Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 330, Jahrgang 1915, S. 347 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Ueber die Bearbeitung von Granaten. In Heft 13 der
Werkstattstechnik liefert Fritz Kopp, Hannover, einen
Beitrag zur Beantwortung der Frage, wie es trotz aller Schwierigkeiten möglich war,
daß sich die deutsche Industrie in so kurzer Zeit den ihr durch den Krieg gestellten
Aufgaben gewachsen zeigte. Wird doch beim Bearbeiten von Granaten die schwer zu
erfüllende Anforderung gestellt, aus nicht immer gleichmäßigem Rohstoff auf
ursprünglich anderen Zwecken bestimmten Maschinen durch ungelernte oder zum
mindesten für die vorliegende Arbeit ungeübte Leute Drehstücke herstellen zu lassen,
die der Prüfung durch Lehren unterzogen werden müssen. Daß es möglich ist, auch bei
ungünstigen Verhältnissen dieser Aufgabe gerecht zu werden, will der erwähnte
Aufsatz zeigen, nicht aber die Schilderung einer durch Vollkommenheit
ausgezeichneten Sondereinrichtung liefern. Der Arbeitsplan für die Fertigstellung
einer Granate, die als Rohguß angeliefert wurde, ist der folgende. Das Stück wird
zentriert, übergedreht und geschlichtet. Hierauf wird die Kopfform und das Gewinde
zum Eindrehen des Zünders hergestellt. Dann erfolgt das Drehen des Bodens und
Einstechen der Nut für den Führungsring. Aussparungen zum Verstemmen des Zünders
werden am Mundlochrand eingefräst, und eine Wasserdruckprobe findet statt. Endlich
erhält die Nut eine Körnung für den Führungsring und dieser wird eingezogen,
verstemmt und überdreht. Es fehlt jetzt nur noch der Anstrich und das Stempeln.
Dieses wird schon nach dem Körnen der Einstechung vorgenommen. Das Zentrieren
erfolgt mit Hilfe eines in einem Revolverkopf angebrachten Bohrers. Die Granate wird
dabei mit der Höhlung soweit über einen Dorn geschoben, bis das Mundloch an einen
Konus anschlägt. Auf diesem sind zwei Marken angebracht, zwischen denen das
Anschlagen erfolgen muß, damit das Körnerloch die richtige Tiefe erhält. Durch
Drehung eines Handrades werden drei gehärtete Bolzen gegen die Wände der Höhlung im
Arbeitsstück gepreßt, wodurch Festspannen erfolgt. Meist läuft die Granate danach
genügend rund, so daß ohne weiteres das Ankörnen erfolgen kann. Bisweilen aber
trifft einer der Bolzen auf einen kleinen Vorsprung im Innern der Höhlung. In diesem
Falle wird durch eine kleine Drehung der Granate das gewünschte
Rundlaufenerzielt. Liegt indessen die Höhlung merklich schief zur
Achsenrichtung, so ist das Arbeitsstück als unbrauchbar auszuscheiden. Das
Ueberdrehen der Granate erfolgt auf einer normalen Drehbank unter Benutzung eines
Kopierlineals, das entsprechend der Erzeugenden des Mantels geformt ist. Mit Hilfe
eines Kopierklobens hängt der Support an einem Stift, der am Lineal geführt wird,
und erhält dadurch die für die Bearbeitung erforderliche Querbewegung. Nach
jedesmaligem Schleifen wird der Schneidstahl nach einer Lehre eingespannt, so daß
die Lage seiner Schneidkante zum Längsschlitten des Supports stets die gleiche
bleibt. Durch Spindel und Mutter kann der Kopierkloben genau eingestellt werden. Der
Durchmesser der Granate wird durch eine Rachenlehre kontrolliert.
Textabbildung Bd. 330, S. 347
Angezeigt ist es, die Maschinen mit federnden Pinolen
auszustatten, da bei Schraubpinolen leichter eine Lockerung der Einspannung
auftritt. Die Schlichtarbeit unterscheidet sich von der Schrupparbeit nur dadurch,
daß bei gesteigerter Schnittgeschwindigkeit und größerem Vorschub ein schwächerer
Span genommen wird. Ein Mann genügt zur Bedienung von drei Maschinen. Für
Kopfformdrehen und Gewindeschneiden wird eine Revolverbank benutzt. Besonderer Wert
ist auf festes, genau zentrisches Einspannen zu legen. Kopp beschreibt in seinem Aufsatz ein diesen Anforderungen entsprechendes
Futter. Die obere konische Einsenkung des Kernloches für das Zündergewinde und der
konische Uebergang zur Höhlung der Granate wird durch den in der Abbildung gezeigten
Mundlochfräser ausgearbeitet. Das Drehen des Bodens und das Einstechen der Nut
findet ebenfalls auf einer Revolverbank statt, die einen Quersupport besitzt. Eine
leicht herzustellende Sondermaschine dient zum Fräsen der Stemmnuten, Bei dieser
Maschine sitzen auf einem Gußbock einstellbar vier Spindelstöcke kleiner Drehbänkchen, welche die
Fräser tragen. Diese werden durch ein gemeinsames Vorgelege angetrieben. Auf der
einen Seite des Gußbockes befindet sich eine federnde Pinole, auf der anderen die
Lagerung der Granate. Diese wird beim Drehen eines Handrades durch eine
Schraubenspindel gegen die Fräser vorbewegt. Für die Wasserdruckprobe ist eine Pumpe
mit Preßrohr vorgesehen. Die Granate wird durch Spindel und Druckteller dichtend
gegen den Anschluß an die Pumpe gepreßt. Das Körnen der Nut für den Kupferring sowie
das Stempeln geschieht mit Hilfe eines Lehrringes von Hand. Zum Einziehen des
Führungsringes dient eine Exzenterpresse, die durch geringfügige, einfache
Abänderungen ihrem neuen Zwecke dienstbar gemacht werden konnte. Das Ueberdrehen des
Ringes erfolgt auf einem Wagerechtbohrwerk. Der Stahl wird dabei mit Hilfe einer
Schablone an einem Kopierstifte geführt, so daß er die Mantelkurve des Ringes
beschreibt. Zur Kontrolle des Ringdurchmessers dient eine Grenzrachenlehre, während
seine Entfernung vom Boden und sein Profil durch eine Profillehre geprüft werden. Zu
erwähnen ist, daß bei allen zur Verwendung gelangten Stählen Schnellstahlplättchen
auf Schweißeisenstäbe aufgeschweißt werden. Es geschieht dies zur Ersparung von
Kosten. Auch zeigen die Platten gleichmäßigere Härte als die vollen Stähle. Das
Anstreichen erfolgt nach Aufstecken der Granate auf eine Welle durch Gegenhalten des
Pinsels.
Schmolke.
Beanspruchung und Lebensdauer von Drahtseilen für Aufzüge.
(Von O. Wahrenberger, Z. d. V. d. I. 1915 Nr. 30.)
Aufzugsseile werden fast durchweg nach der „Bachschen“ Formel berechnet, die die Biegung der einzelnen Drähte auf
der Scheibe zwar berücksichtigt, aber für das Seil nicht die Elastizitätsziffer des
Materials E ∾ 2000000 kg/cm2 einsetzt, sondern nur ⅜ davon. Von Woernle
und anderen ist nun darauf hingewiesen worden, daß für die Wahl dieses Faktors ⅜
keine experimentellen Grundlagen vorhanden sind, und daß man mit dem vollen Wert von
E rechnen müsse.
Demgegenüber macht der Verfasser darauf aufmerksam, daß keine Unfälle bekannt
geworden sind, bei denen der Fahrkorb eines Aufzuges abgestürzt sei, blos weil das
Seil sich als zu schwach erwiesen hätte. Er zeigt ferner, daß Seile verschiedenen
Durchmessers doch dieselbe rechnungsmäßige Sicherheit haben können, gleichgültig ob
mit dem vollen Wert von E oder dem ⅜-fachen gerechnet
wird, und zählt verschiedene andere Umstände auf, die zum Teil sehr bedeutenden
Einfluß auf die Lebensdauer eines Aufzugsseiles haben.
Ein wesentlicher Grund für den schnellen Verschleiß mancher Seile scheint dem
Verfasser nach Erfahrungen an 2500 seiner Prüfung unterstellten Aufzügen die Höhe
des spezifischen Druckes zwischen Draht und Rolle zu sein. Er führt eine Anzahl von
Einzelfällen aus seiner Praxis auf, die seine Angaben bekräftigen, und empfiehlt,
die Rillen der Scheiben möglichst dem Seildurchmesseranzupassen, die Rillen mit
weichem Material auszukleiden und mehr Seile im Längsschlag mit Hanfseelen in jeder
Litze zu verwenden. Von Interesse ist auch der Nachweis, daß wegen der im
allgemeinen weniger günstigen Rillenform der Führungsrollen das Seil dort öfter und
leichter Schäden erleidet als auf der Trommel, deren Rillen dem Seil gewöhnlich gut
angepaßt sind. Wenn ein Seil über eine größere Zahl von Rollen geht, so ist die
Gefahr auch eine entsprechend höhere. Ebenfalls von Einfluß, wenn auch wohl von
geringerem, oder weniger leicht festzustellendem, ist die Biegung des Seiles nach
verschiedenen Richtungen, der Abstand der einzelnen Rollen voneinander und von der
Trommel, die Größe des Umschlingungswinkels und der bei der Verschiebung der
Wanderrolle vor der Trommel auf das Seil in seitlicher Richtung ausgeübte Druck.
Es ist entschieden ein dankenswerter Hinweis, daß bei Feststellung der Ursache
mancher Drahtbrüche von Aufzugsseilen Obacht auf eine größere Zahl von
Einzeleinflüssen zu nehmen ist, und daß Zug- und Biegungsversuche allein die Frage
der Haltbarkeit von Litzenseilen nicht völlig zu klären vermögen.
Stephan.
Die Entwicklung der Chemie im letzten Vierteljahrhundert.
(Prof. Dr. Willstätter, Rede in der preuß. Akademie der
Wissenschaft.) Die Geschichte der anorganischen Chemie hat jegliche Erwartung
übertroffen durch Entdeckungen und neue Gedanken, die keines Dichters Phantasie
hätte vorhersehen können. Daher ist nicht dem reichen Material der Kohlenstoff
Verbindungen die Fortbildung der Theorie in erster Linie zu danken, vielmehr haben
die Strahlen neuartiger Elemente den Weg zu den letzten Problemen der Chemie
beleuchtet. Argon, Helium und die anderen Edelgase waren Vorboten der kommenden
Entwicklung, in der physikalische Forschung auf die Chemie der Elemente befruchtend
einwirkte und diese das Empfangene so dankbar wiedererstattete, daß zwischen
theoretischer Physik und Chemie ein enges, wunderbar fruchtbringendes Verhältnis
erwuchs.
Die Entdeckung der Röntgenstrahlen hatte Becqerels
Entdeckung der Radioaktivität zur Folge, und die physikalische Untersuchung dieser
Strahlung gab den Anstoß zur chemischen Untersuchung ihrer Träger. Durch die Arbeit
des Ehepaares Curie über das Radium ist im Jahre 1893 ein neues Zeitalter der Chemie
eingeleitet worden. Der erste Träger der Radioaktivität blieb nicht lange
vereinzelt; jetzt werden etwa 35 neue radioaktive Elemente angenommen, die den
Zerfallsreihen des Urans, Thors und Aktiniums angehören. Ihnen eigentümlich sind
beschränkte Lebenszeiten, die zwischen Jahrtausenden und winzigen Bruchteilen einer
Sekunde liegen. Darunter sind Elemente von gleichem Atomgewicht, die verschiedenen
chemischen Charakter besitzen, und Elemente von verschiedenem Atomgewicht, die im
chemischen Verhalten übereinstimmen. Das periodische System trägt der Fülle neuer
Erscheinungen Rechnung, indem es statt einzelnen Gliedern den Plejaden Raum gibt.
Die Annahme der Zerfallsreihen wird bestätigt durch Bestimmung ungleicher Atomgewichte von
Blei; unter dem Namen Blei liegen uns also verschiedene Metalle vor. Die Kenntnis
von der komplexen Natur der Atome ist erschlossen, der alte Glaube an die
Unveränderlichkeit der Atome ist gestürzt.
Zu derselben Zeit wird durch Beobachtungen an Kolloiden die Molekulartheorie
bestätigt; die Grundlage unserer Theorie der Kohlenstoffverbindungen gewinnt dadurch
an Sicherheit.
Ihren Aufschwung hat die organische Chemie auf dem Boden der Strukturlehre und der
Konfigurationslehre genommen; die Erklärung eines besonderen Falles, der
Konstitution des Benzols, rief die Blüte der aromatischen Chemie hervor und
begünstigte die Entwicklung unserer chemischen Großindustrie. In den Jahrzehnten
nach Kekulés Formulierung des Benzols lieferten die
pyrogenen Produkte aus dem Steinkohlenteer die Muttersubstanzen für die sich
gewaltig mehrenden Kohlenstoffverbindungen. Die Benzolderivate waren in ihrer
Reaktionsfähigkeit den Fettstoffen weit überlegen, darum geeigneter zur chemischen
Veredelung. Während sich die Reihen der Systeme füllen, vertieft sich die Theorie
auf Grund feiner Beobachtungen an ungesättigten Stoffen. Die Valenzlehre entwickelt
sich weiter an seltenen Fällen von Valenzlücken, von dreiwertigem Kohlenstoff, und
an häufigen Erscheinungen von kleinen Affinitätsbeträgen, von Partialvalenzen. Die
breitere Anschauung von der Valenz erlaubt auch, die komplexen anorganischen Körper
zu ordnen und zu erklären. Die Annahme wechselnder Valenz wird auf den Sauerstoff
ausgedehnt, dessen Vierwertigkeit in organischen Verbindungen zutage tritt. Die
Methoden der Synthese, noch häufig plump in Vergleich mit natürlichen Vorgängen,
gewinnen durch Einführung der Magnesiumalkylhaloide an Beweglichkeit.
Die Umformungen organischer Substanzen werden durch neue Prozesse der Addition von
Wasserstoff und von Ozon vervollkommnet. Doch nicht dieser methodische Zuwachs
bestimmt heute Richtung und Ziel der organischen Chemie.
Während der Teer als Quelle organischer Stoffe zu verarmen beginnt, öffnet sich
wieder der unerschöpfliche Speicher pflanzlichen und tierischen Uebens. Alkaloide
und Terpene, nur Nebenprodukte des vegetabilischen Stoffwechsels, waren um der
Strukturprobleme und der Anwendungen willen der Untersuchung wert. Wichtiger ist es,
die Bausteine des lebenden Organismus zu erforschen. Dies ist der organischen Chemie
schon in ihrer Jugendperiode für die Fette gelungen; an die schwierigen Probleme der
Kohlehydrate, Proteine und Nukleinsubstanzen hat sich erst in den letzten
Jahrzehnten die Forschung ernstlich gewagt. Heute sind auch die Gebiete der Zucker,
Purine und Eiweißkörper von der Analyse durchprüft, von der Synthese erobert. Die
Leistung dieser Epoche trägt eines einzigen Meisters Stempel. Der Biologie sollten
die Hilfsmittel geschaffen werden, und sie sind geschaffen worden, um die
verwickelten Vorgänge im Pflanzen- und Tierleibe zu verfolgen und die Rätsel der
Ernährung, der Atmung, des Wachstums zu lösen.
Fast scheint es, uns sei nicht mehr viel zu tun geblieben, wir kennen das
Material der Zelle. Doch um ihr Leben zu verstehen, bedarf es tiefen Eindringens in
das Wirken der Enzyme. Wird es der organischen, wird es der physikalischen Chemie
oder ihrem Bunde gelingen, das Bild der Fermente zu entschleiern? Eine Generation
von Forschern wird daran arbeiten, die Enzyme stofflich zu definieren und vielleicht
sie synthetisch zu gewinnen.
Plohn.
Die preußisch-hessischen Staatseisenbahnen im Jahre 1913.
Am Ende des Jahres 1913 betrug die Länge der dem öffentlichen Verkehr dienenden
Bahnstrecken 39327 km. Die bis Ende März 1914 aufgewendeten Anlagekosten betrugen
zusammen 12622589000 Mark, somit trifft auf 1 km Bahnlänge 319100 M. Die eigenen
Lokomotiven haben auf eigenen und fremden Betriebsstrecken durchschnittlich 26325
Nutzkilometer geleistet.
Die Einnahmen haben im ganzen 2557339309 M oder 65106 M/km betragen und setzen sich
zusammen aus
Im ganzenM
Auf 1
kmdurchschnittl.BetriebslängeM
Einnahmen aus Personen- und Ge- päckverkehr
713410039
18830
Einnahmen aus Güterverkehr
1671213451
42879
Sonstige Einnahmen
172715819
4397
Die Ausgaben betrugen im ganzen 1769849972 M oder 45058 M/km, das sind 69,21 v. H.
der Einnahmen.
Im ganzenM
Auf 1
kmdurchschnittl.BetriebslängeM
Ausgaben an Löhnen und Gehältern
861650498
21936
Ausgaben an sachlichen Kosten
908199474
23122
Der Ueberschuß betrug somit 787489337 M oder 20048 M/km, oder 6,39 v. H. der
Anlagekosten.
Die Größe des Personenverkehrs kann aus folgender Tabelle entnommen werden.
Die ZahlderReisenden
Länge
desdurch-schnittl.Reiseweg.km
Einnahmen
imganzen
v. H.
für einReisen-den-km
In d. I. Klasse
1397871
189,11
20099823
2,93
7,60
„ II. „
112260680
26,92
120732724
17,59
4,00
„ III. „
569822503
21,56
305943099
44,59
2,49
„ IV. „
571666639
21,79
226445638
33,00
1,82
Der Güterverkehr ergab folgende Werte (siehe umstehende Tabelle).
BeförderteMengent
Durch-schnittlicheWegstreckekm
Einnahmen
im ganzenM
für 1 t/kmPf.
A. Güterbeförderung des öffentlichen
Verkehrs: 1) Nach dem Normaltarife a) Eil-
und Expreßgut b) Frachtgut 2) Nach
AusnahmetarifenB. TierbeförderungC. PostgutD.
MilitärgutE. Frachtpflichtiges DienstgutF. NebenerträgeG.
Güterbeförderung ohne Frachtberechnung
3635046177522635203420500 3006021– 671264 21417348– 50595560
101,26103,16129,70182,04–185,96 38,35– 99,77
64008526 838954176 658442755 40355496 1703884 8079206 11717158 47952250–
17,39 4,58 2,50 7,37– 6,47 1,43––
Zusammen
460268374
–
1671213451
3,59
(Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens 1915 S. 177.)
W.
Neuerungen in Kohlenstaubfeuerungen. (Nr. 24 der
Zeitschrift Stahl und Eisen 1915.) Nachdem anfänglich die Versuche, metallurgische
Oefen mit Kohlenstaub zu beheizen, infolge unzureichender Mahlapparate mißglückt
waren, hat man in neuerer Zeit gelernt, die auftretenden Schwierigkeiten zu
überwinden. Vor allem sind diese Erfolge der in Rücksicht auf die Zementindustrie
vervollkommneten Mahl- und Trocknungstechnik zu danken. Der Wirkungsgrad der
Kohlenstaubfeuerung übertrifft den der Generatorgasfeuerung bedeutend. Auch die
Regelung der Flamme gibt zu Bedenken keinen Anlaß. Durch Veränderung der
Kohlenstaub- und Luftzufuhr kann einerseits die Temperatur der Flamme in weiten
Grenzen beeinflußt, andererseits eine oxydierende oder reduzierende Wirkung erzielt
werden. Durch höheren oder niedrigen Druck beim Hineinblasen des
Kohlenstaub-Luftgemisches in die Düsen wird eine längere bzw. kürzere Flamme
erzeugt. Die Kammerschäden, die dadurch entstehen, daß die gegen die
Schamottewandungen der Anlage geschleuderten Ascheteile infolge ihres hohen Gehaltes
an Flußmitteln den Schmelzpunkt des Futters erniedrigen, werden durch geeignete
Zusammensetzung des feuerfesten Materials und Verwendung nicht zu aschereicher Kohle
vermieden. Beim Rösten von Spateisenstein mit hohem Schwefelgehalt betrug der Kohlen
verbrauch nur 7½ v. H. der Charge. Im Martinofen brauchte man 225 bis 290 kg für die
Tonne Stahl bei verringerter Schmelzzeit. Im Puddelofen wurde der frühere
Kohlenverbrauch von 1000 bis 1300 kg für die Tonne Stahl durch die
Kohlenstaubfeuerung auf 533 kg herabgesetzt. Aehnliche Vorteile wurden bei Roll- und
Wärmöfen für Walzwerke erzielt. Durch Verwendung von vorgewärmter Verbrennungsluft
kann eine Brennstoffersparnis von etwa 15 v. H. erreicht werden. Zum Zwecke der
Aufbereitung wird die Kohle zunächst vorgebrochen und getrocknet, worauf sie zur
Mühle und zum Kohlenstaubbehälter gelangt. Abb. 1
zeigt eine in Amerika übliche Trocknungsanlage. Dasdurch Trichter a aufgegebene Material geht durch den Raum zwischen den
beiden Zylindern nach dem Auslauf. Die Heizgase gelangen von der Rostfeuerung b in das innere Rohr, durchströmen den Raum zwischen
beiden Zylindern in einer der Bewegung der Kohle entgegengesetzten Richtung und
werden bei c abgesaugt. Der Kohlenverbrauch der
Feuerung beträgt etwa 2 v. H. der zu trocknenden Kohle. In den Mühlen finden meist
an Pendeln befestigte Walzen oder infolge der Fliehkraft rasch umlaufende Kugeln
Verwendung. Ein Ventilator saugt den Kohlenstaub ab, der sodann noch durch einen
Windsichter von groben Bestandteilen befreit wird und mit Hilfe einer Förderschnecke
zum Ofensilo gelangt. Wenn mehrere Oefen beheizt werden sollen, so empfiehlt sich
die Vermahlung an einer Zentralstelle.
Textabbildung Bd. 330, S. 350
Abb. 1.
Die eigentliche Feuerung wird vielfach in der durch Abb. 2 dargestellten Weise angeordnet. Der Kohlenstaub
wird durch eine Förderschneke zu dem mit Hilfe eines Ventilators zur Düse geblasenen
Luftstrom geführt. Er passiert dabei das Sieb a. Durch
Anordnung der Tüllen b und c wird eine injektorartige Wirkung des Luftstromes erreicht, durch die bei
b der Brennstoff, bei c heiße Luft aus einem Wärmespeicher angesaugt wird. Auch durch d tritt infolge der Injektorwirkung Luft ein, die sich
in Kammer e mit Kohlenstaub mischt. Der Schieber f dient zur Regelung der Luftzufuhr, die zu ⅓ bei c, zu ⅔ bei d und f erfolgen soll. Das verschiebbare Rohr g wird zur Verlegung des Brennpunktes der Flamme
benutzt. Von Vorteil dürfte es sein, wenn nur ein Teil der Verbrennungsluft durch
die Feuerdüse, der Rest aber durch Schornsteinzug zugeführt würde, da hierdurch eine
zu langgestreckte Flamme vermieden wird. Auch die Anordnung eines Ringschiebers zur
Regelung des durch natürlichen Zug angesaugten Teiles der Luft würde es möglich machen, mit einer
kürzeren Flamme zu arbeiten. Diese Erwägungen wurden beim Entwurf der
Quigley-Feuerung berücksichtigt. Um eine stets gleichbleibende Temperatur zu
erhalten, muß die Feinheit des gemahlenen Kohlenstaubes sowie dessen Trockenheit
stets unverändert bleiben. Dieser Anforderung genügt man besser durch Verwendung
moderner vereinigter Vorschrotfeinmühlen als durch Windsichtung. Bei ausreichender
Entstaubung und Entlüftung werden Kohlenstaubexplosionen vermieden. In Deutschland
hält man die Feinheit der gemahlenen Kohle für ausreichend, wenn 10 v. H. Rückstand
bei 4900 Maschen festgestellt werden. Ueber die Herstellungskosten lassen sich
bestimmte Angaben nicht machen, da sie in zu hohem Maße von den örtlichen
Verhältnissen abhängen.
Textabbildung Bd. 330, S. 351
Abb. 2.
Schmolke.
Ueber autogene Schweißung in Verbindung mit
Kleinfeuerschweißung und deren Verwendung zur Beseitigung von Rissen an
Dampfkesseln berichtete Baurat Proessel
(Chemnitz) auf der 44. Delegierten- und Ingenieurversammlung des Internationalen
Verbandes der Dampfkessel-Ueberwachungsvereine. Das neue, von Werner ausgearbeitete Schweißverfahren ist eine Vereinigung der
allbekannten Feuerschweißung mit der autogenen Azetylen-Sauerstoffschweißung; es
bezweckt, die nachteiligen Erscheinungen, wie Schlackeneinschlüsse und Spannungen in
der Umgebung der Schweißstelle zu vermeiden, die bei der autogenen Schweißung
bisweilen auftreten und bei zusammenhängenden Konstruktionsteilen schwere Schäden
verursachen können. Der Hergang bei dem neuen Schweißverfahren ist folgender: In die
Schweißstelle, die einer gewissen Zurichtung unterzogen worden ist, wird nach und
nach Verbindungsmaterial eingebracht, das mit der Azetylen-Sauerstoffflamme
geschmolzen wird, aber möglichst bald unter entsprechender Verminderung der
Einwirkung der Schweißflamme in teigartig-bildsamen Zustand übergeführt und mit den
ebenfalls in diesen Zustand versetzten Schweißflächen mit Hilfe besonderer Hämmer
vereinigt wird. Diese Hämmer haben je nach der Menge des zu bearbeitenden
Verbindungsmaterials verschiedene Größe; ihre Form ist aus der Abb. 1 ersichtlich. Bei dieser Ausführung der
Schweißung ist die Bildung von Hohlräumen in der Schweißnaht oder eine
unvollständige Verbindung des Schweißmaterials mit der Schweißstelle nicht so leicht
möglich wie bei der rein autogenen Schweißung, selbst wenn ein weniger geschickter
Arbeiter die Schweißung ausführt. Durch dasHämmern wird auch die kleinste
Fläche der Schweißnaht wiederholt einem gewissen Schweißdruck ausgesetzt, so daß
alle Hohlräume mit Sicherheit beseitigt werden und eine ununterbrochene Verbindung
zwischen Schweißmaterial und Schweißstelle erzielt wird. Verunreinigungen, Zunder,
Oxyde und Schlacken, die sich während des Schweißens bilden, werden durch die
Bearbeitung mit dem Hammer herausgetrieben und spritzen ab. Die auf der einen Seite
als Flachmeißel, auf der anderen Seite als Halbrundmeißel ausgebildete Finne A bzw. B des Hammers dient
dazu, in dem zu schweißenden Metall auftretende Verunreinigungen durch Abschneiden
schnell zu entfernen und scharfkantige Vertiefungen abzurunden. Der Schweißer kann
mit Hilfe der Flamme die zu vereinigenden Metallteile so lange in dem teigartigen
Zustande erhalten, bis die Schweißung vollendet ist. Eine derartige Schweißung
erfordert zwar eine wesentlich längere Zeit als eine rein autogene Schweißung,
vermeidet dafür aber auch die Nachteile, die dieser anhaften. Da ein Aus- oder
Abfließen des teigartigen Schweißmaterials nicht stattfinden kann, sind
Ausbesserungen an allen überhaupt zugänglichen Stellen möglich. Die zu verbindenden
Flächen des Arbeitsstückes und ihre Umgebung werden zur Beseitigung von Spannungen
vor der Schweißung mit dem Azetylen-Sauerstoffbrenner mehrmals auf Rotglut erhitzt,
und zwar so lange, bis der in dem Blech vorhandene Riß sich nicht mehr wesentlich
erweitert. Zur Verminderung der Spannungen, die beim Erkalten des eingearbeiteten
Schweißmaterials auftreten, werden ferner die dem Riß benachbarten Enden a und b (Abb. 2) vor dem Schweißen zunächst nach dem Riß zu
etwas verjüngt und dann aus der Ebene des Kesselbleches hinausgebogen, so daß ein
nach außen kegelförmig erweiterter Füllraum für das Verbindungsmetall gebildet wird.
Die Schweißflächen werden vor dem Einbringen des Schweißmaterials durch Bearbeitung
mit dem kleinsten Hammer vorbereitet. Nach Beendigung der Schweißung wird die
Schweißnaht bei Rotglut kräftig abgehämmert, hierauf nochmals samt der Umgebung
ausgeglüht und nach dem Erkalten abermals mit einem kräftigen Handhammer
abgehämmert.
Textabbildung Bd. 330, S. 351
Abb. 1.
Textabbildung Bd. 330, S. 351
Abb. 2.
Von der Maschinenfabrik Germania vorm. J. S. Schwalbe &
Sohn in Chemnitz, die die Lizenz für das Königreich Sachsen erworben hat,
wurden bis jetzt 12 Kesselschweißungen ausgeführt, die sich sämtlich bewährt haben.
Darunter befanden sich einige sehr schwierige Schweißungen, so z.B. von 50 bis 400
mm langen durchgehenden Rissen in der Krempung eines gewölbten Kesselbodens sowie in
der Verbindungskrempung von Flammrohren mit dem Boden. Zum Schluß zeigte Baurat Proessel noch drei Probestäbe, die aus einer 20 mm
starken Platte von Siemens-Martin-Flußeisen ausgeschnitten waren, und zwar in der
Weise, daß eine nach dem Verfahren von Werner
hergestellte Schweißstelle mitten hindurchging. Einer dieser Stäbe war bei dem
Zerreißversuch an der Schweißstelle zerrissen, woraus hervorgeht, daß auch dieses
Verfahren nur von geübten und gewissenhaften Schweißern mit Erfolg ausgeführt werden
kann. Immerhin hatte dieser Stab in der Schweißstelle eine absolute Festigkeit von
\frac{23,6}{35,1}=67 v. H. der Festigkeit des vollen Bleches.
Auch Biegeproben mit geschweißten Stäben, wobei die Schweißstelle in der Biegung
lag, hatten ein sehr günstiges Ergebnis. Die Schweißungen zeigten hierbei ein
einwandfreies Verhalten, es entstanden keinerlei Anbrüche oder Risse. Das Wernersche Verfahren stellt somit, wie auch aus der dem
Vortrag folgenden Besprechung hervorging, einen wesentlichen Fortschritt der
Schweißtechnik dar. (Zeitschrift f. Dampfkessel und Maschinenbetrieb 1915 S. 133 bis
135.)
Sander.
Textabbildung Bd. 330, S. 352
Abb. 1.
Forschungsschiff „Albatros“. Für die zoologische
Station in Revigno an der österreichischen Adria ist ein neues Motorboot für
Forschungszwecke erbaut worden. Die Station wurde im Jahre 1911 von der
Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften aus der ehemaligen
Fangstation des Berliner Aquariums entwickelt. Es wird hier der Stoff für die
zoologischen und biologischen Institute und Museen Deutschlands gewonnen, und für
Naturforscher ist hier Gelegenheit, das Leben des Meeres zu studieren.
Von der genannten Gesellschaft wurden im Jahre 1913 die Mittel für den Bau eines
Bootes von folgenden Abmessungen bewilligt:
Länge in der Wasserlinie
16,0 m
Breite auf Spanten
4,0 m
Tiefgang im Hauptspant
1,55 m
Seitenhöhe
2,50 m
Leistung des Motors
80 PSe.
Das Schiff ist in Holz ausgeführt mit Rücksicht auf die steinige Küste und das heiße
Klima der Adria. Als besondere Ausrüstung ist eine maschinell angetriebene Netzwinde
vorhanden, außerdem sind an Bord noch folgende Hilfsmaschinen:
1. Ein Hilfskompressor für die Hauptmaschinen,
2. Eine Dynamomaschine für die elektrische Beleuchtung und den
Scheinwerfer,
3. Eine Ankerwindemaschine beim Ankern in tiefem Wasser bis zu
300 m,
4. Eine Tiefseekabel-Windemaschine für Arbeiten bis zu 4000 m
Tiefe.
Der Maschinenraum wurde bei diesem kleinen Boot nach vorn gelegt. Um jegliche
Feuersgefahr zu vermeiden, wurde als Hauptmaschine eine Rohölmaschine gewählt, die
nach dem Gleichdruckverfahren arbeitet. Die Wahl fiel auf einen Junkers-Motor von 80
PSe, dessen Entwurf und Lieferung Prof. Junkers in Aachen zu sehr günstigen Bedingungen übernahm
(Abb. 1 und 2).
Textabbildung Bd. 330, S. 352
Abb. 2.
Die Hauptmaschine treibt eine dreiflüglige umsteuerbare Schraube an. Die
Brennstoffbehälter sind ebenfalls im Maschinenraum untergebracht, sie enthalten
ungefähr 2000 kg Oel, das für etwa fünf Tage bei voller Fahrt ausreicht. Das Schiff
ist nach Art der Hochseefischereifahrzeuge getakelt. Groß- und Besanmast haben
Schoonersegel und Gaffeltoppsegel. Die Gesamtsegelfläche beträgt 104 m2. Die Hauptmaschine ist eine Doppelkolbenmaschine
nach Patent Junkers. Die beiden Arbeitzylinder haben 180 mm ∅ und 2 × 250 mm Hub.
Die Gesamtlänge der Maschine ohne Schwungrad beträgt 2,5 m, die Gesamthöhe 2,3 m,
die Gesamtbreite 1,2 m, das Gesamtgewicht ohne Schwungrad 6800 kg. Die Maschine
macht 300 Uml/Min. Von der Kurbelwelle wird unmittelbar eine doppeltwirkende
Spülluftpumpe mit darüberliegender zweiter Stufe des Einspritzluftkompressors
angetrieben. Seitlich davon befindet sich die zweite und dritte Stufe des
Kompressors. Die Einspritzluft geht durch Kühlschlangen, die sich in Seewasser
befinden. Mit Seewasser werden auch die Arbeitzylinder und der Auspufftopf gekühlt.
Die Arbeitskolben sind mit Frischwasser gefüllt, das nicht erneuert wird. Die vom
Arbeitkolben aufgenommene Wärmemenge erwärmt das eingeschlossene Kühlwasser, das
beim Ausdehnungs- und Verdichtungshub seine Wärme wiederum an die kälteren
Zylinderwandungen abgibt. Die Abgase gehen in den gemeinsamen wassergekühlten
Auspufftopf und von hier durch ein Rohr mit Schalldämpfung nach dem Schornstein. Die
Maschine ist von der Maschinenbau-A.-G. Gebr. Klein in
Dahlbruch gebaut. Sie lief bei der Abnahmeprobe im ganzen 53 Std. ohne Unterbrechung
und ohne Störung. Als Höchstleistung ergaben sich rund 100 PSe. Die Maschine hat einen sehr ruhigen Gang. Die
Probefahrt erstreckte sich in zehnstündiger Fahrt von Cuxhaven nach Helgoland und
zurück. Es wurde eine Geschwindigkeit bis zu 10 km/Std. in ruhigem tiefem Wasser
erzielt. Das Schiff bewährte sich gut bei schlechtem Wetter und starkem Seegang in
der Nordsee, und war Ende Juli 1914 zur Ueberführung nach seinem Bestimmungsort
bereit, die der Ausbruch des Krieges verhinderte. (Zeitschrift des Ver. deutscher
Ingenieure 1915 S. 517 bis 524.)
W.
Die Goldausbeute in Rußland im Jahre 1914. Nach den
Angaben der Zeitschrift „Gold und Platina“ (Soto i Platina) sind im Jahre
1914 bei dem staatlichen Goldschmelzlaboratorium Rußlands im ganzen 2627 Pud1 Pud (zu 40 Pfund) = 16,38 kg. 17
Pfund1 Pfund (zu 96
Solotnik) = 409,5 kg. Gold gegen 2435 Pud 32 Pfund im Jahre 1913,
d.h. um 191 Pud 25 Pfund oder um 7,9 v. H. Gold mehr eingegangen. Auf die einzelnen
Rayons verteilten sich die Goldeingänge an die staatlichen Laboratorien in
nachfolgender Weise:
Jahre
Ostsibirien
Westsibirien
Ural
Im ganzen
Pud
Pfund
Pud
Pfund
Pud
Pfund
Pud
Pfund
1911
2135
30
189
11
132
12
2457
13
1912
1894
–
200
11
190
38
2285
9
1913
2023
3
204
39
207
30
2435
32
1914
2263
36
204
9
159
12
2627
17
Hiernach ist die Goldausbeute im Jahre 1914 von den angegebenen Jahren die größte
gewesen, diejenige in Ostsibirien überstieg die Ausbeute des Jahres 1913 um 240 Pud
33 Pfund oder um 11,9 v. H., während sie im Ural und Westsibirien im Vergleich zu
1913 geringergewesen ist, und zwar im ersteren um 48 Pud 18 Pfund oder 23,3 v.
H. und im letzteren um 30 Pfund oder 0,4 v. H. Chemisch reines Gold wurde 1914 in
einer Menge von 2207 Pud 37 Pfund gegen 2036 Pud 12 Pfund im Jahre 1913 gewonnen,
d.h. um 171 Pud 25 Pfund oder um 8,4 v. H. Gold mehr. Wenn man nun annimmt, daß in
den privaten Laboratorien nur ebensoviel Gold gewonnen wurde wie im Jahre 1913, d.h.
etwa 971 Pud, so würde die Ausbeute an reinem Gold in Rußland im Jahre 1914 im
ganzen 3187 Pud 37 Pfund gegen 3007 Pud 8 Pfund im Jahre 1913 betragen. Zum Schluß
sei noch bemerkt, daß bei der Herstellung des chemisch reinen Goldes in den
Laboratorien reines Silber in nachfolgenden Mengen gewonnen wurde: Im Ural 42 Pud 35
Pfund, in Westsibirien 34 Pud 22 Pfund und in Ostsibirien 200 Pud 38 Pfund, zusammen
278 Pud 15 Pfund. (Torg. Prom. Gazeta vom 20. Mai u. 2. Juni 1915.)
Die Manganerzindustrie in Tschiatury (Rußland) im Jahre
1914. Nach den Angaben des Bergwerks-Journals sind im Jahre 1914 in
Tschiatury (Kaukasus) im ganzen 40446000 Pud Manganerze gewonnen worden, was im
Vergleich zu der im Jahre 1913 gewonnenen Menge eine Verminderung um 18742000 Pud
oder um 31,67 v. H. ausmacht. Die Abfuhr aus den Gruben mittels Eisenbahnen hat im
Jahre 1914: 43622000 Pud, d.h. um 25573000 Pud oder um 36,96 v. H. weniger als im
Jahre 1913 betragen. In den ersten sechs Monaten sind 40105000 Pud Manganerze, d. i.
um 3467000 Pud oder um 9,46 v. H. mehr abgeführt worden als in der entsprechenden
Zeit des Jahres 1913. Die Abfuhr von Manganerzen mittels Fuhrwerk hat überhaupt
nicht stattgefunden, während im Jahre 1913 damit 118570 Pud abgefahren wurden. Die
Abfuhr von kaukasischen Manganerzen auf den Markt hat 1914: 43653000 Pud erreicht,
was im Vergleich zum Jahre 1913 eine Verminderung um 22174000 Pud oder um 33,69 v.
H. ausmacht. Hierbei muß bemerkt werden, daß seit September 1914 eine Ausfuhr von
kaukasischen Manganerzen zur See nicht mehr stattgefunden hat, und daß daher, wenn
man die angegebene Abfuhrziffer im Jahre 1914 mit der entsprechenden Ziffer in den
ersten acht Monaten des Jahres 1913 vergleicht, der Schluß gezogen werden muß, daß
im Jahre 1914 1956000 Pud gleich 4,69 v. H. Manganerz mehr ausgeführt worden sind,
als in den entsprechenden acht Monaten des Jahres 1913. Ueber Poti sind 27082000 Pud
und über Batum 16571000 Pud Manganerze ausgeführt worden, wobei im Vergleich zu den
entsprechenden Ausfuhrmengen für das ganze Jahr 1913 die Ausfuhr über Poti um
11964000 Pud oder um 30,64 v. H. und über Batum um 10210000 Pud oder 38,12 v. H.
abgenommen hat. Vergleicht man jedoch die Ausfuhr über Batum und Poti im Jahre 1914
mit derjenigen der ersten acht Monate des Jahres 1913, so gelangt man zu dem Schluß,
daß die Ausfuhr der kaukasischen Erze über Poti um 1824000 Pud oder 7,2 v. H. und
über Batum um 135000 Pud gleich 0,8 v. H. zugenommen hat. Von der ganzen Ausfuhrmenge aus
Tschiatury sind auf den inneren Markt im ganzen 936000 Pud oder 2 v. H. gekommen,
während 42717000 Pud oder 98 v. H. ins Ausland gingen. Auf die einzelnen
Bestimmungsländer verteilten sich die aus Tschiatury ausgeführten Mengen in
nachfolgender Weise:
In denersten6 Monaten1914
ImganzenJahre 1914
Mehr (+) od. weniger (–)in den erste 6
Monaten1914 gegen die ersten6 Monaten 1913
1000 Pud
Mill. Pud
v. H.
Deutschland
18199
20237
+ 3,90
27,3
Belgien
8044
9577
+ 3,19
65,3
Großbritannien
5204
6638
– 3,33
39,1
Verein. Staaten v. Amerika
2126
2142
– 2,58
220,0
Oesterreich-Ungarn
1993
2011
+ 0,83
79,8
Frankreich
1485
1485
+ 0,33
28,7
Die übrigen Länder
567,5
567,5
+ 0,43
–
Die Preise für Manganerz waren im Januar 1914 auf der Station Tschiatury 7,5 bis 8
Kop. das Pud, im Februar 6,5 bis 7,5 Kop. das Pud und im März bis zum Juli 7,5 Kop.
das Pud. (Torg. Prom. Gazeta vom 6./19. Mai 1915.)
Kohlenstaub- und Torfpulverfeuerung für Lokomotiven. Es
wird schon seit langen Jahren im Lokomotivbetriebe angestrebt, minderwertige
Brennstoffe zu verwenden, bis jetzt aber ohne Erfolg. Gute Steinkohlen sind trotz
hoher Frachtkosten durch Torf und Braunkohlen, die in nächster Nähe der
Verbrauchsstelle gewonnen werden, nicht verdrängt worden. In Oldenburg und in Bayern
hat man besonders die Lokomotiv-Torffeuerung versucht, man ist aber wieder davon
abgekommen. Zurzeit versucht man minderwertige Kohlensorten, die man nicht in der
gewohnten Weise verfeuern kann, in Form von Kohlenstaub zu verbrennen. In Schweden
werden solche Versuche mit Torfpulverfeuerung ausgeführt. Solche Feuerungen sind
bereits seit längerer Zeit bei ortfesten Kesselanlagen in Gebrauch. Der gepulverte
Brennstoff wird dabei mittels Druckluft, die von einem Ventilator erzeugt wird,
durch eine Düse in den Verbrennungsraum eingeblasen, wie dies auch bei der bekannten
Oelfeuerung der Fall ist. Der Kohlenstaub wird im Lokomotivbetriebe so eingeblasen,
daß er als eine Wolke schwebend verbrennt. Die notwendige Verbrennungsluft tritt
durch eine ringförmige Oeffnung der Düse in die Feuerkiste ein, die gegen die
Außenluft vollkommen abgeschlossen ist.
In Schweden werden keine Steinkohlen gewonnen, sie müssen aus dem Auslande bezogen
werden, Torf ist aber reichlich vorhanden. Bei ortfesten Kesselanlagen hat man hier
mit Torfpulverfeuerung gegenüber Steinkohlen eine Ersparnis von 17 v. H.
festgestellt. Das trockene Torfpulver wird mit einem elektrisch betriebenen
Ventilator in die Feuerung eingeblasen. Eine Tonne Kohle entsprach hier 1,2 bis 1,4
t Torfpulver.
Die schwedischen Staatsbahnen führten nun vor einigen Jahren Versuche mit der
gewöhnlichen Torffeuerung bei Lokomotiven aus. Das Verdampfungsvermögen des Torfes
ergab sich dabei zu 3,8 kg von 11 at Spannung. Mit 1 kg Steinkohle wurden aber bei
diesen Versuchen 6,7 kg Dampf erzeugt. Die beidenBrennstoffe verhalten sich
also wie 1 : 1,8. Es wurden nun weiterhin Versuchsfahrten mit einer Lokomotive
ausgeführt, die mit Torfpulverfeuerung ausgerüstet war. Hierbei soll 1⅓ t Torf einer
Tonne bester englischer Steinkohle entsprochen haben. Dies günstige Ergebnis
veranlaßte auch andere Bahnen in Schweden, ferner auch die finnischen Bahnen,
Versuche mit dieser Feuerungsart auszuführen.
Bei den regelmäßigen Güterzugfahrten auf der Strecke Stockholm–Upsala sind Schäden am
Feuerungsgewölbe eingetreten. Die Feuerung muß sehr sorgfältig bedient werden, auch
die Speisewasserzuführung bedarf dabei einer sorgsamen Beobachtung, weil bei langem
Speisen der Dampfdruck stark fällt. Auch die Zugbelastung ist dabei etwas geringer
zu wählen als bei Feuerungen mit Steinkohlen.
Mit der Verfeuerung von Kohlenstaub in derselben Art ergab sich bei einer
schwedischen Privatbahn mit Berücksichtigung der Ausgaben für das Mahlen der Kohle
ein Gewinn von 25 bis 30 v. H. Es läßt sich darum annehmen, daß mit der Einführung
dieser Feuerungsart bei Lokomotiven wesentliche Ersparnisse an Brennstoff erzielt
werden. Für Länder, denen es an guter Steinkohle oder Heizölen mangelt, wird diese
Feuerungsart besonders wertvoll sein. (Zeitschrift für Dampfkessel und
Maschinenbetrieb 1915 S. 186 und 187.)
W.
Braunkohlenbrikett-Feuerung. Für die Verfeuerung von
rheinischen Braunkohlenbriketts auf Wanderrosten kommen die zylindrischen
Industriebriketts von 60 mm ∅ bei 45 mm Höhe und von 45 mm ∅ bei 25 mm Höhe in
Betracht. Die letztere Form eignet sich besonders gut für Wanderroste. Im
„Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerk“ wurden eingehende Versuche
mit diesem Brennstoff ausgeführt. Zur Erzielung einer guten Verbrennung kommt es
hauptsächlich auf die richtige Wahl der Schichthöhe des Brennstoffes auf dem
Wanderrost an. Der großstückige Brennstoff verlangt hier eine größere Schichthöhe
als bei Kohlenfeuerung. Dementsprechend muß das Zündungsgewölbe und der
Schichtregler höher gelegt werden. Beim Uebergang zur Braunkohlenbrikett-Feuerung
zeigt sich keine Abnahme der Kesselleistung. Schwierigkeiten in der Lagerung und
große Flugaschenbildung sind Nachteile der Braunkohlenbrikett-Feuerung. Das
Feuerungsgewölbe, die Kesselrohre und der Rostbelag werden hier besser geschont als
bei der Kohlenfeuerung.
MittlereBelastung
StarkeBelastung
Mischung:1 Teil Kohle,2,5 T.
Braun-kohlenbrik.
Leistung des Kessels: Dampf für 1 m2 Heizfläche und Stunde
kg
26,6
29,6
21,6
Beanspruchung des Rostes für 1 m2 Rostfläche und Stunde
kg
155
171
114
Verdampfungsziffer
5,6
5,7
6,35
Ausnutzung d. Heizwertes im Kessel u. Ueberhitz. ohne
Vorwärm.
v. H.
72,2
73,4
70,8
Versuche mit einem Kessel von 310 m2
Heizfläche und 10,4 m2 Rost ohne Vorwärmer hatten
vorstehendes Ergebnis. Als Brennstoff kamen Briketts, Größe 45 : 25, mit einem
Heizwert von 4930 WE zur Verwendung. Die Versuche beweisen, daß mit
Braunkohlenbrikett-Feuerung ein wirtschaftlicher Betrieb bei voller Ausnutzung der
Kesselheizflächen möglich ist. Die Mischung mit Kohle brachte keine Vorteile.
(Mitteilungen der Vereinigung der Elektrizitätswerke 1915 S. 162.)
W.
Aluminiumlegierungen. Bei Automobil- und besonders bei
Flugzeugmotoren herrscht das Bestreben vor, alle Teile mit möglichst kleinem Gewicht
auszuführen. Alan hat bereits Flugzeugmotoren mit Erfolg ausgeführt, bei denen das
Maschinengewicht 1 kg für 1 PSe nicht überschreitet.
Um solche geringen Gewichte zu erhalten, verwendet man in neuerer Zeit vielfach
leichte und doch betreffs Festigkeit hochwertige Aluminiumlegierungen, z.B.
Nickelstahlaluminium, oder Kupferaluminium (Duraluminium). Bei Flugzeugmotoren hat
man bereits Zylinderköpfe, Kolben, Maschinenrahmen usw. aus solchen Legierungen
hergestellt.
Textabbildung Bd. 330, S. 355
Abb. 1.
Zweckentsprechende Aluminiumlegierungen besitzen nahezu dieselbe Leichtigkeit wie
reines Aluminium und verbinden damit nahezu die Festigkeit und Härte von Flußeisen
mit dementsprechend hoher Dehnung. Solche Legierungen können dann auch im Gegensatz
zum reinen Aluminium durch Feilen, Hobeln, Drehen, Fräsen, Pressen, Ziehen und auch
Schmieden bearbeitet werden.
Abb. 1 zeigt nach Angaben des Bayerischen Industrie-
und Gewerbeblattes 1915 S. 39 einen Kolben für Flugzeugmotoren aus einer leichten
Aluminiumlegierung. Durch diese Ausführung werden die hin- und hergehenden Massen
bei den mit außerordentlich großer Drehzahl (bis 2000 in der Minute) arbeitenden
Motoren sehr verkleinert. Bei der Werkstattausführung ist aber zu berücksichtigen,
daß die Wärmeausdehnung des Aluminiums bedeutend größer ist als die des Gußeisens.
Es müssen deshalb die Abmessungen des Kolbens im kalten Zustande so gewählt werden,
daß er bei der Erwärmung im Betriebe genügend gut in den Zylinder paßt. Je nach der
baulichen Ausgestaltung werden sich aber weder Zylinder noch Kolben gleichmäßig nach
allen Seiten hin ausdehnen, sie werden vielmehr unrund werden. Es empfiehlt sich
deshalb die Aluminiumkolben im kalten Zustande etwas elliptisch abzudrehen. Die gute
Wärmeleitung des Aluminiums hat einen günstigen Einfluß auf die Lebensdauer eines
solchen Kolbens. Aluminiumkolben werden schwerer ausglühen als Gußeisenkolben. Es
kann deshalb hier eine höhere Verdichtung zugelassen werden.
Den günstigen Einfluß der Verminderung der hin- und hergehenden Massen durch
Verwendung eines Aluminiumkolbens auf die Motorleistung zeigt die Tab. 1.
Tabelle 1.
Um-drehungeni. d. Min.
Leistung mitGußeisen-kolben
Leistung mitAluminium-kolben
PS
PS
800
11,5
11,8
1000
14,3
14,8
1200
17,1
17,7
1400
19,1
20,1
1600
20,2
22,2
1800
20,0
23,1
2000
19,3
23,0
Textabbildung Bd. 330, S. 355
Abb. 2.
B = Bruchfestigkeit; D = Dehnung; K
= Kontraktion; St = Streckgrenze
Textabbildung Bd. 330, S. 355
Abb. 3.
B = Bruchfestigkeit; D = Dehnung; K
= Kontraktion; St = Streckgrenze
Nach Angabe der Zeitschr. des Ver. deutsch. Ing. 1915 S. 595 besteht das Duraluminium
aus 95 Teilen Aluminium, 1 Teil Magnesium, 3,30 Teilen Kupfer, 0,29 Teilen Eisen,
0,22 Teilen Silizium und 0,19 Teilen Mangan, mit einem spezifischen Gewicht von etwa
2,77 bis 2,84, je nach der Legierung. Kupferhaltige Aluminiumlegierungen mit 3000
kg/cm2 Festigkeit bei 20 v. H. Dehnung sind
bereits in Deutschland seit dem Jahre 1904 bekannt. Abb.
2 zeigt die Festigkeitseigenschaften einer Duraluminiumlegierung Marke 681
A, für Blechstärken von 2 bis 7 mm. Abb. 3 enthält
die Ergebnisse über
Tabelle 2.
Textabbildung Bd. 330, S. 356
Legierung H; Legierung 681 A;
Legierung 681 B; Härtestufen; Streckgrenze; Bruchfestigkeit; Dehnung;
Kontraktion; Härte; Weiche Bleche 7 mm; Härtestufe I; Härtestufe II; Härtestufe
III; Härtestufe IV; Härtestufe V
Warmzerreißversuche von Duraluminium. Aus dieser Darstellung
ist zu entnehmen, daß die Bruchfestigkeit dieser Aluminiumlegierung rasch mit dem
Anwachsen der Temperatur abnimmt. In der Tab. 2 sind die Festigkeitseigenschaften
einiger Duraluminiumlegierungen verschiedener Härtestufen zusammengestellt.
W.
Schadensanspruch wegen mißbräuchlicher Benutzung technischer
Entwürfe. Der Ingenieur, Techniker und technische Unternehmer ist oft nicht
in der Lage, seine Zeichnungen und Entwürfe so vor fremder Ausnutzung zu schützen
wie es seinem Interesse entspricht. Der Besteller einer Maschine, technischen Anlage
usw. entscheidet sich über die endgültige Bestellung erst, nachdem er die Zeichnung
und den Kostenanschlag in Händen hat und es ist nicht selten, daß jemand gewissenlos
ist, sich ein Duplikat von der Zeichnung und von dem Kostenanschlag herzustellen,
sie einem anderen Unternehmer auszuhändigen und wenn dieser den ersteren
unterbietet, diesem den Auftrag zuzuwenden.
Kann der geschädigte technische Unternehmer, Ingenieur usw. sich gegen eine derartige
sittenwidrige Ausnutzung und Entwendung seiner geistigen Arbeit schützen?
Ein urheberrechtlicher Schutz kommt in der Regel nicht in Frage. Urheberrechtlich ist
das geistige Eigentum nur so weit geschützt, als es zum Zwecke der Verbreitung
entwendet wird. Wer dagegen einen Gegenstand für sich selbst verbraucht, ist an
keine urheberrechtlichen Schranken gebunden. Genau so gut, wie er sich selbst den
Entwurf fertigen, wie er einen fremden Entwurf aus einer Zeitschrift, in der er der
Oeffentlichkeit zugängig gemacht ist, entnehmen und einem Unternehmer zur Ausführung
übergeben kann, so gut kann auch – wenn nicht andere Momente in Frage kommen –
jedermann private Entwürfe, wenn sie ihm zugänglich geworden sind, für seine eigenen
Zwecke verwenden.
Erfreulich ist es, daß die Rechtsprechung einen Weg gefunden hat, dem technischen
Unternehmer, Ingenieur usw. auf anderem Wege zu helfen, indem sie ihm einen
Schadenersatzanspruch zubilligt.
Eine solche Entscheidung hat kürzlich das Reichsgericht gefällt. Ein Unternehmer
hatte einem Kunden auf dessen Auftrag hin eine Zeichnung nebst Kostenanschlag
angefertigt. Der Besteller hatte darum gebeten, die Entwürfe nebst dem
Kostenanschlag auf kurze Zeit zu sich nehmen zu dürfen. Er gab die Entwürfe
abereinem anderen Unternehmer und übertrug ihm auf dessen etwas niedrigeren
Kostenanschlag hin die Ausführung.
Das Reichsgericht stützt den Schadenersatzanspruch auf den § 826 BGB., worin es
heißt, daß ein Schadenersatzanspruch gegeben ist, wenn jemand einem andern in einer
wider die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zufügt.
In einem Falle der vorliegenden Art ist allerdings ein Schaden unmittelbar nicht
gegeben. Wer sich Entwürfe oder Zeichnungen anfertigen läßt, sich aber die
Entscheidung über die Bestellung noch vorbehält, hat noch vollständig freie Hand,
wem er die endgültige Ausführung übertragen will. Wer mit einem Entwurf und einem
Kostenanschlag betraut ist, hat noch keinen Rechtsanspruch auf Uebertragung des
Auftrages selbst.
Man darf aber bei Schadensberechnungen nicht bei nachweisbaren Tatsachen stehen
bleiben, sondern man muß auch Möglichkeiten ins Auge fassen.
Wenn jemand beispielsweise das Ladengeschäft eines anderen vertragswidrig durch ein
Konkurrenzgeschäft lahmlegt und wenn jener dann gegen den Konkurrenten einen
Schadensersatzanspruch wegen Störung seines Geschäftes geltend macht, so ist auch
kein Schaden mit mathematischer Sicherheit nachweisbar. Jeder Kunde hat freie Wahl,
von wem er kaufen will. Aber es würde dem Konkurrenten wenig helfen, wollte er sich
darauf stützen und behaupten, es wäre überhaupt kein Schaden nachweisbar. Eine
Kundschaft ist stets eine Ungewisse Sache, aber auch als ein Inbegriff von
Möglichkeiten und Hoffnungen kann die Beeinträchtigung einer Kundschaft sehr gut
zahlenmäßig abgeschätzt werden, und wo die Möglichkeit einer genaueren zahlenmäßigen
Abschätzung fehlt, hat das Gericht durch die Befugnis, den Schaden nach freiem
Ermessen zu bewerten, völlig freie Hand.
Nicht anders ist die Rechtslage im obigen Fall. Stets ist es möglich, wenn auch immer
nur schätzungsweise den Schaden durch Abwägung mehr oder weniger Ungewisser
Möglichkeiten und Hoffnungen zu bemessen.
Hätte in dem, vom Reichsgericht entschiedenen Fall jener Unternehmer einen besonders
hohen Kostenanschlag gefertigt, so wäre es wahrscheinlich, daß der Auftrag nicht zur
Ausführung gekommen wäre, wenn nicht wiederum besondere Gründe dafür sprechen, daß
der Unternehmer mit seiner Kostenforderung heruntergegangen wäre.
Hat er aber den angemessenen Preis gefordert, so ist anzunehmen, daß ihm der Auftrag
auch erteilt worden wäre. Hat ein anderer ihn unterboten, so ist das mit großer
Wahrscheinlichkeit darauf zurückzuführen, daß dem anderen der erste Kostenanschlag
zur Kenntnis gekommen ist und daß dieser daraufhin einen niedrigeren Preis
veranschlagt hat, als er es sonst getan hätte. Jeder freier denkende Richter wird in
solchen Fällen die Möglichkeit zugunsten des „Bestochenen“ abwägen, und wird
diesem den vollen oder den größten Teil des zu erwartenden Verdienstes als
Schadensanspruch zubilligen.
Daneben dürfte auch noch eine teilweise Mithaftung des anderen Unternehmers in Frage
kommen. Das Entgelt für die Ausführung der Arbeit bezieht sich in denmeisten
Fällen auf die Projektarbeit mit. Hat der andere Unternehmer dadurch, daß ihm diese
Entwürfe und Anschläge des ersten Unternehmers zugänglich gemacht sind, die eigene
Anfertigung der Projekte gespart, so hat er den Verdienst eingeheimst für eine
Leistung, die zum Teil auf das Konto des ersten Unternehmers zu setzen ist. Und man
kann dann mit gutem Recht ungerechtfertigte Bereicherung annehmen und muß den
zweiten Unternehmer für verpflichtet halten, aus seinem Verdienst einen Teil als
angemessene Vergütung für die Entwürfe und Anschläge dem ersten Unternehmer zu
erstatten.
Dr. jur. Eckstein.