Titel: Polytechnische Rundschau.
Fundstelle: Band 323, Jahrgang 1908, S. 765
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Polytechnische Rundschau. Polytechnische Rundschau. Eine 2700-pferdige Pelton-Doppelturbine Textabbildung Bd. 323, S. 765 Fig. 1. für 300 Umdrehungen i. d. Minute und 125 m Betriebsgefälle hat die Maschinen- and Armaturenfabrik vorm. H. Breuer & Co. in Höchst a. M. vor kurzem für ein großes überseeisches Licht- und Kraftelektrizitätswerk erbaut. Die aus einem 900 mm weiten Druckrohr gespeiste Turbine ist mit zwei Laufrädern von 1330 mm Durchm. versehen, auf deren Umfangen je elf Pelton-schaufeln von rund 500 mm Breite und 86 kg Gewicht angeordnet sind. Das Kraftwasser tritt gegen diese Laufräder durch je zwei Düsen von 114 qmm Austrittsquerschnitt, welche gleichzeitig von Voll- bis Nullöffnung gesteuert werden können. Je zwei übereinander liegende Düsenzungen sind zu diesem Zwecke innerhalb der Einströmungen durch Hebel verbunden, während die beiden nebeneinander liegenden unteren Düsenzungen durch eine Welle verbunden sind. Diese Welle tritt seitlich aus dem Gehäuse heraus und wird hier von dem einfachen Fliehkraftregulator beeinflußt. Um den Regulierwiderstand zu vermindern, sind die auf den Düsenzungen ruhenden Wasserdrücke außerdem für je zwei übereinander befindliche Düsen durch einen Druckwasserkolben ausgeglichen, dessen Kolbenstange nach oben hinaustritt und als Zeiger für die Stellung der Düsenzungen dient. Die beiden Turbinenräder sind auf einer Welle aufgekeilt, die beiderseits in je einem Lager von 220 mm Durchm. und 620 mm Lauflänge ruht. Diese Lager (s. Fig. 1) kennzeichnen sich dadurch, daß die Sicherung der Welle gegen Verschieben in wagerechter Richtung durch einen mittleren Bund der Welle erfolgt, so daß die Anlaufstellen gut geschmiert werden und die Welle sehr genau eingepaßt werden kann. Dieser Mittelbund ist zugleich als Schmierring ausgebildet. Außerdem haben die Lager auch Wasserkühlung. Der Austritt von Wasser aus dem Gehäuse wird durch zwei Spritzringe verhindert, welche die Verwendung von Stopfbüchsen entbehrlich machen. [Zeitschr. f. d. gesamte Turbinenwesen 1908, S. 341 – 344.] H. Betongelenke im Brückenbau. Durch Anwendung von drei Gelenken wird der Bogen einer massiven Brücke statisch bestimmt, da die Drucklinie durch die Gelenke gehen muß. Es läßt sich daher mit größerer Sicherheit als bei dem eingespannten Bogen die Spannungsverteilung in den einzelnen Gewölbequerschnitten ermitteln und daher eine größere Beanspruchung und bessere Ausnutzung des Materials ermöglichen. Außerdem wird das Bauwerk von Wärmeschwankungen und von Formänderungen und Setzungen im Widerlager und Fundament unabhängig. Die Gelenke aus Beton sind Wälzgelenke, d.h. zwei nach verschiedenen Halbmessern in gleichem Sinne gekrümmte Betonkörper, die sich in einem schmalen Streifen berühren und aufeinander abrollen können. Ihre Berechnung geschieht nach Formeln von Köpke, Barkhausen oder Herz, nach denen die Größe des Radius aus der zulässigen Pressung in den Berührungsflächen bestimmt wird. Da jedoch der Bruch eines Gelenksteines infolge der Ueberwindung der Zugfestigkeit durch die Inanspruchnahme auf Zug aus der Querdehnung eintritt, so ist der zulässige Gelenkdruck am besten unmittelbar aus Versuchen zu bestimmen. Die größte Ausführung mit Gelenken aus Beton hat die Moselbrücke bei Moulin, deren Mittelöffnung 44 m Spannweite und 5,7 m Pfeilhöhe hat, während dieselben in den Seitenöffnungen 40 m bezw. 4,78 m betragen. Die Scheitelgelenke sind 0,95 m die Kämpfergelenke 1,15 m stark. Die Krümmungshalbmesser sind bei der hohlen Fläche 3,25 m, bei der erhabenen Fläche 2,8 m, der Kämpferdruck ist für 1 m Länge 271 t. Gelenkprobesteine von ½ m Länge, in einer Mischung 1: 2: 2 und vier Monat alt zeigten folgende Ergebnisse: Versuch Gewicht Belastung beim Beginnder Rissebildung Bruch nochnichterreicht bei Konkav konvex 123 i, Mittel1110 kg 404800 kg404800  „364200  „   ohne Riß584500 kg457400  „ 590300 kg592500  „599800  „ Da die ausgeführten Gelenksteine für ½ m Tiefe nur mit 135 t beansprucht werden, so ist bis zur Rissebildung etwa dreifache Sicherheit vorhanden. Die Berührungsflächen wachsen mit zunehmendem Druck derart, daß der Druck auf die Flächeneinheit nur im Anfang zunimmt und später nahezu konstant bleibt. Durch Einlagen von Eisenstäben, die die aus der Querdehnung entstehenden Zugspannungen aufnehmen, läßt sich, wie durch Versuche festgestellt ist, die Bruchlast bis 50 v. H. erhöhen. Auch bei kleinen Bauwerken, die häufig einer fachmännischen Aufsicht und sachgemäßen Unterhaltung entzogen sind, empfiehlt sich wegen der großen Sicherheit gegen Rissebildung die Anwendung von Gelenken. Hierbei genügen häufig schon keilförmige Asphaltfilzplatten an den Laibungen des Scheitels und der Kämpfer, während der Beton des Gewölbes und der Widerlager zwischen diesen Streifen durch eine Zwischenlage Papier getrennt wird. Ueber den Gelenken sind durchgehende Fugen anzuordnen, die nachträglich zu dichten sind. Die offene Scheitelfuge wird an der Rückseite mit Teerstrick ausgestemmt, mit Goudron vergossen und durch ein Zinkblech abgedeckt. Die Kämpferfugen werden an der Rückseite durch Zink- und Asphaltfilzstreifen geschützt. Nach der Ausführung zu erwartende Senkungen können bei der Herstellung des Gewölbes berücksichtigt werden, indem man die Berührungsflächen im Scheitel nach unten und in den Kämpfern nach oben verlegt. Bei der Senkung des Gewölbes tritt ein Abrollen ein, bei dem die Berührungsflächen nach der Mitte der Gewölbeflächen rücken, so daß womöglich der günstigste Spannungszustand bei der zu erwartenden Senkung eintritt. (Köhler.) [Deutsche Bauzeitung 1908, S. 283 ff. und S. 303] Dr.-Ing. P. Weiske. Spezialeinrichtungen in den Werkstätten einer elektrischen Bahn. In der Radsatzwerkstatt der Chicago City Railway Company ist die interessanteste Arbeitsmaschine die Drehbank, die ein eigener 25 PS-Motor unter Zwischenschaltung eines Zahnrädergetriebes antreibt. Das inmitten der Drehbank angeordnete Antriebszahnrad ist mit einem Sektorausschnitt versehen, der zum Einbringen eines Radsatzes herausgenommen und hierauf mittels Schrauben wieder befestigt werden kann. Die Bank ist so tief in den Fußboden der Werkstatt eingelassen, daß die auf ihren Achsen sitzenden Räder ohne Verwendung von Hebezeugen unmittelbar vor die Lagerungsvorrichtungen gerollt werden können. Die letzteren besitzen genau über die Lager passende Futter, so daß die Radumfänge zentrisch zu den Lagerstellen der Achse gedreht werden. Zur Bearbeitung dienen vier Schnelldrehstähle: ein Schrubstahl für die Lauffläche und den Spurkranz, ein Nachdrehstahl für die Innenseite des Spurkranzes, ein zweiter für dessen Außenseite und ein Schlichtstahl für die Lauffläche. Die Werkzeuge sind nach Lehre geschliffen. Als Rotationskörper ausgebildete Lehren für das Bandagenprofil sind gemeinsam mit einer Schublehre zum Prüfen der Raddurchmesser über der Drehbank aufgehängt. Diese Einrichtungen ermöglichen es, mit dieser Bank täglich zehn Radsätze nachzudrehen. Die großen Zahnräder werden auf die Radsätze hydraulisch aufgepreßt, und zwar unabhängig davon, ob sie aus einem Stück bestehen oder geteilt sind; denn es hat sich herausgestellt, daß das Aufpassen der Zahnräderhälften dreimal länger dauert als das Aufpressen. Motoren und Anker, die zur Reparatur in die Werkstatt gelangen, werden zuerst unter einer Staubabsaugevorrichtung mit Preßluft gereinigt. Beträgt der Durchmesser einer Ankerwelle an den Lagerstellen 1½ mm weniger als der normale Durchmesser, so wird ein kalt gezogenes Rohr aufgeschrumpft und das letztere dann auf den normalen Durchmesser abgedreht. Zum Ausbohren der Lagerschalen für die Motortraglager dient eine besondere Bank, auf deren Bett ein Schlitten mit zwei zur Aufnahme der Lagerschalen geeigneten Lagerböcken gleitet. Durch die eingespannten Schalen hindurch führt eine Welle, in der an vier Stellen je vier um den Umfang verteilte Sehnelldrehstähle sitzen. Je einer der paarweise zusammengehörigen Sätze dient zum Vordrehen, der andere zum Schlichten. Auf dieser Bank können während einer neunstündigen Arbeitszeit 50 Paar Lagerschalen von etwa 130 mm Durchm. und 230 mm Länge ausgebohrt werden. [Electric Railway Journal 1908, II, S. 262-268.] Pr. Elektrischer Wellenfernschalter. Einen etektr. Wellenfernschalter haben Wirth und Beck konstruiert. Mit demselben ist es möglich, durch Vermittlung elektrischer Wellen, die auf einige 100 km noch wirksam sind, eine Reihe von elektr. Apparaten einzeln oder in verschiedenen Gruppen in beliebiger Reihenfolge ein- oder auszuschalten. Ferner gestattet der Apparat ganz nach Willen Räder (Hähne) nach rechts oder links zu drehen, Hebel vor- oder rückwärts, nach oben oder unten, rechts oder links zu stellen. Welche mannigfaltige Verwendung des Apparates sich daraus ergibt, zeigte Wirth an einigen Beispielen anläßlich eines Experimentalvortrages, den derselbe in der Naturhistorischen Gesellschaft zu Nürnberg vor kurzem hielt. Auf dem Experimentiertisch stand ein Wellenauffänger, mit dem der nur etwa 10 kg schwere Wellenfernschalter verbunden war, sowie einige Nebenapparate. Der Wellensender, welcher am anderen Ende des Saales sich befand, bestand aus einem Oszillator, ähnlich wie er bei der drahtlosen Telegraphie verwendet wird, und einem Zeigerapparat, welcher Wellenlänge, Zeit und Zahl der ausgesandten Wellenfolgen selbsttätig regelt. Wurde beim Sendapparat der Hebelzeiger auf irgend eine Nummer gebracht, so geriet der mit dieser Nummer korrespondierende Nebenapparat beim Empfänger in Tätigkeit. So wurde eine Reihe von 110 Voltlampen in beliebiger Reihenfolge oder Gruppen ein- und ausgeschaltet; Elektromotore und Laut werke kamen in Tätigkeit; ein Modell einer Dampfmaschine wurde durch elektr. Wellenvermittlung in Gang gebracht, umgesteuert und außer Betrieb gesetzt. Zum Schluß wurde eine kleine elektr. Pulvermine entzündet. Besondere Bedeutung wird der Verwendung des Apparates für Kriegszwecke z.B. in folgenden Fällen zugeschrieben: Soll ein wertloses Schiff in einer feindlichen Hafeneinfahrt versenkt werden, um die Ausfahrt der Schiffe zu hindern, so mußten bis jetzt sich einige Mannschaften dem fast sicheren Tode widmen, um unter den Augen des Feindes das Schiff an den gewünschten Platz zu bringen und dort zu sprengen. Mit dem Wellenfernschalter soll es möglich werden, ein unbemanntes Fahrzeug durch elektr. Wellen an das Ziel zu lenken und dort zu versenken. Land- und Seeminen wurden auch jetzt schon häufig durch Elektrizität zur Explosion gebracht; doch mußten dieselben mit dem Sendeapparat durch elektr. Drähte in langen Kabelleitungen in Verbindung stehen. Jetzt kann in ganz kurzer Zeit eine Reihe von Minen in der Erde oder im Wasser versenkt werden. Durch elektr. Wellen werden sie von einem Schiff, Berg oder Fesselballon usw. zur Entzündung gebracht. Dies wird sich besonders da bewähren, wo ein aus taktischen Gründen veranlaßtes rasches Zurückgehen keine Zeit zum Legen von Kabeldrähten läßt. Mit dem Wellenfernschalter soll es möglich werden, ein lenkbares unbemanntes Luftschiff über eine feindliche Stellung zu steuern, dort photographische Aufnahmen zu machen, Sprengkörper fallen zu lassen, um dann das Luftschiff wieder an den Ort seines Aufstieges zurückzulenken. Die Stellung des Luftschiffes kann durch Winkelmessungen von zwei oder drei telephonisch miteinander verbundenen Punkten innerhalb weniger Sekunden ziemlich genau festgestellt werden. Außerdem zeigt die Explosion der ersten abfallenden Geschosse, ob das Luftfahrzeug schon die richtige Stellung eingenommen hat. Wenn auch vorläufig der „Wellenfernschalter“, welcher auf die gleiche Entfernung wie die drahtlose Telegraphie wirkt, hauptsächlich als Mittel der Landesverteidigung erscheint, so ist doch nicht ausgeschlossen, daß er auch in der Industrie und im Verkehrswesen eine Rolle zu spielen geeignet ist, da Maschinen, Signale, Bremsvorrichtungen usw. durch ihn mittels elektr. Wellen zur Wirksamkeit gebracht werden können. ε. Verflüssigung von Helium. Am 10. Juli 1908 ist es dem holländischen Professor Kamerlingh Onnes endlich gelungen Helium, das letzte Gas, das bisher nicht verflüssigt werden konnte, in größeren Mengen zu verflüssigen. Durch Erhitzen von Monazitsand wurden 200 l Heliumgas hergestellt, das nach dem Prinzip der Lindeschen Luftverflüssigungsmaschine durch Entspannen von höherem auf niederen Druck immer weiter abgekühlt wurde. Vor dem Expansionsventil betrug der Druck 95 at, hinter ihm 40 at. Vorgekühlt wurde mit flüssigem Wasserstoff, den man unter 60 mm Druck verdampfen ließ; dadurch ward eine Temperatur von – 258° erzeugt. Der flüssige Wasserstoff wurde seinerseits mit flüssiger Luft gekühlt. Das zu verflüssigende Helium muß durch entgaste poröse Kohle, die durch flüssige Luft gekühlt wird, sorgfältig von jeder Spur Luft befreit werden, da schon wenige ccm Luft genügen, um die engen Röhren, durch die das Helium kreist, zu verstopfen. Die Kompressionspumpe wirkt zunächst auf Quecksilber, um das Helium nicht zu verunreinigen. Nachdem am 9. Juli 75 l flüssige Luft hergestellt waren, wurden am 10. Juli von morgens 6 Uhr bis 1½ Uhr nachmittags 20 l flüssiger Wasserstoff hergestellt; um 4 Uhr begann dann die eigentliche Arbeit. Gegen 7 Uhr abends zeigte sich flüssiges Helium in dem röhrenförmigen Dewarschen Vakuumgefäß von etwa 5 cm lichter Weite, das unterhalb des Reduzierventils befestigt war. Die Temperatur des flüssigen Heliums, die ein eintauchendes Thermoelement angab, betrug 5° der absoluten Skala (deren Nullpunkt bei – 273°C liegt). Auffällig war, daß die Oberfläche des Heliums messerscharf gegen die Wände abschnitt. Als die Oberfläche so weit gesunken war, daß noch etwa 60 ccm flüssiges Helium vorhanden waren, wurde das verdampfende Helium getrennt aufgefangen und gasanalytisch wie spektroskopisch auf seine Reinheit geprüft; es erwies sich als völlig rein. Um 8½ Uhr war die Flüssigkeit bis auf 10 ccm verdampft; ein Versuch, sie durch Druck verminderung bis auf 1 cm zum Gefrieren zu bringen, gelang nicht; die Flüssigkeit war hierbei noch sehr leicht beweglich. Der Siedepunkt des Heliums liegt bei 4,5° abs.; die Dichte beträgt beim Siedepunkt 0,15; die kritische Temperatur liegt wahrscheinlich über 5° abs.; der kritische Druck wahrscheinlich etwas über 2,3 at, ist also viel deiner als bei anderen Stoffen. Für die Größe a in der Gleichung von van der Waals ergibt sich für Helium der Sehr kleine Wert 0,00005. [Chemikerzeitung 1908, S. 901 bis 903.] A. Schmelzpunkte von Sulfiden. W. Blitz in Clausthal fand folgende Schmelzpunkte bezw. Sublimationstemperaturen von reinen Metallsulfiden mit einer Genauigkeit von ± 2°: Bleisulfid 1112° – Eisensulfid 1197° – Nickelsulfid 797° – Kobaltsulfid > 1100°. Zinksulfid begann, ohne zu schmelzen, bei 1182°, Kadmiumsulfid bei 980° und Quecksilbersulfid bei 446° zu sublimieren. Zinnsulfid (Sn S) schmilzt bei etwa 870°; die Schmelze wird zwischen etwa 1000° und 1100° zäh und dann völlig starr; bei etwa 1120° wird die Substanz von neuem flüssig. Das Zinnsulfid sublimiert über 1100° sehr stark. [Z. f. anorgan. Chemie 1908, 59, S. 273 – 284.] A. Die englische Patentgesetzgebung und die deutsche chemische Industrie. England verlangt bekanntlich neuerdings, daß solche Firmen, die in England Patentschutz genießen wollen, das Patent in England ausüben müssen. Der Vorsitzende des Vereins deutscher Chemiker, Professor Dr. C. Duisberg, machte auf der diesjährigen Hauptversammlung zu Jena, als die Sache zur Verhandlung kam, unter anderem etwa folgende interessante Mitteilungen: Eine Kommission aus Chemikern, Ingenieuren und Kaufleuten ist in England gewesen und hat sich unter meiner Führung über die gesamte chemische Industrie Englands zu unterrichten gesucht. Eine Menge Fabriken sind uns für unsere Zwecke angeboten worden; denn alle englischen Fabrikanten sehen ein, daß es für sie vorteilhafter sein würde, wenn wir ihnen ihre alten Fabriken abkauften und darin unsere neuen Produkte herstellten. Wir haben das nicht getan, sondern nur die Gelegenheit benutzt, sie uns gründlich anzusehen. Wir haben aber dabei nichts gelernt. Wir haben es für richtiger gehalten, wenigstens soweit die beiden großen, in unserer Industrie bestehenden Interessengemeinschaften in Frage kommen, jede für sich neue Fabriken zu bauen. Speziell die Interessengemeinschaft Elberfeld-Ludwigshafen-BerlinElberfelder Farbwerke, Badische Anilin- und Sodafabrik, Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation. hat ein großes Gelände in wundervoller Lage bei Liverpool angekauft, das geeignet ist, nicht nur die Farbenindustrie, sondern auch die Herstellung aller anorganischen Zwischenprodukte und selbst die Teerdestillation aufzunehmen. Die Kohle ist wesentlich billiger als bei uns; die Arbeitslöhne betragen in Liverpool für Handarbeiter etwa 3 Schilling täglich für den guten Arbeiter, während wir zurzeit durchschnittlich 3,50 – 4 M. bezahlen müssen. Besteuerung und die sonstigen offiziellen Lasten sind dort erheblich niedriger, aber die Frachten teurer. Wir wollen vorerst nur die Patente in England ausführen, die zurzeit wichtig und bedeutungsvoll für uns sind. Wir kommen dort für den Anfang mit zwei Chemikern und etwa 50 Arbeitern aus.. Was bedeutet das gegenüber den 500 Chemikern und 18000 Arbeitern, die wir im ganzen beschäftigen. Zurzeit ist gegen die ablehnende Haltung der englischen Regierung nichts zu machen, aber wir müssen durch einen Druck auf die englische mechanische Industrie ein Gegenseitigkeitsabkommen zwischen Deutschland und England zu erreichen suchen. Vielleicht könnten auch gegen die englischen Inhaber deutscher chemischer Patente Gegenmaßregeln vorbereitet werden. [Zeitschrift für angewandte Chemie 1908, 21, 1964.] A. Der Kondenstopf Monopol. Der Kondenstopf Monopol mit selbsttätiger Entlüftungsvorrichtung, von dem wir unten eine Abbildung bringen, bewirkt ein selbsttätiges Ausscheiden des Kondenswassers, das sich in Dampfleitungen, Heizapparaten, Trockenzylindern usw. bildet. Die Wirkungsweise sei in Folgendem kurz beschrieben. Der Topf ist so aufzustellen, daß sich der Eingangsstutzen links in Höhe der tiefsten Stelle der Abflußleitung befindet, das Kondenswasser also freien Fall in den Topf hat. Im Innern befindet sich ein oben offener Kupferschwimmer, welcher in seiner – in der Mitte angebrachten – Führungsstange oben ein Doppelventil trägt, das – durch die Schwimmerbewegung betätigt – den Abgang des sich jeweilig im Schwimmer befindlichen Kondenswassers bewirkt. Textabbildung Bd. 323, S. 768 Der Vorgang hierbei ist folgender: Im gewöhnlichen Zustand, also wenn der Schwimmer im Innern nicht gefüllt ist, befindet sich der Schwimmer selbst, durch das außen um ihn herum befindliche Wasser, in die Höhe gehalten in seiner höchsten Stellung, – die Ventile sind also geschlossen. Tritt jetzt das Wasser durch den Stutzen links ein, so steigt es im Innern des Kondenstopf es so hoch, bis es den oberen Schwimmerrand erreicht hat und ihn anfüllt. Er füllt sich dem jeweiligen Betriebsdrucke entsprechend so voll, bis das Gewicht des Wassers den Schwimmer nach unten zieht. Gleichzeitig werden durch die Abwärtsbewegung des Schwimmers die Ventile von ihren Sitzen losgerissen und der im Topf herrschende Druck bewirkt ein Herausdrücken des sich im Schwimmer befindlichen Kondenswassers durch die mittlere Führungshülse in den oberen wagerechten Kanal, der mit dem rechtsseits sitzenden Austrittsstutzen in Verbindung steht. Hier kann das Kondenswasser entweder in die Höhe gedrückt werden oder frei abfließen; die Höhe, bis zu welcher das Wasser gedrückt werden kann, richtet sich nach dem Betriebsdrucke. Ist der Schwimmer entleert, so wird er durch den Auftrieb wieder gehoben und die Ventile schließen sich so lange, bis wieder genügend Wasser zum Oeffnen vorhanden ist. Das oben am Topfe rechts angebrachte Ventil hat den Zweck, den Topf dann und wann auszublasen, bezw. zu reinigen. Hierdurch wird der sich mit der Zeit im Topf ablagernde Schlamm direkt durch den Umleitungskanal ins Freie geführt. Ferner dient es dazu, bei Inbetriebsetzung, oder bei sich plötzlich stark ansammelnden großen Mengen Kondenswassers, letzteres schnell abzulassen. Beim etwaigen Versagern des Topfes, Schadhaftwerden des Schwimmers oder Verstopfung der Ventile kann man sich helfen, indem man das Ventil ein wenig öffnet, jedoch nicht soweit, daß ein beträchtlicher Dampfverlust entsteht. Es empfiehlt sich wegen Reparaturen in der Zuleitung des Kondenstopfes einen Hahn oder ein Ventil einzuschalten, damit man auch während des Betriebes den Kondenstopf aus der Leitung entfernen kann. Man kann dann das Absperrorgan so weit öffnen, daß nur das Kondenswasser aus der Leitung entfernt wird. Dieses ist jedoch nur ein primitives Hilfsmittel und daher nicht ausgeschlossen, daß bei unregelmäßigem Betrieb entweder zu wenig Wasser abfließt oder teilweise Dampf mit entflieht. Beim Entleeren der Ausflußleitung – falls diese in die Höhe geht – und des Topfes ist die unten rechts angebrachte Verschlußschraube zu entfernen und das Ventil rechts oben zu öffnen. Bei dem Einbauen oder Reinigen des Topfes durch Losschrauben des Deckels ist besonders darauf zu achten, daß alle Dichtungen bestens in stand sind und daß keinerlei Schmutz oder sonstige Fremdkörper in den Topf gelangen können. Eine möglichst genaue wagerechte Lage des Topfes ist unerläßlich, weil sonst der Schwimmer nicht arbeiten kann. Der Apparat wird von der Firma Keller & Co. in Chemnitz gebaut.