Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 330, Jahrgang 1915, S. 330 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Zur Lage der deutschen Papiermacherei während des
Kriegsjahres 1914/15. Im Anschluß an meine Arbeit über Satinierkalander
(vgl. Heft 14 S. 261 d. Bd.) möchte ich kurz auf die der deutschen Papiermacherei im
Kriegsjahre 1914/15 erwachsenen Schwierigkeiten hinweisen.
Die deutsche Papiermacherei ist an den Lieferungen für den Staat in hohem Maße
beteiligt und fertigt für ihn Schreib- und Druck- sowie auch Wertzeichen- und
Kunstdruckpapiere an. Der um die Staatslieferungen unter den Papierfabrikanten
entstandene Wettbewerb ist stets lebhaft gewesen, was dazu geführt hat, daß sich die
Preise nicht nur für die besonderen Vorschriften unterworfenen Normal- und
Wertzeichenpapiere, sondern auch für die anderen Papiergattungen fast immer auf der
untersten Grenze bewegt haben. Die Lage der deutschen Papierindustrie ist daher
schon vor dem Kriege ungünstig gewesen.
Infolge der schwierigeren Beschaffung aller Rohstoffe oder ihres Ersatzes durch
bedeutend teurere Stoffe, infolge des Steigens der Preise für die Betriebstoffe der
Papiermacherei sowie infolge Heranziehung ungeschulter Arbeitskräfte und
verminderter Erzeugung haben sich die Selbstkosten der Papierfabriken
außerordentlich gesteigert.
Was die einzelnen Rohstoffe betrifft, so muß zunächst für den wichtigsten, nämlich
für den Zellstoff, von den Abnehmern ein um 10 v. H. höherer Preis bezahlt werden.
Der Preis des Strohs ist seit Ausbruch des Krieges ungefähr um 300 v. H. gestiegen.
Auch die Hadern sind schwer zu beschaffen und haben daher große Preissteigerungen
erfahren. Der Bezug von Harz aus Frankreich hat aufgehört und die Vereinigten
Staaten von Nordamerika sind nicht in der Lage, diesen wichtigen Rohstoff nach
Deutschland herüberzuschaffen. Der Preis des Harzes, das vor dem Kriege 25 M/q
gekostet hat, beträgt derzeit 125 M/q. Bauxit, der Ausgangsstoff für schwefelsaure
Tonerde ist von der Rohstoffabteilung des Kriegsministeriums mit Beschlag belegt
worden und wird den Papierfabriken nur in beschränktem Maße zur Verfügung gestellt,
weshalb er gleichfalls teuer ist. Ein Ersatz für Bauxit ist leider bisher noch nicht
gefunden, wodurch die Fortführung der Papiermacherei gefährdet erscheint. Von den
Kartoffelmehlvorräten wird den Papierfabriken nur wenig freigegeben, so daß diese
gezwungen sind, holländisches Kartoffelmehl von der
Trockenkartoffel-Verwertungsgesellschaft um den Preis von 70 M/q zu erstehen.
Außerdem sind sonstige Gebrauchsstoffe, wie Chlor und Aetzkalk, Schwefelsäure, Soda,
die meisten Füllstoffe, Farben, Gummi und Packmaterialien enorm im Preise
gestiegen.
Unter den Betriebstoffen haben viele ein Vielfaches ihres früheren Preises erreicht.
Die Brennstoffe werden Privatabnehmern vom Kohlensyndikat wegen dessen erhöhter
Beanspruchung von Seiten der Heeresverwaltung und der Staatsbahnen in nur 60 v. H.
der vor dem Kriegeabgeschlossenen Mengen abgegeben, was zur Folge hat, daß der
Mehrbedarf an Kohle von den Papierfabriken durch Bezug von weniger geeigneten und
dabei teureren Brennstoffen gedeckt werden muß. Eine große Preiserhöhung haben
ferner Siebe und Filze erfahren. In Betracht kommt hierzu außerdem, daß die
Papierfabriken die abgenutzten Siebe und Filze der Rohstoffabteilung des
Kriegsministeriums überlassen müssen, um dafür neue zu erhalten, während früher
diese Hilfsmittel zu guten Preisen verkauft werden konnten. Insbesondere entspricht
der von der Kriegsmetallgesellschaft für die Altsiebe zugestandene Preis in keiner
Weise dem Werte der Siebe. Die Altfilze sind sogar ohne jedwede Vergütung
abzuliefern.
Außerordentliche Erschwerungen sind der deutschen Papiermacherei endlich dadurch
entstanden, daß ihr eine bedeutende Zahl von Beamten und geschulten Arbeitskräften
durch Einberufung zum Heeresdienst entzogen worden sind. Durch die Verwendung
unerfahrener Arbeitskräfte werden im Betriebe in jeder Hinsicht erhebliche Störungen
verursacht. Zudem kommt, daß auf den Papierfabrikanten hohe Verpflichtungen lasten,
indem sie die Frauen und Kinder ihrer im Felde befindlichen Angestellten zu
unterstützen haben und indem sie sich den durch die Verteuerung aller Lebensmittel
begründeten Anträgen auf Lohnaufbesserungen der jetzt in ihren Betrieben
Beschäftigten nicht entziehen konnten. Nicht unterlassen sei noch der Hinweis auf
die Nachteile, die eine fast um die Hälfte verminderte Erzeugung dadurch mit sich
bringt, daß die allgemeinen Unkosten und die Verzinsung der aufgewandten Anlagewerte
in der früheren Höhe fortlaufen.
In Rücksicht auf die aufgezählten Tatsachen wurden schon frühzeitig bei dem Vorstande
des Vereins deutscher Papierfabrikanten Anträge um Verbesserung der wirtschaftlichen
Lage eingebracht, und vor allem darum ersucht, daß an eingegangenen Schlüssen und
Verbindlichkeiten nicht gerüttelt werden möge, um zunächst dem immer größer
werdenden Gegensatz zwischen Selbstkosten und Verkaufspreisen der Erzeugnisse zu
begegnen. Auf der am 8. April d. Js. vom Vorstande genannten Vereins nach Berlin
einberufenen Hauptversammlung wurde nach Erörterung der der deutschen
Papierindustrie erwachsenen Schwierigkeiten der Beschluß gefaßt, die
Papierschlußpreise wenigstens in dem der Selbsterhaltung dieser Industrie
entsprechenden Maße zu erhöhen, wozu einige Berufsgenossenschaften in Bayern,
Württemberg und Baden bereits ihre Zustimmung zum Ausdruck gebracht haben. Am 3. Mai
d. Js. unterbreitete der Verein deutscher Papierfabrikanten dem Reichskanzler eine
Eingabe, in der er an ihn die Bitte richtete, die Reichs- und Staatsbehörden zu
ermächtigen, auf die Preise der Lieferungsverträge vom Oktober 1914 bis März 1915
einen Aufschlag von 10 v. H. und auf die jetzt laufenden einen solchen von 15 v. H.
zuzubilligen.
Prof. Ernst Blau.
Kollag. Kollag wird in der chemischen Fabrik von E.
de Haën in Seelze bei Hannover hergestellt. Seine
wesentlichen Kennzeichen sind die kolloidartige Beschaffenheit des in ihm gelösten
Graphits und seine Aschefreiheit, so daß es eine äußerst haltbare, homogene
Suspension von aschefreiem Graphit darstellt. Der kolloidartige Zustand des im
Kollag gelöst enthaltenen Graphits beruht auf der außerordentlichen Kleinheit der
Graphitteilchen, deren Größe von der Ordnung 1/4 bis 1 Mikron (0,00025 bis 0,001 mm)
ist; durch ein besonderes Schlämmverfahren ist dafür gesorgt, daß das Produkt völlig
frei von Graphitteilchen ist, die diese Größenordnung
überschreiten.
Kollag hat keine Verwandtschaft mit den anderen, auf dem Markt befindlichen
Graphit-Oel-Produkten, die einfache Aufschwemmungen von mehr oder weniger fein
gemahlenem Graphit sind, deren Haltbarkeit eine begrenzte und schwankende, aber
stets ungenügende ist, und die niemals genügend aschefrei sind. Diese Produkte
kommen nur als Ketten- oder Seilschmieren und vielleicht bei ganz schweren Lagern in
Betracht. Für alle anderen Maschinenteile, wo eine Verstopfung der Schmierkanäle und
jede Verunreinigung ausgeschlossen sein soll, insbesondere bei allen Maschinenlagern
und sonstigen Maschinenteilen, ferner bei der Schmierung von Explosionsmotoren usw.
kommen nur Kolloid-Graphit und Oildag in Frage, die einzigen Produkte, die beliebig
aschefreien Graphit kolloidartig in Schmiermitteln gelöst enthalten. Vor dem
amerikanischen Fabrikat der Acheson Company hat aber
Kollag den Vorzug, statt aus dem amerikanischen Kunstgraphit aus dem allgemein
zugänglichen und auch jetzt in Deutschland erhältlichen Naturgraphit herstellbar zu
sein. Der kolloidale Naturgraphit hat ferner mit seiner Eigenschaft, Hochglanz auf
Metallplatten zu erzeugen, bedeutende Vorzüge als Schmiermittel gegenüber den
rußähnlichen und amorphen Acheson-Graphitsorten, die das Ausgangsprodukt für die
Herstellung von Oildag sind.
Aus der außerordentlichen Kleinheit der in Kollag gelösten Graphitteilchen ergeben
sich die besonderen Eigenschaften und Vorzüge des Produkts:
1. Seine außerordentliche Haltbarkeit. Infolge ihrer
Kleinheit befinden sich die Graphitteilchen auch in ganz dünnflüssigen Schmierölen
in dauernder Suspension, so daß die Bildung von Bodensätzen trockenen Graphits
während der Aufbewahrung oder während des Gebrauchs ausgeschlossen ist. Ebenfalls im
Gegensatz zu den einfachen mechanischen Graphitölgemengen findet auch keine Trennung
des gelösten Graphits von dem Schmieröl in dem Sinne statt, daß sich bei langem,
ruhigem Aufbewahren klares Oel in den obersten Schichten abscheidet.
2. Die große Sparsamkeit im Gebrauch. Entsprechend seiner
kolloidartigen Feinheit besitzt der im Kollag gelöste Graphit eine sehr große
Oberfläche. Es genügen daher bereits ganz geringe Mengen, um die sich reibenden
Metallflächen vollständig zu überziehen und die trockene Reibung, die die
Reibungszahl und damitden Kraftverbrauch der Maschinen bei der Schmierung mit
reinem Schmieröl erhöht, weitgehend zu beseitigen. Da die Teilchen kleiner sind als
die mikroskopischen Unebenheiten der sich reibenden Metallflächen, so füllen sie
diese Unebenheiten aus und wirken auch hierdurch im Sinne einer Verminderung der
Reibungszahl und einer Erhöhung der Arbeitsökonomie der Maschinen. Wie eine große
Reihe von Versuchen an den verschiedensten Maschinenarten ergab, genügt ein Gehalt
von 0,14 bis 0,28 v. H. gelösten Graphits in der gebrauchsfertigen Lösung, um die
besten Resultate zu erzielen.
3. Diese verdünnten Graphitlösungen ergeben ferner eine große, durch zahlreiche
genaue Versuche belegte Oelersparnis von mindestens 50 v. H., in manchen Fällen auch
bis 70 v. H.
4. Ein Hauptvorzug des Kollag ist, daß es im Gegensatz zu den anderen Produkten neben
den Vorteilen der Verminderung der Reibungszahl um rund 25 v. H. und einer
Oelersparnis von 50 bis 70 v. H. die Gewähr gibt, daß die Anwesenheit des Graphits
keinerlei ungünstige Nebenwirkung ausübt. Entsprechend der hervorragenden
Haltbarkeit des Produktes sind Verstopfungen der Schmierkanäle, der Tropföler, die
Bildung von Kurzschlüsse erzeugenden Niederschlägen auf den Zündkerzen von Motoren
usw. ausgeschlossen. Eine Sedimentation oder Verstopfung wurde bei Kollag niemals
beobachtet, wohl aber bei der Anwendung anderer Graphitschmiermittel, was eine
ständige Gefahr für den sicheren Betrieb der Maschine bedeutet. Bei der Kleinheit
der Teilchen, der Weichheit des angewendeten Graphits und der Abwesenheit
mineralischer Aschebestandteile (die durch ein Reinigungsverfahren besonders
entfernt werden), ist eine mechanische Schädigung auch der empfindlichsten
geschmierten Maschinenteile nicht zu befürchten.
Die hervorragende Wirkung von Kollag und das Ausbleiben jeglicher Uebelstände zeigte
sich in einer Reihe von Versuchen bei der Schmierung von Lagern, ferner an Zylindern
von Lokomotiven, Dampfmaschinen usw. Empfohlen sei noch die Verwendung von Kollag
zur Lager- und Zylinderschmierung von Automobilen und Flugzeugen, zum
Einlaufenlassen neuer Maschinen, zum Beispiel Werkzeugmaschinen usw.
Motorsegler. Der Deutsche Schulschiff-Verein hat seine
Flotte, die bisher aus den Schulschiffen „Großherzogin Elisabeth“ und
„Prinzeß Eitel Friedrich“ bestand, um ein drittes Schulschiff, einen
Motorsegler „Großherzog Friedrich August“ vermehrt. Der Bau dieses Schiffes
wurde von der Firma Tecklenborg A.-G. in Geestemünde
ausgeführt. Während die beiden ersten Schiffe als Dreimast-Vollschiffe getakelt
sind, ist das neue Schiff eine Dreimastbark und besitzt einen 600 PS-Hilfsmotor,
eine Dieselmaschine Bauart Tecklenborg-Carels. Die größte
Länge des Schiffes ist 85 m, die größte Breite 12,7 m, der Tiefgang 5,2 m bei einer
Wasserverdrängung von 2350 t.
Um dem Schiff eine gute Schwimmsicherheit zu verleihen, hat es sechs wasserdichte
Querschotten, die bis zum Oberdeck reichen. Die Schwimmfähigkeit des Schiffes genügt auch dann
noch, wenn eine, an den Enden sogar zwei wasserdichte Abteilungen voll Wasser
laufen. Das Schiff ist für 200 Schiffsjungen bestimmt, hierzu kommen noch 40
Matrosen und Leichtmatrosen, 20 Unteroffiziere und 4 Stewards.
Die Dieselmaschine ist im Hinterschiff eingebaut, vorn befindet sich ein Dampfkessel
für die Dampfheizung, die Pumpen und die Ladewinde. Die Kohlenbunker neben dem
Dampfkessel fassen zusammen 60 t Kohle. In sechs Tanks sind je 22 t Frischwasser
enthalten. Die drei Oeltanks fassen zusammen 100 t. Um beim Segeln die erforderliche
Stabilität zu erreichen, führt das Schiff 500 t festen Ballast mit sich, der unter
dem Lastendeck verstaut ist. Das Schilf hat dementsprechend eine sehr günstige
metazentrische Höhe. Die Gesamtsegelfläche beträgt 2000 m2. Die Masten reichen bis 53 m über Kiel und sind
mit Blitzableitern und den Raaen für die drahtlose Telegraphie versehen. Zum Antrieb
des Schiffes bei ungünstigem Winde oder Windstille, sowie zur Fahrt im engen
Fahrwasser wird die einfachwirkende Zweitakt-Dieselmaschine verwendet, die bei 160
Umdrehungen 600 PSi leistet. Bei dieser
Vierzylindermaschine ist der Rahmen nach der bekannten kräftigen Bauart der
Schiffsdampfmaschinen ausgeführt. Die Grundplatte ist aus Gußeisen hergestellt, die
Kurbelwellenlager sind mit Weißmetall ausgegossen und besitzen Wasserkühlung. Die
Maschine ist in zwei Gruppen von je zwei Arbeitszylindern eingeteilt. Entgegen der
bisherigen Ausführung der Carels-Dieselmaschinen mit
Spülung durch Spülventile im Deckel, sind bei dieser Maschine Spülschlitze am
unteren Hubende angebracht. Im Zylinderdeckel sind nur mehr das Brennstoff-, das
Anfahr- und das Sicherheitsventil angeordnet. Den Spülschlitzen gegenüber befinden
sich auf halbem Zylinderumfange die Auspuffschlitze. Die Arbeitszylinder sind
infolge Verwendung durchgehender Ankerbolzen ohne Zugbeanspruchung. Die Kolben sind
wassergekühlt. Die Kurbelwellenlager, Kurbelzapfen und Kreuzkopfzapfen erhalten
Preßschmierung.
Die doppeltwirkende Spülluftpumpe wird mittels Hebel von einem Kreuzkopf angetrieben.
Von der Spülluftpumpe wird den einzelnen Arbeitszylindern die Spülluft zugeführt.
Die Arbeitszylinder werden durch Seewasser gekühlt. In derselben Weise wie die
Spülluftpumpe wird auch der Einspritzluftverdichter angetrieben. Er ist dreistufig
ausgeführt und wird in ausgiebiger Weise mit Wasser gekühlt. Zwischen den einzelnen
Stufen sind Luftkühler, sowie Wasser- und Oelabscheider vorgesehen, um so
Oelexplosionen im Kompressor und in den Rohrleitungen zu vermeiden. Die Maschine
besitzt ein etwa 4 t schweres Schwungrad aus Stahlguß von 1600 mm ∅. Die
Schiffsschraube ist vierflüglig und kann bei reiner Segelfahrt leicht abgekuppelt
werden. Um die Segelfähigkeit des Schiffes möglichst wenig zu hindern und die
Geschwindigkeit nicht ungünstig zu beeinflussen, ist die Schraube so angeordnet, daß
sie sich bei abgestellter Maschine noch mitdreht.
Die Steuerung der Brennstoff- und Anlaßventile erfolgtdurch besondere Nocken für
Vorwärts- und Rückwärtsfahrt, die nebeneinander auf einer seitlich verschiebbaren
Nockenwelle angeordnet sind. Die Brennstoff- und Anlaßventilhebel werden von einer
exzentrischen Welle derart betätigt, daß jederzeit die entsprechenden Stellungen für
„Anlassen“, „Brennstoff“ und „Halt“ erhalten werden können.
Für jeden Arbeitszylinder ist eine besondere Brennstoffpumpe vorgesehen. Durch eine
einfache Vorrichtung ist es möglich, Saug- und Druckventil der Brennstoffpumpen
gleichzeitig zu öffnen, damit das Treiböl ungehindert durch die Pumpe in die
Druckleitung bis zum Probierventil am Zylinderdeckel fließen kann.
Um mit der Maschine gut manövrieren zu können, sind, wie bereits angegeben, die vier
Arbeitzylinder in zwei Gruppen eingeteilt. Die Hebelwellen der beiden Gruppen sind
durch lose Kupplungen miteinander verbunden. Die Brennstoffpumpen-Regulierwelle ist
mit der Hebelwelle so verbunden, daß die Brennstoffpumpen selbsttätig ausgeschaltet
werden, sobald man die Hebelwelle in die Halt- oder Anlaßstellung bringt. Durch die
Steuerung können die folgenden Stellungen erreicht werden:
1. Halt-Stellung,
2. Anlassen mit Luft in allen Zylindern,
3. Anlassen mit Luft in Gruppe I, Zündung in Gruppe II,
4. Zündung in Gruppe II und Leerlauf in Gruppe I,
5. Zündung in allen Zylindern,
6. Halt-Stellung.
Das Umsteuern der Maschine kann nur in der Halt-Stellung ausgeführt werden.
Die Leistung der Maschine beträgt bei 160 Umdrehungen in der Minute etwa 600 PSi. Der Brennstoffverbrauch ist dabei 165 g für 1
PSi und Stunde bei einem unteren Heizwert von
10000 WE.
Das Gewicht der gesamten Maschinenanlage mit Wellenleitung, Schiffsschraube mit
Hilfsmaschinen und Kesselanlage beträgt 115000 kg. (Schiffbau 1915 S. 791 bis
797.)
W.
Produktionsstatistik der deutschen Gaswerke. Die große
nationale und volkswirtschaftliche Bedeutung der Steinkohlendestillation ist seit
dem Ausbruch des Krieges in den weitesten Kreisen erkannt worden; man braucht nur an
die Verwendung des Benzols und der schweren Teeröle als Motorenbetriebsstoffe sowie
als Brennstoffe für die Marine, an die Verarbeitung des Toluols und Phenols in der
Sprengstoffindustrie sowie an die Bedeutung des Ammoniumsulfats zur Erhöhung der
Ernteerträge zu erinnern, um die nahen Beziehungen zwischen Kriegsbereitschaft und
Kokerei- und Gasindustrie in ihrem ganzen Umfange zu erfassen. Diese Erkenntnis wird
hoffentlich auch dazu beitragen, daß die Forderung nach „rationeller Auswertung
der Kohle“, d.h. nach möglichst weitgehendem Ersatz der Kohlenfeuerung durch
Koks- und Gasfeuerung, bei deren Fabrikation wertvolle Nebenprodukte gewonnen
werden, in Zukunft noch mehr als bisher in allen Industriezweigen Beachtung
findet.
Ueber die Produktion der deutschen Kokereiindustrie sind wir durch die in den letzten
Jahren vorgenommenen
Textabbildung Bd. 330, S. 333
Bundesstaat; Zahl der Gaswerke; Zur
Vergasung gelangte Kohlenmenge; Davon im eigenen Werk verbraucht; Verkäufliche
Koksmenge; Teererzeugung; Ammoniakerzeugung; Rohwasser; Konz. Wasser; Salmiak
geist; Ammoniumsulfat; Retortengraphit; Ausgebrachte Reinigungsmasse; Preußen;
Brandenburg; Pommern; Ostpreußen; Westpreußen; Posen; Schlesien; Sachsen;
Schleswig-Holstein; Hessen-Nassau; Hannover; Rheinland; Westfalen; Bayern;
Sachsen; Württemberg; Baden; Hessen; Mecklenburg; Oldenburg;
Sachs.-Weim.-Eisen.; Braunschweig; Sachsen Meiningen; Anhalt;
Sachs.-Cobg.-Gotha; Sachsen-Altenburg; Reuß, Schwarzburg, Waldeck; Lippische
Staaten; Hansestädte; Elsaß-Lothringen; Zusammen
Erhebungen des Reichsamtes des Innern im allgemeinen gut
unterrichtet, dagegen waren wir über den Anteil, den die deutschen Gaswerke an der
Erzeugung von Koks, Teer und Ammoniak haben, bisher in der Hauptsache auf
Schätzungen angewiesen. Eine zuverlässige Statistik hierüber wurde von der
Wirtschaftlichen Vereinigung deutscher Gaswerke A.-G. in Köln gelegentlich der
vorjährigen Ausstellung „Das Gas“ in München veröffentlicht. Diese Statistik,
die die Anzahl der Gaswerke und ihre Produktion in den einzelnen preußischen
Provinzen sowie in den übrigen Bundesstaaten wiedergibt und die im gegenwärtigen
Zeitpunkt auch außerhalb der Fachkreise lebhaftem Interesse begegnen wird, ist
obenstehend mitgeteilt.
Sander.
Die Beleuchtung der Eisenbahnwagen. Zur Beleuchtung der
Personenwagen der deutschen Eisenbahnen wird bekanntlich vorwiegend Oelgas
verwendet, das durch Zersetzung von Gasöl hergestellt wird. Da nun seit dem Ausbruch
des Krieges die Zufuhr von Gasöl, das sonst in großen Mengen aus Galizien und
Amerikanach Deutschland eingeführt wurde, abgeschnitten ist, und die
einheimische Gewinnung dieses Oeles den Bedarf nicht zu decken vermag, sahen sich
die Eisenbahnverwaltungen gezwungen, von der Oelgasbeleuchtung der Wagen abzugehen
und einen Ersatz zu schaffen. Da die Beleuchtung mit gelöstem Azetylen, die bei
einer Reihe von Eisenbahnen des Auslandes seit mehreren Jahren eingeführt ist, noch
zu teuer ist, und da man das früher auch bei uns verwendete Gemisch aus Oelgas und
Azetylen nicht wieder einführen wollte, sind die preußischhessischen Staatsbahnen
nun dazu übergegangen, an Stelle des Oelgases komprimiertes Steinkohlengas zu
verwenden. Die Versuche hiermit wurden bereits vor dem Kriege angestellt und haben
in jeder Beziehung ein günstiges Ergebnis gehabt. Das Gas wird an den verschiedenen
Zugbildungstationen von den Gaswerken der betreffenden Städte bezogen und in den auf
den Bahnhöfen vorhandenen Kompressions- und Abfüllstationen auf einen Druck von 10
at komprimiert. Mit diesem Druck wird das Gas in die am Boden eines jeden
Personenwagens angebrachten Gasbehälter eingefüllt, von wo aus es den Brennern in den
Wagenabteilen zugeleitet wird; vorher wird das Gas jedoch mit Hilfe eines
Druckreglers auf einen Druck von 1500 mm Wassersäule, wie er bei der
Preßgasbeleuchtung allgemein üblich ist, gebracht. Durch die Anwendung von Preßgas
wird die Benutzung sehr kleiner (nur etwa haselnußgroßer) Glühkörper ermöglicht, die
heller brennen als die bisher gebräuchlichen Oelgasbrenner und die zugleich einen
sparsameren Betrieb gestatten. Die kleinen Glühkörper sind außerordentlich
widerstandsfähig gegen Erschütterungen; für den Fall, daß sie dennoch eine
Beschädigung erleiden, ist jeder Brenner mit einem Magnesiakrönchen versehen, das
von der nichtleuchtenden Gasflamme alsdann zur Weißglut erhitzt wird, wodurch eine
sehr zweckmäßige Notbeleuchtung geschaffen wurde. Zugleich wurden die bisher
gebräuchlichen Zündflämmchen aus Gründen der Wirtschaftlichkeit abgeschafft. Um das
Preßgas auch für die offenen Flammen der Signallaternen bei den Lokomotiven und den
Schlußwagen verwenden zu können, sind diese Laternen mit einer Karburiervorrichtung
ausgestattet, wodurch die Gasflamme leuchtend gemacht wird. Der Gasölverbrauch der
preußisch-hessischen Staatsbahnen betrug im Jahre 1913 33700 t im Werte von etwa
4,46 Mill. Mark. Durch die oben geschilderte Maßnahme der Bahnverwaltung wird also
in Zukunft der deutschen Gasindustrie ein recht beträchtliches neues Absatzgebiet
erschlossen.
Sander.
Motorschiff Mississippi. (s. D. p. J. Bd. 330 S. 293.)
Jede der beiden Hauptmaschinen dieses Motorschiffes ist als Sechszylindermaschine
mit 690 mm Zylinderdurchmesser und 1030 mm Hub ausgeführt und leistet bei 110
Umdrehungen in der Minute 1600 PSi. In jedem
Zylinder werden somit 265 PSi erzeugt. Die gesamte
Maschinenlänge mit Kompressor und Schwungrad beträgt 14 m, die Bauhöhe von Mitte
Kurbelwelle bis Oberkante des Zylinderdeckels 5,5 m. Dabei wurde aber das Verhältnis
der Schubstange zum Kurbelradius von 5 auf 4,5 verkleinert. Um einen möglichst
kurzen Zylinder zu erhalten sind die Arbeitskolben bedeutend verkürzt worden (s.
Abb.). Die ursprüngliche Kolbenlänge ist dadurch vom 1,5- bis 1,6-fachen
Zylinderdurchmesser auf das 0,6-fache verkleinert, so daß bei den Hauptmaschinen des
„Mississippi“ die Lauflänge der Einsatzbüchsen nur mehr das 1,4-fache des
Kolbenhubes betragen. Bemerkenswert ist dabei die Verbindung der Kolbenstange mit
dem Kolben. Die Unterseite des Kolbenbodens besitzt angegossene ringförmige Rippen,
die in bekannter Weise die Wärmeabführung durch den Kolbenboden hindurch vergrößern
sollen und außerdem noch dessen Festigkeit erhöhen. Die Stärke des Kolbenbodens
beträgt dementsprechend nur mehr 0,08 vom Zylinderdurchmesser. Es wird hier zur
Kolbenkühlung Preßöl verwendet, das zwischen den Hohlräumen der Rippen
hindurchfließt. Der Kolbenboden ist außen vollkommen eben.
Die von der Grundplatte aus bis zu den Zylinderdeckeln hindurchgehenden
Entlastungsbolzen sind hier nicht mehr zur Anwendung gekommen. Die
gesamteMaschine ist wie bei anderen Ausführungen in zwei Gruppen von je drei
Arbeitzylindern geteilt. Jeder Arbeitzylinder besitzt nunmehr seinen eigenen
Kühlwassermantel. Die Rückseite des Gestells zeigt große Türen aus Aluminium, um das
Triebwerk zugänglich zu machen. Die Vorderseite des Gestells ist durch Rippen
verstärkt und trägt die Kreuzkopfführung. Wie bei den bisherigen Ausführungen
derselben Firma ist auch hier Preßschmierung für die Triebwerkteile vorgesehen. Bei
Schiffsmaschinen findet diese Schmiervorrichtung nur langsam Eingang, da man sie
nicht für betriebssicher hält. Die Verteilung des Schmieröls geschieht hier in der
Weise, daß das Oel nach seiner Reinigung und Kühlung den einzelnen
Kurbelwellenlagern zufließt. Von hier aus gelangt es durch Bohrungen in der
Kurbelwelle zu den Kurbelzapfen und längs der Schubstange zu den Kreuzkopfbolzen.
Von da fließt ein Teil des Oels durch die hohle Kolbenstange in den Arbeitskolben
und wird von dort ebenfalls durch die hohle Kolbenstange wieder abgeführt (s.
Abb.).
Textabbildung Bd. 330, S. 334
Im Zylinderdeckel sind fünf Ventile, das Brennstoff-, Anlaß-, Einlaß-, Auslaß- und
Sicherheitsventil, angeordnet. Das Brennstoffventil liegt wie üblich in der Mitte
des Zylinderdeckels und öffnet sich im Gegensatz zu den allgemein üblichen
Ausführungsformen nach innen. Es öffnen sich somit alle im Zylinder angeordneten
Ventile nach der gleichen Seite, dementsprechend vereinfacht sich ihr Antrieb. Durch
Anordnung eines entsprechend geformten Kegels der Brennstoffventilnadel wird dadurch
außerdem noch eine sehr gute Ausbreitung des eingespritzten Brennstoffs innerhalb
des Verbrennungsraumes erreicht, die zur Verminderung des Brennstoffverbrauches
beiträgt. Allerdings entsteht die Gefahr, daß bei einem Bruche die Brennstoffnadel
nach unten fällt und zu Zerstörungen des Kolbens usw. führen könnte. Das
Auslaßventil ist, um den zerstörenden Einflüssen der Verbrennungsgase besser zu
begegnen, aus einem widerstandsfähigen Spezialstahl gefertigt.
Neuerdings hat auch die Firma Burmeister & Wain die gemeinsame Brennstoffpumpe für alle
Arbeitzylinder verlassen und verwendet nun in bekannter Weise für jeden Arbeitzylinder eine
besondere Brennstoffpumpe. Die Oelförderung tritt dabei kurz vor dem Eröffnen des
Brennstoffventils ein. Dies ergibt sowohl für Vorwärtsgang als auch für
Rückwärtsgang der Maschine günstige Verhältnisse, ohne ein Umsteuern der
Brennstoffpumpen notwendig zu machen.
Um die Maschine umsteuern zu können besitzt jedes Ventil zwei Nocken, von denen je
nach dem Drehsinn der Maschine entweder die Vorwärts- oder die Rückwärtsnocken durch
Verschiebung der Steuerwelle auf die Ventilrollen einwirken. Um die Steuerwelle
seitlich verschieben zu können, müssen die Ventilrollen zuerst von den Nocken
abgehoben werden. Dies geschieht durch eine besondere Manövrierwelle, die durch
einen Druckluftservomotor mittels eines Schneckengetriebes gedreht wird.
Zum Anlassen und Umsteuern der Maschine wird Druckluft von etwa 20 at Spannung
verwendet. Durch Verwendung von Druckluft mit niedrigerer Spannung ergeben sich
geringere Dichtungsschwierigkeiten, ebenso werden dadurch die Arbeitzylinder beim
Ausdehnen der Luft weniger abgekühlt. Während des Anlassens der Maschine werden die
Saugventile der Brennstoffpumpen dauernd offen gehalten, so daß dabei kein
Brennstoff gefördert werden kann. Beim Umsteuern ist zuerst die Brennstofförderung
abzustellen und mit ihr die Einspritzluft (um Verluste an Druckluft zu vermeiden).
Dadurch kommt die Maschine zum Stillstand. Dann tritt Druckluft in die
Arbeitzylinder ein. Mittels der Manövriervorrichtung wird die Steuerwelle in ihrer
Längsrichtung entsprechend verschoben. Die Maschine wird dann so lange mit Druckluft
betrieben, bis sie eine bestimmte Drehzahl erreicht hat. Dann wird die Druckluft
abgestellt und die Brennstoffpumpen beginnen wieder zu fördern, und zwar anfangs mit
einem gewissen Ueberschuß, um die Maschine schnell und sicher in Betrieb zu bringen.
Mit Beginn der Brennstofförderung wird auch wieder die Einspritzluftleitung
eingeschaltet. Die Umsteuerung dauert etwa 10 Sekunden und kann von einer einzigen
Person ausgeführt werden.
Der Kompressor ist dreistufig ausgeführt. Die beiden ersten Stufen besitzen eine
eigene Antriebsmaschine, die dritte Stufe wird von der Hauptmaschine selbst
angetrieben. In den Auspuffbehälter jeder Hauptmaschine ist eine Rohrschlange
eingebaut, durch die Süßwasser fließt, damit ein Verstopfen durch Ausscheidungen
vermieden wird. Dieses vorgewärmte Wasser wird in eine Rohrschlange geleitet, die in
einen Behälter mit Seewasser eingebaut ist. Für das Süßwasser ist somit ein
geschlossener Kreislauf gebildet. Das erwärmte Seewasser dient zu Badezwecken.
(Engineering 1915 Bd. 1 S. 211 bis 214.)
W.
Herstellung von Schmelztiegeln auf Maschinen. Für die
Stahlwerke und Metallhütten ist die Beschaffenheit und Zuverlässigkeit der zu
verwendenden Schmelztiegel von größter Bedeutung. Ueber die heute in den meisten
Tiegelfabriken übliche Herstellung von Schmelztiegelnauf Maschinen gibt ein
Aufsatz von Reitböck in Heft 11 der
„Werkstattstechnik“ einige Mitteilungen.
Die Tiegelmasse besteht aus Ton, Graphit, Schamotte und Tiegelscherben. Da bei
größerem Kohlenstoffgehalt des Tiegels hiervon etwas in das Schmelzgut übergeht, muß
darauf bei der Mischung der Tiegelmasse Rücksicht genommen werden. Man unterscheidet
danach Tontiegel mit verhältnismäßig wenig Graphitzusatz und Graphittiegel mit viel
Graphitzusatz. Zur Vermeidung des Reißens müssen die Tontiegel eine Beimengung von
etwa 8 v. H. Kokspulver erhalten. Die Zusammensetzung der Graphittiegel ist im
allgemeinen 40 bis 50 v. H. Graphit, 20 bis 30 v. H. Ton, 20 bis 60 v. H. Schamotte
und 8 bis 15 v. H. Tiegelscherben. Der Graphitzusatz dient zur Magerung, zur
Erhöhung der Feuerbeständigkeit und zur Vermeidung des Durchtritts von Feuergasen
durch die Tiegelwandung. Schamotte und Tiegelscherben werden zur Erhöhung der
Festigkeit zugesetzt. Die Masse erfordert eine sorgfältige Aufbereitung, wird dann
trocken gemischt, darauf mindestens 12, am besten 24 bis 60 Stunden eingesumpft, in
der Knetmaschine durchgeknetet und dann zur Tiegelpresse geschafft. Diese besteht
aus Patrize und Matrize, und zwar ist die Patrize meist aus Gußeisen, die Matrize
aus Messing. Zur Ableitung der in der Form befindlichen Luft besitzt die hohl
ausgeführte Patrize an ihrer tiefsten Stelle ein Ventil.
Textabbildung Bd. 330, S. 335
Um den Tiegel erst pressen, dann herausdrücken zu können, wird die Presse
doppeltwirkend ausgeführt und vermag dann in 10 Stunden 600 Tiegel zu liefern. Der
obere Rand des gepreßten Tiegels wird nachträglich eines besseren Gusses und der
größeren Haltbarkeit wegen auf einer Töpferscheibe entweder von Hand oder durch
Aufpressen eines Ringes verengt. Die im Tiegel enthaltene Feuchtigkeit muß nun durch
sorgfältiges Trocknen und Brennen entfernt werden. Dieses erfolgt
im Kaltraum bei 10 bis 25° C
etwa 6 Tage
im Warmraum bei 30 bis 40° C
etwa 8 bis 30 Tage
im Heißraum bei 50° C
etwa 5 bis 14 Tage
–––––––––––––––
dauert im ganzen also
19 bis 50 Tage
Hierbei wird der Tiegel anfangs auf seinen Boden gestellt, um innen gut
auszutrocknen, dann nach etwa einer Woche auf den Kopf, um den Boden auszutrocknen,
und nach einer weiteren Woche wieder umgedreht. Entweder wird er nun weiter
wöchentlich umgekehrt oder aber mindestens alle 6 bis 10 Tage auf dem Boden stehend
von seinem Platze bewegt, um ein Ankleben und dadurch mögliches Reißen zu vermeiden.
Die Haltbarkeit des Tiegels hängt weniger von der Temperatur als von der Zeit ab, in
der er getrocknet ist.
Bei Benutzung ist der Tiegel vor dem Einsetzen in den Schmelzofen oder, falls er mit
flüssigem Material beschickt wird, vor dem Beschicken in einem Vorwärmofen
vorzuwärmen. Am zweckmäßigsten sind hierfür nach dem Prinzip der Ringöfen für Ziegel
gebaute Dreikammeröfen, in denen die Temperatur allmählich bis auf 750° C gesteigert
wird. In jeder Kammer muß der Tiegel vier Stunden bleiben.
Ungleichmäßig oder unvollständig getrocknete sowie in der Masse ungleichartige Tiegel
neigen sehr zur Rißbildung, wodurch leicht ein Auslaufen des Schmelzgutes
herbeigeführt wird. Dieser Fehler ist nicht ganz zu vermeiden, doch darf der Auslauf
normal nur 2 v. H., keinesfalls mehr als 5 v. H. betragen, sonst liegt falsche
Durchmischung und Durchknetung oder schlechte Trocknung vor. Die nach ein- bis
dreimaligem Gebrauch auszuwechselnden Tiegel werden zerschlagen und gemahlen, um zur
Erzeugung neuer Tiegel oder in der Stahlformerei als Zusatz zur Formmasse Verwendung
zu finden.
Dipl.-Ing. Ritter, Gleiwitz.
Vorschläge zur rechnerischen Bestimmung des
Heißwalzprozesses werden von E. Kirchberg in
Stahl und Eisen 1915 S. 418 gemacht.
Während der Kaltwalzprozeß wegen des mehrmaligen Ausglühens des Walzgutes an keine
bestimmte Zeit gebunden ist, muß beim Heißwalzprozeß das in Wärmöfen vorgeglühte Gut
im Walzwerk in möglichst kurzer Zeit auf den erprobten Endquerschnitt ausgewalzt
werden.
Mit dem Eintritt des Walzgutes zwischen die rotierenden Walzen beginnt die
Umformungsarbeit und damit eine Erwärmung des Materialstückes, während gleichzeitig
durch Ableitung in die Walzen wieder ein Wärmeverlust entsteht. Weitere
Wärmeverluste treten ein durch die Ausstrahlung während der Stichdauer und in der
Zwischenzeit, während der die Arbeiter das Stück dem nächsten Stich zuführen.
Wesentlicher Faktor im Heißwalzprozeß ist somit die Zeit,
denn sie bestimmt die Temperatur und damit den spezifischen Widerstand, den
Kraftverbrauch, die Erwärmung des Walzgutes, und endlich auch den durch Leitung und
Strahlung bedingten Wärmeverlust.
Durch die sogenannte Dickentemperatur, das ist die Ausgleichtemperatur zwischen
Erwärmung und Wärmeverlust, ist der spezifische Widerstand und die übrigen Faktoren
für den nächsten Stich gegeben. Aus der Winkelgeschwindigkeit der Walzen und der
Stichdauer ergibt sich indirekt auch die Länge des Walzgutes, die Masse und das
Gewicht des Blockes.
Die mittlere Temperatur des Walzgutes kann und muß in den einzelnen Stichen eines
Walzprozesses vom Block bis zu den Schichtkalibern konstant gehalten werden.Der
spezifische Widerstand oder die Umbildungsfähigkeit des Walzgutes ist proportional
seiner Dicke und der ihr entsprechenden Temperatur. Er wird durch die
Dickentemperatur des Walzgutes bestimmt und läßt sich aus der Dicke des Walzgutes
vor dem Durchgang durch die Walzen berechnen. Der Kraft verbrauch ergibt sich aus
der Masse des Walzgutes, dividiert durch den von Stich zu Stich sich verändernden
spezifischen Widerstand. Aus ihm läßt sich auch die Sekundenarbeit nach einer
einfachen, vom Verfasser gegebenen Formel berechnen. Die Differenz zwischen der zu
messenden Maschinenkraft und der Durchzugskraft ergibt die zur Ueberwindung der
Zapfenreibung und Leerlaufsarbeit nötige Kraft.
Die dem Walzgut in einer Stichdauer zugeführte Wärmemenge berechnet sich aus der
Umformungsarbeit für diesen Stich und dem mechanischen Wärmeäquivalent. Die
Stichdauer erhält man aus der Zeit, in der der Ausgleich zwischen der Erwärmung
durch die Umformungsarbeit und der Abkühlung durch Leitung und Strahlung vor sich
geht.
Alle aufgeführten Faktoren ist man bestrebt gewesen, durch eine Kurve auszudrücken.
Verfasser ist der Meinung, daß diese Kurve eine Parabel ist und faßt seine
Betrachtungen in folgende Sätze zusammen:
1. Durch die Parabel liegen für jede Phase der Verlängerung des Walzgutes während
eines Walzvorganges, d.h. für jeden Stich, alle vorher angeführten Faktoren fest,
und zwar ganz unabhängig von der erstrebten Endform, aber entsprechend der durch die
Dickentemperatur bedingten Umbildungsfähigkeit des Walzgutes.
2. Die Kalibrierung der Walzen, die Walzen und die Walzgeschwindigkeit müssen sich
nach der Parabel richten, damit die Zeit richtig ausgenutzt wird. Durch eine
richtige Ausnutzung der Zeit wird die Erhaltung der Walztemperatur bedingt, und
letztere kann nur durch richtige Bemessung der Kaliberzahl (Stichzahl) erreicht
werden.
Dr. Loebe.
Ist fehlende Dauerhaftigkeit ein Sachmangel beim
Patentkauf? Wenngleich der Patentkauf nicht ein reines Kaufgeschäft im
Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches ist, kommen doch auf ihn die Vorschriften über
den Kauf zur Anwendung, und jeder Mangel, den der Gegenstand des Patentes hat, ist
indirekt ein Mangel des Patentes selber und gewährt dem Käufer die Ansprüche auf
Wandlung und Minderung wie beim Sachkauf.
Und doch ist ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Kauf einer Sache und dem Kauf
eines Patentes. Eine Sache ist ein fertiger Gegenstand, der seine bestimmten
Eigenschaften hat; ein Patent bezieht sich nur auf eine Sache, und zwar auf eine
Sache, die zurzeit nicht zu existieren braucht, die keine Eigenschaften hat, sondern
erst haben soll.
Man kann natürlich beim Patentkauf so vorgehen, wie wenn die Sache, auf die sich das
Patent bezieht, Gegenstand des Kaufes wäre, auch wenn die Sache selbst noch nicht
hergestellt oder ausgeprobt ist.
Es ist demnach zulässig, daß der Verkäufer eines Patentes wie bei einem Sachkauf
über die Eigenschaften der patentierten Sache bestimmte Zusicherungen macht, und
dann unterliegt es keinem Zweifel, daß der Verkäufer auch für diese Eigenschaften
einzustehen hat; und es befreit ihn nicht von seiner Haftung, wenn die Sache Mängel
aufweist, die er nicht vorher sehen konnte. Hat er bestimmte Eigenschaften
zugesichert, so muß sich der Käufer auch darauf verlassen können. Sind solche
bestimmten Zusicherungen aber nicht gegeben, so tritt der Unterschied des
Patentkaufes von dem Sachkaufe doch wesentlich in die Erscheinung. Der Patentkauf
ist immer mehr oder weniger ein Risikokauf. Das Risiko kann durch Zusicherungen
gemildert werden, ganz beseitigt wird es nie.
Wie verhält es sich mit der Dauerhaftigkeit einer Sache, die als Patent veräußert
ist?
Hat die Sache eine sehr geringe Dauerhaftigkeit, so ist das zweifellos ein
Sachmangel, und es kommt auf den Willen der Parteien an, in welchem Maße der Käufer
das Risiko übernehmen sollte oder nicht.
Bei unerprobten Patenten pflegen die Verträge in der Regel hinreichend klar zu sein.
Wie aber ist es bei erprobten Sachen, wenn die Dauerhaftigkeit zwar nicht so gering
ist, daß sie einen offenbaren Sachmangel darstellt, wenn sie andererseits aber nicht
dem entspricht, was der Käufer erwarten konnte. In solchen Fällen pflegt der Käufer
sich bestimmte Zusicherungen machen zu lassen, selten aber wird die Dauerhaftigkeit
mit zum Gegenstand der Zusicherungen gemacht, und es ist dann Frage der Auslegung,
ob die Zusicherung sich auch auf die Dauerhaftigkeit beziehen soll oder nicht.
Bei zahlreichen Patenten handelt es sich um die Ersetzung irgend eines
kostspieligeren oder den Bedürfnissen des Verkehrs nicht voll genügenden
Gegenstandes, und Inhalt der Zusicherung pflegt dann zu sein, daß die patentierte
Sache alle Eigenschaften derjenigen Sachen aufweist, an deren Stelle sie treten
soll.
Hat in solchen Fällen der Patentkäufer einen Mangelanspruch, wenn das Patent zwar
zusicherungsgemäß alle Eigenschaften der ersetzten Sache aufweist, wenn es aber dem
neuen Gegenstande an Dauerhaftigkeit des alten gebricht?
Mit dieser Frage hatte sich kürzlich das Reichsgericht zu befassen gehabt. Jemand
hatte einen Guttaperchaersatz erfunden, sich patentieren lassen und das Patent mit
der Zusicherung verkauft, daß der patentierte Gegenstand alle Eigenschaften des
Guttapercha aufweise. Die Zusicherung war richtig, nur fehlte es an der Haltbarkeit.
Das Reichsgericht hat zu Gunsten des Erfinders entschieden. Es stellt sich auf den
Standpunkt, daß der Kauf eines Patentes ein Risikogeschäft sei, und daß der Käufer –
da der Verkäufer die Haltbarkeit nicht ausprobiert hatte – nicht ohne weiteres
annehmen durfte, daß die neue Erfindung völlig identisch sei mit dem Guttapercha,
und daß er sich, wenn er das Risiko nicht habe übernehmen wollen, eine besondere
Zusicherung hinsichtlich der Dauerhaftigkeit hätte machen lassen müssen.
Diese Entscheidung entspricht meiner Meinung nach nicht den Anschauungen des
Rechtsverkehrs und läßt sich auch juristisch nicht halten. Läßt sich jemand die
Zusicherung erteilen, daß eine neue Erfindung einen bisher gebräuchlichen Gegenstand
ersetze, und läßt er ausdrücklich hervorheben, daß sie alle Eigenschaften dieses
Gegenstandes aufweise, so will der Käufer eben damit jedes Risiko von sich abwälzen.
Er braucht natürlich nicht die neue Sache mit der alten identisch zu halten, aber er
darf mit vollem Recht erwarten, daß die neue Erfindung auch tatsächlich imstande
sei, ganz und gar an die Stelle einer bisher verwendeten Sache zu treten. Die
Dauerhaftigkeit einer Sache gehört so gut zu ihren Eigenschaften wie ihre Farbe, ihr
Gewicht, ihre Kostspieligkeit oder irgend etwas anderes, und es scheint mir durchaus
unzulässig, bei derartigen Patentverkäufen im Falle der mangelnden Dauerhaftigkeit
den Käufer rechtlos zu machen und ihn den vollen Schaden tragen zu lassen.
Dr. jur. Eckstein.
Gelegentlich der Diskussion über ein neu erschienenes physikalisches Tabellenwerk der
französischen physikalischen Gesellschaft äußert sich J. A. Harker, Beamter des National Physical Laboratory in Teddington (dem nach
dem Vorbild der deutschen Physikalisch-Technischen Reichsanstalt eingerichteten
englischen Staatsinstitute) in der Nature vom 17. Juni 1915 in folgender Weise, die
verdient niedriger gehängt zu werden:
Textabbildung Bd. 330, S. 337
Aus „Nature“ 17. Juni; In
conclusion, I think I represent the views of readers of Nature when I say that
many of them will be glad to buy the French Physical Society's useful volume, if
it is only to be able to get rid from their library table of one or other of the
editions of its well-known predecessor, written in the language of the Huns,
which at the present moment they are unable to tolerate; J. A. Harker.;
Teddington, May 25.; („Ich glaube, die Ansichten von Lesern der
„Nature“ wiederzugeben, wenn ich sage, viele von ihnen werden
gern den nützlichen Band der französischen physikalischen Gesellschaft
kaufen, wenn es auch nur wäre, um von ihrem Arbeitstisch eine oder die
andere Ausgabe seines wohlbekannten Vorgängers loszuwerden, die in der uns
gegenwärtig unerträglichen Sprache der Hunnen geschrieben, ist.“)
Die Angriffe Harkers beziehen sich offenbar auf das aus
kleinen Anfängen hervorgegangene, im Jahre 1912 in vierter Auflage erschienene, in
der ganzen Welt benutzte Landolt-Börnsteinsche
Tabellenwerk. Das Werk, in dem gänzlich unparteiisch die wissenschaftlichen
Veröffentlichungen aller Völker verarbeitet sind, ist von seinen Nachahmungen bisher
auch nicht annähernd erreicht, selbst Harker kann
sachliche Einwendungen dagegen nicht erheben.
K. Scheel.
Herr Geheimrat Wilhelm v. Siemens ist in Anerkennung
seiner Verdienste um die physikalische Wissenschaft von der Berliner Universität zum
Dr. phil. h. c. ernannt worden. Noch eine zweite Ehrung ist ihm zuteil geworden: Der
Kaiser hat ihm das Eiserne Kreuz am weiß-schwarzen Bande verliehen.