Titel: Die Ausnutzung des Reibungsgewichtes bei der Dampflokomotive.
Autor: Ludwig Schneider
Fundstelle: Band 329, Jahrgang 1914, S. 696
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Die Ausnutzung des Reibungsgewichtes bei der Dampflokomotive. Von Dr.-Ing. Ludwig Schneider in München. SCHNEIDER: Die Ausnutzung des Reibungsgewichtes bei der Dampflokomotive Inhaltsübersicht. Es wird darauf hingewiesen, daß es unzulässig ist, die Summe der Drehkräfte vom rechten und linken Triebrad als Maß für die Reibungszugkraft zu benutzen. An Hand eines Umfangskraftdiagramms werden die wirklichen, an einer gekuppelten Rädergruppe einer Maschinenseite auftretenden Zugkräfte bestimmt. Dabei zeigt sich, daß die Zweizylinderlokomotive mit Außenzylindern das Reibungsgewicht etwas schlechter, die Drei- und Vierzylinderlokomotive jedoch besser ausnutzen als die elektrische Lokomotive mit Stangenantrieb. ––––– Ein kürzlich erschienener Aufsatz über die Ausnutzung des Reibungsgewichtes bei EisenbahnfahrzeugenElektrische Kraftbetriebe und Bahnen 1914, S. 277. enthält eine Untersuchung über das Verhalten elektrischer Lokomotiven. Aus theoretischen Betrachtungen und vorliegenden Erfahrungszahlen wird dort die Berechtigung abgeleitet, „in den Fällen, wo Zweizylinder-Dampflokomotiven ihr Reibungsgewicht erfahrungsgemäß, beispielsweise mit ⅙ ausnutzen können, bei elektrischen Lokomotiven mit gekuppelten Achsen und genügend feinstufiger Steuerung bis etwa ⅕ zu gehen“. Gegen die Begründung dieser Berechtigung können jedoch Einwände erhoben werden; außerdem kommt die elektrische Lokomotive heute schon so oft in Wettbewerb mit der Vierzylinder-Dampflokomotive, daß auch das Verhalten der letzteren betrachtet werden muß. Vorausschickend möchte ich betonen, daß die in jenem Aufsatz verzeichneten „Anfahrdiagramme“ allein eine Beurteilung der Dampflokomotiven auf Schleudern, - denn darum handelt es sich im wesentlichen, - nicht zulassen. Ein Anfahrdiagram m gibt es eigentlich gar nicht. Bei zwanzigmaligem Anfahren werden die ersten Sätze Indikatordiagramme wohl jedesmal anders ausfallen, je nach der Kurbelstellung im Augenblick des Wegfahrens, der Reglerstellung, der Geschicklichkeit des Führers usw. Die Diagramme, die in der angeführten Arbeit der Untersuchung der Dampflokomotiven zu Grunde gelegt sind, stellen denn auch eigentlich keine Anfahrdiagramme, wie sie bezeichnet sind, dar, sondern gelten für die mäßige. Geschwindigkeit von 20 km/Std., also während der Beschleunigung des Zuges. Aber auch solche Diagramme sind, wie wir später sehen werden, für die Ausnutzung des Reibungsgewichtes allein nicht maßgebend. Textabbildung Bd. 329, S. 697 Abb. 1. Dampfdiagramm Immerhin ist das Verhalten der Dampflokomotiven im Vergleich mit jenem der elektrischen Lokomotiven auch während der Beschleunigungsdauer so interessant, daß es sich verlohnt, näher darauf einzugehen. In Abb. 1 ist ein Dampfdiagramm für 40 v. H. Füllung dargestellt. Obwohl es bei 40 km/Std. Zuggeschwindigkeit abgenommen wurde, sind die Drosselverluste so verschwindend, daß das nämliche Diagramm auch für eine Geschwindigkeit von 10 oder 20 km/Std. gelten könnte. Die Versuchslokomotive mit Außenzylindern, von der das Diagramm stammt, hat folgende Abmessungen: Hub 2 × 600 mm Zylinderdurchmesser 2 × 425 mm Triebraddurchmesser 1700 mm Triebstangenlänge 1900 mm Dampfüberdruck 12,5 at Kupplung 2–B Raddruck 7 t Hin- und hergehendes Gewicht für    den Zylinder 380 kg (geschätzt) Bei den geringen Geschwindigkeiten von 10 bis 20 km/Std. kann die Wirkung des Massendruckes auf den Kurbelzapfen vernachlässigt werden, und wir erhalten die in verschiedenen Kurbelstellungen am Triebzapfen in Richtung der Zylinderachse eingreifenden Kräfte aus den Ordinaten des Ueberdruckdiagramms a b c d (Abb. 2). Mit Hilfe des letzteren wird auf bekannte Weise unter Berücksichtigung der endlichen Triebstangenlänge das Umfangskraftdiagramm gezeichnet. Dieses ist in den Abb. 3 und 4 dargestellt. In Abb. 3 sind über dem in eine Gerade ausgebreiteten Radumfang die am rechten und linken Radreifen angreifenden Zugkräfte als Ordinaten aufgetragen. Die letzteren sind unmittelbar aus den Kolbenkräften, also ohne Abzug der unvermeidlichen Reibungsverluste, durch Verkleinerung der Triebzapfentangentialkräfte im Verhältnis Hub zu Triebraddurchmesser ermittelt. Textabbildung Bd. 329, S. 697 Abb. 2. Ueberdruckdiagramm Textabbildung Bd. 329, S. 697 Abb. 3. Lineares Umfangskraftdiagramm einer Zwillings-Dampflokomotive Behufs Feststellung der Reibungswerte von Rad gegen Schiene ist es wegen der Elastizität der Achsen unzulässig, die Werte der an den rechten und linken Rädern angreifenden Kräfte zu addieren und sodann mit einer Reibungszugkraft, gleichsam auf die Achse oder ein ideelles Rad bezogen, zu rechnen.Wie in Elektrische Kraftbetriebe und Bahnen 1914 S.277, verfahren wird. In Wirklichkeit kommt dieser Wert für die Ausnutzung des Reibungsgewichtes an einem Rade gar nicht in Betracht. In Abb. 3 und 4 erscheint er als die dünn ausgezogene, wellige Linie mit einem Höchstwert von 6050 und einem Tiefstwert von 3850 kg. Der Höchstwert der Zugkraft am Zughaken fällt aber durchaus nicht mit dem Höchstwert der Ausnutzung des Reibungsgewichtes an den Rädern zusammen, da die größte an der Triebachse geäußerte Umfangskraft von 6050 kg mit 3250 kg bzw. 2800 kg ziemlich gleichmäßig auf die rechte und die linke Rädergruppe verteilt ist. Ebenso wenig wie der größte Wert von 6050 kg an einem Rad oder an den gekuppelten Rädern einer Maschinenseite auftritt, erscheint als kleinster Wert 3850 kg, vielmehr ändert sich die an den gekuppelten Rädern einer Maschinenseite angreifende Umfangskraft zwischen einem kleinen negativen Wert und dem Höchstwert von 5600 kg. Die mittlere Zugkraft ist aus den Abb. 3 und 4 zu 4800 kg zu entnehmen. Ebenso groß sei die mittlere Zugkraft bei der elektrischen Vergleichslokomotive mit Stangenantrieb. Diese Zugkraft ist bei Gleichstrom an der Motorwelle von durchaus gleichbleibender Größe, bei Drehstrom infolge Uebereinanderlagerung der Phasen fast gleichbleibend, bei Einwellenwechselstrom dagegen beträchtlich schwankend. In den beiden ersten Fällen stellt die mittlere Zugkraft von 4800 kg zugleich den an einem Rad angreifenden Höchstwert dar, welcher auftritt, wenn die Kurbel des Gegentriebrades eben im Totpunkt steht; der geringste Wert ist gleich Null. Wir erhalten also nach Abb. 3 und 4 bei der Zweizylinderdampflokomotive mit Außenzylindern gegenüber der elektrischen Lokomotive von gleicher mittlerer Zugkraft eine im Verhältnis 5600 zu 4800, d.h. also um 16,5 v. H. größere, für die Ausnutzung zu berücksichtigende Radumfangskraft. Ich bemerke, daß dieses Ergebnis für die der Dampflokomotive ungünstigen Annahmen: 40 v. H. Füllung und nur 6,3-fache Triebstangenlänge gilt. In dem in „Elektrische Kraftbetriebe und Bahnen“ angeführten Beispiel mit 50 v. H. Füllung und 9,5-facher Triebstangenlänge ist die größte am Radumfang auftretende Umfangskraft der Dampflokomotive bei richtiger Auslegung des Umfangskraftdiagramms um 3 v. H. kleiner als jene der elektrischen Lokomotive, geschweige denn, wie dort angegeben, um 20 v. H. größer. Textabbildung Bd. 329, S. 698 Abb. 4. Polares Umfangskraftdiagramm einer Zwillings-Dampflokomotive Es können aber verschiedene Umstände eintreten, welche die Verhältnisse bei der Dampflokomotive noch verbessern. Im behandelten Beispiel war angenommen, daß die Lokomotive Außenzylinder besitze und die in die Trieb- und Kuppelzapfen einer Maschinenseite eingeleiteten Drehmomente unmittelbar durch die Radspeichen auf die „Reibungskupplung“ zwischen Rad und Schiene geleitet würden. Bei innen liegenden Zylindern und gekröpften Achsen werden sich jedoch die Drehmomente einer Maschinenseite nicht mehr ausschließlich einer Räderseite mitteilen, sondern sich, der Verdrehung der Achse entsprechend, ungleichmäßig auf rechten und linken Radsatz verteilen. Dadurch wird folgerichtig der Höchstwert der auf ein Rad treffenden Anteile verringert. Einen Grenzfall in dieser Hinsicht stellt die Lokomotive mit einer Klien-Lindner-Triebachse dar, wo die Zugkraft genau in der Achsmitte auf das Hohlrad übertragen wird. Hier ist die an einem Radumfang auftretende größte Tangentialkraft nur annäherd halb so groß als bei einer elektrischen Lokomotive gleicher Zugkraft mit Stangenantrieb. Dazwischen ordnen sich die Vierzylinderlokomotiven, Verbund und Vierling, mit Antrieb auf eine gekröpfte Achse, bei welchen ebenfalls die von den Innenzvlindern geäußerten Zugkräfte nach beiden Seiten abgeleitet werden. Auch ist hier die Dreizylinderlokomotive mit Kurbeln unter 120 ° (Elektr. Kraftbetr. und Bahnen Abb. 297b, S. 278) zu nennen. Die Klien-Lindner-Lokomotive, die Lokomotive mit zwei innen liegenden, mit drei oder vier nebeneinanderliegenden Zylindern sind sämtlich der elektrischen Lokomotive mit Stangenantrieb, was die Ausnutzung d es Reibungsgewichtes betrifft, überlegen, da die mit einer gekuppelten Radgruppe zu übertragenden Zugkräfte geringere Höchstwerte erreichen. Eine Lokomotive ist aber nicht nur beim Beschleunigen des Zuges, also bei mehr oder weniger kleinen Geschwindigkeiten, bis an die Grenze der Reibungskraft beansprucht, sondern unter Umständen auch im Gebiete höherer Geschwindigkeiten, besonders bei der Ueberwindung von Steigungen. Wie lange und wie oft bei höheren Geschwindigkeiten mit der Reibungskraft gefahren werden kann, ist bekanntlich eine Kessel- und Rostfrage. Speziell müssen Lokomotivtypen, die in hügeliger Landschaft verkehren, hohen Anforderungen in dieser Hinsicht genügen. Es ist dieser Fall also gar nichts Seltenes und verdient näheres Studium. Bei großen Geschwindigkeiten darf die Wirkung des Massendruckes am Triebzapfen, in der Größe dargestellt durch die Ordinaten der Fläche a d f e (Abb. 2), nicht vernachlässigt werden. Die Ordinaten des Diagramms e b c f (Abb. 2) stellen die am Triebzapfen wirkenden Kolbenkräfte dar, wenn die Fahrzeuggeschwindigkeit 50 km/Std. beträgt. Für den hier interessierenden Bereich können die Kolbenkräfte auch zu 70 km Geschwindigkeit aus Abb. 2 entnommen werden. Die Wirkung der Massendrücke ist eine ausgleichende, d.h. die Kolbenkräfte werden gleichmäßiger und damit auch die am Radumfange wirkenden Zugkräfte, wie die punktierten Kurven zwischen Ordinate 3 und 6 in Abb. 3 erkennen lassen. Da die Massendrücke die mittlere Zugkraft von 4800 kg nicht zu ändern vermögen, vermindert sich die Ueberschreitung der Radumfangskraft der Dampflokomotive gegenüber der größten von 4800 kg der elektrischen Lokomotive, gleicher Zugkraft von den vorerwähnten 16,5 v. H. bei 50 und 70 km/Std. Geschwindigkeit auf 11,5 bzw. 9 v. H. Streng genommen ist allerdings das Dampfdiagramm (Abb. 1) für 50 oder 70 km Geschwindigkeit nicht genau giltig, da bei den gesteigerten Geschwindigkeiten größere Drosselverluste eintreten. Die letzteren hängen aber so sehr von der mehr oder minder guten Bemessung der Organe der Dampfverteilung ab, daß ihnen eine grundsätzliche Bedeutung in diesem Zusammenhang nicht beizulegen ist. Nur ein Punkt ist zu erwähnen, der u. U. einen Nachteil der Dampflokomotive gegenüber der elektrischen hinsichtlich Ausnutzung des Reibungsgewichts bedeutet, das ist die entlastende Fliehkraft des die Wirkung der hin- und hergehenden Massen ausgleichenden Gegengewichtsanteiles. Nach den Technischen Vereinbarungen darf zwar jetzt bei der größten zulässigen Geschwindigkeit die Fliehkraft an einem Rade nur mehr bis zu 15 v. H. des ruhenden Raddruckes betragen. Dieser äußerste ungünstige Fall sei hier für die zweifach gekuppelte Lokomotive in Rechnung gezogen. Der ruhende Raddruck beträgt im gewählten Beispiel 7 t; 15 v. H. davon sind 1050 kg. Die größte Umfangskraft von 5600 kg, die von den zwei gekuppelten Rädern einer Maschinenseite zu übertragen ist, liege eben an der Reibungsgrenze. Dann ist der Reibungskoeffizient von Rad gegen Schiene \frac{2800}{7000}=\frac{1}{2,5}. Infolge der abwechselnden Be- und Entlastung des Trieb- und des Kuppelrades durch die freien Fliehkräfte schwankt die Reibungsgrenze oder anders ausgedrückt die zulässige Zugkraft um Werte von \pm\,\frac{2\,\times\,1050}{2,5}=\pm\,840\mbox{ kg}, und zwar nach der Kurve g–h in Abb. 3, die für die rechte Maschinenseite gilt. Die Reibungskraft wird also bei rascher Fahrt zwischen der Kurbelstellung 5 und 6 von der an den Radreifen auftretenden Umfangskraft überschritten, was zum Schleudern Veranlassung geben könnte. Wohlgemerkt gilt dies nur für die gewöhnliche Zweizylinderlokomotive. Bei der Zweizylinderlokomotive mit gegenläufigem TriebwerkEisenbahntechnik der Gegenwart, 3. Auflage, 1. Band I, S. 452. und bei der Vierzylinderlokomotive, Bauart von Borries, fällt der Ausgleich der hin- und hergehenden Massen durch Gegengewichte unddamit die Aenderung des Reibungsgewichtes weg. Die Wahrscheinlichkeit, daß eine raschlaufende Lokomotive wegen einer so geringfügigen Ueberschreitung der Umfangskraft schleudert, ist übrigens sehr gering. Beim Schleudern muß das ganze Gestänge der Lokomotive, die Räder und Achsen beschleunigt werden. Dazu ist aber das Zeitintegral der Antriebskraft ∫P∙ d t viel zu klein. Es wird höchstens zu einer Beschleunigung des Gestänges im Bereich der Zapfenspiele und zu Formänderungen ausreichen. Erhöhte Abnutzung, Zittern der Stangen, Resonnanzschwingungen und Brüche können die Folge sein. Die Möglichkeit solcher Erscheinungen ist aber bei der Einphasenwechselstromlokomotive viel größer. Das Drehmoment der Wechselstrommotoren schwankt zwischen Null und dem doppelten Mittelwert und der Höchst- und Tiefstwert der Zugkraft am Radumfang wird bei 15 Perioden fünfzehnmal in der Sekunde erreicht. Macht das Rad in der Minute 340, also in der Sekunde 5,7 Umdrehungen, so treffen auf eine Radumdrehung 2,6 Perioden. Das Zeitintegral der die Reibungskraft übersteigenden Antriebskraft, das bei gegebener Periodenzahl unabhängig von der Lokomotivgeschwindigkeit ist, erreicht somit mindestens dieselbe Größenanordnung als jenes einer Zweizylinderlokomotive bei ungünstigen Verhältnissen (nämlich Außenzylindern, weitgehendem Ausgleich schwerer hin- und hergehender Massen und größter Fahrgeschwindigkeit) und müßte eine ähnliche Wirkung auf die Gleitkupplung zwischen Rad und Schiene haben wie bei der Dampflokomotive, wobei allerdings noch zu berücksichtigen ist, daß die umlaufenden Massen des Rotors und der Räder wie ein Schwungrad wirken. Der absoluten Größe der Reibungsziffer sollen noch kurze Ausführungen gewidmet sein. Nach Abb. 3 und 4 findet man als indizierte Zugkraft für die betrachtete Zweizylinder-Zwillingslokomotive den Wert 4800 kg. Das Dampfdiagramm (Abb. 1) ist einer Veröffentlichung von Dr. SanzinForschungsarbeiten des Vereins Deutscher Ingenieure, Heft 150 und 151. entlehnt und alle Abmessungen von der Versuchslokomotive genommen; lediglich die hin- und hergehenden Massen habe ich geschätzt. Sanzin findet auf S. 42 der erwähnten Arbeit die indizierte Zugkraft aus Z\,i=\frac{N\,i\,.\,270}{V} zu 4775 kg. Die Uebereinstimmung mit Abb. 3 und 4 ist also gut. Bei 10 km/Std. gleichmäßiger Fahrgeschwindigkeit gibt Sanzin in der Wagerechten den Widerstand der Lokomotive zu 167 kg an. Man geht also nicht fehl, wenn man die nutzbare Anfahrzugkraft an den Radreifen zu 4610 kg annimmt. Bei 28 t gesamtem Achsdruck beträgt somit der Reibungskoeffizient, bezogen auf die mittlere, am Zughaken auftretende Zugkraft, \frac{4610}{28000}=1/6,1; jener bezogen auf die größte , am Radumfang auftretende Kraft ist jedoch rund \frac{5600-167}{14000}=1/2,58, unter der zulässigen Annahme, daß die Kraft gleichmäßig auf die (zwei) gekuppelten Räder einer Maschinenseite verteilt ist. Wenn man also mit Reibungszahlen 1/5 bis 1/7,5 rechnet, so wird man nicht außer Acht lassen dürfen, daß diese Zahlen keine absoluten, sondern nur vergleichsweise und nur auf eine Lokomotivgattung, das ist die Zweizylinderlokomotive, anwendbare sind und die wirklichen Reibungskoeffizienten 1/2,5 bis 1/3 betragen. Sanzin gibt als größte regelmäßig erreichbare Zugkraft, welche die Versuchslokomotive mit Rücksicht auf die nutzbare Reibung am Umfang der gekuppelten Räder ausüben konnte, 4200 kg an. Der mittlere Reibungskoeffizient beträgt dabei \frac{4200}{28000}=1/6,7. Ausnahmsweise, bei besonders günstigen Reibungsverhältnissen, konnten aber auch weit größere Werte erzielt werden. So entspricht ein bei 25 km/Std. und 50 v. H. Füllung aufgenommenes Indikatordiagramm einer indizierten Zugkraft von 5370 kg oder am Radumfang gemessen etwa 5200 kg, entsprechend einem mittleren Reibungskoeffizienten von 1/5,4. Wir finden also auch bei Dampflokomotiven erhebliche Schwankungen in der Ausnutzung des Reibungsgewichtes, die nicht durch die Art des Fahrzeuges begründet werden können; wenn daher gelegentlich Unterschiede zwischen elektrischen und Dampflokomotiven zugunsten der ersteren festgestellt worden sind, so dürften sie eine grundsätzliche Bedeutung nicht haben. Theoretisch betrachtet ist vielmehr anzunehmen, daß die Dampflokomotive das Reibungsgewicht ebenso gut oder besser ausnutzt als die elektrische, und daß ferner die der Kraftübertragung dienenden Teile der Dampflokomotive günstiger beansprucht werden als der mechanische Teil einer Einwellenwechselstromlokomotive. Die letztere Tatsache wird auch durch die Erfahrung oft genug bestätigt. Der Zweck vorstehender Ausführungen war, die Reibungsverhältnisse von Rad gegen Schiene bei der Dampflokomotive etwas näher zu beleuchten, insbesondere auf die Unzulässigkeit hinzuweisen, die mittlere Zugkraft oder die Zugkraft am Zughaken als Maß für die das Schleudern bewirkende Grenzzugkraft zu benutzen. Beim Vergleich der Dampflokomotiven mit elektrischen muß nach theoretischen Ueberlegungen erwartet werden, daß die ersteren als Lokomotiven mit Innenzylinder, als Dreizylinder-, Vierzylinderlokomotiven, oder Lokomotiven mit Klien-Lindner Triebachse ausgeführt, weniger zum Schleudern neigen als die elektrischen Lokomotiven.