffen, so wäre, wie aus der Fig. ersichtlich, eine bedeutende und kostspielige unterseeische Felsauf räumung notwendig gewesen zur Erweiterung des schon bestehenden, zum Dock führenden Zugangskanals. Bei der jetzt zur Ausführung gelangenden Bauart werden hohle Betoneisensäulen auf dem Lande fertiggestellt, schwimmend zum Bauplatz geschleppt und mit Hilfe eines Schwimmkranes in Löcher aufgestellt, die vorher mittels Druckluft-Caissons in den Meeresboden ausgehauen sind. Die Standsicherheit der Pfähle wird dadurch erreicht, daß ein Taucher den freibleibenden Raum in den Löchern um die Pfahlfüße herum mit schnellerhärtendem Zementbeton ausfüllt, nachdem die Säulen selbst in ihrer ganzen Höhe mit Beton gefüllt worden sind. Die Säulen werden durch Kupplungsbalken in der Längs- und Querrichtung miteinander verbunden, während schließlich eine durch schwere Rippen verstärkte Deckenkonstruktion auf die Säulen angebracht wird. Der Bodendruck wird durch ∟-förmige, gegen die hintere Säulenreihe aufgestellte Betoneisenkonstruktionen aufgenommen, für welche die Troge ebenfalls auf dem Lande ausgeführt und schwimmend zur Baustelle geschleppt werden. Jeder dieser Troge reicht von einer Säule zur zweitnächsten und besitzt fünf dreieckige Verstärkungsrippen, welche die senkrechte Wand mit der Grundplatte verbinden. Textabbildung Bd. 323, S. 758 Fig. 8.Trog vor dem Hinunterlassen. Die Art, wie die Kaimauertroge von dem Bauort ins Wasser gelassen werden, möge noch an Hand der folgenden Figuren erklärt werden. Der Zusammenbau findet auf über Gleisbahnen aufgestellten Gerüsten statt, die parallel zueinander und mit der Küste des Arbeitsplatzes verlegt sind. Nach der Fertigstellung wird jeder Trog auf zu diesem Zwecke konstruierte Wagen über diese Längsbahnen zu einer Querbahn geführt, die das Hinunterlassen ins Wasser gestattet. Die etwa 210 bis 220 t schweren Troge (Fig. 6) werden durch sechs Wagen in solcher Weise unterstützt, daß ein statisch bestimmtes System entsteht. Dazu sind auf der der Stirnwand zunächst gelegenen Bahn je zwei Wagen miteinander verbunden und stützt der Trog sich hier auf je einem gemeinsamen Balken. Die beiden Wagen des hinteren Gleises sind mit hydraulischen Hebevorrichtungen versehen, deren Kupplung K eine gleiche Belastung dieser beiden Wagen bewirkt. Dadurch ist ein statisch bestimmtes Belastungssystem erzielt, das den Vorteil hat, unvorhergesehenen Formänderungen des Trogkörpers vorzubeugen, da event. örtliche Senkungen der Gleisbahnen ohne Einfluß auf die Stützpunktreaktionen bleiben. Dadurch wurde auch eine kostspielige Unterrammung der Bahnen vermieden, die sonst bei der Beschaffenheit des dortigen Bodens nötig gewesen wäre. Textabbildung Bd. 323, S. 758 Fig. 9.Trog auf der Querbahn. Textabbildung Bd. 323, S. 758 Fig. 10.Trog beim Schleppen durch die Bucht. Auf die unter einer Neigung von 1: 100 verlegte Längsbahn wird der Trog zum Kreuzpunkt mit der Querbahn gefahren, wo er mittels acht hydraulischer Pressen und vier fester Stützpunkte von den Wagen gehoben wird, um letztere für die nun folgende Querbewegung drehen zu können. Wie diese auf der Querbahn zu stehen kommen, geht aus Fig. 7 hervor, während Fig. 8 eine Ansicht des Troges in diesem Stande gibt, wo auch die Zugseile zum Halten des Troges beim Abfahren zu sehen sind. Dabei werden die Seile von einer Winde allmählich nachgelassen, wobei die ursprünglich 1: 100 betragende Neigung der Querbahn unmittelbar vor der Wasserlinie in eine solche von 1: 3 übergeht. Der Trog kommt dadurch in gleicher Lage ins Wasser, den er in schwimmenden: Zustand einnimmt und hebt sich gleichmäßig von seinen Stützpunkten ab. Die Abfahrt auf der letzten Streke ist noch durch Fig. 9 veranschaulicht. Nachdem die Troge durch einen Schlepper (Fig. 10) an Ort und Stelle gebracht sind, werden sie mit Hilfe eines Schwimmkranes gekantet, mit Wasser vollgepumpt, bis sie auf den vorbereiteten Boden aufruhen und schließlich mit Beton gefüllt.