Titel: SELBSTTÄTIGE WASSERVERSORGUNG.
Autor: Alfred Schacht
Fundstelle: Band 327, Jahrgang 1912, S. 776
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SELBSTTÄTIGE WASSERVERSORGUNG. Von Ingenieur Alfred Schacht in Berlin. SCHACHT: Selbsttätige Wasserversorgung. Inhaltsübersicht. Selbsttätiges Anlassen von Pumpen, die in einen offenen Hochbehälter oder in einen geschlossenen Druckkessel führen. Beschreibung verschiedener Anlasser. Delphinpumpwerk. Selbsttätiges Anlassen unter Fortfall eines Reservoirs oder Druckkessels. Anlassen von Akkumulator- und Kesselspeisepumpen. Anlassen bei Verwendung von Explosionsmotoren. –––––––––– Während in den meisten Industriezweigen die Arbeitsmaschinen rapid einer Vervollkommnung entgegengehen, blieben bisher die Betriebseinrichtungen, welche nicht unmittelbar am Fabrikationsprozeß teilnehmen, aber trotzdem in jedem Betriebe vorkommen und eine wichtige Rolle spielen, wenig beachtet. Und doch lassen sich hier durch Verbesserungen verschiedener Art, durch Einschränkung des Bedienungspersonals usw. ganz bedeutende Ersparnisse erzielen. Dem Bestreben nach solchen Verbilligungen entsprangen zunächst die Verbesserungen an den Kraftmaschinen, die sich nicht nur auf die Verbesserung der Kohlen- und Dampfverbrauchszahlen beschränkten, sondern auch die Nebenkosten herabsetzten, z.B. durch Vervollkommnung der Schmierapparate, um dadurch einen ständigen Maschinisten zu ersparen, durch Einbau von selbsttätigen Kesselfeuerungsanlagen, um dadurch die Zahl der Heizer zu reduzieren, durch Anordnung von Kesselspeisewasser – Reinigungsapparaten, durch Signalvorrichtungen usw. Die immer schärfer werdende Konkurrenz zwingt dazu, die Herstellung aller Güter so billig als möglich zu gestalten und die zu letzterem Zweck gemachten Anstrengungen können eben naturgemäß nicht bei einem Teil der Warenerzeugung haltmachen. Als ein Gebiet der oben angedeuteten Art, das beinahe in jedem Betrieb zu finden ist, ist unstreitig wohl die selbsttätige Wasserversorgung zu betrachten, und zwar ist eine selbsttätige Regulierung der Wasserförderung besonders dort angebracht, wo der Verbrauch von Wasser nicht gleichen Schritt hält mit der Menge des geförderten Wassers. Wenn z.B. die Pumpe in einen offenen Behälter fördert, der im obersten Geschoß einer Villa steht, so kann unter Umständen bei nicht rechtzeitigem Abstellen der Pumpe durch Ueberlaufen großer Schaden angerichtet werden. Dasselbe kann erfolgen, wenn beim Ausbruch eines Brandes zufälligerweise das Reservoir leer ist und kein Wasser zum Löschen zur Verfügung steht, und es erscheint angesichts der vielen Nachteile, die das Anlassen und Abstellen der Pumpe von Hand im Gefolge hat, als Notwendigkeit, die Wasserförderung von der Aufmerksamkeit einzelner Personen unabhängig zu machen. Es sollen nun die verschiedenen Möglichkeiten, bei denen eine selbsttätige Regelung der Wasserförderung angezeigt erscheint, besprochen werden, und zwar soll zum Betrieb der Pumpen die elektrische Energie besonders berücksichtigt werden. Als wasserfördernde Maschinen kommen alsdann in erster Linie Kreiselpumpen infolge ihrer vielen Vorzüge gegenüber anderen Pumpen in Betracht, so daß in Folgendem auch nur auf diese Pumpen bezug genommen wird. Wohl am häufigsten anzutreffen ist der Fall, bei dem im obersten Stockwerk einer Villa oder eines Fabrikgebäudes ein offenes Reservoir aufgestellt ist. Die Zapfstellen in den einzelnen Etagen sind an Rohrstränge angeschlossen, die sich zu einem Hauptverbrauchsstrang vereinigen, der wiederum mit dem Reservoir in Verbindung steht. Die Kreiselpumpe und mit ihr der direkt gekuppelte Elektromotor werden in angemessener Höhe über dem niedrigsten Saugwasserspiegel im Keller des betreffenden Gebäudes aufgestellt. Falls die örtlichen Verhältnisse- oder zu tiefes Grundwasser diese Aufstellung nicht gestatten, so muß man sich dazu entschließen, die Pumpe im Brunnenkessel aufzustellen, wobei jedoch Rücksicht auf die Bauart des Motors zu nehmen ist, der am besten gekapselt ausgeführt wird, um eine Beschädigung durch Spritzwasser zu verhüten. Die Pumpe saugt das Wasser an und fördert es durch die Druckleitung hindurch in den Hochbehälter. In letzterem ist nun, entsprechend Fig. 1, ein Schwimmer angebracht, der an einem Drahtseil hängt und einen Momenthebelschalter betätigt. Durch die Entnahme von Wasser wird bei stillstehender Pumpe der Wasserspiegel im Reservoir sinken, bis er eine niedrigste, eingestellte Höhe erreicht hat, bei welcher der Schwimmer den Momentschalter einschaltet. Bei ganz kleinen Motorleistungen kann nun dieser Schalter den Motor ohne umständlichere Einrichtungen einschalten, und zwar bei Gleichstrom bis etwa 1 PS durch kurzzeitigem Vorschalten eines Widerstandes, bei Drehstrommotoren mit Kurzschlußanker unter Fortfall eines besonderen Widerstandes. Größere Motoren erfordern für das Anlassen einen besonderen Anlasser, der durch den oben erwähnten Momenthebelschalter ein- und ausgeschaltet wird. Diese Selbstanlasser (Fig. 2) unterscheiden sich voneinander im Prinzip dadurch, daß für die kleineren ein Magnet, für die größeren ein kleiner Hilfsmotor vorgesehen ist, der die Anlasserkurbel bewegt und so das selbsttätige Anlassen bewirkt. Der Selbstanlasser kann sowohl neben dem Reservoir als auch direkt neben der Pumpe aufgestellt werden. Wenn große Entfernungen zwischen der Pumpe und dem Behälter in Frage kommen, so wird man zweckmäßigerweise den Anlasser direkt neben der Pumpe aufstellen, da alsdann nur einige schwache Leitungen den Anlasser mit dem Momentschalter verbinden. Diese Leitungen können sogar, falls angängig, als blanke Leitungen ausgeführt und auf eventl. vorhandenen Telephon- oder Telegraphenstangen verlegt werden. Textabbildung Bd. 327, S. 776 Fig. 1. Textabbildung Bd. 327, S. 776 Fig. 2. Textabbildung Bd. 327, S. 776 Fig. 3. Um die Möglichkeit zu haben, den Motor unabhängig vom Wasserstand oder vom Selbstanlasser einschalten zu können, wird noch ein besonderer Handanlasser angebracht oder die Anlaßkurbel des Selbstanlassers wird mit einem Handgriff versehen. Nun sind aber die Preise von derartigen Selbstanlassern infolge der durchaus erforderlichen soliden Durchbildung der Apparate ziemlich hohe; beträgt doch der Brutto-Listenpreis für einen 5 PS-Gleichstromanlasser bei den verschiedenen Elektrizitätsfirmen etwa 475 bis 585 M. Die Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft hat nun, teilweise auch aus diesem Grunde, sogenannte selbsttätige Variationsanlasser konstruiert, die ihrer Wohlfeilheit wegen überall dort verwendet werden können, wo früher aus Rücksicht auf die Anschaffungskosten vom selbsttätigen Anlassen Abstand genommen wurde. Mit einem solchen Variationsanlasser (Fig. 3) wird ein Einschaltevorgang erreicht, der dem Einschalten eines Anlassers mit Kontaktbahn und Widerstandsstufen entspricht. Die selbsttätigen Widerstände, die hier zur Anwendung gelangen, sind glühlampenartige Körper, bei denen ein feiner Eisendraht in eine Glashülle eingeschlossen ist. Die Glashülle ist mit Wasserstoffgas gefüllt, welches das Rosten des Eisendrahtes verhindert. Das Eisen hat die Eigenschaft, bei hoher Temperatur seinen Widerstand stark zu erhöhen und zwar so, daß er innerhalb gewisser, ziemlich weit auseinanderliegender Spannungsgrenzen einen praktisch nahezu konstanten Strom durchläßt. Ein derartiger Anlasser kostet nach der Liste der AEG für die bei dem Selbstanlasser weiter oben angegebenen Verhältnisse 260 M brutto und hat neben dem Vorteil des niedrigen Preises kleine Abmessungen, geringes Gewicht und klare, übersichtliche Schaltung. Die Saugleitung der Pumpe muß an ihrem Anfang ein gut schließendes Fußventil erhalten, damit sie nach dem erstmaligen Auffüllen imstande ist, die Wassersäule anzusaugen. Das Fußventil erhält am besten einen Saugkorb, der größere Fremdkörper, Steine usw. von der Pumpe fernhält. (Schluß folgt.)