Titel: | Ueber schwimmende pneumatische Getreideelevatoren. |
Autor: | E. Lufft |
Fundstelle: | Band 329, Jahrgang 1914, S. 162 |
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Ueber schwimmende pneumatische
Getreideelevatoren.
Von Regierungsbaumeister E. Lufft in
Braunschweig.
LUFFT: Ueber schwimmende pneumatische
Getreideelevatoren.
Inhaltsübersicht.
Ursachen der zunehmenden Verwendung pneumatischer Elevatoren. – Augenblickliche
Verbreitung der pneumatischen und der Becherwerkselevatoren. – Elevator mit
zwischengängiger Getreideniederlegung.
––––––
Das Löschen von Getreideschiffsfrachten muß in vielen Fällen statt durch auf dem
Lande aufgestellte Anlagen durch schwimmende Elevatoren geschehen. Einen solchen
Fall bietet beispielsweise der Hafen von Rotterdam, welcher in erster Linie ein
Umschlagsplatz vom Seedampfer zum Flußfahrzeug ist. Die Seeschiffe legen deshalb
dort nicht an Kais an, sondern machen mitten im Hafenbecken fest, und die Kräne,
Kohlen-, Getreide- oder Erzelevatoren, welche den Güteraustausch mechanisch
vornehmen sollen, müssen daher samt und sonders von schwimmender Anordnung sein.
Es ist verhältnismäßig selten, daß man lose im Schiffsraum liegendes Getreide durch
Kräne herausholt. Höchstens dort, wo mehr Sackware als loses Getreide zu empfangen
ist, verwendet man kranartige Hebezeuge. Uebrigens ist im Getreideweltverkehr der
Anteil, den das gesackte Getreide gegenüber dem losen Getreide hat, im ständigen
Abnehmen begriffen, und die gewaltigen Stundenleistungen, welche man neuerdings
sowohl bei der Beladung wie bei der Entladung der Dampfer verzeichnet, sind nur mit
losem Getreide denkbar. In der Regel verwendet man also Elevatoren, welche die
Förderung in ununterbrochenem Strom besorgen, und zwar wird hierbei sowohl der
Becherwerkselevator angewendet, wie auch jetzt immer mehr das pneumatische System.
Bei dem letzteren sind es nicht die auf einen, endlosen Gurt aufgeschraubten Becher,
welche das Schöpfen besorgen, sondern es ist die mit großer Geschwindigkeit durch
eine Vakuumpumpe in eine Rohrleitung eingesaugte Luft, deren Strömungsenergie das
Getreide vom Schiffsinnenraum bis zu einer weit entfernten Lagerstätte hinträgt.
Vielfach findet man neuerdings die eine Art als mechanische Schiffselevatoren,
die andere Art zum Unterschiede als pneumatische Schiffselevatoren bezeichnet. Dies
ist natürlich im wissenschaftlichen Sinne keine richtige Unterscheidung, denn die
Förderung mit Luft stellt genau so einen mechanischen Vorgang dar wie diejenige
durch ein Becherwerk.
Die einzelnen Bauarten der Schiffselevatoren sind in dieser Zeitschrift 1910 bereits
eingehend gewürdigt worden, doch wurde in der dazwischenliegenden Zeit auf diesem
Gebiet viel gearbeitet, wobei namentlich die pneumatischen Elevatoren eine merkbare
Förderung erfahren haben. In jenem Aufsatz dieser Zeitschrift war als wesentliches
Merkmal der pneumatischen Elevatoren gegenüber den Becherwerken der weit größere
Kraftverbrauch und damit verbunden größere Anschaffungskosten angegeben worden.
Diesem Nachteil begegnet aber das pneumatische System durch seine größere
Biegsamkeit, welche in den oft winkligen, und nur durch enge Luken zugänglichen
Schiffsräumen sehr zu statten kommt. Die Folge davon ist eine gewisse Ersparnis an
Handarbeit für das Zutrimmen der Frucht, sowie auch eine höhere
Durchschnittsleistung, indem das Getreide nicht nur an einer einzigen Stelle, wie
beim Becherwerk, sondern an mehreren, in ihrer Lage leicht wechselbaren Stellen
aufgenommen werden kann.
Es ist eine in der Technik allgemein zu machende Beobachtung, daß größere
Kraftansprüche irgend einer Arbeitsmaschine von der verbrauchenden Industrie immer
leichter ertragen werden. Eine 100 PS-Maschine zum Antrieb einer maschinellen
Einrichtung war vor 25 Jahren noch eine große Sache. Heutzutage stellt man schon in
mittleren Betrieben Elektromotoren von 30, 50 und 100 PS ohne allzuviel
Kopfzerbrechen auf, und etwas mehr oder weniger an Pferdekraft spielt dabei eine
geringe Rolle. Was aber ausschlaggebend ist, das ist die Ersparnis von Handarbeit,
welche heutzutage so sehr teuer und auch in den meisten Ländern durch die Ansprüche
der sozialen Gesetze umständlich geworden ist. Man will einen sicheren
gleichförmigen Betrieb und verlangt immer größere Stundenleistungen. Diesem
Bestreben sind noch einige Umstände entgegengekommen, so die immer größere
Billigkeit der Motoren, und die immer wirtschaftlichere, also auch billigere
Erzeugung der Kraft.
Für die Getreidelöschung bedeutet dies, daß man jetzt Mindestleistungen von 150 t
stündlich an einer Luke verlangt und sich dabei bereit findet, 200 bis 250 PS
aufzuwenden, während vor etwa 10 Jahren nur 75 t Leistung im Gebrauch waren, wofür
man aber nur 20 bis 25 PS aufwenden durfte, was natürlich die allgemeinere
Verwendung des pneumatischen Systems zunächst noch ausschloß. Ein Getreidedampfer
mittlerer Größe mit etwa 4000 t Getreide an Bord brauchte zur Handentladung damals
etwa 10 Tage, und nur wenig geringer war die Liegezeit des Schiffes im Hafen, wenn
mit Elevator gelöscht wurde. Heutzutage wird aber ein solcher Dampfer in den Häfen
Rotterdam und Hamburg schon in zwei Tagen und sogar in einem Tage gelöscht, und die
mit diesen Plätzen im Wettbewerb stehenden Häfen Bremen, Emden, Amsterdam und
Antwerpen sind eifrig dabei, durch die Vermehrung ihrer Elevatoren das Ausladen
ebenfalls in solch kurzer Zeit zu besorgen.
DampferNr.
GelöschtesQuantumt
Anfang
Ende
AnzahlderPartien
1
2264,56
2. Jan., 3,15 n.
3. Jan., 5,30 n.
7
2
1760,53
4. „ 9,15 v.
4 „ 7,15 n.
3
3
1555,92
6. „ 6,30 v.
6 „ 1,30 n.
4
4
4427,66
6. „ 7, – v.
7. „ 6,30 n.
22
5
7172,76
6. „ 6,30 v.
8. „ 11, – v.
10
6
4769,28
6. „ 4,15 n.
8 „ 4,15 n.
14
7
1227,74
8. „ 6,30 v.
8. „ 1,30 n.
4
8
6341,10
8. „ 2, – n.
10 „ 2, – n.
5
9
6600, –
9. „ 6,30 v.
11. „ 10,30 v.
9
10
5686,52
10. „ 10,30 v.
13. „ 5, – n.
5
11
5121,72
10. „ 4, – n.
13. „ 4, – n.
12
12
3636,97
13. „ 2,30 n.
14. „ 5, – n.
4
13
6078,84
14. „ 12,45 m.
15. „ 4,15 n.
9
14
5914,28(5870 Sack)
14. „ 7, – v.
16. „ 1,15 n.
3
15
2500, –
15. „ 5, – n.
16. „ 3, – n.
15
16
5200, –(13000 Sack)
16. „ 11,45 v
18. „ 2, – n.
5
17
5100, –
16. „ 2,30 n.
18. „ 4, – n.
27
18
6700, –
20. „ 9,30 n.
21. „ 3,30 n.
9
Es ist aber, besonders in Rotterdam, gar nichts seltenes, daß eine volle
Dampferladung von etwa 6000 t in einem einzigen Tage völlig entleert wird, wobei
dann gleichzeitig vier Elevatoren tätig sind, die insgesamt eine Maschinenkraft von
rund 1000 PS entwickeln. Ebenso gewaltig wie die Löschleistung ist diese
Kraftziffer, und es wäre noch vor wenigen Jahren ganz undiskutabel gewesen, mit
solchen Ziffern zu rechnen. Während es stets als Regel galt, daß das Einladen des
Getreides wesentlich schneller vor sich geht, wie das Ausladen, was man auch
angesichts der Formen der Schiffsräume leicht begreift, so ist jetzt in einzelnen
Fällen das umgekehrte eingetreten. In der Regel wird es natürlich bleiben wie
früher, zumal man daran geht, die Stundenleistung der Anlagen zur
Getreideverschiffung im Ausfuhrlande weiter zu steigern. So wird jetzt von Amme, Giesecke & Konegen in Braunschweig eine
Verschiffungsanlage von 4 × 600 t Stundenleistung für Südamerika erbaut.
Vorstehende der Praxis entnommene Liste zeigt die Schnelligkeit, mit welcher
gegenwärtig das Getreide den Schiffen entnommen wird. Es sind nicht ausgesuchte
Beispiele, sondern sämtliche Dampfer einer Rotterdamer Stauergesellschaft sind über
einen gewissen Zeitraum des Januar 1913 darin enthalten. Die Geschwindigkeit der
Entladung wechselt, trotzdem stets Elevatoren von ein und derselben Einheitsleistung
zur Verwendung kommen, stark, indem die Stauverhältnisse (Abmattungen) und die
Beschaffenheit des Getreides einen weit größeren Einfluß nehmen, als man zunächst
anzunehmen geneigt ist.
Den entscheidenden Schritt für die Erreichung des jetzigen Zustandes im
Getreidelöschgeschäft bildete die Konstruktion des pneumatischen 150 t-Hebers der
Firma G. Luther in Braunschweig, deren Oberingenieur Leede sich große Verdienste um dieses Sondergebiet der
Fördertechnik erworben hat. Diese Konstruktion bildet jetzt einen feststehenden Typ
sowohl in bezug auf Anordnung, wie in bezug auf Leistung, und wird als solche
bereits in allen bedeutenden Getreideeinfuhrhäfen des europäischen Kontinents
angetroffen. Die ersten Elevatoren dieser Art wurden 1905 nach Rotterdam geliefert,
nachdem schon um die Wende des Jahrhunderts einige Vorläufer, denen jedoch noch
Mängel anhafteten, an die Hamburg-Amerika-Linie und an den Norddeutschen Lloyd
geliefert worden waren. Als erste hat die Hamburg-Amerika-Linie bei G. Luther A.-G. in Braunschweig Ende 1895 einen 120
t-Elevator bestellt, welchem kurz darauf eine ebensolche Bestellung des
Norddeutschen Lloyd folgte. Diese Elevatoren kamen im Herbst 1896 bzw. im Frühjahr
1897 in Betrieb. Beide Schiffahrtsgesellschaften erkannten den Wert der
pneumatischen Löschung und bestellten trotz noch vorhandener Unvollkommenheiten im
Herbst 1898 je einen weiteren Elevator, und zwar die Hamburg-Amerika-Linie einen
solchen von 150 t nomineller Leistung, der Norddeutsche Lloyd einen von 75 t. Diese
vier Elevatoren stellten den ersten Schritt der pneumatischen Schiffsentladung
überhaupt dar, wenigstens soweit der europäische Kontinent in Frage stand, und es
folgte die große pneumatische Entladevorrichtung im Silo von Genua, welche nicht
schwimmend, sondern stationär ausgeführt wurde. Es trat dann eine mehrjährige Pause
ein bis zur Lieferung oben erwähnter Elevatoren für Rotterdam, denen dann als
nächste im Jahre 1906 fünf Elevatoren für die Getreideheber-Gesellschaft in Hamburg
folgten, die ebenfalls von G. Luther A.-G. in
Braunschweig erbaut wurden.
Abb. 1 gibt die Ansicht eines Elevators dieser
Bauart, welcher von Amme, Giesecke & Konegen A.-G. in
Braunschweig erstellt, und nach Rotterdam geliefert worden ist. Sowohl diese Firma
wie auch Gebr. Seck in Dresden haben die Gesamtform des
Lutherschen Hebers übernommen und Aenderungen nur in
Einzelheiten eintreten lassen. In Rotterdam findet man auch Getreideheber einer
hiervon abwelchenden Bauart, welche mit Druckluft arbeitet, so daß die Pumpen nur
von staubfreier Außenluft durchflössen werden. Es sind sechs Stück dieses Systems
vorhanden, welche den Patenten des belgischen Ingenieurs Philippe van Berendonck entsprechen. Alsdann zeigen noch Abweichungen von
dem als normal anzusprechenden Leedeschen Typ die im
Londoner Hafen arbeitenden pneumatischen Elevatoren, welche sich an die Konstruktion
des Erfinders der pneumatischen Förderung, des Ingenieurs Fred. E. Duckham, welcher in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts
dieses System als erstes in den Millwall-Docks in London zur Anwendung brachte, eng
anlehnen.
Die augenblickliche Verteilung der schwimmenden pneumatischen Kornelevatoren, welche
auch die gegenwärtig im Bau befindlichen berücksichtigt, zeigt die nachstehende
Aufstellung:
Hamburg
16
Stück
Bremerhafen
3
„
(davon 1 im Bau)
Emden
4
„
Amsterdam
1
„
Rotterdam
26
„
(davon 2 im Bau)
Antwerpen
12
„
(davon 4 im Bau)
Havre
2
„
(im Bau)
London
7
„
Liverpool
2
„
(im Bau)
Rostow
1
„
demgegenüber sind an schwimmenden Becherwerkselevatoren in
Europa vorhanden:
London
2
Stück
Hamburg
2
„
Stettin
3
„
(1 im Bau)
Bristol
2
„
Stockholm
1
„
Venedig
1
„
Braila-Galatz
22
„
Sulina
4
„
Nikolajew
2
„
Saratow
2
„
Sowohl die eine wie die andere Aufstellung macht keinen Anspruch auf absolute
Vollständigkeit, doch läßt sie erkennen, daß das pneumatische System bereits im
Ueberwiegen ist, und dies trotz der so viel teureren Anschaffung und der so viel
größeren Kraftaufwendung. Die Formen, welche die Schiffsräume besitzen, sind für
eine einfache und billige Ausladung recht ungünstig, und die Versuche hierin, durch
Spezialschiffe Wandel zu schaffen, sind, wenigstens zunächst, gescheitert. Das
pneumatische Saugrohr kümmert sich verhältnismäßig wenig um die Form irgend
eines Lagers, es ist imstande, durch eingeschaltete, biegsame Rohre, und durch
Verlängerungen den Zufälligkeiten der Lagerung zu folgen, und ist damit einem ganz
wesentlichen Bedürfnis des Schiffsverkehrs nachgekommen. Dies erklärt die zunehmende
Verwendung der Pneumatik bei der Schiffslöschung, welche aller Voraussicht nach noch
weitere Fortschritte machen dürfte.
Textabbildung Bd. 329, S. 163
Abb. 1.
Abb. 2 zeigt einen Heber in Rotterdam während der
Arbeit, wobei namentlich zu erkennen ist, daß vier Saugschläuche in den Dampferraum
eintreten, welche gleichzeitig im Betrieb sind. Dies führt zu einer besonderen
Eigenschaft der Pneumatik, welche sie gegenüber dem System mit Becherwerk wesentlich
unterscheidet. Die Pumpe, welche die verdünnte Luft erzeugt, kann die von ihr
ausgehende Strömungsenergie an beliebigen Stellen ausüben, wozu nur die wenig
umständliche Einschaltung von Luftleitungen gehört. Ein solcher Heber kann also das
Getreide an einer, zwei oder, wie dies meist geschieht, an vier verschiedenen
Stellen ansaugen.
Es ist hinsichtlich der Zahl der Saugstellen überhaupt keine obere Grenze vorhanden,
doch muß natürlich jede Saugleitung eine Regelvorrichtung besitzen, um das Quantum
der eintretenden Luft auf die einzelnen Saugdüsen richtig zu verteilen. Alle
Saugleitungen führen zu demselben hoch aufgestellten Getreiderezipienten, und die dort einmündenden
Getreideströme werden von hier ab gemeinsam weiter geleitet. Sobald man aber bei
einer pneumatischen Anlage mehrere Rezipienten aufstellt, so erhält man ebenso viele
getrennte Transportwege, welche sämtlich von ein und derselben Pumpe bedient werden.
Solche Anordnung ist namentlich bei Landanlagen praktisch leicht durchführbar, und
es kommt dann dieser Pumpe der Wert einer Transportzentrale zu, ganz ähnlich wie
dies bei einer elektrischen Zentrale der Fall ist, welche auch durch von ihr
ausgehende Leitungen die in ihr erzeugte Energie an beliebigen Stellen zur
Verrichtung von Arbeit verwenden kann.
Textabbildung Bd. 329, S. 164
Abb. 2.
Abb. 3 gibt das Leitungsdiagramm eines schwimmenden
pneumatischen Hebers mit den üblichen vier Saugschläuchen, während Abb. 4 das Diagramm einer stationären pneumatischen,
zur Zentrale gemachten Anlage zeigt, bei welcher nicht nur nach verschiedenen
Richtungen gefördert wird, sondern auch Fördergüter ganz verschiedener Art
transportiert werden. In dieser Eigenschaft der Pneumatik liegen für die Zukunft
noch gar nicht zu übersehende Möglichkeiten, welche ihrer weiteren Verbreitung nur
dienlich sein können.
Textabbildung Bd. 329, S. 164
Abb. 3. Diagramm eines pneumatischen Getreideelevators.
Textabbildung Bd. 329, S. 164
Abb. 4. Diagramm der pneumatischen Transportanlage einer Mälzerei.
Die Anwendung der Förderung mit Luft auf jedes beliebige Fördergut stößt heute noch
auf allerlei Schwierigkeiten. Aber von Zeit zu Zeit hört man von einer neuen
Eroberung auf diesem Gebiet, und ein Stoff nach dem anderen ist den Bemühungen der
hierin tätigen Ingenieure unterlegen. Man kann sich also denken, daß das, was in
einer Mälzerei schon heute praktisch ausführbar ist, nämlich, daß von einer
gemeinsamen Pumpenzentrale aus nicht nur die Rohstoffe, sondern auch die Zwischen-
und Fertigprodukte gefördert werden, sich auf eine Reihe anderer Fabrikationszweige
anwenden läßt. Das würde natürlich für viele Betriebe eine gewaltige Revolution,
aber auch Vereinfachung und Verbilligung bedeuten. Unsere Fabriken bestehen aus
einer Anzahl Arbeitsmaschinen, welche unter sich und mit den Lagern für Roh- und
Fertigstoffe durch allerlei Transportmaschinen wie Becherwerke, Schnecken, Bänder,
Kratzer und dergleichen verbunden sind. Diese Transportmaschinen kennzeichnen sich
nicht allein durch eine große Inanspruchnahme an Raum und durch allerlei Maßnahmen
für ihren Antrieb, sondern sie bedingen auch vielfach die gesamte Bauart der
Fabrikationsgebäude, und bringen die Frage zur Entscheidung, ob in die Höhe mit
einer größeren Anzahl von Zwischenböden, oder mehr in die Breite und Länge gebaut
werden soll. Alle diese vielen Mechanismen für den Zwischentransport würden mit
einem Schlage verschwinden, falls sich die pneumatische Förderung einführen ließe,
und würden durch Rohrleitungen von vergleichsweise minimalen Abmessungen zu ersetzen
sein, welche in jeder Richtung beliebig geführt werden können und sich mit jeder
Form der Maschinenaufstellung in der Fabrik oder der Lager für die Massengüter
abfinden. Namentlich von der chemischen Industrie ist ein späterer und ausgedehnter
Gebrauch pneumatischer Transportanlagen zu erwarten, aber auch für die
Mehlfabrikation scheint die Anwendung möglich. Bekanntlich besteht eine
Getreidemühle aus Walzenstühlen für die Zerkleinerung des Kornes sowie aus Sicht-
und Reinigungsapparaten für die Zwischen- und Endprodukte. Dazwischen befindet sich
eine große Anzahl von Elevatoren und Schnecken zum Heben und Weiterschaffen dieser
Produkte. Sie würden durch ein Rohrleitungsnetz ersetzt, in welchem Ströme von
Saugluft zirkulieren, welche nach kleinen Behältern zur Trennung der Luft von dem
mitgeführten Stoffe führen. Die Pumpenanlage, welche die bewegende Kraft liefert,
käme im Maschinenhaus neben der Kraftmaschine zur Aufstellung.
Textabbildung Bd. 329, S. 165
Abb. 5. Schematische Darstellung eines pneumatischen Hebers mit
Zwischenlager.
D Dampfraum, L Leichtraum, P Pumpe,
R Rezipient, S Saugleitung, W Wage, Z Zwischenbehälter, r Absperrogan von s, s
Absaugeleitung der Zwischenbehälter
Die Beschäftigung mit dem Gedanken, daß eine einmal aufgestellte Vakuumpumpe allerlei
Möglichkeit des Transportes bietet, führt in dem besonderen Falle der schwimmenden
Getreideheber zu einer zweckmäßigen Nutzanwendung. Diese Heber schlagen das Getreide
von dem großen Gefäße, als welches ein Dampferraum anzusprechen ist, nach dem in der
Regel viel kleineren Gefäße, dem Leichter- oder Flußschiffe um. Dies bedeutet,
sobald das letztere gefüllt ist, eine Unterbrechung der Löscharbeit und ein
Zuwarten, bis ein neues Fahrzeug längsseits des Hebers herangeholt ist. Solche
Betriebspausen sind einer guten Wirtschaftlichkeit im hohen Maße abträglich, wie
sich schon in Hamburg gegenüber Rotterdam gezeigt hat, indem an letzterem Orte das
Rheinschiff, im ersteren der erheblich kleinere Elbkahn für den Umschlag zur
Verfügung steht. Um nun diesen Nachteil in gewissen Grenzen zu halten, ist man
bemüht, an Bord des Hebers ein Zwischenlager, einen Puffer unterzubringen, der das
Weitersaugen für einige Zeit gestattet, auch wenn kein Leichter vorhanden ist.
Dieses Lager hat man sich bislang in der Form geschaffen, daß der Trichterraum des
Rezipienten, dann auch der Behälter oberhalb der Wage reichlich bemessen wird. Bei
der hohen Lage dieser Räume über dem Wasserspiegel findet aber eine dahingehende
Bemühung sehr bald eine Grenze, wenn man nicht das Ganze allzu kopflastig und damit
unstabil erhalten will. Weit günstiger ist ein solches Lager im Raum des Pontons
untergebracht, welcher die ganze Maschinerie trägt, indem dort nicht allein
ausreichend Platz dafür vorhanden ist, sondern indem auch ein so tief liegendes
Gewicht der Stabilität des Schiffes nur förderlich sein kann. Es führt dies zu der
in Abb. 5 dargestellten schematischen Anordnung,
welcher als Ausführungsform der in Abb. 6
dargestellte pneumatische Elevator entsprechen würde. Die Einlagerung des Getreides
in einen solchen Raum macht gar keine Schwierigkeiten, da reichlich Gefälle von
der Wage zur Verfügung steht, und ebensowenig die Wegschaffung, da eine
Rohrverbindung zwischen Rezipient und diesem Pufferraum das Getreide wieder in den
Rezipienten zurückschaffen läßt.
In dem Rezipienten angekommen mischt sich dann das Getreide, falls gleichzeitig vom
Dampfer gesaugt wird, mit dem von dort her kommenden Getreidestrom, und geht dann
weiter mit demselben nach dem Leichterschiff.
Es sind also auf diese Weise gelegentlich auf die bequemste Art Mischungen zu
erzielen, und damit nennenswerte Wertverbesserungen kleinerer Einzelpartien, die auf
dem Ueberseetransport, wie es leider oft vorkommt, gelitten haben. Dabei wäre auch
die vorteilhafte Einwirkung der Pneumatik auf das Getreide hervorzuheben. Die
meisten Getreidearten werden in ihrer Qualität am zweckmäßigsten dadurch gebessert,
daß sie mit großen Luftmengen in intensive Berührung kommen. Wo Maschinerien nicht
zur Verfügung stehen, bedient man sich hierzu des Schaufel wurfes, oder in modern
eingerichteten Speichern des Umlaufenlassens mit Becherwerken und Transportbändern.
Sehr viel wirkungsvoller muß natürlich eine pneumatische Förderanlage sein, bei
welcher in Pumpe und Düse die besten Mittel zu einer innigen Vermengung von Getreide
und Luft zu Gebote stehen. Das – zwischengängige Niederlegen beschädigter Partien im
Heberraum bedeutet eine zweimalige kräftige Ventilierung des Getreides, bevor es an
Bord der Leichterschiffe kommt womit eben die Möglichkeit gegeben ist, dumpf
gewordene Partien durch Mischung mit großen Mengen gut trocknen Getreides vollkommen
verwendungsfähig zu machen.
Sehr häufig verlangen die Empfänger von Getreide ein gewisses Quantum der
Dampferfracht als Sackware abgeliefert. Die Erfüllung dieses Wunsches ist für die
rasche Entladung nachteilig, weil mit der Einfüllung des Getreides in Säcke, und der
Verwiegung eines jeden Sackes viel Zeitaufenthalt entsteht. Dies ist schon bei dem
alten Verfahren der Entladung fühlbar gewesen, und ist es natürlich bei den großen
150 t-Elevatoren noch viel mehr. Schon wenn ⅓ der Elevatorleistung, statt lose, als
Sackware abgegeben werden muß, so bedeutet dies eine Vermehrung der Mannschaft um
zehn bis zwölf Mann, welche das Einfüllen in Säcke, das Fortstellen und Zubinden
derselben zu besorgen hätten. Auch stören die längsseitig liegenden Leichter, welche
die Säcke aufnehmen sollen, durch die Langsamkeit, mit der sie nur beladen werden können, sehr
den übrigen Betrieb. Durch die Einschaltung geräumiger Zwischenlager im Pontonraum
des Hebers laßt es sich ermöglichen, solche zu sackierende Partien erst später
getrennt zu behandeln, und dadurch den genannten Uebelstand zu beseitigen.
Textabbildung Bd. 329, S. 166
Abb. 6. Schwimmender pneumatischer Getreideelevator mit tiefliegendem
Ausgleichbehälter. 1: 300.
Eine weitere vorteilhafte Ausnutzung eines Getreidelagers, das im Heber selbst
untergebracht werden kann, findet dann statt, wenn ein auf Grund geratenes
Getreideschiff geleichtert werden soll. Leider sind allen größeren Hafenorten an der
Nordsee, so Hamburg, Bremen, Amsterdam und Antwerpen Küsten mit zahlreichen Untiefen
vorgelagert, und das Aufgrundkommen von Fahrzeugen ist deshalb dort eine alltägliche
Erscheinung. Ein leistungsfähiger und seetüchtiger Getreideheber kann hier helfend
eingreifen, indem er die festgefahrenen Schiffe schon in zwei- bis dreistündiger
Arbeit von einem Teil ihrer Last befreit, und sie in den eigenen Pontonraum, welcher
aber zu diesem Zwecke mehrere 100 t Getreide zu fassen hätte, fallen läßt.
Bislang ist ein Heber dieser Art noch nicht ausgeführt worden, doch zeigt Abb. 6 die Form, nach welcher eine praktische
Ausführung sich richten könnte. Die Gesamtgestaltung weicht von der der gewöhnlichen
schwimmenden Elevatoren nicht ab. Das von den Saugschläuchen nach dem Rezipienten
a geworfene Getreide gelangt auch bei solchen
Spezialhebern zunächst in die Getreideschleuse b,
fließt aber von dort nicht zu der selbsttätigen Wage c,
sondern nach einem Ablaufrohr d, welches das
Getreide zu dem Ausgleichbehälter e schafft. Dieser
Ausgleichbehälter erhebt sich neben dem Maschinenraum, lehnt sich an das
wasserdichte Schott an, welches den Maschinenraum bei jedem Heber vom Kajütraum
trennt, und enthält nach unten hin eine größere Anzahl Austrichterungen f, welche für das selbsttätige Ablaufen des Inhalts
Gewähr leisten sollen. Diese Trichterungen besitzen untere Verschlüsse, und münden
nach einem gemeinschaftlichen Abflußrohr g, welches am
Hebergerüst hochführend in den hoch gelegenen Rezipienten einmündet. Durch Oeffnen
und Schließen des Ventils h und Regulierung durch ein
Schnüffelventil i läßt sich die Förderung an- und
abstellen.
Alle übrigen wesentlichen Einrichtungsteile des Hebers sowohl in bezug auf die
Kraftanlage wie in bezug auf Pumpen und Getreidegarnitur bleiben unverändert.
Es ist kaum zu zweifeln, daß gerade die pneumatische Löschung von Getreidefrachten
immer weitere Zunahme finden wird zum Schaden des Becherwerksystems, das zwar auch
ferner noch seinen Verwendungsbereich haben dürfte, das aber im Verhältnis zu den
pneumatischen Elevatoren doch wohl ständig mehr in Rückgang kommen wird. Und dies
wird um so mehr der Fall sein, je mehr es gelingt, den großen Kraftverbrauch der
pneumatischen Schiffslöschung zu vermindern. Die schon bis jetzt in dieser Richtung
erzielten Erfolge geben begründete Hoffnung, daß man hierin schon in kurzer Zeit
noch sehr nennenswerte Fortschritte machen wird.