Titel: Polytechnische Rundschau.
Fundstelle: Band 328, Jahrgang 1913, S. 428
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Polytechnische Rundschau. Polytechnische Rundschau Was lehrt uns der Flug Paris-Berlin-Warschau? Der 10. Juni 1913 wird wohl für geraume Zeit in der internationalen Flugtechnik einen Markstein bedeuten, ist es doch an diesem Tag gelungen, Mitteleuropa mit nur zwei Zwischenlandungen in 10 Stunden zu durchqueren. Der Flieger Brindejonc de Moulinais hat mit seinem Morane-Saulnier-Eindecker eine beispiellose Glanzleistung aufgestellt, als er in rund zehn Stunden reiner Flugzeit von Villacoublay bei Paris über Wanne-Herten, Berlin-Johannisthal nach Warschau flog. Was den Flug besonders bemerkenswert macht, das ist nicht etwa die gewaltige Strecke oder die kurze Flugzeit, nein, die Bravourleistung liegt in der Ueberwindung der außerordentlichen Schwierigkeiten, die sich dem Flieger entgegengestellt haben. Schon beim Start hatte Brindejonc mit schwierigen Windverhältnissen (bis 12 m/Sek.) zu kämpfen, die sich immer schwieriger gestalteten, je weiter er in Deutschland hineinkam. So bedeutete der Start in Johannisthai nach den Worten aller Zuschauer ein Wagnis. 16 m/Sek. Bodenwind am Flugplatz-Anemometer, Flaggen und Fähnchen werden vom Sturm zerfetzt; das Lindenberger Observatorium meldete 19 m/Sek. Durchschnittsstärke mit Böen von 24 bis 25 m/Sek.; trotzdem schwang sich Brindejonc nach kaum 3 ½ Stunden Ruhe wieder auf seinen kleinen Eindecker, alle Vorstellungen und Warnungen prallten an seiner lächelnden Ruhe ab, er gab das Zeichen zum Start und nahm mit dem schwankenden Fahrzeug unbeirrt den Kurs nach Warschau, das er denn auch nach kaum vier Stunden erreichte. Dieser Flug führt uns so recht die großen Verschiedenheiten vor Augen, die in der Ausbildung deutschen und französischen Fliegermaterials und im Ausbau deutscher und französischer Flugzeugkonstruktionen bestehen. Zunächst entbehrt der Morane-Saulnier-Eindecker jeder natürlichen Stabilität, d.h. er verlangt fortwährende Betätigung der Steuerorgane, läßt seinem Führer also keinen Moment der Erholung, Dann flog Brindejonc ohne Begleiter (was ja wegen der geringen Tragfähigkeit der kleinen Maschine nötig ist), er mußte also auch die Orientierung selbst vornehmen. Beachtet man diese beiden Tatsachen, so muß man einerseits die Leistung des Franzosen noch wesentlich höher einschätzen, man muß aber gerechter Weise auch sagen, daß ein Vergleich mit unseren deutschen Fliegern gar nicht möglich ist, weil diese gemäß den Wünschen der Heresverwaltung durch ihren ganzen Ausbildungsgang an einen Beobachter gewöhnt sind und weil aus den gleichen Gründen die deutsche Flugzeugindustrie Apparate mit einer gewissen natürlichen Stabilität wenigstens in der Flugrichtung baut. Diese Stabilität läßt sich aber nur mit einem Verlust an Geschwindigkeit erkaufen. Wie aus nachstehender Tabelle übersichtlich hervorgeht, hat Frankreich es nach ganz kurzer Zeit verstanden, sich sämtliche Rekorde zu sichern. Erst wenn größere Belastungen in Frage kommen, vermögen die deutschen Apparate erfolgreich zu konkurrieren. Alle diese Rekorde beziehen sich auf kleine Maschinen ohne Passagier. Die Höhenrekorde mit einem und zwei Passagieren hält Oberleutnant von Blaschke seit vorigem Jahr, Leutnant Tabelle der Rekorde. Jahr Datum Name Nation Höhem Entfernungkm DauerStd. Min. Sek. Geschwindig-keitkm/Std. 1906 12. 11. Santos Dumont Brasilien 0,22 –      –    21 41,3 1907 26. 10. H Farman Frankreich 0,77 –      –    52 52,7 1908 18. 12.31. 12. W. Wright Amerika   118 124,7 2    20    23 Farmanvom Vorjahr 1909   2. 12.  3. 11. H. LathamH. FarmanBlériot Frankreich   475 284,2 4    17    53 76,9 1910 19. 12.30. 12.18. 12. LegagneuxTabuteauH. FarmanLeblanc 3200 584 8    12    47 109 1911   4. 9.24. 12.  1. 9. GarrosGobéFournyNieuport 4250 740 11     1   29 133 1912 12. 12.11. 9. GarrosFournyVédrines 5801 1017 13    22    – 170,7 1913 12. 3.  4. 2. PerreyonsFavres 5850 172 Canter hat auf der Rumpler-Taube mit seinem Ueberlandflug Jüterbog-Malente den Längen- und Dauerrekord mit Passagier mit 599 km und 6 Std. 13 Min. aufgestellt und die übrigen Dauerrekorde mit bis zu sieben Passagieren hält Faller auf Aviatik-Pfeil-Doppeldecker, so daß also bei allen größeren Belastungen sich deutsche Maschinen in den Vordergrund schieben. Die Brindejoncsche Leistung, mehr aber noch die außerordentliche Steigerung der französischen Flugleistungen weisen aber doch mit zwingender Notwendigkeit auf zwei Punkte hin, in denen wir in Deutschland zweifellos zurück sind. Einmal brauchen auch wir kleine schnelle Maschinen, die ohne Beobachter geflogen werden müssen. Sie kann neben der sicheren, langsamen Maschine auch im Ernstfall eine Menge wichtiger Aufgaben lösen; im Frieden erfüllt sie den großen Zweck, dem Flieger sein Selbstvertrauen zu stählen. Wer unsere deutschen Fliegeroffiziere und Zivilflieger bei ihren großen Ueberlandflügen kennen gelernt hat, wer gesehen hat, in welch souveräner Form sie ihr Material beherrschen, mit welchem Schneid sie an große und schwierige Aufgaben herangehen (ich erinnere nur an den Prinz-Heinrich-Flug, bei welchem bei kriegsmäßiger Belastung, schwierigster Wetterlage und gefährlichem Terrain auch nicht ein Flieger auf den Gedanken kam, vom Starten Abstand zu nehmen), der wird mir zugeben, daß wir in Deutschland lediglich der Aufgaben bedürfen, daß wir lediglich die nötigen Bedingungen stellen, entsprechende Preise ausschreiben müssen, um in absehbarer Zeit ähnliche Leistungen zu erzielen. Schon jetzt wissen wir von manchem Flieger, daß er sich in vielen Fällen mehr auf seinen Fluginstinkt verläßt als auf seinen Beobachter, daß er selbständig die Führung manchmal entgegen der Weisung des Beobachters übernimmt, warum sollen wir denn nicht bei einiger Uebung in Ueberlandflügen ähnliche Resultate erzielen? Uebung in Ueberlandflügen, das ist es, worauf es für unsere Flieger ankommt, und hier müssen große Preise einsetzen. Man führe sich nur einmal das Anwachsen der Kilometerzahl durch den Pommery-Preis vor Augen, der im kommenden Herbst endgültig zur Verteilung gelangt: 1911. Erste Prämie: Védrines von Paris bis Poitiers 293 km; zweite Prämie: Védrines von Paris bis Angoulême 400 km. 1912. Erste Prämie: Bedel von Villacoublay bis Biarritz 645 km; zweite Prämie Daucourt von Valenciennes bis Biarritz 852 km. 1913. Erste Prämie: Guillaux von Biarritz bis Kollum 1200 km, und nun Brindejonc von Paris bis Warschau, was vielleicht noch übertrumpft wird. Von 336 ist man auf 1430 km gekommen. Das muß eine Richtschnur für uns sein; Privatleuten und großen Firmen bietet sich hier ein weites und dankbares Feld. Ausschreibungen ähnlich dem Pommery-Pokal haben die französische Flugtechnik zu ihren heutigen Erfolgen verholfen, sollte wirklich in unserem reichen Vaterland keine ähnliche Ausschreibung, die doch schließlich auch für den Spender eine gewaltige Reklame bedeutet, möglich sein? Fünf Franzosen haben bereits den Flug von Paris nach Berlin erfolgreich durchgeführt, während noch kein Deutscher das Endziel Paris von Deutschland aus erreicht hat. Ich glaube, es bedarf nur dieses einen Hinweises, um von der Wichtigkeit eines ähnlichen Ausschreibens im Interesse des nationalen Ansehens und der Züchtung eines wagemutigen, schneidigen Fliegermaterials zu überzeugen. Béjeuhr. Metall-Preßteile. Im Berliner Bezirksverein deutscher Ingenieure hielt Dr.-Ing. Adler, Oberingenieur im Kabelwerk der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft, Berlin-Oberschöneweide, einen Vortrag über Metall-Preßteile. In der Herstellung massiver Metallteile für den Armaturen-, Apparate- und Maschinenbau ist in den letzten Jahren ein bemerkenswerter Wandel eingetreten. Die von altersher überkommene Formgießerei ist durch ein im Lichte der modernen Massenfabrikation weit leistungsfähigeres Verfahren, durch die Warmpresserei abgelöst worden. Das Kabelwerk Oberspree der AEG besitzt eine solche Warmpresserei größten Stils. Schwere Messingbarren werden in mächtigen hydraulischen Pressen zu Stangen ausgestreckt, diese Stangen alsdann in Abschnitte zertrennt, und die erhitzten Abschnitte in Gesenkformen unter hohem Druck eingepreßt. Aus der Eigenart dieses Verfahrens entspringen die Vorzüge des Preßteils, nämlich hervorragende Güte des Materials, schönes Aussehen und hohe Maßhaltigkeit. Eine Auswahl von Mustern ließ in ihrer Mannigfaltigkeit auf schier unerschöpfliche Anwendungsmöglichkeiten des Preßmetalls schließen. –––––––––– Die kürzeste Zugfolge für städtische Schnellbahnen unter besonderer Berücksichtigung der Zuglänge. Im Zusammenhang mit der bevorstehenden Elektrifizierung der Berliner Stadtbahn ist ein Aufsatz in der Zeitschrift für elektrische Kraftbetriebe und Bahnen vom 14. April 1913, in welchem W. Bethge Untersuchungen über die kürzeste Zugfolge aufstellt, von besonderem Interesse. Textabbildung Bd. 328, S. 430 Abb. 1.Einlauf- bzw. AbbremsgeschwindigkeitEinlaufzeit für verschiedene Zuglängen in Abhängigkeit von den Einlaufs- bzw. AbbremsgeschwindigkeitenBremsverzögerung 0,75 m/Sek.2; Einfahrtsignal 50 m vor dem Bahnsteiganfang; Bahnsteiglänge = Zuglänge Es ist für Schnellbahnen in großen Städten oder in der Nähe derselben charakteristisch, daß zu bestimmten Tageszeiten ein Massenandrang auftritt, der nur durch große Zuglängen und schnelle Zugfolge bewältigt werden kann. Die Zuglänge ist hauptsächlich durch die Länge der Bahnsteige begrenzt, während die Zugfolge von der Zuglänge, der Fahrgeschwindigkeit, von der Länge der Blockabschnitte, von der Anfahr- und der Bremsgeschwindigkeit, sowie auch von der Stellung der Signale abhängt. Bei einer gegebenen Länge eines Blockabschnittes ist die Zugfolge durch die Zeit bestimmt, die zum Durchfahren eines solchen, eine Haltestelle einschließenden Abschnittes erforderlich ist. Textabbildung Bd. 328, S. 430 Abb. 2.ZuglängeKürzeste Zugfolgezeit für verschiedene Anfahrbeschleunigungen in Abhängigkeit von der ZuglängeZugfolgezeit = Einlaufszeit + Haltezeit + Ausfahrtzeit Haltezeit angenommen zu 25 Sek.Bremsverzögerung 0,75 m/Sek.2; Einfahrtsignal 50 m vor dem Bahnsteiganfang; Ausfahrtsignal und Vorrichtung zum selbsttätigen Stellen der Signale 5 m vor dem Bahnsteigende; Zuglänge gleich Bahnsteiglänge Diese Zeit setzt sich aus drei Hauptteilen zusammen: erstens aus der Zeit vom Einlauf bis zum Stillstand des Zuges, zweitens der Haltedauer, drittens der Ausfahrzeit. Die Haltedauer ist in der Regel gegeben, doch werden das erste und das dritte Intervall stark durch verschiedene Faktoren beeinflußt. Der Einlaufsweg muß nach der Streckenlänge so bemessen sein, daß der Zugführer den Zug noch vor dem Einfahrtsignal anhalten kann, wenn aus irgend einem Gründe die Einfahrt gesperrt ist. Zu diesem Intervall gehört ferner noch die Zeit des Bremsens. Die Einlaufzeit folgt aus der Bremsgeschwindigkeit, die von der zugelassenen Bremsverzögerung abhängig ist, und aus der Einlaufgeschwindigkeit v, mit welcher der Zug die Einlaufstrecke s1 bis zum Anfang des Bremsabschnittes befährt. Bezeichnet t1 die Einlaufzeit, s2 den Bremsweg, p die Bremsverzögerung, t2 die Bremszeit, so ergeben sich folgende Bezeichnungen: t_1=\frac{s_1}{v}; s_2=\frac{v^2}{2\,p}; t_2=\sqrt{\frac{2\,.\,s_2}{p}}. Das dritte Intervall umfaßt die Abfahrt des Zuges und endet, wenn das Zugende das Streckenblocksignal betätigt und damit die Blockgrenze überschritten hat. Die Ausfahrtzeit t3 wird bestimmt durch die Zuglänge, durch die Länge des Weges von der Haltestelle bis zur Blockgrenze und durch die mittlere Ausfahrtgeschwindigkeit bzw. durch die Beschleunigung p, und es folgt ähnlich t_3=\sqrt{\frac{2\,.\,s_3}{p}}. Naturgemäß wird das Resultat in allen Fällen sehr erheblich von der Zuglänge beeinflußt. Für die Einlaufzeit gibt es in Abhängigkeit von der Einlaufgeschwindigkeit ein ausgeprägtes Optimum. Abb. 1 zeigt den Einfluß der verschiedenen Variablen auf die Einfahrtperiode. Nimmt man eine Haltezeit auf der Station von 25 Sek. an, so lassen sich aus den unter Annahme der günstigsten Einfahrtgeschwindigkeit entstandenen, durch Abb. 2 dargestellten Kurvenscharen die theoretisch kürzesten Zugfolgen für beliebige Zuglängen und zwar in Abhängigkeit von den verschiedenen Anfahrbeschleunigungen ablesen. Der genannte Aufsatz enthält noch eine Reihe anderer Kurvenbilder über den gegenseitigen Einfluß der einzelnen Variablen. Rich. Müller. –––––––––– Wer die Internationale Baufach-Ausstellung Leipzig besucht und sich für moderne Kesselhaus-Kontroll-Einrichtungen interessiert, wird die in Maschinenhalle II Stand 851 von der Firma J. C. Ekkardt in Cannstatt ausgestellten, teils in Betrieb befindlichen Kontrollapparate und Instrumente in Augenschein nehmen. Unter der reichhaltigen Gruppierung von Manometern, Vakuummetern und Zugmessern sowie Thermometern und Pyrometern kommen besonders die registrierenden Instrumente zur Geltung, von denen als Neuheit das kombinierte Mano-Vakuum-Thermometer mit Schreibvorrichtung und einigen Tachometern hauptsächlich erwähnenswert sind. Interessant sind auch die registrierenden Dampfmesser und Belastungsmesser, Kipp-Flüssigkeitsmesser, Abdampfdruckregler mit selbsttätiger Frischdampf-Regulierung und ohne solche, Kondenstopf-Kontroll-Apparate und einige Manometer und Thermometer mit elektrischer Kontaktvorrichtung ausgerüstet, zum Anschluß an eine elektrische Klingelleitung, die in jeder beliebigen Entfernung vom Instrument ein Glockensignal bei Ueberschreiten oder Unterschreiten bestimmter Temperaturen oder Druckgrenzen ertönen läßt. Im Betrieb werden u.a. vorgeführt: Ein Kesselspeisewassermesser für eine Leistung von normal 200, maximal 250 l i. d. Min., zur Kontrolle der Verdampfung (dieser Apparat wird bis zu den größten Abmessungen für Leistungen bis 1600 l i. d. Min. ausgeführt). Der Apparat ist mit mechanischer Schreib Vorrichtung und elektrischer Fern-Registrier-Vorrichtung ausgerüstet, die eine zuverlässige Kontrolle über die Tätigkeit des Heizers und die mehr oder weniger gleichmäßige Speisung ermöglicht. Ferner ein registrierender Rauchgasprüfer für Feuerungskontrolle, und ein Flüssigkeitsmesser zum Messen von Flüssigkeiten aller Art. Als Neuheit werden ebenfalls im Betriebe vorgeführt: Eine Präzisions-Flüssigkeitswage, die sich zum genauen Wägen aller Flüssigkeiten eignet, ferner ein Düsen-Wassermesser, verbunden mit einem Anzeigeapparat in Form eines Manometers mit Schreibvorrichtung. Ein Besuch der Eckardtschen Ausstellung ist für jeden Dampfkesselbesitzer empfehlenswert. Er kann sich dort eingehend über die bisherigen Errungenschaften auf dem Gebiete moderner Feuerungs- und Kesselhaus-Kontrolleinrichtungen unterrichten und feststellen, welche Apparate und Instrumente in seinem eigenen Betriebe zweckmäßig noch vorgesehen werden müßten, um eine vollkommene und zuverlässige Kontrolle über die Kesselanlage und damit einen rationellen Betrieb zu bekommen. –––––––––– In der Hauptversammlung des Vereins deutscher Gießereifachleute (Berlin 14. bis 17. Mai 1913) gab der Vorsitzende Direktor Dahl-Berlin einen Ueberblick über die Entwicklung der Technik in den letzten 25 Jahren. Besonders sind in dieser Zeit Bergbau- und Hüttenbetrieb zur höchsten Blüte gelangt. Man kann den Aufschwung der deutschen Montan- und Eisenindustrie aus folgenden Zahlen leicht erkennen. Die Steinkohlenförderung der deutschen Bergwerke, welche 1887 60,3 Mill. Tonnen im Werte von 315 Mill. Mark betrug, hat sich seitdem verdreifacht, nach dem Geldwert bemessen sogar verfünffacht. Die Roheisenerzeugung, 1887 4,5 Mill. Tonnen im Werte von 217,4 Mill. Mark, ist in derselben Zeit um das dreifache gestiegen. Die Erzeugung von Eisen- und Stahlprodukten, 1887 4 Mill. Tonnen im Werte von 432 Mill. M, ist heute dreimal so groß. Ihr Geldwert übersteigt den vierfachen Betrag jener Zeit. Die gewaltige Ausbreitung der Elektrizität in den letzten 25 Jahren ist der beispiellose Triumphzug der Elektrotechnik, die nächst dem Bergbau und der Hüttenindustrie der große Industriezweig unserer deutschen Volkswirtschaft geworden ist. Die zunehmende Spezialisierung des Gießereifaches war eine notwendige Folge des Aufschwunges des Maschinenbaues, der hohen Anforderungen, die neue Aufgaben an die Gießerei stellten; die neuen schwierigen Aufgaben, die der Gießereitechnik unablässig gestellt wurden, erforderten Männer von gründlicher allgemeiner und wissenschaftlicher Bildung. Die Begriffe Materialverbesserung und Materialersparnis besagen alles, worauf es dem modernen Maschinenkonstrukteur, der mit dem Gießereiingenieur Hand in Hand zu arbeiten pflegt, ankommt. Der Großgasmotor, der Großölmotor, der Luftschiff- und Flugzeugmotor, der Automobilmotor, die schnellaufenden rotierenden Großkraftmaschinen mit immer größer werdenden Kraftspannungen, der elektrische Bahnmotor, die Gasturbine, die vielerlei Fein- und Kleinmaschinen, die vielartigen Werkzeugmaschinen, alles Kinder, zuweilen Schmerzenskinder des letzten Vierteljahrhunderts, sind stolze Gebilde der hochentwickelten Maschinentechnik, an denen der Gießereiingenieur nicht zuletzt sein Wissen und Können erproben durfte. Die Lösung solcher Aufgaben erfordern die Mitarbeit von Gießereiingenieuren, die Maschinenbauer und Hüttenleute zugleich sein müssen. Die Spezialisierung des Studiums des Gießereiingenieurs ist nur eine Frage der allernächsten Zeit, diese Entwicklung wird sich uns gebieterisch aufdrängen. Es besteht seitens der Königlichen Staatsregierung die Absicht, die Berliner Bergakademie als selbständige Lehranstalt eingehen zu lassen. Die technische Hochschule soll den Lehrplan der Bergakademie übernehmen. Direktor Dahl betont, daß es der Verein deutscher Gießereifachleute freudig begrüßen würde, wenn die zuständigen hohen Behörden gelegentlich der erforderlichen Neuordnung der Verhältnisse für das Studium des Eisen- und Metallhüttenwesens die Errichtung eines besonderen Lehrstuhls für Gießereitechnik in Erwägung ziehen wollten.