Titel: | ÜBER GLEICHSTROM-ELEKTROSCHUTZMAGNETE. |
Autor: | Rolf Sproecke |
Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 373 |
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ÜBER
GLEICHSTROM-ELEKTROSCHUTZMAGNETE.
Von Rolf Sproecke,
Danzig.
SPROECKE: Ueber Gleichstrom-Elektroschutzmagnete.
Inhaltsübersicht.
Einleitend wird auf die Notwendigkeit einer Reinigung der zur
maschinellen Verarbeitung gelangenden Rohstoffe von Eisenteilen hingewiesen. Werden
hierzu Permanentmagnete verwendet so ergeben sich Mängel, denen gegenüber die
Wirksamkeit der Elektro-Gleichstromschutzmagnete günstiger hervortritt. Von
letzteren werden das theoretische Prinzip, die konstruktive Ausführung und die
verschiedenen Verwendungsformen besprochen, wodurch auch die vielseitige
Verwendungsmöglichkeit der Elektroschutzmagnete erkenntlich wird. Ein
betriebssicheres Verhalten der neuartigen Schutzmagnete und bei deren Verwendung
entstehende Vorteile für die Arbeitsmaschinen können festgestellt werden. Die
Betriebswirtschaftlichkeit wird an Hand von Anschaffungs-, Unterhaltungs- und
Leistungswerten einiger Magnetmodelle aus dem Magnetwerk
G. m. b. H. Eisenach nachgeprüft, ebenso die entstehenden Jahresunkosten ermittelt;
hierbei ergibt sich eine Kennzeichnung der betriebstechnischen und
betriebswirtschaftlichen Eigenschaften der Elektroschutzmagnete
––––––––––
Zu den Forderungen, welche die jetztzeitige Verarbeitung der Rohmaterialien an die
Schöpfungen der Technik stellt, gehört auch jene nach einer möglichst
betriebssicheren und störungsfrei arbeitenden Ausführung der benötigten Maschinen
und Vorrichtungen.
Textabbildung Bd. 327, S. 373
Fig. 1.
Textabbildung Bd. 327, S. 373
Fig. 2.
Textabbildung Bd. 327, S. 373
Fig. 3.
In allen Betrieben, gleich welcher Art, macht sich infolge der stetigen Zunahme der
maschinellen Fabrikation und der dabei auftretenden beschleunigten
Produktionsvorgänge auch der Wunsch geltend, den Arbeitsmaschinen (sowohl den Orts-
als auch Formänderungsmaschinen) Schutz gegen das Eindringen von Fremdkörpern zu
geben. Besonders versucht man die meist in allen Rohstoffen vorkommenden Eisenteile
abzusondern, weil diese nicht nur die Maschinen gefährden und unliebsame
Betriebsstörungen verursachen, sondern auch manchesmal auf den ganzen Betrieb
ungünstig rückwirken, wenn z.B. Explosionen oder Brände durch Hineingeraten von
Eisenstücken in schnell bewegte Maschinen eintreten.
Vor allem haben Spinnereien, Papier- und Porzellanfabriken und Mühlen mit den
erwähnten Unannehmlichkeiten zu kämpfen, aber auch sonstige Betriebe, in denen
Zerkleinerungen der verschiedenen Rohstoffe stattfinden, versuchen, sei es aus
gesetzlichen Gründen (Lebensmittelzubereitung) oder aus Betriebsrücksichten, sich
von diesen Störenfrieden frei zu machen. Wie häufig und in welcher Art nun
Eisenstücke in Rohstoffen enthalten sind, dürfte sich aus den Fig. 1, 2 und 3 ergeben. Die in Fig.
1 gezeigten Eisenteile wurden aus Zichorienwurzeln vor dem Mahlprozeß
abgesondert, einmal zur Schonung der Mühlen, dann aber, um das als Genußmittel
dienende Zichorienschrot zu säubern. In Fig. 2 sehen
wir Eisenstücke, welche bei der Verarbeitung von Farbholz diesem entzogen wurden.
Aus der Größe und Form der abgesonderten Stücke ist der Wert der Entfernung für die
Verarbeitungsvorrichtungen erkenntlich. Endlich ergibt die Darstellung in Fig. 3 einige Absonderungen von Eisenstücken aus
Copraschalen.
Es ist aus Fig. 1 bis 3 wohl erklärlich, daß jeder Betriebsleiter bemüht ist, seine
Einrichtungen, vornehmlich die maschinellen, vor solchen Schädlingen zu bewahren.
Bisher dienten dazu die sogen. Permanentmagnete. Letztere fanden aber keine
allgemeine Aufnahme, weil sie vielfach unzuverlässig arbeiteten und sich auch
allgemein als nicht zweckfördernd erwiesen. Dazu kam, daß die Permanentstahlmagnete
zu ihrer Herstellung besonders gute Materialien erforderten, deren Erzeugungs- und
Verarbeitungsvorgänge kostspielig waren, endlich auch Maßnahmen zur Erteilung des
Magnetismus erheischten, welche die Anschaffungskosten dieser Magnete sehr
verteuerten. Das Magnetisieren der Stahlmagnete geschah meisthin durch wiederholtes
Streichen dieser an einem Gleichstrommagneten. Der Grad der Magnetismuserteilung
konnte an einem Magnetometer verfolgt werden; sodann setzte aber jegliche Kenntnis
der dem Magneten innewohnenden magnetischen Kraft aus, besonders dieses im
betriebsmäßigen Gebrauch.
Einen Fortschritt brachte die Schaffung der Elektroschutzmagnete, weil diese absolut
zuverlässig wirken, ganz gleich, ob die Rohmaterialien trockener, flüssiger oder
schlammiger Art sind.
Die jeder elektrotechnischen Neuheit entgegentretenden Befürchtungen bezüglich
Betriebsschäden durch Kurzschluß oder Arbeiterunfälle durch unbeabsichtigte
Stromeinwirkungen, können getrost bei dem heutigen Stand der Elektrotechnik
zurückgewiesen werden. Sie sind für die Elektroschutzmagnete dadurch bereits
hinfällig, weil deren Konstruktion eine unbedingt sichere Isolation erfordert, um
überhaupt eine nach allen Richtungen zweckmäßige Anwendung zu ermöglichen.
Textabbildung Bd. 327, S. 374
Fig. 4.
In neuerer Zeit sind die Ausführungsformen der Elektroschutzmagnete so ausgebildet
und vermehrt, daß sich wohl für jeden Fabrikationszweig brauchbare Konstruktionen
darunter befinden. Immerhin dürfte aber das wirtschaftliche Verhalten der neuartigen
Schutzmagnete interessieren, was auch Anlaß zur vorliegenden Besprechung gab. Zuvor
sei aber, zur Vervollständigung der Betrachtungen, dem Prinzip, der Wirkungsweise
und den Verwendungsmöglichkeiten näher getreten.
Das Prinzip, nach welchem die Wirkung der Elektroschutzmagnete erreicht wird,
entspricht den Eigenschaften eines Solenoids, welche ja bekanntlich gleich denen
einer Magnetnadel sind. Man nennt Solenoid ein System von elektrischen Strömen mit
gleicher Intensität, welche gleiche geschlossene Bahnen durchlaufen, die senkrecht
zu der Linie stehen, welche den geometrischen Ort ihrer Mittelpunkte bildet und
Achse des Solenoids heißt. Ein System, welches sich praktisch wie ein Solenoid
verhält, wird uns von einer Stromspirale mit gleichmäßig verteilten Windungen
geliefert. Bringt man in das Innere eines zylindrischen Solenoids einen Eisenkern,
so magnetisiert sich dieser, sobald elektrischer Strom durch die Kupferspiralen
geleitet wird. Man hat so ein Mittel, kräftige temporäre Magnete herzustellen,
welche Elektromagnete genannt werden. Letztere zeigen solange eine gleichbleibende
Anziehungskraft, wie der Strom durch die Drahtwindungen geht, bei Unterbrechung der
Stromzufuhr wird auch der Magnetismus aufgehoben, wenigstens bis auf einen geringen,
den remanenten Teil, welcher wächst mit dem Kohlenstoffgehalt des Eisenkerns.
Die konstruktive Ausführung der Elektroschutzmagnete findet nach gleichem Prinzip
statt. Um Eisenkerne sind gleichmäßige und enge Bewicklungen aus Kupferdraht
angeordnet. Der freie Magnetismus dieser Einzelmagnete richtet sich hauptsächlich
nach der Form und Art des Eisenkerns, dann noch nach der Art und Anzahl der
Drahtwindungen und endlich nach der Stärke des die Wicklungen durchfließenden
elektrischen Stromes. Die Drahtspiralen sind untereinander und dann durch
Zuleitungen mit der Stromquelle verbunden. Die solenoidartigen Einzelmagnete
befinden sich in einem Gehäuse, welches den eigentlichen Schutzmagneten darstellt
und, entsprechend dem Gebrauchszweck, in verschiedenen Formen ausgeführt wird.
Textabbildung Bd. 327, S. 374
Fig. 5.
Aus der Prinzipbesprechung ergibt sich auch die Wirkungsweise der
Elektroschutzmagnete. Wird nämlich der Stromkreis der Drahtwindungen geschlossen, so
tritt die Magnetismuserteilung der Eisenkerne ein. Jedes dem Gehäuse genäherte,
magnetischen Einwirkungen unterworfene Material wird angezogen und so lange
festgehalten bis der elektrische Strom abgestellt bezw. die magnetische Wirkung
aufgehoben wird. Auch zum praktischen Gebrauch wird diese Wirkung ausgenutzt, wobei
mit einer besonderen Zuverlässigkeit, betriebsmäßigen und wirtschaftlichen
Verwendungsmöglichkeit, bei absoluter Sicherheit der maschinellen Vorrichtungen und
des Personals zu rechnen ist.
Bereits dürfte die Gebrausfähigkeit der Elektroschutzmagnete in allgemeiner Hinsicht
erkenntlich sein; durch Schilderung einiger Ausführungsformen wird die Beurteilung
der neuartigen Schutzmagnete für den Praktiker noch erleichtert und die Vorzüge
besser gekennzeichnet.
Die gezeigten Abbildungen von abgesonderten Eisenstücken aus Rohstoffen ließen schon
die Notwendigkeit von Schutzmagneten erkennen. Um einen konkreten Fall zu behandeln, wenden wir
uns der Getreideverarbeitung zu; auch hierbei macht sich eine Absonderung von
Eisenteilen nötig. Fig. 4 bringt uns eine Anschauung
von Eisenteilen im vergrößerten Maßstab, wie sie vor dem Mahlprozeß dem Getreide
häufig entzogen werden.
Zur Ausscheidung solcher Eisenteile bedient man sich am besten eines Elektromagneten
von der Form, wie sie aus Fig. 5 erkenntlich wird.
Die konstruktive Ausführung dieser Gleichstrom-Elektromagneten ist folgende: Ein
dünnwandiger Hohlkörper trägt in seinem Innern Eisenkerne nebst Magnetwicklungen,
welche durch Leitungsschnüre von jeder gewöhnlichen elektrischen Lichtleitung unter
Strom gesetzt werden können. Die Verteilung der Einzelmagnete ist derart angeordnet,
daß sich auf der ganzen oberen Fläche eine gleiche und gute Magnetwirkung zeigt. Die
Abmessungen des gezeigten Magnetkörpers betragen bei A 150 mm, bei B 110 mm,
bei H 100 mm. Obiges Modell eignet sich besonders für trockene Materialien und
können bei geeigneter konstruktiver Ausführung, je nach Bedarf, mehrere
Einzelmagnetkörper nebeneinander oder hintereinander zusammen gesetzt werden;
ersteres ist im Bilde veranschaulicht. Der erforderliche Stromverbrauch bei
Ausnutzung der angedeuteten Magnetfläche ist maximal mit 22 Watt anzunehmen. Aus der
schematischen Darstellung in Fig. 6 läßt sich die
Art des Einbaues für das gezeigte Modell erkennen. Auch ergibt sich aus gleichem
Bilde die leichte Entfernungsmöglichkeit des Magneten von der Gebrauchsstelle,
wodurch seine Verwendbarkeit für andere Betriebszwecke (Hebemagnete) gegeben ist,
besonders, da der Transport bei einem Nettogewicht von 6 kg wenig umständlich
ist.
Textabbildung Bd. 327, S. 375
Fig. 6.
(Schluß folgt.)