Titel: Künstlicher Graphit, seine Entstehung und Verwendung im Maschinenbau.
Autor: Dierfeld
Fundstelle: Band 329, Jahrgang 1914, S. 338
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Künstlicher Graphit, seine Entstehung und Verwendung im Maschinenbau. Von Regierungsbaumeister Dierfeld in Berlin-Friedenau. (Schluß von S. 324 d. Bd.) DIERFELD: Künstlicher Graphit, seine Entstehung und Verwendung im Maschinenbau Die Einwirkung auf die Lagerfläche ist beim künstlichen Graphit ganz verschieden von der des natürlichen Graphits. Der natürliche Graphit, mag er nun fein zerteilter Flockengraphit, Blättchengraphit oder – Edelgraphit sein, füllt zwar die kleinen Vertiefungen einer Lagerfläche aus, welche unter dem Mikroskop zu sehen sind, und schafft so eine Art dünnen Ueberzuges ähnlich wie ein Furnier, welcher tatsächlich in gewissem Maße die Reibung vermindert, soweit es natürlich die in ihm enthaltenen und wegen ihres gleichen spezifischen Gewichtes mechanisch garnicht auszuscheidenden Beimengungen, wie Mika usw. gestatten. Der künstliche Graphit hingegen geht einen Schritt weiter, indem er infolge seiner viel größeren Feinheit nicht nur in die mikroskopisch sichtbaren Vertiefungen der Lageroberfläche, sondern auch in die ganz feinen Poren des Metalles selbst eindringt, und so gewissermaßen einen Bestandteil der Metallstruktur selbst bildet. Die Metalloberfläche wird also hierbei nicht nur mit einem Graphitüberzuge versehen, der wie ein Furnier nur oberflächlich an der Unterlage haftet, sondern sie wird bei künstlichem Graphit vollständig mit Graphit gesättigt, woraus die in den vorhergehenden Versuchen sich zeigende Haltbarkeit ergibt. Diese Eigenschaften beider Graphitarten werden bestätigt durch zwei Vorträge, welche am 16. Dezember 1913 vor der Metropolitan Section von Automobilingenieuren in New-York gehalten wurden. Beide Vorträge behandelten die Schmierung mit Graphit, und der eine Redner war Chefingenieur A. G, Thompson von der größten Naturgraphitfabrik der Welt, der Joseph Dixon Crucible Co., der andere Chefingenieur Markus A. Smith von der International Acheson Graphite Company, der einzige Fabrikant des künstlichen Graphits. Der Vertreter der Naturgraphitschmierung mußte in der folgenden Diskussion zugeben, daß Naturgraphit, er mag auf mechanischem Wege so fein zerteilt sein, wie er will, nicht für einige Zeit im Oel in der Schwebe bleibt, sondern sich niederschlägt. Aus diesem Grunde und wegen der geringen Dauerhaftigkeit des natürlichen Graphitüberzuges kann das Naturprodukt in jeder Form nur für zeitweiligen Gebrauch empfohlen werden. Künstlicher Graphit jedoch bleibt für unbegrenzte Zeit im Oel in der Schwebe und erzeugt, wie oben angegeben, eine äußerst dauerhafte mit Graphit imprägnierte Fläche, so daß die Schmierung mit künstlichem Graphit für ständigen Gebrauch unter den härtesten Bedingungen empfohlen werden kann. Bei Anwendung der Schmierung mit künstlichem Graphit von Oildag erhalten alle reibenden Teile einer Maschine einen glänzenden schwarzen, spiegelglatten Ueberzug, welcher die Reibung stark vermindert. Das Oildag wird in einem bestimmten Verhältnis dem gewöhnlichen Schmieröl zugesetzt, und das Oel dient dann weniger zum Schmieren als zum Tragen des künstlichen Graphits, welcher in Wirklichkeit allein die Schmierwirkung hervorbringt und nicht verdampft, oxydiert oder gar verbrennt wie Oel. Ein Verbrennen des künstlichen Graphits im Zylinder eines Verbrennungsmotors kann nicht stattfinden, denn dieser Graphit ist ja bei der hohen Temperatur von 4000° C gewonnen und wird bei den im Zylinder herrschenden niederen Temperaturen noch sicher seine Schmierwirkung ausüben. Dies ist ein Hauptvorzug des künstlichen Graphits gegenüber dem natürlichen Graphit, dessen Anwendung deshalb mehr für einfache grobe Maschinenteile zu empfehlen ist, wo keine hohe Temperatur auftritt. Da beim Zylinder eines Verbrennungsmotores die ungünstigsten Bedingungen für die Schmierung vorliegen, so will ich etwas näher auf das Verhalten von Oildag unter diesen Verhältnissen eingehen. Setzt man z.B. dem Schmieröl eines Automobilmotors eine bestimmte Menge Oildag zu, mischt es gut und füllt die Mischung in den Kurbelkasten, so kann, wenn der Kurbelkasten gut abgedichtet ist, das Oel nicht anders verbraucht werden, als daß es in die Zylinder gelangt, hier verbrennt und mit den Auspuffgasen ausgestoßen wird. Nach einer gewissen Betriebsdauer wird der im Oildag enthaltene künstliche Graphit alle Unebenheiten zwischen Kolbenringen und Zylinderlauf ausgleichen, und eine vollkommene Abdichtung herbeiführen, so daß das Oel nur in ganz geringer Menge passieren kann. Bei jedem Abwärtshube des Kolbens streifen die Kolbenringe das Oel von der Zylinderwand ab und führen es in den Kurbelkasten zurück. Der Oelzutritt zu dem Verbrennungsraum wird also sehr stark vermindert, und die Gegenwart des Graphits hindert die Bildung der lästigen harten Oelkohle, welche sich auf der Graphitschicht nicht festsetzen kann, sondern vielmehr als Staub mit dem Auspuff weggeblasen wird. Der Graphit setzt sich hierbei auf die Auspuffventilsitze, die er gut abdichtet und vor Fressen oder vor Brennen behütet. Man könnte nun befürchten, daß durch die Gegenwart von Graphit die Kohlebildung im Zylinder vermehrt wird, dies ist aber keineswegs der Fall, denn einmal werden durch die Beimischung von Oildag für 1 kg Oel nur 1 bis 2 g Graphit zugeführt, welche Menge Kohlenstoff im Verhältnis zu dem im Oel selbst enthaltenen Kohlenstoff (800 g auf 1 kg) verschwindend gering ist, dann aber kann der Graphit, wie oben ausgeführt, bei den im Zylinder herrschenden Temperaturen garnicht verbrennen, und schließlich wird die geringe Menge Graphit vollkommen durch die Graphitimprägnierung, welche alle Flächen überzieht, verbraucht und hindert schon durch seine Gegenwart, wie durch die Praxis erwiesen, die Bildung einer harten Kohle. Infolge der besseren Abdichtung zwischen Kolbenringen und Zylinder verbraucht der Motor weniger Oel, da dem Oel bei dem Durchtritt vom Kurbelkasten nach dem Verbrennungsraum größerer Widerstand entgegensteht. Während der Explosion tritt weniger Gas an den Kolbenringen vorbei vom Verbrennungsraum nach dem Kurbelkasten; der im Kurbelkasten herrschende Ueberdruck wird also gemindert und die Temperatur erniedrigt. Hieraus folgt auch eine Verringerung des Oelverbrauchs, da der Gasstrom, welcher das Oel mit sich reißt, an Stärke verloren hat; auch verdampft das Oel bei der niedrigen Temperatur weniger. Selbstverständlich wird durch das bessere Abdichten der Kolbenringe und Ventile auch die Kompression vermehrt, und die Leistung erhöht. Infolge der erhöhten Kompression wird ferner die Temperatur des Motors erhöht, da dann eine größere Menge Gas an der Explosion teilnimmt, und die Zahl der freiwerdenden Wärmeeinheiten größer wird. Aus diesem Grunde ist zu empfehlen, bei Anwendung von Oildag eine kleinere Benzindüse oder eine größere Luftdüse zu verwenden. Ist diese Aenderung richtig ausgeführt, so verbraucht der Motor viel weniger Benzin wie früher, da er infolge der dichten Kolbenringe und der geringen Reibung einen besseren Wirkungsgrad hat. Da nun das richtige Verhältnis zwischen Benzin und Luft im Gasgemisch-hergestellt ist, so wird auch die Temperatur des Motors wieder normal. Die Wirkungen des Oildag sind bei Automobilen wahrnehmbar nach einer Fahrstrecke von 300 km, man stellt dann besseres Anspringen des Motors, eine Vermehrung der Leistung und die Unterdrückung des Rauches am Auspufftopf fest. Nach 500 km Fahrt überwache man den Oelstand im Kurbelkasten, da ein Uebermaß von Oel alle gewonnenen Vorzüge in Frage stellt; nach 1000 km beginnt sich der Motor zu erhitzen, man muß dann den Vergaser einregulieren. In dem Zeitpunkte wird der Oelverbrauch um 50 bis 65 v. H. verringert sein. Oildag hat noch den Vorzug, daß die damit geschmierten Motoren auch bei kaltem Wetter sehr leicht anspringen, da der Graphitüberzug zur Schmierung genügt und von der Kälte nicht beeinflußt wird; Oel dagegen wird bei kaltem Wetter sehr dick und erschwert das Andrehen des Motors ungemein. Auch bei den Knight-Schiebermotoren hat sich Oildag gut zur Schmierung der großen Schieberhülsen bewährt. Da Oildag das Ansetzen von Oelkohle verhindert, so ist die Gefahr des Festfressens ausgeschlossen; ganz besonders ist das Ankurbeln bei kaltem Wetter erleichtert, das infolge des verdickten Oeles und der großen Fläche der Schieberhülsen sehr schwierig ist. Einwandfreie Versuche von Männern der Praxis bestätigen alle diese Vorzüge des künstlichen Graphits als Schmiermittel. So fand z.B. der Automobile-Club of America, daß der Motor eines dort geprüften Wagens mit reiner Oelschmierung nur 30,74 PS leistete, während beim Zusatz von Oildag und Fahren einer Strecke von 800 km der Motor 33,7 PS leistete, so daß der Kraftzuwachs 2,96 PS oder 9,6 v. H. betrug. Das technische Komitee dieses Clubs führt die Vorzüge des Oildag wie folgt an: 1. es verbessert den Wirkungsgrad des Motors, 2. es verhindert das Rauchen am Auspuff, 3. es vermindert den Oelverbrauch, 4. es erhält und verbessert die Kompression der Zylinder, 5. Motoren und Getriebe laufen geräuschloser, 6. es verhindert die Gefahr des Ausschmorens der Lager, 7. es vermehrt die Lebensdauer aller Lager. Auch der Automobil-Club von Frankreich kommt nach eingehenden Versuchen mit Oildag zu demselben Ergebnis. Zehn Pariser Renault-Droschken, die alle mit einer Oildag Oelschmierung geschmiert wurden, konnten zwei Monate hindurch täglich 100 km, das sind im ganzen 6000 km mit einer Füllung des Kurbelkastens (10 1) zurücklegen, und die Pariser Omnibusgesellschaft stellt fest, daß der frühere Verbrauch von reinem Oel von 1 kg für 100 km sich bei Zusatz von Oildag auf 300 g erniedrigt hat. Aehnlich günstige Erfahrungen liegen von einer beträchtlichen Zahl Automobilisten aller Länder vor. Neben den genannten Vorzügen ist es besonders die größere Zuverlässigkeit des Motors, die Sicherheit gegen Heißlaufen und Ausschmoren der Lager, sowie der sanftere Lauf, welches dieses Schmiermittel so außerordentlich wertvoll für den Automobilisten macht, abgesehen von der Leistungserhöhung des Motors, welche in manchen Fällen bis zu 25 v. H. erreichte. Von welcher wirtschaftlichen Bedeutung dieses Schmiermittel ist, zeigt folgende Ueberlegung: In Deutschland gibt es rund 77700 Automobile; nimmt man nur einen Oelverbrauch von 100 kg für den Wagen im Jahr an, so ergibt es einen jährlichen Verbrauch von Schmieröl für Automobile von 7770000 kg. Da man bei Verwendung von Oildag ½ bis ⅔ des Oeles spart, so würde sich dieser Oelverbrauch reduzieren auf 3885000 bzw. 2590000 kg. Berücksichtigt man den unendlich größeren Oelverbrauch in den andern Industriezweigen, so wird man die Tragweite der Erfindung von Dr. Acheson ermessen können. Man könnte nun denken, daß die Oelersparnis durch die Kosten für die Beimischung des Oildag aufgewogen werden, dem ist aber nicht so, denn die Kosten der Beimischung für ein Liter Oel betragen nur 30 bis 40 v. H. seines Preises, jedoch reicht das Oel mindestens doppelt so lange und schmiert zweimal so gut, wozu dann noch die oben genannten Vorzüge wie größere Betriebssicherheit usw. kommen. Besonders eignet sich Oildag zum Einlaufen von neu zusammengebauten Automobilmotoren. Eine große amerikanische Automobilfabrik konnte beim Einlaufen ihrer Motoren eine Zeitersparnis von mindestens 12,5 v. H. im Durchschnitt 20 v. H. verzeichnen. Zieht man in Erwägung, welche beträchtlichen Kosten das Einlaufen solcher Motoren verursacht, so wird diese Zeitersparnis besonders ins Gewicht fallen, und der Fabrikant spart unmittelbar Geld infolge des geringeren Verbrauchs an Arbeitskräften, Oel, Brennstoff, Wasser usw. Eine andere große Fabrik, welche 20000 Wagen im Jahre herstellt, ließ auf dem Bremsstand 97 Motoren (48 davon mit reinem Oel und 49 mit Oildagschmierung) laufen und erzielte sogar eine Zeitersparnis von 26,6 v. H. Wenn nun die Schmierung mit künstlichem Graphit sich bei der hohen Temperatur, und dem komplizierten und zierlichen Mechanismus eines Automobilmotors so gut bewährt, so ist selbstverständlich, daß sie bei allen andern Motoren, Maschinen, sowie Transmissionen usw. mindestens ebenso gute Erfolge zeitigen wird. Es würde zu weit führen, hier auf alle praktischen Anwendungen einzugehen, ich will nur erwähnen, daß auch bei stationären Dampfmaschinen Oelersparnisse von 50 plus 70 v. H. zu verzeichnen waren; bei dem Zylinder einer pneumatischen Presse ging der wöchentliche Oelverbrauch von 84 1 für die Woche auf 18 1 zurück, wobei dann noch ein billigeres Oel als vorher verbraucht werden konnte. Wegen seiner größeren Betriebssicherheit verwenden auch viele englische und amerikanische Eisenbahnen Oildag als regelmäßiges Schmiermittel. Sehr gute Erfahrungen verzeichnen in England die London and North Western Railway und die Midland Railway. Der Chefingenieur Macon von der amerikanischen Georgia Eisenbahn nahm umfangreiche Versuche mit Oildag an Lokomotiven vor, welche mit Wilson-Doppelventilen versehen waren. Zweifellos bieten diese Ventile in bezug auf Schmierung die größten Schwierigkeiten, welche sich dann auch bei Verwendung reinen Oels fortwährend einstellten. Nach Einführung der Oildagschmierung wurden nicht nur diese Schwierigkeiten beseitigt, sondern es wurde auch die Zugkraft der Maschinen beträchtlich gehoben und ebenso an Heizmaterial gespart. Alle diese Erfolge sind natürlich nur möglich infolge des außerordentlich fein zerteilten Zustandes des künstlichen Graphits und seiner unbegrenzten Schwebefähigkeit in Oel, welche wie schon betont, durch die Praxis erwiesen, von natürlichem Graphit nicht erreicht werden kann. Graphit in Blättchenform würde bald die feinen Schmierrohre des modernen Druckschmierungssystsem eines Automobilmotors verstopfen, und nicht mindere Störungen würden dadurch in den feinen Kanälen eines Lokomotivlubrikators hervorgerufen werden. Ein weiterer Beweis für die Brauchbarkeit des künstlichen Graphits als Schmiermittel ist in seiner Benutzung zur Schmierung von Kugellagern zu sehen. Kugellager sind bekanntlich diejenigen Organe, welche am schwierigsten zu schmieren sind, und hier gerade haben Versuche mit natürlichem Graphit zu einem vollständigen Mißerfolge geführt, da sowohl Kugeln wie Laufringe bald angegriffen wurden, wahrscheinlich infolge der im natürlichen Graphit enthaltenen Beimengungen. Die größte Kugellagerfabrik der Welt Fichtel & Sachs in Schweinfurt hat vor kurzem Versuche über die Schmierung ihrer Kugellager mit künstlichem Graphit unternommen und stellte fest, daß sich diese Schmierung auch unter diesen schwierigen Verhältnissen gut bewährt hat. Bevor ich auf die andern Anwendungen des künstlichen Graphits eingehe, möchte ich auf eine besondere Eigenschaft des Oildag hinweisen. Wenn nämlich Oildag mit Oel gemischt wird, so hat man sofort ein untrügliches Kennzeichen dafür, ob das Oel vollkommen neutral oder säurehaltig ist. Bei neutralem Oel bleibt der künstliche Graphit ständig in der Schwebe, sind aber in dem Oel Spuren von Säure vorhanden, so ballen sich die feinen Graphitteilchen zusammen und bilden größere Teilchen, welche sich auf den Boden des Gefäßes niedersetzen. Außer Oildag kommt als Schmiermittel eine Mischung von künstlichem Graphit und Fett verschiedener Konsistenz mit dem Namen Gredag in Betracht, welches in allen Fällen das übliche Staufferfett ersetzt und ähnliche Vorzüge wie Oildag zeigt. Für Ketten, Zahnrädertrieb, Wagenfedern usw. wird es in großem Maße verwandt und hat noch den besondern Vorzug, daß es das Geräusch bei der Uebertragung ganz erheblich dämpft. Von den vielen Anwendungsmöglichkeiten des Gredag sei noch hervorgehoben seine Benutzung zur Schmierung der kleinen Leitungsrollen auf den Führungsschienen der elektrischen Straßenbahnwagen. Diese kleinen Rollen laufen an dem Stromzuführungsdraht entlang, sind jedem Witterungswechsel ausgesetzt und müssen dabei gut den Strom nach den Motoren des Fahrgestelles leiten. Bei der verhältnismäßig hohen Drehzahl und dem ziemlich starken Druck, mit dem die Rollen gegen den Draht gepreßt werden, sowie den Unebenheiten in der Drahtführung selbst, sind die Rollen einer ziemlich starken Abnutzung ausgesetzt, und es ist naturgemäß die Auswahl eines geeigneten Schmiermittels für den Zapfen der Rolle von größter Wichtigkeit. Gredag hat sich nun, wie durch zahlreiche Versuche erwiesen, als ein für diesen Zweck sehr gut geeignetes Schmiermittel gezeigt. Es hindert nicht den Stromdurchgang und gewährleistet eine Schmierung auch noch dann, wenn der Fettgehalt ganz aufgebraucht ist. Wird, was im Maschinenbau oft vorkommt, verlangt, ein Lager ohne Oel und Fett zu schmieren, so kommt das neue Schmiermittel Aquadag in Frage, welches, wie schon eingangs betont, eine Mischung von künstlichem Graphit und Wasser ist. So wird Aquadag jetzt mit großem Erfolg in England zum Schmieren der Wellen, Vakuum und Hochdruck, Kreiselpumpen benutzt und ersetzt hierbei die Oelschmierung vollständig. Aquadag spielt auch eine sehr wichtige Rolle in der Glühlampenfabrikation. Zu dem Zweck wird Aquadag mit zwei Teilen Wasser verdünnt und mit Traubenzucker sowie Kornsyrup gemischt. Die Mischung wird in einen Behälter getan, durch welchen der Wolframfaden der Glühlampe läuft. Der Traubenzucker und der Kornsyrup dienen hierbei als Binder für den künstlichen Graphit, womit der Faden dann ganz überzogen wird. Dieser Faden geht dann durch einen Glühofen und wird in sehr heißem Zustande durch Ziehmundstücke geführt, welche mit schwarzen und gelben Diamanten versehen sind. Der künstliche Graphit schmiert die Diamanten gut und verlängert ihre Lebensdauer, während gleichzeitig der Faden eine vollkommene genaue Form erhält. Der Graphitüberzug schabt sich selbsttätig ab, nachdem er seinen Zweck erfüllt hat, und der Faden kommt aus dem letzten Mundstück vollkommen rein heraus. Ehe der Faden seine außerordentliche Feinheit erhält, muß er mehrere Bäder, Glühöfen und Ziehmundstücke passieren. Ohne Aquadag ist heute die Fabrikation von gezogenen Wolframfäden für Glühlampen nicht möglich, eine der größten Glühlampenfabriken hat sich dieses Verfahren durch ein Patent schützen lassen, und alle anderen Lampenfabriken arbeiten ebenfalls nach diesem patentierten Verfahren. Auch hat sich künstlicher Graphit gut als Vorbeugemittel gegen Kesselstein in Dampfkesseln bewährt. Sehr gute Ergebnisse wurden erzielt, wenn Aquadag als Schmiermittel für die Werkzeuge der Metallbearbeitung gebraucht wird. In den Werkstätten der Niagara Machine Co. konnten 980 Schnitte durch eine kalt gewalzte Stahlwelle von 25 mm ø genommen werden, ohne daß das Schneidwerkzeug geschärft zu werden brauchte, wenn Aquadag der Schmierflüssigkeit hinzugefügt wurde, dagegen konnten nur 60 Schnitte derselben Stahlwelle mit einem Anschärfen desselben Werkzeuges angenommen werden, wenn die Schmierflüssigkeit kein Aquadag enthielt. Dieselbe Gesellschaft hatte einst 3000 Löcher von 25 mm in Bronzegußstücken auszuschneiden. Die Löcher sollten ganz genaue Größe haben und vollkommen glatt sein. Während dies mit der gewöhnlichen Schmierflüssigkeit nicht möglich war, ergab die Beifügung von Aquadag einen vollkommen glatten, genauen Schnitt verbunden mit Zeitersparnis. Auch beim Gewindeschneiden zeigt Aquadag dieselben guten Ergebnisse, indem es ein ganz glattes, genau geschnittenes Gewinde liefert, ohne Aufreißen oder Abblättern der Gewindegänge, verbunden mit entsprechender Schonung der Schneidbacken. Aquadag kann zur Metallbearbeitung je nach der Art der Arbeit in verschiedener Stärke, sowie auch als Mischung mit den bisher verwandten Schmiermitteln benutzt werden. Da das im Aquadag enthaltene Wasser eine größere spezifische Wärme hat wie Oel, so wird bei Anwendung von Aquadag die Temperatur niedriger und das Werkzeug kühler gehalten werden, eine Eigenschaft, die Aquadag besonders empfehlenswert für Schnelldrehstähle macht. Ein weiteres großes Anwendungsgebiet des künstlichen Graphits besteht in seiner Benutzung als Rostschutzfarbe. Die heute in Deutschland allgemein angewandten Rostschutzmittel, wie Mennige, Bleichrossat usw. oxydieren mit der Zeit das Leinöl, welches als Bindemittel dient, zersetzen es, und der Anstrich fällt allmählich ab, wobei dann Luft und Feuchtigkeit ungehinderten Zutritt zu dem Metall haben. Setzt man dem Oel künstlichen Graphit in feinst zerteilter Form hinzu, so hat man ein Schutzmittel, welches diese Nachteile nicht besitzt. Der ganz reine künstliche Graphit ist vollkommen unempfindlich gegen chemische Einflüsse jeder Art und übt selbst keinerlei schädliche Wirkung auf das Oel aus. Eine gute Rostschutzfarbe muß Dauerhaftigkeit und größten Widerstand nach dem Trocknen besitzen; nun haben Versuche gezeigt, daß eine Farbe um so widerstandsfähiger ist, je größer der Oelzusatz im Verhältnis zur Farbe ist. So erfordert z.B. Mennige von allen Farben den geringsten Oelzusatz, es ist aus diesem Grunde nicht empfehlenswert und bröckelt, wie bekannt, mit der Zeit ab. Künstlicher Graphit jedoch kann mit viel Oel gemengt werden und diese Mischung wird sogar mit gutem Erfolge bei den sehr heißwerdenden Heizrohren der Dampfkessel verwandt. Natürlich darf das Rostschutzmittel nicht das Metall selbst angreifen, welches es schützen soll. Jedes Schutzmittel, welches metallische d.h. chemisch wirksame Zusätze enthält, wird auf dem zu schützenden Eisenteil eine elektrolytische Wirkung ausüben und ihn oxydieren. Dieser Nachteil tritt besonders bei Schutzfarben auf, welche Eisenoxyd enthalten, auch hier wird Graphit vorzuziehen sein. Natürlich muß das Schutzmittel leicht aufzutragen sein, sich gut mit der Bürste verstreichen lassen, also dünnflüssig sein und darf nicht so schnell trocknen, daß es schon im Eimer eine Kruste bildet, Mennige hat in großem Maße den letzten Nachteil und ist viel zu dickflüssig; eine Mischung von künstlichem Graphit und Leinöl dagegen ist so dünnflüssig wie nur möglich. Auch bleibt dieser Graphit nach dem Trocknen in derselben Stellung im Oel, was sehr wichtig ist, da davon die Dauerhaftigkeit des Anstriches abhängt. Daß Graphit säurebeständig, ist wohl allgemein bekannt, und dies ist ein Grund mehr, es als Rostschutzfarbe anzuwenden. Wichtig ist beim Rostschutzmittel daß es mit einer ganz glatten Oberfläche trocknet, da dann den atmosphärischen Einflüssen weniger Angriffspunkte gewährt werden. Daß das übliche Mittel „Mennige“ dieser Bedingung nicht entspricht, zeigt jedes angestrichene Eisengitter; auch hierin hat amorpher Graphit den Vorzug. Bei senkrechten Wänden darf sich die Farbe nicht von dem Oel trennen, wie es bei metallischen Farben wegen ihrer Schwere oft der Fall ist; künstlicher Graphit ist so leicht, daß er im Oel schwebt. Eine Trennung ist also unter den ungünstigsten Umständen nicht zu fürchten. Die Schutzfarbe muß gut an dem Metall haften, dies ist eine selbstverständliche Forderung; nun haftet aber, wie der bekannte Andés mitteilt, gekochtes Leinöl am besten an Eisen, und künstlicher Graphit ist das einzige Mittel, das sich mit Leinöl richtig mischt, also haben wir auch hier wieder das gegebene Schutzmittel. Sehr wichtig ist eine gewisse Elastizität des Anstriches nach dem Trocknen, damit er bei Ausdehnungen und Zusammenziehungen des Metalls nicht platzt. Bleiweiß, Zinkweiß und Mennige stehen in dieser Beziehung dem künstlichen Graphit bei weitem nach, wie durch Versuche erwiesen, und da auch künstliche Graphitschutzfarbe wegen ihrer mattgrauen dunklen Farbe den entstehenden Rost besser hervortreten läßt, ebenfalls eine wichtige Forderung, so ist es tatsächlich das beste Rostschutzmittel. Ueber die Wirtschaftlichkeit verschiedener Rostschutzmittel gibt folgende Tafel Aufschluß, die die Fläche reinen Metalles in Quadratmeter angibt, welche mit einem Liter des Schutzmittels bestrichen werden kann: künstlicher Graphit 16 – 22 m2 Flockengraphit 12-16 Lampenschwarz 18 Eisenoxyd 13 Bleiweiß 11 Mennige 9 Man ersieht hieraus die Ueberlegenheit des künstlichen Graphits, welcher in völlig reinem Zustande nur im elektrischen Ofen hergestellt werden kann. Dies Verfahren wird bei der Herstellung des Acheson – Graphits benutzt, der den schützenden Teil der Acheson – Rostschutzfarbe bildet. Diese Rostschutzfarbe hat sich in Amerika zum Anstreichen von Brücken, Lokomotiven und Eisenteilen jeder Art bewährt. Im Automobilbau würde diese Rostschutzfarbe zum Anstreichen der fertiggestellten Fahrgestelle und Stahlblechkarosserien, der Radfelgen, des Motors und des Auspuffrohres usw. dienen. Zum Schluß sei noch auf eine besondere Anwendung des künstlichen Graphits hingewiesen, nämlich seine Benutzung zur Schmierung von Luftreifen. Wie allgemein bekannt, findet bei der Fahrt des Motorwagens zwischen Laufmantel und innerm Luftschlauch eine beträchtliche relative Bewegung statt. Hieraus entsteht Reibung, welche wiederum Erhitzung erzeugt, und bei längerem Betriebe schädlich auf die Lebensdauer des Reifens einwirkt. Um diese schädliche Wirkung zu mindern, verwenden die heutigen Automobilisten Talkum, welches in den Laufmantel eingestreut wird. Ein weit besseres Mittel, welches in Amerika angewandt wird, ist der feingepulverte künstliche Graphit, welcher aus einer mit zahlreichen kleinen Löchern versehenen Blechbüchse innen in den Laufmantel gestreut wird. Verreibt man mit einem Pinsel oder einer Bürste das Graphitpulver auf der Innenfläche des Laufmantels, bis diese mattglänzend erscheint, so erhält man eine vorzüglich schmierende Fläche, welche in vollkommener Weise die schädliche innere Erhitzung des Reifens verhütet. Behandelt man in derselben Weise die Wülste des Laufmantels und streicht man die Radfelgen mit der besprochenen Rostschutzfarbe an, so wird das lästige Rosten der Radfelgen und das spätere Abreißen der Wülste in wirksamer Weise verhütet. Hat man einmal den Laufmantel innen mit Graphit eingerieben, so braucht man das Verfahren erst nach fünf-bis sechsmaliger Demontage des Reifens zu wiederholen. Ein amerikanischer Automobilist, welcher bisher seine Reifen stets mit Talkum behandelte, fand, daß die Reifen sich ständig sehr stark erhitzten, und daß infolgedessen reparierte Stellen nicht hielten, und die Luft bald entwich. Nach Einstreuen des Graphitpulvers trat diese lästige Störung nicht mehr auf, und die reparierten Stellen hielten sehr lange aus, so daß erst nach zwei Monaten ein Aufpumpen des Reifens erforderlich war. Da der künstliche Graphit keinerlei Unreinheiten wie der natürliche Graphit enthält, sondern fast chemisch rein ist, so hat seine Anwendung keinerlei schädliche Folgen für den Gummi und bietet dem Talkum gegenüber noch den besonderen Vorteil, daß sich der Graphit nicht zu harten Klumpen zusammenballt und den Luftschlauch beschädigt.