Titel: Neuere Conveyor-Anlagen (II. Teil).
Autor: W. Lehrmann
Fundstelle: Band 329, Jahrgang 1914, S. 388
Download: XML
Neuere Conveyor-Anlagen (II. Teil). Von W. Lehrmann, Oberingenieur, Geestemünde. (Schluß von S. 372 d. Bd.) LEHRMANN: Neuere Conveyor-Anlagen (II. Teil). Wie man nun einerseits mit einem Conveyor gleichzeitig voneinander getrennt zu haltende Güter fördert, so kann man andererseits auch absichtlich ein Mischen verschiedener Materialien erzielen, wie es z.B. bei einigen Kohlensorten erforderlich ist, ferner aber besonders in der chemischen Industrie vorkommt. Der Gedanke, einen Conveyor direkt zur selbsttätigen Aufbereitung zu benutzen, wobei die Mischungen in ganz bestimmten Verhältnissen zu einander stehen müssen, und wobei sich je nach der Beschaffenheit der zeitweilig verwendeten Rohmaterialien, vielleicht sogar noch eine gewisse Regulierung der Mischungsverhältnisse erforderlich macht, ist jedoch noch ziemlich neu. Als Beispiel seien die Becherwerke für eine neue Karbidfabrik im südlichen Europa angeführt, die mit verschiedenen Plattenförderern und Kratzern zur Förderung der Rohstoffe, Halb- und Fertigfabrikate zusammenarbeiten. Durch diese Anlage ist die Handarbeit in der Karbidfabrikation so gut wie ausgeschaltet. Abb. 4 gibt einen Ueberblick der Gesamtanlage. Zweck und Arbeitsweise sind folgende: Die für die Karbidfabrik erforderlichen Rohmaterialien als Kohle, Koks, Kalkstein kommen in Schiffen an und werden zunächst durch einen Kabelkran auf den Lagerplatz transportiert. Für den Weitertransport vom Lager nach den Karbidmühlen, Packräumen usw. werden Conveyors, Platten- und Kratzerförderer benutzt. Der Arbeitsvorgang von der Aufnahme der Rohmaterialien am Lager bis zur Fertigfabrikation ist folgender: Den Plattentranporteuren 1 und 1a, die dicht unter dem Erdboden in einem Kanal verlegt sind, wird das Material (Kohle, Koks oder Kalkstein) vom Lager aus zugeworfen. Besondere Füllvorrichtungen sind hier nicht erforderlich, das Gut kann vielmehr an jeder beliebigen Stelle ohne weiteres aufgeworfen werden und wird von den Transporteuren am Kopfende abgegeben. Hier ist unter jedem Förderer eine Schurre angeordnet, über die das Material dem zugehörigen Brecher 2 bzw. 2a zugeführt wird. Es befindet sich also unter jedem Plattentransporteur ein Brecher. Das gebrochene Gut gelangt auf den Conveyor 3 bzw. 3a und wird von diesem in die zugehörigen Silos gefördert. Es sind bestimmte Silos für Kohle, andere für Koks und wiederum andere für Kalkstein vorgesehen. Die Fabrikation erfordert nun zunächst ein Brennen des Kalksteins. Zu diesem Zweck muß der Kalkstein in einem bestimmten Verhältnis mit Kohle gemischt werden. Textabbildung Bd. 329, S. 389 Abb. 4. Hierzu werden die Conveyors 3, 3a, 4 und 4a benutzt. Das Material wird zunächst durch geeignete Füllvorrichtungen von den verschiedenen Silos abgezogen und im erforderlichen Verhältnis selbsttätig gemischt. Die so erhaltene Mischung wird von einem der Längsconveyor auf einen der Querconveyor, also auf 4 oder 4a übergegeben. Die Conveyors 4 und 4a dienen zur direkten Beschickung der Kalköfen. Unter den Abwurfstellen dieser Conveyors befinden sich entsprechend ausgebildete Schurren, die es ermöglichen, das Material je nach Wunsch entweder in den links oder rechts unter den Conveyors liegenden Ofen abzuführen. Das Mischen des Kalksteins mit Kohle geschieht durch die Füllvorrichtungen der Becherwerke ohne jede Beihilfe; auch wird nach Beendigung einer Charge das Becherwerk selbsttätig still gesetzt, so daß ein Ueberlasten der Oefen auf diese Weise verhütet ist. Da je nach der Beschaffenheit des Rohmaterials das Mischungsverhältnis in gewissen Grenzen verändert werden muß, so ist bei den selbsttätig arbeitenden Misch- und Füllvorrichtungen eine Regulierung von Hand vorgesehen. Durch die verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten der einzelnen Conveyors untereinander, indem z.B. Förderer 3 und 4 oder 3 und 4a oder 3a und 4 usw. zusammenarbeiten können, ist eine nicht zu unterschätzende Betriebsicherheit bei Störungen mit dem einen oder anderen Förderer oder bei Reparaturen des einen oder anderen Ofens gegeben. Der den Oefen entfallende gebrannte Kalk wird wieder auf einen der Quer-Conveyor 4 oder 4a geworfen, von diesen selbsttätig auf den Becherförderer 3 abgegeben und über die zugehörigen Silos verteilt. Bei Bedarf wird der gebrannte Kalk durch den Förderer 3 wieder abgezogen, einem Brecher 7 zugeführt, nach Passieren dieses Brechers abermals auf den Förderer 3 gegeben, der entsprechend über den Brecher hinweg und dann wieder unter ihm durchläuft. Der gebrochene gebrannte Kalk gelangt schließlich in den Silo 5. In den daneben liegenden Silo 6 ist inzwischen durch den Becherförderer 3 Kohle und Koks gebracht worden. Durch eine unter den Silos 5 und 6 befindliche Füllvorrichtung wird ein Mischen der eben genannten Materialien und deren Aufgabe auf den Förderer 8 erreicht. Die hier vorhandene Füllvorrichtung arbeitet ähnlich, wie die früher erwähnten indem die verschiedenen Materialien selbsttätig von den Silos abgezogen und im richtigen Verhältnis gemischt werden. Die so erhaltene Mischung wird durch die Becherförderer 9 und 10 den Karbidöfen zugeführt. Um die Qualität des Endprodukts auf gleicher Höhe zu halten, muß die Mischung eine ganz bestimmte und je nach Beschaffenheit der Rohmaterialien in gewissen Grenzen veränderliche sein. Aus diesem Grunde ist auch hier an der Füllvorrichtung eine Regulierung von Hand vorgesehen, die bei Beginn einer Förderung eingestellt und erforderlichenfalls nach Analyse des erhaltenen Produkts entsprechend nachgestellt wird. Der Transport des Materials nach den Karbidöfen geht ebenfalls selbsttätig vor sich, indem die Mischung von dem Förderer 8 durch geeignete Vorrichtungen selbsttätig auf Förderer 9 und von diesem auf Förderer 10 abgegeben und von diesem im Ofenhaus wieder selbsttätig den einzelnen Vorbunkern bzw. Oefen zugeführt wird. Der Förderer 10 ist derart eingerichtet, daß jederzeit Vergrößerungen des Ofenhauses vorgenommen, also neue Oefen angebaut werden können, ohne wesentliche Veränderungen an den Becherförderern erforderlich zu machen. Auch ist jetzt schon dafür Sorge getragen, daß neben dem Conveyor 10 später ohne Betriebsstörung ein zweiter Conveyor verlegt werden kann, der dann die gleiche Aufgabe wie der jetzige hätte und diesen unterstützen müßte, um die Leistung auf diese Weise aufs Doppelte zu bringen. Ueberhaupt ist bei der ganzen Anlage auf spätere Vergrößerungen von vornherein Rücksicht genommen. Die vorstehend beschriebene Arbeitsweise läßt erkennen, daß die Leistungen der einzelnen Becherförderer, hauptsächlich die der Conveyors 3, 3a, 4 und 4a recht mannigfaltig sind. Einmal müssen sie für den Transport von Kohle, Koks, Kalkstein und gebrannten Kalk geeignet sein, also großstückiges, sowie auch kleinstückiges, ferner spezifisch leichteres und schwereres Material fördern, anderseits müssen sie den den Ofen entfallenden gebrannten Kalk nicht nur in recht großen Stücken, sondern auch bei einer Temperatur von 60 bis 75 ° C aufnehmen. Ferner müssen die verschiedensten Arbeitswege erreicht werden, weshalb auf weitgehendste Kombinationen der einzelnen Conveyors untereinander Rücksicht genommen werden mußte. Schließlich ist noch die selbsttätige Aufbereitung, also das Mischen der verschiedenen Materialien und die selbsttätige Ausschaltung der Förderer nach Beendigung einer Charge von wesentlicher Bedeutung. Das fertige Karbid gelangt in großen Blöcken auf den Plattentransporteur 11, wird dann auf den Förderer 12 und von diesem den Brechern und Mühlen zugeführt. Der Transport des kleinstückigen Karbids wird mit Kratzern von besonderer und geschlossener Konstruktion bewerkstelligt. Das in Blechbüchsen verpackte Karbid wird wieder von Plattenförderern transportiert. Besonders interessant sind natürlich die Füllvorrichtungen (D. R. P. a.), von denen eine in Abb. 5 wiedergegeben ist. Es war eine verhältnismäßig schwere Aufgabe, den vielen an diese Füllvorrichtungen gestellten Anforderungen gerecht zu werden; sie sollten die Materialien aus den Silos abziehen, im verlangten Verhältnis mischen, eine Regulierung der Mischung von Hand zulassen, das Gemisch richtig den Bechern des Förderers zuführen und außerdem nach Beendigung einer Ofencharge den Betrieb selbsttätig stillsetzen. Hierbei durfte die verschiedenartige Beschaffenheit der Materialien nicht unberücksichtigt gelassen werden, zumal der Charakter eines jeden Fördergutes einen ganz besondern Einfluß auf das Arbeiten einer Füllvorrichtung hat und bei der Konstruktion einer derartigen Vorrichtung stets auf die Eigenschaften des Materials Rücksicht genommen werden muß. Es war daher neben weitgehendster Erfahrung noch nötig, eine Reihe von Versuchen anzustellen, um die hier vorgelegte Aufgabe in so vollkommener Weise zu lösen, wie sie von der Firma Adolf Bleichert & Co., Leipzig, gelöst worden ist. Die Becherketten, Becher und alle sonstigen Zubehörteile wurden in Anbetracht des teils sehr stark verschleißend wirkenden Fördergutes besonders schwer und vor allen Dingen zweckentsprechend konstruiert. Textabbildung Bd. 329, S. 390 Abb. 5. Die Leistungen der Conveyors, Plattentransporteure usw. betragen bis zu etwa 45 t pro Stunde für die Kette. Die gesamte Kettenlänge der bis jetzt verlegten Förderer ist etwa 1170 lfd. m, nach erfolgtem Umbau der Anlage wird die Länge etwa 1700 m betragen. Sämtliche auf dem Werk erstellten Transportanlagen als Kabelkran, Platten-, Kratzerförderer mit selbsttätigen Beschickvorrichtungen wurden von Bleichert & Co. geliefert. Aehnlich wie bei der vorstehend beschriebenen Anlage lassen sich Becherförderer natürlich auch für verschiedene andere Fälle verwenden, bei denen es gilt, Massengüter zu mischen, aufzubereiten, hin- und herzutransportieren usw. Hierbei haben gerade diese Förderer den großen Vorteil, sich den gegebenen Raumverhältnissen leicht anzupassen.