Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 328, Jahrgang 1913, S. 759 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Zur Bewertung der Marschmaschinen für
Kriegsschiffsanlagen. Bei Kriegsschiffsanlagen spielt die Größe des
Aktionsradius bei gegebenem Brennstoffvorrat bekanntlich eine überaus wichtige
Rolle. Die Schiffe müssen je nach ihrem Verwendungszweck längere oder kürzere Zeit
die See halten können; sie müssen jedoch auch jederzeit in der Lage sein, im
gegebenen Moment, wenn der Einsatz ihrer Höchstgeschwindigkeit gefordert wird, diese
voll zur Geltung bringen zu können. Daraus folgt, daß sparsamer Brennstoffverbrauch
bei Marschfahrt eine der wesentlichsten Vorbedingungen für den taktischen Erfolg
ist. Die Brennstoffökonomie bei verringerter Maschinenleistung spielt
begreiflicherweise bei den Schiffen die größte Rolle, deren taktische Bedeutung im
wesentlichen in ihrer großen Geschwindigkeit liegt, d.h. bei Torpedobooten und
schnellen kleinen Kreuzern. Es sind dies Sehiffe, für deren Antrieb heute ihrer
Geschwindigkeit und Maschinenleistung nach lediglich die Turbine in Frage kommt. Da
deren Wirtschaftlichkeit bekanntlich wesentlich von der Höhe der
Umfangsgeschwindigkeit, damit also von der Umdrehungszahl des Propellers abhängig
ist, tritt beim Turbinenantrieb mit abnehmender Tourenzahl eine wesentliche
Verschlechterung der Wirtschaftlichkeit ein. Gegen diese ist man mit verschiedenen
konstruktiven Mitteln vorgegangen.
Die älteste Maßnahme, mittels der man bei Turbinenanlagen eine Verbesserung der
Wirtschaftlichkeit bei Marschfahrt anstrebte, bestand in der Anfügung besonderer
Marschturbinen. Diese wurden von die Hochdruckturbinen geschaltet und waren ihrer
Umfangsgeschwindigkeit und Stufenzahl nach der verringerten Tourenzahl und Leistung
möglichst angepaßt. Sie wurden nur bei Marschfahrt beaufschlagt, liefen dagegen bei
höheren Leistungen leer mit. Hieraus ergaben sich vielfach Betriebsschwierigkeiten,
die schließlich allgemein zur Abschaffung der Marschturbinen führten. Natürlich
bedingte der Einbau besonderer Marschturbinen auch einen erhöhten Aufwand an Gewicht
und Platz, der sie wenig empfahl. Der Wegfall der Marschturbine führte zur Anfügung
einer Reihe von Marschstufen an die Hochdruck-Hauptturbine, die bei Marschfahrt
vorgeschaltet, bei größeren Leistungen dagegen überbrückt wurden. Der Eintritt der
Aktionsturbine in den Bordbetrieb, bzw. die Kombination von Aktions- und
Reaktionsturbine gab in der partiellen Beaufschlagung des Aktionsrades ein bequemes
Mittel zur Anpassung der Turbine an verringerte Leistungen.
Die Grenzen, die der Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse mit Anwendung der
genannten Mittel gezogen waren, waren allerdings eng genug. Das Maß der damit bei
Turbinen unter Marschverhältnissen erreichbaren Brennstoffökonomie hielt keinen
Vergleich aus mit den entsprechenden Ergebnissen mit Kolbenmaschinenanlagen. Es lag
daher ziemlich nahe, sich die günstigen Regelungsverhältnisse der Kolbenmaschine zu
Nutze zu machen und besondere Marschkolbenmaschinen vor die Turbinen zu schalten,
die Turbinen also bei Marschfahrt lediglich als Abdampfturbinen zu betreiben. Dieser
Konstruktionsgedanke wurde zunächst bei einer Reihe amerikanischer
Torpedobootszerstörer zur Durchführung gebracht und hat zu guten wirtschaftlichen
Erfolgen geführt.
Von der Verwendung der mit der Turbine lösbar gekuppelten Kolbendampfmaschine als
Marschmaschine bis zur Benutzung des thermisch günstigeren Oelmotors war nur ein
Schritt. Die Veranlassung dazu war um so mehr gegeben, als bei Zerstörern – um
derartige Maschinenanlagen handelt es sich in erster Linie – bekanntlich Oel als
Brennstoff unter den Kesseln heute fast ausschließlich Verwendung findet. Seine
praktische Durchführung fand dieser Gedanke erstmalig bei dem englischen Zerstörer
„Hardy“, dessen beide Turbinenwellen mit zwei umsteuerbaren Dieselmotoren
lösbar gekuppelt sind. Eine ähnliche Lösung stammt von der bekannten
Torpedobootsfirma Yarrow. Sie verwendet für Marschfahrt
eine nichtumsteuerbare Oelmaschine, die mit einem Föttinger-Transformator gekuppelt ist. Das hydraulische Getriebe ersetzt
einerseits die Umsteuerbarkeit des Motors, anderseits ermöglicht sie infolge ihres
Uebersetzungsverhältnisses eine wirksamere Regelung der Drehzahl des Propellers
innerhalb weiterer Grenzen, als es bei direktem Antrieb der Propellerwelle durch
einen Verbrennungsmotor möglich ist. Um die Turbinen bei Marschfahrt nicht leer
mitlaufen lassen zu müssen und um den damit entstehenden Ventilations- und
Reibungsverlust zu vermeiden, ist die sekundäre Welle des Transformators durch die
hohle Turbinenwelle hindurchgeführt und mit der Propellerwelle durch eine lösbare
Kupplung verbunden.
Ein anderer Weg, der zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit bei Marschfahrt führt,
knüpft an den früher zur Ausführung gebrachten Konstruktionsgedanken der
Vorschaltung besonderer Marschturbinen an. Diese werden jedoch nicht direkt mit den
Wellen der Hauptturbinen gekuppelt, sondern arbeiten auf diese unter Verwendung von
Uebersetzungsgetrieben. Derartige schnellaufende Marschturbinenaggregate sollen
neuerdings in der englischen Marine bei den neuesten kleinen Kreuzern Verwendung
finden. Auch bei dem im Bau befindlichen amerikanischen Linienschiff
„Pennsylvania“ hat man sich für den Einbau derartiger Marschturbinen
entschieden.
Ein Abwägen der verschiedenen konstruktiven Maßnahmen zur Erhöhung der
Wirtschaftlichkeit der Marschfahrt gegeneinander ist nicht ganz einfach, da der
Schwerpunkt der ganzen Frage weniger auf wirtschaftlichem als auf taktischem Gebiete
liegt. Der Einbau besonderer Marschmaschinen bedingt infolge des erhöhten
Gewichtsund Platzbedarfs bei gegebener Volldampfleistung der Turbinenanlage eine
Erhöhung des Deplacements, die zu einer Herabsetzung der erreichbaren
Höchstgeschwindigkeit führt. Die ganze Frage läuft also daraufhin hinaus, ob der
durch Einbau von Marschmaschinen erreichte Gewinn an Aktionsradius die Einbuße an
Geschwindigkeit aufwiegt. Diese Frage kann natürlich nur der Taktiker entscheiden.
Sie spitzt sich dadurch noch mehr zu, daß die Verwendung der Oelmaschine bei
Marschfahrt nicht davon entbindet, die Kesselanlage dauernd unter Dampf und die
Turbinen beständig betriebswarm zu halten, weil sonst im gegebenen Moment der
Zerstörer nicht in der Lage ist, seine Aufgabe zu erfüllen. Dieser Umstand zeigt,
wie leicht der theoretische Vorteil der Wirtschaftlichkeit bei Marschfahrt in seiner
praktischen Bedeutung wesentlich eingeschränkt wird.
Eine vergleichsweise Uebersicht über die wesentlichsten, hier in Frage kommenden
Faktoren geben die folgenden Beispiele, die der Zeitschrift Engineering entnommen
sind.
1. Zerstörer mit Turbinenanlage ohne Marschturbine. Der
Oelvorrat beträgt 200 t, der Aktionsradius bei Marschfahrt dementsprechend 2000 sm.
Der Zerstörer erreicht bei vollen Oelzellen eine Höchstgeschwindigkeit von 32 kn,
die sich mit abnehmender Brennstoffmenge und verringerter Tauchung des Schiffes bis
auf 35 kn steigert. Es ist angenommen, daß das Schiff bei Volldampf seine
Höchstgeschwindigkeit 20 Stunden lang innehalten kann.
2. Zerstörer mit Turbinenanlage und Marschölmaschine. Bei
gleichem Oelvorrat wie vorher ist der Aktionsradius bei Marschfahrt zu 8000 sm
anzunehmen. Die Geschwindigkeit beträgt bei der Volldampffahrt infolge des
vergrößerten Maschinengewichts, das auf 100 t veranschlagt ist, und entsprechend
erhöhtem Deplacement nur 30½ kn und steigt mit leerer werdenden Oelzellen bis auf
33½ kn. Das Schiff kann seine Höchstgeschwindigkeit bei Volldampffahrt wie vorher 20
Stunden lang halten.
3. Zerstörer mit Turbinenanlage ohne Marschturbinen, Oelvorrat
um 100 t erhöht. Die Erhöhung des Oelvorrats entspricht der Erhöhung des
Maschinengewichts bei Einbau von Marschölmaschinen, das Deplacement ist also das
gleiche wie bei 2. Der Aktionsradius bei Marschfahrt steigt gegenüber Fall 1. von
2000 auf 3000 sm. Die Geschwindigkeit bei Volldampffahrt beträgt dem vergrößerten
Deplacement entsprechend wie bei. 2. 30½ kn, sie steigt jedoch, da die
Gewichtsabnahme mit Entleerung der Oelzellen jetzt größer ist als vorher, bis auf 35
kn. Die Höchstgeschwindigkeit bei Volldampffahrt ist dem größeren Brennstoffvorrat
entsprechend 30 Stunden lang zu halten.
4. Zerstörer mit Turbinenanlage und Marschturbinen,
Oelvorrat 280 t. Der Einbau der Marschturbinen bedingt ein Mehrgewicht von
etwa 20 t gegenüber der Anlage zu 1, d.h. 80 t weniger als der Einbau von
Marschölmaschinen. Dieser am Gewicht der Maschinenanlage ersparte Betrag ist auf das
Gewicht des Brennstoffvorrats aufgeschlagen, so daß das Deplacement das gleiche wie
bei 2 und 3. Der Aktionsradius bei Marschfahrt erhöht sich infolge der höheren
Wirtschaftlichkeit der Marschturbinen gegenüber 3 auf 4500 sm, unter Annahme mäßiger
Ueberhitzung von etwa 50° C bis auf rund 5000 sm. Die Geschwindigkeit bei
Volldampffahrt beträgt wieder 30½ kn, sie steigt dem gegen 3 etwas verringerten
Brennstoffvorrat entsprechend bis auf etwa 34½ kn. Die Höchstgeschwindigkeit ist bei
Volldampffahrt rund 28 Stunden lang durchzuhalten.
Die vorerwähnten Beispiele zeigen, daß bei gleichem Deplacement die Anlage mit
Marschölmaschinen gegenüber der Anlage mit Marschturbinen zwar bei Marschfahrt einen
im Verhältnis von 8 : 5 höheren Aktionsradius ergibt, daß sie dafür aber eine um 1
kn geringere Höchstgeschwindigkeit erreichen läßt. Bei der ersten Anlage kann die
Geschwindigkeit bei Volldampf fahrt 20 Stunden lang durchgehalten werden, bei der
letzteren 28 Stunden lang, d.h. bei Volldampffahrt bleibt der Aktionsradius des
Zerstörers mit Marschölmaschine gegenüber dem des mit Marschturbinen ausgerüsteten
Bootes um nicht weniger als 40 v. H. zurück. Der Vergleich spricht hiernach deutlich
zu Gunsten der Anlage mit Marschturbinen, am nachdrücklichsten bei Verwendung von
überhitztem Dampf. Vielleicht jedoch wird die sich jetzt vorbereitende Verwendung
hochtouriger Turbinen, die mittels Uebersetzungsgetriebe auf die Propellerwelle
arbeiten, die vorstehend erörterte Frage auf vollkommen neue Grundlagen stellen.
Abgesehen von der erreichbaren Erhöhung der Dampf- und Brennstoff-Oekonomie, läßt
die Turbinenanlage mit Uebersetzungsgetriebe ganz wesentliche Ersparnisse an Gewicht
und Platz erwarten.
Kraft.
––––––––––
Junkers Oelmaschinen. Die Dampfturbine arbeitet von 500 PS
abwärts wirtschaftlich nicht mehr zufriedenstellend. Man hat nun versucht,
Oelmaschinen zum Antrieb von Dynamomaschinen für kleine Leistungen zu verwenden,
welche die bei Dampfturbinen erreichte Einfachheit der Bedienung, ihren
geräuschlosen Gang und ihre Betriebssicherheit besitzen.
Die Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft baut zu diesem
Zweck neuerdings solche Oelmaschinen nach dem Patent Nr. 220 124 von Professor Junkers und hat nach eigenem Bericht drei Typen
entwickelt:
1. eine Zweizylinder-Maschine von 250 PSe,
2. eine Dreizylinder-Maschine von 375 PSe,
3. eine Vierzylinder-Maschine von 500 PSe.
Für Oelmaschinen dieser Größe bestand kein Zweifel, daß sie nach dem Diesel-Verfahren arbeiten müssen. Zu entscheiden war noch
die Frage, ob eine Maschine für den Dauerbetrieb besser nach dem Zweitakt oder
nach dem bekannten Viertaktverfahren arbeiten soll. Die Junkers-Maschine besitzt nun alle Vorteile des Viertaktverfahrens, und
vermeidet die Nachteile der gewöhnlichen Zweitaktmaschine. Die Maschine arbeitet mit
je zwei in demselben Arbeitszylinder laufenden Kolben, die in der inneren Totlage
den kleinsten, in der äußeren Totlage den größten Abstand voneinander haben. Von
diesen beiden Kolben steuert der eine die Austritts-, der andere die
Eintrittskanäle. Diese Bauart besitzt also nicht die großen und schweren
Auslaßventile für die Abgase und die großen Spülluftventile. Es sind nur das kleine
Einblaseventil für den Brennstoff und das Anlaßventil zum Anfahren der Maschine mit
Druckluft notwendig.
Der ganze Umfang des Arbeitszylinders steht für die Einlaßschlitze bzw. für die
Auslaßschlitze zur Verfügung. Bei sehr nahe aneinanderstehenden Kolben wird die
Verbrennung eingeleitet, und durch den Verbrennungsdruck werden dann die Kolben
auseinander getrieben. Wenn die Kolben am weitesten auseinanderstehen, strömt die
durch die Spülpumpe zur Verfügung gestellte frische Luft mit geringem Ueberdruck in
den Arbeitszylinder ein. Diese frisch eintretende Luft hat die im Zylinder
verbleibenden Abgase auszuspülen und dann den Zylinder von neuem mit
Verbrennungsluft zu füllen.
Das gründliche und doch sparsame Spülen bei niedrigem Druck ist ein Grund dafür, daß
diese Oelmaschinen trotz kräftiger Bauart einen sehr günstigen Brennstoffverbrauch
aufweisen, wie dieser bis jetzt nur bei langsam laufenden Viertaktmaschinen erzielt
wurde.
Für alle Bauarten von Zweitaktmaschinen ist für das Ausspülen der Arbeitszylinder und
zu deren Füllen mit Frischluft Luft mit geringem Ueberdruck erforderlich, und es
müssen deshalb Spülluftpumpen vorhanden sein. Die A. E. G. ordnet an dem der
Dynamoseite entgegengesetzten Ende die Spülluftpumpe an, der Antrieb geschieht durch
eine auf der Kurbelwelle aufgekeilte Kurbel. Unmittelbar über der Spülluftpumpe
befindet sich der Stufenkompressor, der die Preßluft zum Einblasen des Brennstoffes
erzeugt.
Die Spülluftpumpe verdichtet die atmosphärische Luft auf einen nur geringen
Ueberdruck und befördert sie aus dem Pumpenzylinder in den Spülluftkasten, in den
die Arbeitszylinder eingebaut sind.
Zurzeit wird zweifellos im Oelmaschinenbau der Zweitakt bevorzugt. Vollkommenes
Ausspülen der Arbeitszylinder von Verbrennungsprodukten ist aber hierbei die
Grundbedingung für ein wirtschaftliches Arbeiten.
W.
––––––––––
Thermo-Lokomotive. Auf der Strecke Berlin- Mansfeld finden
Versuchsfahrten mit einer Schnellzuglokomotive statt, die mit Dieselmaschinen
angetrieben wird und den unglücklich gewählten Namen „Thermo-Lokomotive“ hat.
Sie ist von der „Gesellschaft für Thermo-Lokomotiven“ geliefert, die. von Gebrüder Sulzer, Oberbaurat A. Klose, Berlin und dem kürzlich verstorbenen Dr. R. Diesel, München, gegründet wurde. Die Maschinenanlage hat
Gebrüder Sulzer, Winterthur, das Lokomotivgestell Borsig, Berlin, geliefert. Die vorläufigen Probefahrten
fanden auf der Strecke Winterthur–Romanshorn statt und befriedigten derart, daß die
Lokomotive nach Berlin überführt wurde.
Der motorische Teil der Lokomotive besteht im wesentlichen aus einer mit den
Triebachsen unmittelbar gekuppelten Triebmaschine und einer vollkommen unabhängig
arbeitenden Hilfsmaschine. Die letztere, die etwa ⅕ bis ¼ so viel wie die
Triebmaschine leistet, dient zur Erzeugung von Druckluft, mit der die Triebmaschine
beim Anfahren und auf großen Steigungen betrieben werden kann.
Textabbildung Bd. 328, S. 760
Abb. 1.
Abb. 1 zeigt die Anordnung der Trieb- und
Hilfsmaschine (nach D. R. P. 205995). a ist die mit den
Triebachsen b gekuppelte umsteuerbare Hauptmaschine,
c die Hilfsmaschine. Diese dient zum Antrieb des
Kompressors d, der hochgespannte Druckluft durch
Leitung e zur Hauptmaschine a liefert. Die Preßluft dient dort als Anlaß- oder
Brennstoff-Einblaseluft. Beim Anfahren fördert die Hilfsmaschine c Druckluft in die Hauptmaschine, durch Zusatzluft aus
Behälter g kann die Wirkung noch verstärkt werden. Nach
Erreichung einer Geschwindigkeit von 8 bis 10 km/Std., wird die Hauptmaschine auf
Brennstoff umgeschaltet und arbeitet dann nach dem bekannten
Gleichdruckverfahren.
Abb. 2 zeigt eine abgeänderte Anordnung. Hier wird
der Druckluftbedarf teils durch die Hilfsmaschine, teils durch die Hauptmaschine
gedeckt, indem diese ebenfalls Druckluftpumpen antreibt (D. R. P. Nr. 223425).
Textabbildung Bd. 328, S. 760
Abb. 2.
Die ausgeführte Schnellzuglokomotive (Abb. 3) hat
16,6 m Länge und wiegt 96 t. Die Triebkraft wird von einer Blindwelle auf die
Kuppelräder durch Kuppelstangen übertragen. Das Führerhaus ist zum Schütze der
Maschineneinrichtung über die ganze Länge der Lokomotive hinweggebaut. In den vier
Ecken des Wagenkastens sind Behälter eingebaut, und zwar an einem Ende für
Kühlwasser und am andern für Kühlwasser und Brennstoff. Im Dache über der
Triebmaschine liegt der Auspufftopf, ein Bienenkorbkühler und ein
Verdampfungskühler.
Textabbildung Bd. 328, S. 761
Abb. 3.
Die Hauptmaschine ist eine umsteuerbare vierzylindrige einfachwirkende
Zweitaktmaschine. Die vier Arbeitszylinder in V-Anordnung unter 90° zueinander haben
380 mm Bohrung und 550 mm Kolbenhub. Je zwei gegenüberliegende Arbeitszylinder
liegen in einer gemeinsamen Ebene und wirken auf einen gemeinsamen Kurbelzapfen. Die
Kurbelwelle trägt neben den beiden genannten Arbeitskurbeln außen zwei aufgepreßte
Kurbelscheiben mit Ausgleichmassen, die ihre Drehung durch Kuppelstangen auf die
Triebachsen des Fahrzeuges übertragen (D. R. P. 210385 und 199220). Hierbei halten
die primären Kräfte der hin- und hergehenden Massen der Arbeitszylinder und die
zentrifugalen Kräfte der Kurbeln, Kuppelstangen und Ausgleichmassen einander
vollkommen im Gleichgewicht. Jeder Zylinderdeckel trägt ein Brennstoffventil, ein
Anlaßventil und zwei Spülventile. Die Steuerung besteht aus zwei Exzentern, von
denen je eines die sämtlichen Ventile einer Maschinenhälfte betätigt, und die zur
Umsteuerung des Motors bei Aenderung der Fahrtrichtung verdreht werden können.
Zwischen den vier Arbeitszylindern der Hauptmaschine liegen zwei doppeltwirkende
Kolbenpumpen, und neben diesen eine dreistufige Einblaseluftpumpe. Alle drei Pumpen
werden durch Hebel von den Schubstangen der beiden vorderen Arbeitszylinder
angetrieben. Die Einblaseluftpumpe bildet eine Reserve für die
Hilfsmaschinen-Luftpumpen.
Die Hilfsmaschine ist ebenfalls eine Zweitakt-Dieselmaschine und leistet 250 PSe mit zwei stehenden Zylindern von 305 mm Bohrung
und 380 mm Hub. An den beiden um 180° versetzten Kurbeln des Motors greifen zugleich
die Schubstangen der beiden liegend angeordneten mehrstufigen Luftpumpen an. Die der
Kurbelwelle zunächst gelegenen Pumpenstufen liefern die Spülluft für die beiden
Triebzylinder, die andern Stufen erzeugen Druckluft, die als Anlaß- und Einblaseluft
Verwendung findet. Bei Stillstand oder bei geringem Luftbedarf der Hauptmaschine
fördert die Hilfsmaschine die Druckluft in eine Gefäßbatterie, die hinter der
Hauptmaschine aufgestellt ist. Die von dem dreistufigen Kompressor der Hilfsmaschine
geförderte Luft wird nach dem Austritt aus jeder Druckstufe in einem darüber
befindlichen Zwischenkühler gekühlt.
An jedem Ende der Lokomotive befindet sich ein Führerhaus, an dem die
Betätigungsmechanismen der Umsteuerung und folgende Einrichtungen angebracht sind:
Die Hebel zum Ein- und Ausschalten der Anlaß- und der Brennstoffventile, der
Hebel zur Regelung der Fördermenge der Brennstoffpumpen, der Anlaßkopf, das
Führerbremsventil mit Sandstreuer, die Signalpfeife und die verschiedenen
Manometer.
Das Anfahren geschieht folgendermaßen: Langsames Oeffnen des Anlaßluftventiles am
Anlaßkopf. Die Luft strömt aus den Anlaßgefäßen nach den Anlaßventilen der Maschine,
der Luftdruck steigt langsam und die Maschine beginnt sich zu drehen. Die von den
Anlaßventilen gegebene Füllung wird nach und nach verkleinert. Ist eine
Geschwindigkeit von rd. 10 km/Std. erreicht, so werden die Anlaßluftventile
ausgeschaltet und die Brennstoffventile in Wirkung gesetzt. Das Anhalten geschieht
folgendermaßen: Ausschalten der Brennstoffventile und Betätigung des Bremsventils.
Umgesteuert wird durch Umdrehen des am Führerstand befindlichen Handrades, dadurch
wird die Steuerung auf Rückwärtsgang umgestellt. Eine Verblockung verhindert das
Umsteuern, wenn die Brennstoffventile eingeschaltet sind. [Zeitschr. d. Ver.
deutsch. Ing. 1913, S. 1325 bis 1331.]
W.
––––––––––
Versuche mit Pumpenventilen. Zu den wichtigsten Teilen der
Kolbenpumpen gehören die Ventile, bezüglich deren Wirkungsweise und zweckmäßigster
Konstruktion noch mancherlei Fragen zu lösen sind. Schwieriger noch als für Pumpen
für reine Flüssigkeiten gestalten sich die Verhältnisse für Kanalisationspumpen, bei
denen die Ventile durch die ständige Verunreinigung besonders großer Abnutzung
unterworfen sind. Dazu kommt, daß bei diesen Pumpen eine große Anpassungsfähigkeit
an verschiedene Leistungen verlangt wird; um diese zu erreichen, ist aber eine
möglichst hohe Umlaufzahl der Pumpe und damit große Hubzahl der Ventile erwünscht.
Unter diesen Umständen sind die Versuche von großem Interesse, die Schoene mit großen, durch Blattfedern geführten
Ringventilen für Kanalisationspumpen angestellt hat. Ein kurzer Bericht über diese
Arbeit, die demnächst in den Mitteilungen über Forschungsarbeiten erscheinen soll,
findet sich im diesjährigen Heft 32 der Zeitschrift des Vereines deutscher
Ingenieure.
Um die Versuche mit den für Kanalisationspumpen bestimmten Blattfederventilen
kritisch verfolgen zu können, hat Schoene zunächst eine
dynamische Theorie des Ventilspieles aufgestellt, indem er die Geschwindigkeits- und
Druckänderungen zwischen den Dichtungsflächen des Ventiltellers und Sitzes sowie die
Geschwindigkeitsänderungen der ausströmenden Wassersäule verfolgt hat. Die
Hauptbedingung für eine gleichmäßige Ventilbewegung ist eine reibungsfreie Führung
der Ventile, die besonders bei den vorwiegend angewandten Gruppenventilen
Schwierigkeiten bereitet. Diese schließen infolgedessen ungleichmäßig und
verursachen dadurch Wasserschläge. Demgegenüber bieten die mehrsitzigen Ringventile
den Vorteil, daß sie den ganzen Ventilquerschnitt gleichzeitig abschließen. Um einen Ueberblick über
die Abschlußvorgänge bei Ringventilen im allgemeinen zu gewinnen, hat Schoene an Hand eines Rechnungsverfahrens, bezüglich
dessen wir auf den Originalaufsatz verweisen, einige Beispiele durchgerechnet.
Daraus ergibt sich als Vorbedingung für einen ruhigen Ventilschluß, daß die Federn
des Ventils im Augenblick des Schließens noch kräftig gespannt, und keine
Reibungswiderstände vorhanden sind.
Die Konstruktion des für die Versuche benutzten Ringventils ist aus Abb. 1 zu ersehen, in der gleichzeitig die bei den
Versuchen benutzte Meßvorrichtung dargestellt ist.
Der aus einem einzigen Bronzering bestehende Ventilteller ist durch drei Blattfedern
belastet, die frei auf ihm aufliegen, so daß er im Betriebe durch die Federenden
ständig gedreht wird. Die Federn sind oben durch einen gemeinsamen Haltering
verbunden und unten so ausgedreht, daß sie den Hals des Ventiltellers um schließen
und ihn zentrisch führen. Da jedoch eine Parallelbewegung des Ventils nicht
gesichert ist, wurden die Messungen nacheinander an drei Punkten des Ventils
ausgeführt. In Vorversuchen wurden die Federdrücke, die beim Anheben des
Ventiltellers auf verschiedene Höhen zu überwinden sind, ermittelt. Die
Hauptversuche erstreckten sich auf die Feststellung des Ventilhubes, der
Ventilgeschwindigkeit, der radialen Wassergeschwindigkeit im Spalt und der
Ausflußzahl, die den Querschnitts- und Geschwindigkeitsverlust beim Durchtritt der
Flüssigkeit durch den Spalt berücksichtigt.
Textabbildung Bd. 328, S. 762
Als wichtigste Ergebnisse der Versuche ist folgendes zu nennen: Der Umstand, daß die
Ventilhübe, die etwa 30 mm bei einer Umlaufzahl der Maschine von 60 bis 70 in der
Min. betrugen, gegenüber gesteuerten Klappen verhältnismäßig niedrig sind, ergab
keinen Nachteil. Im Gegensatz zu der bisherigen Ansicht, daß Klappen für die
Förderung grob verunreinigten Wassers besser geeignet seien als Ventile, zeigte
sich, daß Ventile mit einer Spaltbreite von 66 mm dem in Kanalwasserpumpen
gelangenden Schmutz gegenüber unempfindlich sind. Sie erwiesen sich in dieser
Beziehung sogar besser als Klappen, da sie weniger vorspringende Teile, an denen der
Schmutz hängen bleiben kann, besitzen. Bezüglich der Anschaffungs- und
Unterhaltungskosten, Größe der Hubzahl und Sauberkeit des Betriebes sind die Ventile
den Klappen überlegen. Bei Führung der Ventile durch Blattfedern ist es möglich,
größere Ventileinheiten als bisher bei trotzdem geringerer Masse herzustellen. Damit
ist auch der Weg zur Verwendung großer Ventileinheiten gegeben, die imstande sind,
an die Stelle der gesteuerten Klappen in Kanalisationspumpen zu treten.
Dipl.-Ing. C. Ritter.
––––––––––
Energie-Rückgewinnung. Wie betriebsmäßig zu überwindende
Höhenunterschiede zwischen Fundort und Verbrauchsstelle irgendwelcher Materialien
zur Kraftrückgewinnung gelegentlich herangezogen werden können, berichtet J. W. Kirkland in den Transactions of the South African
Institute of Electrical Engineers, Oktober 1912, unter dem Titel: Power as a
Bye-Product.
Kraft bzw. Energie als Nebenprodukt wird bei einer Grube in einem Falle dadurch
gewonnen, daß das Betriebswasser zuerst auf 187 m hinaufgepumpt werden muß, um dann
den 225 m tief erliegenden Wasserbehältern der Grube zugeführt zu werden. Der
direkte Weg vom Brunnen zu den Behältern war im vorliegenden Falle durch einen
mächtigen Landrücken versperrt. Je nach dem Wasserbedarf stehen an den Behältern
nach Abzug aller Verluste 87 bis 157 PS zur Verfügung.
Um eine Maschinenanlage zu erhalten, die wegen ihrer großen Entfernung von der Grube
ohne besondere Bedienung arbeiten kann, wurden Pelton-Räder als Antrieb und ein Induktionsgenerator als Dynamo angewendet.
Letztere wird vom Maschinenhaus der Grube als Asynchronmotor angelassen, worauf
durch Fernsteuerung die Einlaßschieber der Pelton-Räder
geöffnet werden.
Der Motor liefert bei übersynchronem Lauf mit 1030 Touren 85 KW bei 2000 Volt ins
Netz zurück.
Bei einer anderen Anlage laufen täglich 2200 t Erz auf Wagen einen 76 m hohen Abhang
hinunter, weil die Röstöfen um soviel tiefer liegen als das Bergwerk. Die zur
Verfügung stehende Leistung von etwa 50 PS wird in diesem Falle durch eine
Gleichstromanlage in Leonard-Schaltung ausgenutzt. Die Wagen treiben eine
Seiltrommel, die mit einem Gleichstromgenerator gekuppelt ist. Dieser speist einen
Gleichstrom-Drehstromumformer, welcher die Energie im Netz weiterliefert. Ein
Asynchrongenerator wäre im vorliegenden Falle wegen der für das Anfahren und
Abstellen erforderlichen Geschwindigkeitsregelung nicht geeignet. [Elektr.
Kraftbetriebe und Bahnen, Heft 20.]
Hr.
––––––––––
Die Bemessung der Förderseile bereitet bei der neuerdings
immer mehr hervortretenden Tendenz, die Schachtteufen wie auch die Förderlasten zu
vergrößern, bedeutende Schwierigkeiten. Daß das Seilgewicht ein mehrfaches der
Förderlast erreichen konnte, wurde noch nicht als besonders auffällig betrachtet,
häufig ergaben sich jedoch bei der Berechnung praktisch unausführbare Fälle. Das
wird durch die Ueberlegung erklärlich, daß das Seilgewicht gewissermaßen im
potenzierten Verhältnis zurückwirkt, indem eine erforderliche Vergrößerung des Querschnitts ja auch
wieder die Seillast vergrößert und entsprechend größeren Querschnitt verlangt.
Beträgt z.B. bei einer Festigkeit des Förderseiles von 150 kg/qmm, einer Teufe von
750 m und einer Förderlast von 15 t das Seilgewicht 12 t, so steigt letzteres bei
1500 m Teufe unter sonst gleichen Bedingungen auf 135 t. Um in erträglichen Grenzen
zu bleiben, wird es nötig sein, entweder Seile hoher Festigkeit aus hochwertigeren
Stahlsorten zu verwenden, oder die bisher bei der Berechnung benutzten
Sicherheitsfaktoren geringer zu wählen.
Daß erstgenanntes Mittel zu dünneren, und somit leichteren Seilen führt, erscheint
selbstverständlich, es ist jedoch bemerkenswert, daß ein günstiger Einfluß nur bis
zu einem bestimmten Grade vorhanden ist. Verwendet man in dem vorerwähnten Beispiel
ein Seil statt von 150 kg von 180 kg/qmm Festigkeit, so ist bei ebenfalls 1500 m
Teufe das Seil nur noch 45 t schwer, bei 210 kg noch 27 t und bei 240 kg 19 t. Eine
wesentlich höhere Festigkeit als 180 kg würde bei den zurzeit in Frage kommenden
Teufen und Förderlasten nicht mehr lohnend sein.
Das andere Mittel, nicht mehr mit so großer Sicherheit zu rechnen – bisher wurde
allgemein mit sechsfacher Sicherheit für Seil -f- Förderlast gerechnet – erscheint
zunächst nicht unbedenklich. Anderseits wird jedoch geltend gemacht, daß die bei der
Förderung auftretenden Belastungsstöße weniger von dem Seilgewicht, als vielmehr von
der Korblast herrühren und daß diese Stöße sogar um so mehr von dem elastischen Seil
abgedämpft werden, je länger dieses ist. Es wird empfohlen, statt mit einem
gemeinsamen Sicherheitsfaktor für die gesamte Last zu rechnen, für die Förderlast
sowohl, wie für die Seillast einen besonderen Faktor einzusetzen, wobei für den Korb
mit der alten Sicherheit = 6 weitergerechnet, aber für das Seil bei wachsender Teufe
eine geringer werdende Sicherheit bis zur zweifachen herunter angenommen werden
könnte.
Aus den Kurven in dem unten angezogenen Aufsatze ergibt sich, daß bis zu einer Teufe
von 1000 m und einer Förderlast von 20 t bzw. 1500 m und 10 t der Sicherheitsfaktor
zwar noch keinen großen Einfluß besitzt, sich aber bei steigenden Belastungen sehr
ausgeprägt bemerkbar macht. Es wird empfohlen:
bis
20 t
Förderlast
und
über
1000 m
Teufe
mindestens
5
fache
„
30 t
„
„
bis
1000 m
„
„
4
„
„
30 t
„
„
über
1000 m
„
„
3
„
Seilsicherheit für Produktenförderung anzunehmen. [F. Baumann, Glückauf 1913, Heft 40.]
Rich. Müller.
––––––––––
Die Ausnutzung der Abhitze von Gaserzeugungsöfen. Ueber
interessante Versuche, die im Gaswerk Stuttgart in dieser Richtung angestellt
wurden, berichtet Regierungsbaumeister A. Krauß. Während
bei jeder modernen Dampfkesselanlage durch Einschaltung eines Speisewassererwärmers
hinter den Kessel eine Abkühlung der Rauchgase auf 120 bis 150° herbeigeführt und
hierdurch der Schornsteinverlust von 11 v. H. und mehr auf 5 bis 7,5 v. H.
herabgesetzt wird, arbeiten die Retortenöfen der Gaswerke heute noch fast
ausnahmslos mit Abwärmeverlusten von 23 bis 33 v. H. und ferner mit sehr großen
Strahlungsverlusten. Die Wärme der Abgase kann nun in sehr wirtschaftlicher Weise
zur Erzeugung von Warmwasser für Badeanstalten und Schlachthöfe oder zur Erzeugung
von Niederdruckdampf für den Betrieb der Ammoniakwasserdestillieranlagen und für die
Heizung der Betriebsgebäude ausgenutzt werden. Nach günstig ausgefallenen Versuchen
wurde im Gaswerk Stuttgart in einen Retortenofen ein Niederdruckdampfkessel von 16
qm eingebaut, dessen Querschnitte so bemessen wurden, daß die Zugverhältnisse in
keiner Weise gestört wurden. Durch umfangreiche Messungen wurde zunächst
festgestellt, daß der Gang des Gaserzeugungsofens durch den Kessel in keiner Weise
gestört wurde. Die hierauf angestellten Verdampfungsversuche hatten ein sehr
günstiges Ergebnis: Die Temperatur der Rauchgase wurde durchschnittlich um 180° in
dem Kessel herabgesetzt; f. d. qm Heizfläche wurden 10 bis 12 kg Dampf erzeugt, und
es wurden auf diese Weise im Kessel für den Ofentag rund 2,5 Millionen
Wärmeeinheiten im Werte von 10,50 M nutzbar gewonnen.
Dieses günstige Ergebnis ist namentlich darauf zurückzuführen, daß der Kessel, dessen
Wasser eine Temperatur von nur 108° hat, die strahlende und leitende Wärme des
benachbarten, hoch erhitzten Mauerwerks leicht aufnimmt und auf diese Weise große
Wärmemengen in dem erzeugten Dampf abgibt. Der Nutzen, der mit diesen Kesseln zu
erzielen ist, ergibt sich aus folgender Ueberlegung: Durch Verwendung eines
Speisewassers von 80°, das durch Ausnutzung der strahlenden Wärme der Ofendecke
erzeugt werden kann, kann die stündliche Dampferzeugung auf 190 kg oder auf 4500 kg
für den Ofentag gesteigert werden. Die Tonne Niederdruckdampf stellt sich bei
Stuttgarter Kohlenpreisen auf 2,60 M. Mit 8000 Ofentagen ergibt sich dann ein
jährlicher Gewinn von 94800 M aus den Abgasen.
Für die Ammoniakwasserverarbeitung und für die Heizung der Betriebsgebäude sind
jährlich etwa 6,6 Mill. kg Niederdruckdampf erforderlich. Es stünden demnach für
andere Zwecke, wie etwa für die Energieerzeugung in einer Abdampf- bzw.
Zweidruckturbine, noch zur Verfügung 8000 . 4500 – 6600000 = 29400000 kg. Unter
Annahme eines Dampfverbrauchs der Turbine von 12 kg f. d. KW/Std. ließen sich mit
dem überschüssigen Dampf noch 2500000 KW/Std. erzeugen, oder, wenn die ganze
Dampfproduktion einer Niederdruckturbine zugeführt würde, sogar 3 Mill. KW/Std. Die
Anlagekosten der Kessel mit allen Leitungen berechnen sich zu etwa 45 000 M und die
direkten Kosten der Anlage für die Tonne Dampf zu 0,138 M. Durch die Erzeugung von
Niederdruckdampf in den Oefen wird der Betrieb des Kesselhauses sehr stark
entlastet; die Erzeugung von Hochdruckdampf stellt sich bei weitem nicht so günstig.
Mittlere und kleine Gaswerke können die von ihnen nicht verbrauchten Wärmemengen an
Badeanstalten, Schlachthäuser oder zur Heizung benachbarter Schulen abgeben. Auf
diese Weise werden
viele Städte durch die Ausnutzung der Abgase ihrer Gaserzeugungsöfen das Defizit
ihrer Badeanstalten decken können. [Journal für Gasbeleuchtung 1913, S. 581 bis
584.]
Dr. Sander.
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Die Verwertung minderwertiger und gasarmer Brennstoffe für
Dampfkesselbetriebe. Die starke Konkurrenz, welche den Dampfzentralen durch
den Betrieb mit Hilfe von Wasserkräften oder Dieselmotoren erwuchs, zwang zu der
höchsten Steigerung des Nutzeffektes der Dampferzeugungsanlagen. Die dahin zielenden
Bestrebungen führten zum Bau immer größerer Kesselaggregate mit gesteigerter
Heizflächenbeanspruchung. Einheiten, welche 20 bis 25000 kg Dampf i. d. Std.
erzeugen, sind keine Seltenheiten. Da die Handbedienung der erforderlichen großen
Rostflächen Schwierigkeiten macht, gelangte man zur Konstruktion mechanischer
Beschickungsvorrichtungen und völlig selbsttätig arbeitender Feuerungen, unter denen
die Kettenroste die größte Bedeutung erlangt haben. Leider ist bei diesen Anlagen
die Verwendung minderwertiger Brennstoffe, z.B. der gasarmen Kohlensorten, der
Schlammkohle, des Koksgrus, der Rauchkammerlösche, unmöglich. Auch für Braunkohle
behauptete sich der Treppenrost, und man legte hier den mechanischen Feuerungen
wenig Bedeutung bei. Der Grund dafür ist in der zur Entzündung der gasarmen
Brennstoffe erforderlichen hohen Anfangstemperatur zu suchen, die auf dem Kettenrost
nicht erreicht wird. Ferner ist die Schlackenbildung bei Verwendung von
minderwertigem Material hinderlich. Auch muß die Zuführung der Verbrennungsluft in
ganz bestimmten Zonen der Feuerung erfolgen, da andernfalls das Feuer erstickt
werden könnte. Diese Beobachtungen führten zur Verwendung des künstlichen Zuges, vor
allem zur Unterwindfeuerung. Bei dieser erfolgt die Luftzuführung durch
Hohlroststäbe oder unter dem Rost. Durch ein Dampfstrahlgebläse oder einen
Ventilator wird die Verbrennungsluft durch die Brennstoffschicht gedrückt. Besonders
bei Verwendung eines Gebläses werden die Schlacken auf dem Rost stark gelockert.
Auch hat man gegenüber dem Ventilator den Vorteil sofortiger Betriebsbereitschaft.
Allerdings ist der Dampfverbrauch beträchtlich, und man muß das unangenehme Geräusch
beim Betriebe in Kauf nehmen. Der bei künstlichem Zug naturgemäß geringe Unterdruck
in den Feuerungszügen verursacht eine kleinere Geschwindigkeit der Rauchgase, so daß
diese längere Zeit mit der Heizfläche in Berührung bleiben. Auch wirken Undichtheit
im Mauerwerk weniger schädlich als bei großem Unterdruck. Bei Planrostfeuerung
führte die Verwendung von Unterwind zur Herstellung besonderer
Rostflächenkonstruktionen. So werden z.B. bei der Bauart Kudlicz die Roststäbe durch eine Platte mit Luftdüsen ersetzt, deren
Verteilung von der Art des Brennermaterials abhängt. Ein bedeutender Fortschritt ist
die Anwendung des Unterwindes bei mechanischer Feuerung. Unter der hierher gehörigen
Vorrichtung ist vor allem der „Pluto-Stoker“ erwähnenswert. Bei diesem
gelangt das Brennmaterial von der Kohlentransportanlage in den Fülltrichter und auf
die schrägen Hohlroststäbe, die durch Transmission oder Wechselgetriebe
selbsttätig bewegt werden und den Weitertransport besorgen. Der Brennstoff wird
zunächst verkokt und die frei gewordenen Gase werden beim Passieren der glühenden
Kohlen und des hocherhitzten Mauerwerks völlig verbrannt. Beim Weitertransport
erfolgt die Verbrennung unter Verwendung des Unterwindes. Die noch unverbrannten
Teile gelangen sodann zum Schlackenrost, von wo die Rückstände in den
Schlackenschacht fallen. Eine Verstopfung ist infolge der einfachen Kohlenwege
unmöglich. Die Roststäbe liegen so eng aneinander, daß ein Hindurchfallen auch bei
Verwendung von Grus ausgeschlossen ist. Durch eine besondere Gestaltung des
Schwelgewölbes wird an einer bestimmten Stelle des Rostes eine Flammenstauung
hervorgerufen, wodurch die zur Entzündung erforderliche hohe Anfangstemperatur
erreicht wird. Auch mit der Rückführung der Flamme wird dasselbe Resultat erzielt.
Im Pluto-Stoker wurden bei einem in der städtischen Gasanstalt in Tegel nach den
Normen des Vereins deutscher Ingenieure mit Koksasche angestellten Versuch 62,6 v.
H. des Heizwertes nutzbar gemacht. Aehnliche Ergebnisse sind mit Grießkohle,
Waschschiefer, Staubkohle usw. erzielt worden. Bei der Verwendung von Braunkohle
wurde durch den Treppenrost eine Höchstleistung von 17 kg f. d. qm Heizfläche
erreicht gegenüber 38 kg/qm beim Pluto-Stoker. Aufgenommene Kohlensäurediagramme
bestätigten die Verbesserung des Verbrennungsvorganges. [Zeitschrift für Dampfkessel
und Maschinenbetrieb Nr. 32, 33, 35, 1913.]
Schmolke.
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Motorschiff Suecia. Die Maschinenanlage dieses Schiffes
(Länge 110,3 m, Breite 15,6 m, Raumtiefe 10,4 m, Tragfähigkeit 6500 t) besteht aus
zwei Hauptmaschinen, jede von 1000 PSi
(Viertakt-Dieselmotor mit 8 Zylindern). Für 2000 PSi
sind also die große Anzahl von 16 Zylindern notwendig. Außerdem sind zwei
Hilfs-Dieselmotoren von je 200 PSe zum Antrieb der
Kompressoren und der Hilfsmaschinen und zur Erzeugung des elektrischen Lichtes
vorhanden. Die Maschinenanlage ist sonst ähnlich wie bei dem bekannten Schiff
„Selandia“. Die Probefahrt dieses Schifes fand im Dezember 1912
statt.
In der Sommerversammlung der „Institution of Naval Architects in Glasgow“
wurde über die Erfahrungen, die mit diesem Schiffe gemacht wurden, berichtet, und
die folgenden Ausführungen sind „Motorschiff und Motorboot“ 1913, S. 21 bis
22 entnommen.
Die ausgezogenen Linien im Diagramm geben die Kurven für die indizierten
Pferdestärken und die Anzahl der Umdrehungen der Maschine an. Die gestrichelten
Linien derselben Abbildung beziehen sich auf das Dampfschiff „Ingeborg“, ein
Schwesterschiff der „Suecia“. Die beiden Schiffe sind in ihren Abmessungen
nahezu gleich. Zur Erreichung der gleichen Geschwindigkeit bei dem gleichen
Deplacement sind bei beiden Schiffen die gleichen indizierten Pferdestärken
erforderlich. Es scheint also, daß zwei schnellaufende Schiffschrauben von 3,05 m ⌀
eben so gut arbeiten wie eine langsamlaufende Schiffschraube von 5,33 m ⌀. Der
Gesamtwirkungsgrad beider Maschinenanlagen ist also der gleiche.
Textabbildung Bd. 328, S. 765
„Suecia“ (volle Linien) 362 × 51,3 × 23 Fuß 6300 t „Ingeborg“
(gestrichelte Linien) 360 × 48,95 × 22,3 Fuß 5895 t.
Das Gewicht der Dampfmaschinenanlage auf „Ingeborg“ darf mit 570 t angenommen
werden, die gesamte Maschinenanlage bei „Suecia“ wiegt 470 t. Auf
„Ingeborg“ sind 20,1 m Maschinenraumlänge notwendig, bei „Suecia“
nur 12,5 m.
Bei der Probefahrt der „Suecia“ im tiefen Wasser bei schönem Wetter ergab sich
ein Oelverbrauch von 134 g für 1 PSi/Std. Mit
Berücksichtigung der Hilfsmaschinen beläuft sich der Oelverbrauch für 1 PSi/Std. auf 154 g. Der mechanische Wirkungsgrad hat
sich zu 0,8 ergeben, so daß der Brennstoffverbrauch für 1 PSe 167,5 g ist.
Weiterhin wurde in der Versammlung angezweifelt, ob es möglich wäre, bei einem
Motorschiff den gleich guten Schiffschrauben-Wirkungsgrad zu erhalten wie bei einer
Dampfmaschine. Bei „Bavestone“ (s. D. p. J. 1913, S. 729) hat man mit einer
Schiffschraube gerechnet, die für 160 Umdrehungen bestimmt war. Diese Schraube ist
niemals praktisch erprobt worden. Ausprobiert hat man eine Schiffschraube für 110
Umdrehungen. Diese hat aber nicht zufriedenstellend gearbeitet. Erst mit einer
dritten Schraube hat man einen eben so guten Wirkungsgrad wie bei Schrauben für
Dampfmaschinen erhalten.
Wimplinger.
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Feuersicherung durch leichtflüssige Legierungen.
Bekanntlich gibt es verschiedene Legierungen, deren Schmelzpunkte außerordentlich
niedrig liegen; sie bestehen meist aus den Metallen Wismut, Kadmium, Blei und Zink.
So z.B. schmilzt die Lipkowitz-Legierung bei 65°, die Woodsche bei 80° und die
Rosesche bei 90°. Von diesen leichtflüssigen Metallen macht die
Feuersicherungstechnik einen eigenartigen und außerordentlich zweckmäßigen Gebrauch,
indem die Verschlüsse von Brausen und Leitungen, die dauernd unter Wasserdruck
stehen, mit ihnen verschlossen werden. Entsteht in dem betreffenden Raume Feuer,
dann steigt gewöhnlich in kurzer Zeit die Innentemperatur so hoch, daß der
Verschluß abschmelzen muß; die Brausen treten in Tätigkeit und löschen die Flammen.
Eine der größten derartigen Anlagen (mit etwa 65000 Brausen) befindet sich in der
Hafen- und Lagerhausanlage der Bush Terminal Company in
Brooklin.
Pr.
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Sicherung der Wagentüren auf Schnellbahnen. In London sind
zurzeit Versuche im Gange, die Wagentüren vom Zugführerstand aus zu verriegeln. Die
Einrichtung ist derart getroffen, daß der Führer erst anfahren kann, wenn ihm
aufleuchtende Lampen anzeigen, daß alle Türen auch wirklich verriegelt sind. Sollte
sich die Einrichtung bewähren, dann dürfte sie wohl bald weitere Verbreitung
finden.
Pr.
Druckluft als Schutz für Schlachtschiffe. Da ein Aufstoßen
eines Ueberdreadnoughts auf eine Seemine bereits ein Außergefechtsetzen dieses
Schlachtschiffes nach sich ziehen kann, so beschäftigen sich die amerikanischen
Marinebehörden seit mehr als einem Jahre mit einer neuen Methode, um ihre
Schlachtschiffe gegen solche Gefahren zu schützen. Versuchsweise wurde an Bord des
geschützten Kreuzers „North Karolina“ eine Einrichtung geschaffen, welche
gestattet, mittels Preßluft das durch den leckgewordenen Schiffskörper eindringende
Seewasser einige Augenblicke nach dem Unfall herauszutreiben. Die Versuche sind
geradezu glänzend gelungen, so daß beschlossen wurde, die mächtigsten Schiffe der
Schlachtlinie und insbesondere den neuen Ueberdreadnought „Pennsylvania“, mit
einer derartigen Einrichtung zu versehen.
Jedes moderne Schlachtschiff ist durch stählerne Zwischenwände in eine Reihe
wasserdichter Abteilungen getrennt. Wird nun eine dieser Abteilungen undicht, so
besteht die Gefahr, daß infolge des übermäßigen Wasserdruckes des eindringenden
Seewassers auch die benachbarten Zwischenwände eingedrückt werden, so daß die Pumpen
diese Arbeit nicht mehr bewältigen können. Eine der wichtigsten Vorteile der neuen,
vom Amerikaner W. W. Wotherspoon erfundenen Methode
besteht darin, daß das ganze Schiff in einem solchen Fall gleichsam in eine Reihe
von Preßluftzonen geteilt wird. Die Zone größten Druckes tritt dann in der
leckgewordenen Abteilung auf und die Drucke werden gegen die weiter entfernt
gelegenen Abteilungen allmählich abgeschwächt. Dadurch wird erreicht, daß die
zwischen den einzelnen Zwischenwänden auftretenden Druckunterschiede innerhalb
zulässiger Grenzen bleiben, so daß ein Durchdrücken derselben ausgeschlossen
erscheint. Besondere kostspielige und umfangreiche Anlagen sind bei diesem
Schutzsystem nicht erforderlich, denn die Zu- und Abfuhr der Preßluft kann durch die
für jede Abteilung stets vorgesehenen Ventilationsleitungen erfolgen. Durch
dieselben Leitungen kann auch bei Feuersgefahr ein nicht brennbares Gas in die
gefährdete Abteilung gesandt werden, so daß ein etwa ausbrechendes Feuer rasch
unterdrückt wird.
Sch.