Titel: Polytechnische Rundschau.
Fundstelle: Band 328, Jahrgang 1913, S. 250
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Polytechnische Rundschau. Polytechnische Rundschau. Die Wilton-Unterwindfeuerung. In vielen Fällen ist es erwünscht, minderwertige billige Brennstoffe zur Kesselheizung zu verwenden. Es stellt sich dann häufig heraus, daß der Schornsteinzug nicht genügt, um die Benutzung solcher Brennstoffe zu ermöglichen. Die Ausrüstung des Kessels mit der Wilton-Unterwindfeuerung macht indessen auch in diesem Fall die Anlage betriebsfähig. Der eigentliche Rost ist bei dieser Konstruktion kastenförmig ausgebildet. Er besteht, wie Abb. 1 zeigt, aus einer gewölbten unteren Platte a mit zwei kurzen Rippen b, welche die gewellte, mit zwei langen Rippen c versehene Rostfläche d trägt. Durch die Rippen werden drei getrennte Räume I, II, III gebildet. In jeden dieser Räume mündet ein Rohr, in welches eine Dampfdüse e (Abb. 2) eingebaut ist. Die injektorartige Wirkung des Dampfstrahles erzeugt den Unterwind, der durch die kegelförmigen Oeffnungen f in der Rostplatte unter die Brennstoffschicht gelangt. Die beiden seitlichen Räume des Rostkastens sind überdies mit einem Rohr h ausgerüstet, durch welches ein Teil des durch Strahlung erwärmten Unterwindes gemäß Abb. 2 über den Rost zur Düse i geht. Textabbildung Bd. 328, S. 250 Abb. 1 Querschnitt und Abb. 2 Längsschnitt durch den Rostkasten. Durch eingebaute Ventile ist es dem Heizer möglieh, die Rohre zu schließen bzw. bei vermehrtem Luftbedarf zu öffnen. Der Oberwind gelangt durch Schlitze in der mit Schieber versehenen Feuertür k über den Rost. Eine durchlochte Platte l schützt einerseits die Feuertür vor den Verbrennungsgasen und sorgt andererseits dafür, daß der Hauptstrom des Gberwindes unmittelbar über die Feuerschicht geleitet wird. Die mit der Wilton-Unterwindfeuerung angestellten Versuche auf der Zeche Minister Achenbach ergaben recht günstige Resultate. Ferner wurde der zu dem Injektorbetrieb verwendete Dampf in Kühlschlangen niedergeschlagen, so daß man durch Wägen des Kondensats erkennen konnte, wieviel Dampf infolge der Unterwinderzeugung durch Selbstverbrauch verloren ging. Bei den ersten Versuchen, die man anstellte, war eine gänzlich ungenügende Schornsteinanlage von nur 22,8 m Höhe und 0,76 qm oberem Querschnitt vorhanden, so daß eine Verwendung der zur Verfügung stehenden Koksasche auf dem normalen Planrost einfach ausgeschlossen war. Trotzdem wurde mit Wilton-Feuerung eine Leistung von 15 kg/Std. auf 1 qm Heizfläche erzielt. Der Dampfpreis unter Einrechnung sämtlicher Unkosten für Reinigung, Bedienung, Kesselanlage, Einbau der Unterwindsteuerung usw. schwankte zwischen 0,84 und 0.87 M für lt. Nach Ersatz des ungenügenden Schornsteins durch einen anderen von 60 m Höhe, 2,25 qm oberer Weite und einem Zug von 30 mm Wassersäule brannte auch die Koksasche. auf dem gewöhnlichen Planrost. Der Dampfpreis war in diesem Fall für 1 t 0,79 bis 0,83 M, bei Verwendung der Wilton-Feuerung hingegen nur 0,69 M. Die Ersparnis betrug also 15 v. H., wobei allerdings zu berücksichtigen ist, daß die auf dem Unterwindrost verwendete Koksasche einen höheren Gehalt an flüchtigen Bestandteilen hatte und infolgedessen mit längerer Flamme brannte als das Heizmaterial des Planrostes. [Glückauf Nr. 52 1912.] Schmolke. –––––––––– Elektrischer Antrieb in amerikanischen Eisenbahnwerkstätten. Mitte vorigen Jahres hat die General Electric Company Shenectady eine Broschüre herausgegeben, deren erster Teil eine kurze Untersuchung über den elektrischen Einzel- und Gruppenantrieb enthält, während der zweite Teil die Beschreibung der nach modernen Gesichtspunkten ausgeführten elektrischen Einrichtung einiger Eisenbahnwerkstätten bringt. Während bei bereits bestehenden Anlagen die rationelle Trennung der für Einzelantrieb besonders geeigneten von denen für Gruppenbetrieb passenden Maschinen meist mit durchgreifenden und daher kostspieligen Dispositionsänderungen verknüpft ist und daher zum Nachteil der ganzen Anlage nicht konsequent durchgeführt werden kann, betont die Broschüre eindringlich die Forderung, neue Anlagen und Erweiterungen nach den in ihr enthaltenen Gesichtspunkten anzulegen, da die erzielten Vorteile ganz erheblich sind. Es wird darauf hingewiesen, daß bestimmte Werkzeugmaschinen besonders für den Einzelantrieb geeignet sind, zumal da man gelernt hat, brauchbare bzw. auch nicht zu teure sogen. Reguliermotoren zu bauen, deren Drehzahl nur durch Aenderung der Felderregung im Verhältnis 1: 4 reguliert werden kann. Es wäre allerdings empfehlenswert gewesen, wenn die Verfasser der Broschüre gleich eine Zusammenstellung derjenigen Maschinen gebracht hätten, bei denen der Betrieb mit Reguliermotor besonders angezeigt erscheint. Es werden dann die bekannten Vorteile des Einzelantriebes in echt amerikanischer Weise dem Leser nahegelegt, wie beispielsweise Störungen bei Einzelantrieb sich immer nur auf eine einzige Maschine beschränken, während ihre Nachbaren ruhig im Gange bleiben. Die Frage nach der zu wählenden Stromart wird durch die Erfahrung beantwortet, daß ¾ der in einer modernen Anlage verbrauchten Energie auf Maschinen mit konstanter Drehzahl und auf Beleuchtung entfallen. Da der Drehstrominduktionsmotor bei allen Belastungen praktisch konstante Drehzahl hat, und da insbesondere der Kurzschlußmotor dabei noch sehr einfach ist, fällt die Entscheidung obiger Frage zugunsten des Drehstromes aus. Maschinen, die mit veränderlicher Drehzahl zu arbeiten haben, werden allerdings zweckmäßiger mit Gleichstrom betrieben. Auch die Beleuchtung dürfte mit Gleichstrom versorgt besser und rationeller ausfallen, weshalb es eigentlich etwas befremdend wirkt, wenn in der Broschüre die Beleuchtung durch Wechselstrom empfohlen wird, da man für einen Teil der Arbeitsmaschinen doch zweckmäßiger Gleichstrom verwendet. Die zu einer rationell angelegten Kraftverteilung gehörige Zentrale muß demnach doch beide Stromarten erzeugen, und auch die Reserve, welche der Einbau einer Akkumulatorenbatterie mit sich bringt, zwingt eigentlich von selbst dazu, die Beleuchtung mit Gleichstrom zu betreiben. Für die Einrichtung der Kraftstation werden große Turbogeneratoren empfohlen, welche die gesamte erforderliche Leistung in Form von Drehstrom erzeugen. Die verhältnismäßig kleine Energiemenge, welche als Gleichstrom zu erzeugen ist, soll durch Motorgeneratoren mit Synchronmotoren umgeformt werden. Werden die Synchronmotoren etwas größer gewählt als sie für ihre Leistung eigentlich zu sein brauchten, so können sie durch Ueberregung den für den Betrieb der Asynchronmotoren erforderlichen wattlosen Strom erzeugen und eine rationelle Belastung des Hauptgenerators herbeiführen. Auffallend ist, daß für die Umformung die in Amerika doch so beliebten Einankerumformer nicht vorgeschlagen werden. Bei größeren Anlagen dürfte auch der erforderliche Gleichstrom viel zweckmäßiger durch besondere Dampfturbinensätze erzeugt werden. Man hat dann auch den nicht hoch genug zu bewertenden Vorteil, daß Drehstrom und Gleichstrom voneinander unabhängig sind, und ein Defekt des Hauptgenerators nicht gleich das ganze Werk stillegt. Im zweiten Teil wird zunächst die vollständig mit elektrischem Betriebe ausgestattete Werkstatt der New York, New Haven and Hartford Railroad in Readville beschrieben. Nach einer kurzen Erläuterung der baulichen Anlage werden der elektrische Betrieb und die damit versehenen Spezialmaschinen besprochen. Der Antrieb erfolgt durchweg mit Asynchronmotoren, auch die großen 60 t-Kräne, welche zum Heben ganzer Lokomotiven verwendet werden, arbeiten mit Drehstrom. Der Einzelantrieb ist so weit als möglich durchgeführt. Wo für die leichteren Werkzeugmaschinen Gruppenantrieb gewählt ist, liegen die Wellen konaxial, so daß die einzelnen Stränge beim Defektwerden eines Gruppenmotors ohne weiteres gekuppelt werden können. Das Kraftwerk enthält drei langsamlaufende Drehstromgeneratoren von je 400 KW bei 600 Volt und 25 Perioden mit 150 Umdrehungen, welche durch sogen. cross-compound-Maschinen (ein Zylinder liegend, einer stehend) angetrieben werden. Auffallend ist, daß die Maschinen ohne Kondensation arbeiten. Ob der Auspuffdampf irgenwie verwertet wird, ist nicht gesagt. Der Strom für die Beleuchtung wird durch Umformung mittels Motorgeneratoren erzeugt. Der Leistungsfaktor der Zentrale ist am Tage etwa 0,69 und steigt bei Einschaltung des Lichtbetriebes auf 0,71. Die Nennleistung aller Motoren beträgt zusammen 3200 PS, die am Schaltbrett durchschnittlich abgegebene Leistung beträgt jedoch nur etwa 1000 PS, also ⅓. Diese Zahl erscheint auf den ersten Blick auffallend niedrig. Doch muß man bedenken, daß nicht gleichzeitig alle Motoren voll belastet sind und daß große Motoren z.B. an Drehbänken während des Aufspannens eines neuen Werkstückes ganz stillstehen. Nach dieser Anlage wird die Eisenbahnwerkstatt der Rock Island Bahn in Chicago beschrieben. Diese Anlage bietet weniger interessantes, da sie zur Vermeidung zu hoher Umbaukosten dem ehemaligen Dampfbetrieb mit drei einzelnen Dampfmaschinen möglichst angepaßt ist. Der Gruppenantrieb ist daher vorherrschend, und zwar unter Verwendung von Drehstrommotoren. Die Lichtanlage wird durch Synchronmotorgenerator bedient. Einige Motoren arbeiten mit Gleichstrom. Ganz ähnlich dieser Anlage ist die dritte, nämlich die Werkstätten der Chesapeake und Ohiobahn in Huntington. Auch hier erinnert der häufig vorkommende Gruppenbetrieb noch sehr deutlich an die früher vorhandenen sechs Einzeldampfmaschinen. Viel interessanter ist die letzte Anlage, nämlich die ganz modern eingerichteten Werkstätten der New York Central and Hudson River Bahn in Albany. Der Einzelantrieb ist hier nahezu vollständig durchgeführt. Von der Gesamtleistung von 3638 PS entfallen nur 196 PS auf den Gruppenbetrieb. Der größte Teil der Motoren sind Asynchromotoren, 810 PS werden als Gleichstrom verbraucht und zwar vorwiegend für Kranmotoren. Der Gleichstrom wird im Kraftwerk mittels Synchronumformern erzeugt. Die Beleuchtung erfolgt mit Wechselstrom. Der Einheitpreis der Kilowatt-Stunde an der Schalttafel beträgt 2,9 bis 3,4 Pf. [s. auch Elektr. Kraftbetriebe und Bahnen, Heft 33.] Hornauer. –––––––––– Vierzylinder-Gasmaschine.Browett, Lindley & Comp., England, haben für ein Straßenbahnkraftwerk in New-Zealand eine stehende Vierzylinder-Gasmaschine (19'' ⌀, 20'' Hub) geliefert. Die Maschine arbeitet im Viertakt und ist mit einer 225 KW-Dynamomaschine gekuppelt, welche für starke und dauernde Ueberlastung berechnet ist. Bei 250 Umdrehungen i. d. Min. leistet die Maschine 400 PSe, für ½ stündige Ueberlastung 440 PSe. Das Gewicht der Maschine beträgt 52 t. Die Maschine wird mit Druckluft angelassen, ohne daß dabei die Verdichtungsspannung im Zylinder verkleinert wird. Die Auspuffventile sind aus Gußeisen, die Einlaßventile aus Nickelstahl hergestellt, die Ventilsitze sind dabei leicht auswechselbar. Besondere Sorgfalt ist auf eine leichte und schnelle Abnahme des Zylinderdeckels gelegt. Zylinder und Kühlwassermantel sind aus einem Stück gegossen, um aber Wärmespannungen auszuschalten, ist der Kühlwassermantel unten nicht mit dem Zylinder vergossen, sondern durch eine Stopfbüchse abgedichtet. Die Maschine wird mit Generatorgas, System Mond, betrieben, verwendet wird einheimische Kohle. Bei sechsstündigem Bremsversuch leistete die Maschine 229 KW, während einer halben Stunde 248 KW. Der Wärmeverbrauch für 1 PSe und Stunde ist 2500 WE. normal maximal Kilowatt 228,8 248 Effektive PS 306,8 332,5 Bremsleistung 333,2 301,5 Indizierte Leistung 413 455 Wirkungsgrad der Dynamomaschine v. H.   92   91,5 Mechanischer Wirkungsgrad               „   80,7   79,65 Gesamtwirkungsgrad   74,25   72,9 Die Leistung verteilte sich auf die vier Zylinder: normalPSi maximalPSi Zylinder I     „      II     „     III     „     IV 105,35103,15101,55102,95 115,6111,2113,2115,2 insgesamt 413 455,2 [Engineering 1912, S. 635.] W. –––––––––– Ein Wanderrost mit Unterwind. Um eine vorübergehende Steigerung der Kesselleistung oder den Verbrauch minderwertigen Brennstoffes zu ermöglichen, ist bereits seit längerer Zeit die Verwendung von Unterwind bei Wanderrosten gebräuchlich. Bei den bisherigen Konstruktionen sind zu diesem Zweck Windkästen mit seitlicher Luftzuführung zwischen oberer und unterer Rostbahn eingebaut. Diese Anordnung bringt den Uebelstand mit sich, daß, besonders bei Verwendung von pulverigem Heizmaterial, die Luftlöcher an der Oberseite der Windkästen leicht durch Asche verstopft werden, die zwischen den Roststäben hindurchfällt. Hierdurch entsteht der weitere Nachteil, daß der Rost an vielen Stellen nicht genügend von der Luft gekühlt wird, so daß ein Anbrennen von Asche zu befürchten ist. Diesem Mißstand begegnet eine Konstruktion der Deutschen Unterschub-Feuerungs-Gesellschaft m. b. H. in Mannheim. Bei dieser Feuerung fallen die fest eingebauten Windkästen fort. Die Roststäbe bilden vielmehr, während die obere Rostbahn den Weg zurücklegt, auf dem eine Verbrennung erwünscht ist, selbsttätig Windkästen, die von der Seite mit Luft gespeist werden. Wenn die obere Bahn die Trommel überschreitet, lösen sich die Windkästen wieder auf. Die seitliche Luftzuführung fällt am Anfang und Ende der Bahn fort und ist nur für die eigentliche Verbrennungszone angeordnet. Zu diesem Zweck ist der Rost auf einem Wagen C (Abb. 1) montiert, an dessen Seiten sich Luftkammern e befinden, die von der Windleitung gespeist werden. An der Vorder- und Rückseite des Wagens sind je zwei Hohlzapfen g angebracht, auf denen die Lager h befestigt sind, welche die Trommelwellen i tragen. Die vordere Trommelwelle wird von einer Antriebswelle mit Hilfe von Schnecke l und Schneckenrad k bewegt und ist mit zwei Kettenrädern d versehen. Ueber diese laufen die Ketten w deren hervorstehende Gliedbolzen in Augen der Rostplattenträger greifen. Textabbildung Bd. 328, S. 253 Abb. 1.Ansicht des Wagens C von oben. Die eigentlichen Rosthalter a (Abb. 2) sind seitlich an die Roststabträger b geschraubt und winklig ausgebildet, so daß, wie die Abb. 2 zeigt, ein Kasten aus Platten und Rostträgern entsteht, der beim Ueberschreiten der hinteren Trommel, wie Abb. 3 andeutet, aufgelöst wird. Die so gebildeten Querkästen (Abb. 1) stehen mit den Luftkammern e in Verbindung. Die Regelung der Windzufuhr erfolgt zum Teil von der Vorderseite aus mittels einer Welle, die durch ein Handrad gedreht wird und Schwingklappen in Bewegung setzt. Ferner ist eine abgeschrägte Platte in die Kammern eingebaut, durch deren Lage ein Anwachsen der Windzufuhr nach der Mitte zu erreicht wird. Endlich ermöglicht die Anordnung der Luftkanäle auch die Einleitung von Zusatzluft über den Rost. Textabbildung Bd. 328, S. 253 Abb. 2. Textabbildung Bd. 328, S. 253 Abb. 3. Indem die Konstruktion, wie gezeigt wurde, die Gefahren einer Verstopfung der Unterwindkästen durch Asche vermeidet, bringt sie noch einen anderen nicht zu unterschätzenden Vorzug mit sich. Wie aus Abb. 3 zu erkennen ist, bilden die Querträger beim Ueberschreiten der hinteren Trommel nach oben offene Taschen, in welche die Asche und Schlacke hineinfallen. Desgleichen entstehen beim Passieren der Vordertrommel Taschen, deren Oeffnungen nach unten gekehrt sind und welche die aufgenommene Asche wieder abgeben. Auf dem Wege von der hinteren zur vorderen Trommel, d.h. auf der unteren Rostbahn, bilden die Rostplatten Förderkästen für die Rückstände in gleicher Weise, wie auf der oberen Rostbahn Windkästen entstanden. Wir haben somit selbsttätige Beförderung der Asche nach vorn, so daß sie leicht gezogen werden kann. Auch das Anbringen eines Schlackenabstreifers erweist sich als überflüssig. Verdampfungsversuche an Kesseln, die mit dem neuen Wanderrost ausgerüstet waren, lieferten günstige Resultate. [Zeitschrift für Dampfkessel und Maschinenbetrieb No. 50 13. Dezember 1912.] Schmolke. –––––––––– Versuche über das Rosten von Eisen in Mörtel und Mauerwerk, ausgeführt im Königl. Materialprüfungsamt zu Berlin-Lichterfelde-West in den Jahren 1907 bis 1912, teilt Prof. M. Gary mit. In den Kreisen der Eisenbetonfachleute besteht die Ueberzeugung, daß das Eisen in Eisenbetonkonstruktionen völlig vor dem Rosten geschützt ist, wenn man nur vor dem Einbetonieren das Eisen von lose anhaftendem Rost befreit hat. Die Versuche scheinen diese Ansicht etwas zu erschüttern. Es erstreckten sich diese Versuche auf das Verhalten von Eisen in Ziegel- und Bruchsteinmauerwerk, ausgeführt in Portlandzementmörtel, Eisenportlandzementmörtel, verlängertem Zementmörtel und Estrichgips in bezug auf seinen Gleitwiderstand und das Rosten, ferner auf das Rosten des Eisens allein in kleinen Mörtelwürfeln von 10 cm Seitenlänge, hergestellt mit Portlandzement, Eisenportlandzement, Kalkmörtel, verlängertem Zementmörtel, Estrichgips und Stuckgips. Zu den Versuchen ist Flacheisen vom Querschnitt 5 ∙ 0,7 cm und Rundeisen von 3,5 und 1,0 cm ⌀ verwandt worden. Die Flacheisen zeigten einen größeren Gleitwiderstand. Die Eisen waren entweder blank (ohne Walzhaut), rostig, gemennigt, geteert oder verzinkt eingemauert worden und standen aus den Versuchskörpern ein Stück heraus, um die Probe auf den Gleitwiderstand vornehmen zu können. Die Probekörper sind bei den Versuchen ¾, 2 und 5 Jahre alt gewesen und hatten bis dahin entweder im Freien an der Luft, im Süßwasser, wechselnd an der Luft und im Süßwasser, im Seewasser, im Moorwasser oder in feuchtem Sand gelagert. Von den Probekörpern in Kalk- und Gipsmörtel waren die meisten schon vor dem Beginn der Versuche verwittert. Die Rostbildung hat bei allen Versuchskörpern natürlich an den herausstehenden Eisenenden begonnen. Es sind daher die in dieser Schrift angeführten Resultate nicht ohne weiteres auf das Verhalten der Eisen in Eisenbetonkonstruktionen zu übertragen, weil das Eisen im Eisenbeton gänzlich eingebettet ist. Die blanken Eiseneinlagen haben alle unter der Rostbildung gelitten. Der Menniganstrich hat das Eisen am besten vor dem Verrosten geschützt. Der Gleitwiderstand der gemennigten Eiseneinlagen war gering, er erhöhte sich aber mit den Jahren. Den Angriffen des Seewassers gegenüber hat sich das einbetonierte Eisen sehr gut gehalten, wahrscheinlich, weil durch die Umsetzung des Kalkes im Mörtel mit der Magnesia des Seewassers ein Porenschluß zustande kommt. Dieser Umstand läßt die Frage auftauchen, ob das einbetonierte Eisen nicht am besten vor dem Rosten durch eine dichte Oberfläche des Betonkörpers geschützt wird. Die zu den Versuchen verwandten Stoffe sind einer genauen und umfangreichen Prüfung unterzogen, und die Ergebnisse in Tabellen übersichtlich zusammengestellt worden. Ebenso werden genau die Herstellung der Proben und die Prüfungsmaschine beschrieben, und in mehreren Tabellen die Ergebnisse der Beobachtungen verzeichnet. Die Uebersicht ist in diesen Zusammenstellungen durch Einführung besonderer Zeichen erleichtert worden. Zum Schluß ist noch ein Nachtrag der Moorwasserproben beigefügt. Die Versuche sind hiermit noch nicht beendet, es hat vielmehr der Ausschuß für Eisenbeton in jener Sitzung vom 29. Oktober 1912 die Durchführung weiterer Versuche beschlossen. [Ausschuß für Eisenbeton, Heft 22, W. Ernst & Sohn, Berlin 1913.] Ewerding. –––––––––– Reines Titan. Das für die Hüttentechnik wichtige Problem, reines Titan herzustellen, hat die Wissenschaft lange Zeit beschäftigt. Nach einer Mitteilung in „The Engineering and Mining Journal“ sind nach dieser Richtung hin höchst wichtige Untersuchungen von Matthew A. Hunter an dem Reußelaer Polytechnischen Institut, Troy, N. G., angestellt worden, und zwar auf die Weise, daß Titanchlorid mit reiner Soda in einer Stahlbombe eingeschlossen und in sehr hoher Temperatur zur plötzlichen Reaktion gebracht wurde. Das so erhaltene reine Titan ist äußerst fest und spröde in der Kälte, in der Weißglut ist es ebenso leicht schmiedbar wie Stahl. Es hat Aehnlichkeit im Aussehen mit poliertem Stahl, bricht aber nicht mit der dem Stahl eigenthümlichen kristallinischen Struktur. Indessen sind bisher alle Versuche, es zu Draht zu verarbeiten, fehlgeschlagen. Der Schmelzpunkt des Titans liegt bei etwa 1800 °C. Das spezifische Gewicht beträgt 4,5, seine spezifische Wärme 0,1462. [Electrochemical Journal 1912.] Schorrig. –––––––––– Vorschläge zur Reform des Reichskaligesetzes. Von Bergwerksbesitzer Emil Sauer, Berlin. Verfasser geht aus von der Tatsache, daß im Reichstag eine Ergänzung des Reichskaligesetzes angekündigt wurde auf Grund einer im Reichsamt des Innern vorliegenden Denkschrift. Dabei sind seiner Meinung nach die praktischen Erfahrungen der Industrie zu wenig berücksichtigt worden. Er gibt deshalb einen Ueberblick über die heutige Lage der Kali-Industrie, worin er die historisch-wirtschaftliche Entwicklung derselben und ihre Beeinflussung durch die Reichsgesetzgebung besonders hervorhebt: das Kaligesetz hat seinen Hauptzweck erreicht. Die Verschleuderung der Kalisalze zu unverantwortlich niedrigen Preisen, namentlich an das Ausland, ist durch das Gesetz verhindert worden. Indessen hat es in anderer Hinsicht versagt. Es hat nicht hindern können, daß die unwirtschaftliche Vermehrung der Kaliwerke eingeschränkt wurde. Woran liegt das? Verschiedene Umstände wirken hier mit, zum Teil die Gesetzgebung selbst. 1. Die lex Gamp (Einschränkung der Bergbaufreiheit) rief fieberhafte Bohrtätigkeit hervor, um dadurch noch Funde zu sichern. 2. Der Zweischachtzwang fordert zahlreiche neue Schachtanlagen. 3. Neue bedeutende Kaligebiete wurden entdeckt (Elsaß-Lothringen, Baden). Andererseits kommen die Mittel, die das Gesetz zur Einschränkung der Kaliproduktionsstätten bietet, nicht zu praktisch wirksamer Durchführung. Die Bestimmung der Karenzzeit wird unwirksam durch die Möglichkeit, sie zu umgehen (bundesstaatliche Karenzfreiheit). Zur Lösung der Schwierigkeiten, die der Kali-Industrie bevorstehen, ist zweierlei nötig: 1. Absatzsteigerung, 2. Werks Verminderung. Eine wirksame Absatzsteigerung wird durch unablässige Propaganda zu bewirken sein. Neben dem Auslande ist auch die inländische Landwirtschaft noch ständig auf die einzig dastehende Billigkeit der Kalidüngerwerte hinzuweisen. Indessen sind doch gerade hier im Inland die niedrigen Preise, besonders für die 40 v. H. Düngersalze, nicht aufrecht zu erhalten. (Schwierigkeit der Abführung der Erdlaugen.) Es muß daher hier eine geringe Preiserhöhung angestrebt werden. Die Werksverminderung kann nicht durch Maßnahmen wie Verdoppelung der Karenzzeit u. ä. bewirkt werden, weil dann viel positiv geleistete Aufschlußarbeit durch Stillegen bestehender Werke unentschädigt bleiben würde. Der weiteren Werksvermehrung kann vielmehr nur gewehrt werden dadurch, daß solche Besitzer von Kaligerechtsamen, die einen Betrieb noch nicht in Angriff genommen haben, gezwungen werden, auf Ausnutzung bis 1924 gegen Entschädigung zu verzichten. Die Entschädigung wäre zu leisten von den bestehenden und den im Entstehen begriffenen Werken. Diese würden die Mittel dazu aus dem durch § 27 des Reichskaligesetzes geschaffenen Fonds entnehmen. Dieser dient bisher hauptsächlich der Propaganda. Es könnte aber bei Beschränkung dieser Ausgabe auf jährlich 4 Millionen Mark ein Betrag von 65 Millionen Mark (bis 1924) auf Entschädigungen für die Beschränkung der Abbaurechte verwendet werden, ohne daß dadurch der Fonds bereits erschöpft wäre. Bei der Entschädigung würden in Betracht kommen Bundesstaaten und Private. Von den Bundesstaaten sind nur solche zu entschädigen, die Kaligerechtsame, aber keine bestehenden Betriebe haben. An Private wird in Preußen und den Bundesstaaten (außer Hannover) eine Abfindungssumme bezahlt, die eine angemessene Verzinsung des angelegten Kapitals darstellt. In Hannover ist ein Aufschlag von 20 v. H. als Vergütung für Wartegelder an die Grundbesitzer zu bezahlen. Auch Bohrungen, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes erfolgen, wären zu berücksichtigen, da es nicht wünschenswert erscheinen kann, die Bohrtätigkeit in dem ganzen Zeitraum lahmzulegen. Die jährlichen Ausgaben für Entschädigungen würden 2 Millionen Mark (?) betragen. Dann würden aus dem durch § 27 geschaffenen Fonds noch ein jährlicher Restbetrag von etwa 3 Millionen für sonstige Zwecke zur Verfügung sein. Sie wären zu verwenden 1. zur Unterstützung von notleidend gewordenen Arbeitern und Beamten der Kali-Industrie, 2. zur Bildung eines Fonds, um bei Kalifunden im Ausland sofort eingreifen zu können, 3. für Arbeiten des Reichsgesundheitsamts, 4. zur Förderung der Moorkultur und Aufforstung der Küsten, 5. für wissenschaftliche Aufgaben der chemischen Industrie, 6. für sonstige Zwecke der Reichswohlfahrt. Sauer wirft sodann noch die Frage auf, wie die im Bau befindlichen Werke zurückgehalten werden können. An eine Entschädigung ist hier wegen der hohen investierten Summen nicht zu denken. Man muß sich also hier mit der unbequemen Tatsache abfinden uud der Industrie über die unvermeidliche Periode der Aufnahme neuer Werke nach Möglichkeit hinwegzuhelfen suchen. Als Mittel hierzu schlägt Verfasser die Erleichterung (nicht Einschränkung) von Quotenaustausch und Quotenübertragung vor. Wenn auch diese Quotenpolitik – häufig infolge irriger Auffassungen – als schädlich, zum Teil gar gegen gute Sitten verstoßend, angesehen wird, so hält Verfasser die diesbezüglichen -Bestimmungen des Kaligesetzes für das zweckmäßigste und brauchbarste, was in letzter Zeit auf diesem Gebiete gesetzlich verordnet ist. Das ist nach seiner Auffassung durch den wirtschaftlichen Nutzen dieser Politik in der Praxis bestätigt worden. Zum Schluß weist der Verfasser an Hand einer statistischen Uebersicht über die Düngemittelpreise in den Jahren 1906 bis 1913 nach, daß die Kalisalze im Gegensatz zu allen anderen Düngemitteln, (besonders schwefelsaurem Ammoniak, Chilesalpeter u.a.) Preisreduzierungen erfahren haben, und daher im Hinblick auf die kommenden Schwierigkeiten eher eine geringe Steigerung des Preises, als eine allmähliche Erhöhung der Abgabe an das Reich (von M 0,60 auf M 1,20) am Platze sei. Inzwischen hat man in weiteren Kreisen auf Grund ähnlicher Erwägungen erkannt, daß die Einschränkung der Entstehung neuer Werke durch die Maßnahmen der Denkschrift (staatl. Konzession in Anpassung an das Vorhandensein des Bedürfnisses, Berücksichtigung der Feldesgröße bei Zumessung der Quote) auf ganz erhebliche Bedenken stößt, und daß das erstrebte Ziel schließlich doch nur im Wege von Entschädigungen – etwa in dem vorerwähnten Sinne – zu erreichen ist. Infolge dieser Schwierigkeiten und des reichlich gefüllten Arbeitsprogramms des Reichstages wird die Reichskaligesetznovelle dem Reichstag in dieser Session nicht mehr zugehen. Statt dessen soll im Kalisyndikat neu erwogen sein – entsprechend einem vorjährigen Vorschlag der Herren Kempner, Körte, Sauer und Kain – einen erneuten Versuch zu machen, selbständig die Werksvermehrungsfrage in die Hand zu nehmen und womöglich ein erneutes Eingreifen des Reichstages in diese schwierige Materie dadurch zu ersparen. Rußwurm. –––––––––– Ist auch bei Gebrauchsmustern ein Vorbenutzungsrecht im Sinne und mit Wirkung des § 5 Patentgesetz anzuerkennen? Das R. G. geht bei seinen Erwägungen davon aus, daß die in der Literatur streitige Frage, ob auch bei Gebrauchsmustern ein Vorbenutzungsrecht im Sinne und mit der Wirkung des § 5 Abs. 1 Patentgesetz besteht, zu bejahen sei. Der erkennende Senat trägt kein Bedenken, diese Frage aus allgemeinen Rechtsgründen gleichfalls zu bejahen. Wie in der Rechtsprechung des R. G. mehrfach, insbesondere in dem in R. G. Z. 67177 veröffentlichten Urteil hervorgehoben wurde, lehnt sich das Gesetz betreffend den Schutz von Gebrauchsmustern an das Patentgesetz an, dem es in seinen sachlichen Voraussetzungen nachgebildet ist. Es gibt in seiner knappen Fassung keine erschöpfende Regelung des Gegenstandes, sondern beschränkt sich darauf, die wesentlichen Bestimmungen zu treffen, so daß es für manche Einzelfragen der Ergänzung bedarf. Die Verwandtschaft des Gegenstandes und das Verhältnis des späteren Gebrauchsmusterschutzgesetzes zu dem für den Erfinderschutz grundlegenden Patentgesetz rechtfertigen es, daß bei vorhandenen Lücken Abhilfe in den einschlagenden Bestimmungen des Patentgesetzes gesucht wird, falls nicht besondere Gründe entgegenstehen. Nun enthält zwar das Gesetz betreffend den Schutz von Gebrauchsmustern keine ausdrückliche Bestimmung darüber, wie sich das Recht dessen, der sich ein Gebrauchsmuster für eine des gesetzlichen Schutzes fähige Erfindung hat eintragen lassen, zu der Berechtigung dessen verhielt, welcher – wenn auch nicht öffentlich – bereits vor der Anmeldung die Erfindung in Benutzung genommen hatte. Da es aber bei der Schaffung des § 5 Abs. l P. G., wie in R. G. Z. 75417 f. dargelegt ist, die nachgewiesene Absicht der Gesetzgebung war, den Erfindungsbesitz und die Rechte des redlichen Unternehmers zu schützen und – unbeschadet der Gewährung von Schutzrechten für neue Erfindungen – den vorhandenen Besitzstand an solchen in gebührenden Schutz zu nehmen, so ergibt sich hieraus die Notwendigkeit, den § 5 Abs. 1 P. G., welcher der Aufrechterhaltung des vorhandenen Besitzstandes an Erfindungen dient, auch auf dem Gebiete der Gebrauchsmuster zur Wahrung bereits bestehender Rechte in entsprechender Weise in Anwendung zu bringen. Der Umstand, daß bei Beratung des Gesetzes die Notwendigkeit dieser Folgerung noch nicht überall erkannt war, kann bei der inneren Verwandtschaft der beiden nebeneinander stehenden Gesetze es nicht rechtfertigen, daß die durch die Natur der Sache gebotene Schlußfolgerung unterlassen wird. (Urteil vom 12. Oktober 1912 aus der Juristischen Wochenschrift: vom Reichsgericht.] W. D.