Titel: Ein Feuerungsverfahren mit ausgeglichenem Zug.
Autor: H. Winkelmann
Fundstelle: Band 330, Jahrgang 1915, S. 187
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Ein Feuerungsverfahren mit ausgeglichenem Zug. Von H. Winkelmann aus Ratibor. WINKELMANN: Ein Feuerungsverfahren mit ausgeglichenem Zug. Eine der wichtigsten Aufgaben des praktischen Feuerungsbetriebes für Dampfkessel- oder andere industriellen Anlagen ist das Bestreben, den Wirkungsgrad, bezogen auf die Ausnutzung der im Brennstoff enthaltenen Wärmemengen, zu erhöhen. Die nach dieser Richtung hin unternommenen zahlreichen Versuche zielen in der Hauptsache darauf ab, die Verbrennungsvorgänge eingehender zu studieren und den Feuerungsbetrieb vom persönlichen Eingreifen der Heizer unabhängig zu machen. Da die Heizer selten berufsmäßig ausgebildet sind, sich meistens aus dem Stande der „ungelernten“ Arbeiter ergänzen und ferner körperlich schwere Arbeit zu verrichten haben, so läßt auch schon aus diesem Grunde der Feuerungsbetrieb oft viel zu wünschen übrig. Die meisten Heizer haben gerade so viel Zeit, die nötigen Mengen Kohlen in die Feuerungen zu schaffen, das Feuer von Zeit zu Zeit zu bearbeiten und bei Dampfkesselanlagen auf die Einhaltung des vorgeschriebenen Wasserstandes zu achten. Oft muß bei kleinen Anlagen der Heizer noch die Kohlen selbst heranfahren und die Asche und Schlacke allein abfahren, vielfach auch noch eine Betriebsmaschine bedienen, so daß nie so viel Zeit übrig bleibt, um in Ruhe die Verbrennungsvorgängeseiner Feuerungsanlage so eingehend verfolgen zu können, als daß dadurch eine auf seine persönliche Mitwirkung beruhende bessere Ausnutzung der im Brennstoff enthaltenen Wärmemengen möglich ist. Dieses Ziel kann aber erreicht werden, wenn für bessere Ausgestaltung der Dampfkesselanlagen durch Einbau selbsttätig arbeitender Feuerungsanlagen gesorgt wird, welche von einem berufsmäßig vorgebildeten Heizer bedient werden. Die Tätigkeit eines derartigen Heizers im Dampfkesselbetriebe würde derjenigen eines mehr aufsicht-führenden und weniger körperlichen Anstrengungen ausgesetzten Maschinisten gleich sein. Ebenso wie diese sich weit eingehendere Kenntnisse über die inneren Vorgänge der ihnen anvertrauten Maschine verschafft haben, werden auch die beruflich besonders ausgebildeten Heizer Zeit und vor allem auch Interesse gewinnen, die Verbrennungsvorgänge der ihnen unterstellten Feuerungsanlagen näher zu verfolgen, und hieraus selbst geeignete Maßnahmen für die Verbesserung des Feuerungsbetriebes ableiten. Ohne nun an dieser Stelle weiter auf die für Erreichung des oben genannten Ziels einzuschlagenden Wege näher einzugehen, soll nachstehend eine von denjenigen Maßnahmen behandelt werden, welche für die Verbesserung der Verbrennung von großem Wert ist: „Auf die richtige, der Brennstoffart und -Menge sowie dem jeweiligen Stadium der Verbrennung genau angepaßte Zufuhr an Verbrennungsluft“. Für die Erzielung einer wirtschaftlichen Verbrennung ist es von großer Bedeutung, daß weder mit zu großer noch mit zu geringer. Luftmenge gearbeitet wird. Der beste Maßstab für die Beurteilung der Verbrennungsvorgänge in bezug auf Wirtschaftlichkeit ist in der Feststellung des Kohlensäuregehalts in den Abgasen gegeben. Derselbe soll bei gut bedienten Anlagen mindestens 12 bis 13 v. H. betragen, man findet indessen nur sehr wenig Anlagen, die diesen Wert erreichen. Die meisten Dampfkesselfeuerungen weisen vielmehr nur einen Kohlensäuregehalt von 7 bis 10 v. H. und darunter auf. Ein zu geringer Kohlensäuregehalt der Abgase zeigt stets auf zu hohen Luftüberschuß hin, wodurch die Temperatur der Verbrennungsgase herabgesetzt wird und ein Teil der zugeführten Wärme unnötig zur Erwärmung der überschüssigen Luftmengen Verwendung findet. Andererseits soll aber der Kohlensäuregehalt den Wert von 14 v. H. nicht überschreiten, da dann oft in den Abgasen auch Kohlenoxyd enthalten ist, was auf zu geringe Luftzufuhr zurückzuführen wäre und wodurch ebenfalls die Verbrennung, weil unvollständig – eine unwirtschaftliche wird. Es ist schon wiederholt versucht worden, die Zufuhr der Verbrennungsluft im richtigen Verhältnis zum Brennstoff, unabhängig von dem Eingreifen des Heizers, selbsttätig zu gestalten. Von den nach dieser Richtung hin unternommenen Versuchen verdient u.a. auch das nachstehend beschriebene Feuerungsverfahren mit ausgeglichenem Zug einiges Interesse. Dieses mit Unterwind arbeitende, durch D. R. P. 185049 geschützte, von dem Amerikaner Mac Lean erfundene Feuerungsverfahren erledigt vollkommen selbsttätig die Zufuhr der erforderlichen Menge an Verbrennungsluft, indem es beim Sinken des Dampfdruckes dem Brennstoff mehr Luft zuführt und umgekehrt beim Uebersteigen des zulässigen Druckes die Luftzufuhr verringert. Das Verfahren paßt sich somit den Dampfschwankungen vollkommen und selbsttätig an und zwar durch Aenderung der Brenngeschwindigkeit. Die Einrichtungen des Mac Leanschen Verbrennungsverfahrens mit ausgeglichenem Zug bestehen im wesentlichen aus einem durch Elektromotor oder Transmission angetriebenen Gebläse (Ventilator), einem vom Dampfdruck des Kessels gesteuerten Regulator für den Unterwind, sowie einem durch den Luftdruck im Feuerungsraum gesteuerten Rauchschieber-Regulator. Als Nebenbestandteile kommen hinzu die Verbindungsrohrleitung, die Windleitung, welche vom Gebläse zum geschlossenen Aschenfall führt und ferner in einzelnen Fällen noch zur Betätigung des Rauchschiebers ein Wasserdruckzylinder. Zur Erzielung hoher Wirtschaftlichkeit soll möglichst ein Gebläse mit veränderlicher Leistung und dementsprechend veränderlicher Umlaufzahl zur Anwendungkommen. Infolgedessen muß bei dem meistens üblichen Antrieb durch Elektromotor auch dieser für veränderliche Umlaufzahl vorgesehen sein, während beim Transmissionsantrieb die Luftzufuhr nur durch Drosselung geregelt werden kann. Der Unterwindregler wird von den Schwankungen im Dampfdruck derart beeinflußt, daß er bei Verwendung eines Elektromotors als Antriebsorgan für das Gebläse, unmittelbar auf den Anlasser einwirkt, während der Regler bei Transmissionsantrieb des Gebläses eine in der Unterwindleitung eingebaute Drosselklappe betätigt. Die Aenderungen im Dampfdruck dienen mithin nur dazu, den Steuermechanismus des Unterwindreglers zu betätigen, ohne daß also, wie bei anderen ähnlichen Vorrichtungen, irgend welcher Dampfaufwand erforderlich ist. Die Wirkungsweise des vorliegenden Verbrennungsverfahrens ist folgende: Sowie bei sinkendem Dampfdruck der Regulator auf das Gebläse derart einwirkt, daß dasselbe schneller läuft bzw. mehr Luft der Feuerung zuführt, wird auch der Rauchschieber selbsttätig entsprechend mehr geöffnet, um die größere Menge der Verbrennungsgase abführen zu können. Im gleichen Sinne findet bei steigendem Dampfdruck eine Verringerung in der Zufuhr von Verbrennungsluft und ein Drosseln des Rauchschiebers statt. Diese Schieberbewegung wird durch den Druck der Feuergase derart geregelt, daß dieser Druck in einem stets bestimmten Abhängigkeitsverhältnis zum atmosphärischen Druck steht und nicht viel größer ist als dieser. Infolgedessen herrscht auch an den Feuertüren keine Luftbewegung und über dem Rost nach dem Rauchschieber zunehmend nur ein geringes Vakuum, welches vollständig unabhängig von der Größe der Rostbelastung nahezu unverändert bleibt. Man kann sich hiervon leicht überzeugen, indem man einen Faden Putzwolle oder ein Blatt Papier vor die geöffnete Feuertür des mit ausgeglichenem Zug arbeitenden Kessels hält. Dasselbe wird nicht, wie bei gewöhnlichen Feuerungen, vom Zuge nach innen angezogen, sondern bleibt unbeweglich. Eine weitere Folge des im Innern der Feuerung herrschenden geringen Ueberdrucks gegenüber dem atmosphärischen Druck außerhalb der Feuerung liegt darin, daß von außen nicht so leicht kalte Luft, etwa durch undichtes Mauerwerk usw. in die Feuerung gelangen kann, wodurch bekanntlich ebenfalls oft recht bedeutende Wärmeverluste entstehen. Da Feuerungen mit ausgeglichenem Zug mit besonders geringem Luftüberschuß arbeiten, werden ferner nur dementsprechend geringere Abgasmengen erzeugt, für deren Abführung verhältnismäßig kleine Schornsteine erforderlich sind, weil dieselben nur für die Abführung der Gase hinter der Feuerbrücke die nötige Saugwirkung zu erzeugen haben, während der Widerstand der Luft beim Durchgang durch die Brennstoffschicht von dem Unterwindgebläse bewältigt wird. Infolgedessen wird es oft möglich sein bei vorhandenen Feuerungsanlagen die Leistungsfähigkeit nach Einbau der Vorrichtungen für ausgeglichenen Zug steigern zu können. Bei mehreren Dampfkesseln erhält jeder Kessel einen Rauchschieber-Regulator, so daß jede Feuerung unabhängig betrieben werden kann. Je nach den Betriebsverhältnissen wird der Regulator entweder hydraulisch oder rein mechanisch mit Hilfe eines Schaltwerks betätigt. Im ersteren Fall wird eine Tauchglocke außen dem atmosphärischen Druck und innen dem Druck der Feuergase ausgesetzt. Je nachdem nun der innere Druck stärker oder schwächer ist wie der atmosphärische Druck wird die Glocke gehoben oder gesenkt. Diese Bewegung der Glocke wird dazu benutzt, um mit Hilfe des unter dem Druck einer Wasserleitung stehenden Kolbenschiebers den Rauchschieber mehr zu öffnen oder zu drosseln. Im zweiten Fall bedient man sich eines mechanischen Schaltwerksin Verbindung mit einem Regulator von derselben Bauart, wie er für die Regulierung des Unterwindes benutzt wird. Hierbei werden die Druckschwankungen im Feuerungsraum auf eine Membrane übertragen, deren Bewegungen in ähnlicher Weise wie beim Unterwindregler durch Vermittlung eines Schaltwerks dazu benutzt werden, den Rauchschieber mehr zu öffnen bzw. zu drosseln. Durch Versuche ist festgestellt worden, daß es bei Feuerungen mit ausgeglichenem Zug verhältnismäßig leicht möglich ist einen mittleren Kohlensäuregehalt der Abgase von 13 bis 15 v. H. ohne nennenswerte Spuren von Kohlenoxyd zu erzielen.