Titel: Neuerungen für den Antrieb elektrischer Lokomotiven.
Autor: G. Wimplinger
Fundstelle: Band 331, Jahrgang 1916, S. 23
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Neuerungen für den Antrieb elektrischer Lokomotiven. Von Dipl.-Ing. G. Wimplinger in Aachen. WIMPLINGER: Neuerungen für den Antrieb elektrischer Lokomotiven. Es ist bei elektrischen Lokomotiven mit hochgelagerten Motoren bekannt, die Triebachsen von den Motorkurbeln aus mit oder ohne Zwischenschaltung einer Blindwelle durch starres Gestänge ohne ausweichende Zwischenglieder anzutreiben. Da die Motoren auf dem abgefederten Teile des Fahrzeuges ruhen, muß einer oder mehrere Kurbelzapfen des treibenden oder getriebenen Teiles entsprechend der Größe und Richtung des Federspieles eine Schlitzführung erhalten. Diese Art der Kraftübertragung bedingt ein schweres und teueres Gestänge. Textabbildung Bd. 331, S. 22 Abb. 1. Textabbildung Bd. 331, S. 22 Abb. 2. Bei Anordnungen nach dem DRP Nr. 275880 wird das Gestänge leichter und billiger, auch die Blindwelle kommt in Wegfall. Die Blindwellen müssen sehr stark ausgeführt werden, da sie stark beansprucht sind, außerdem neigen die Blindwellenlager zum Heißlaufen. Diese Nachteile werden hier vermieden, da keine Blindwelle vorhanden ist. Die Antriebskurbeln der beiden Fahrzeugseiten müssen aber dabei um etwa 90° versetzt sein, damit die Triebkurbeln der einen Seite in den Totlagen von denen der anderen Seite durchgezogen werden. Die Motoren arbeiten mittels gelenkiger Triebstangen auf einen gemeinsamen Punkt der die Triebkurbeln verbindenden wagerechten Kuppelstangen. Die Triebstangen müssen hier gelenkig oder elastisch ausgebildet werden, da in den Zapfenlagern stets etwas Spiel vorhanden ist. In Abb. 1 ist der Fall dargestellt, wo die beiden von den Motoren ausgehenden Triebstangen an der Kurbel einer Triebachse selbst angreifen. Dabei bedeuten m1 und m2 die beiden Motorkurbeln. Diese arbeiten mittels der gelenkigen Triebstangen k1 und k2 auf die mittlere der drei Triebkurbeln t1, t2, t3, die durch die wagerechten Kuppelstangen s1 und s2 miteinander in Verbindung stehen. Die Triebstange k2 trägt an ihrem unteren Ende die Schlitzführung f, in welcher die Triebkurbel t2 entsprechend dem Federspiel der zugehörigen Triebachse senkrecht auf und ab gleiten kann, während die Triebstange k1 mittels des Gelenkes g an k2 angeschlossen ist, damit Klemmungen im Schlitz f vermieden werden. In den Stangen s sind in bekannter Weise Gelenke l1 und l2 angebracht, die ein unabhängiges Spiel der Triebachsen ermöglichen. In Abb. 2 greifen die Triebstangen k1 und k2 nicht an einer Triebkurbel an, sondern an einem zwischen zwei Triebkurbeln gelegenen Punkte Z der die Triebkurbeln t verbindenden wagerechten Kuppelstangen s. Eine Schlitzführung ist hier nicht notwendig, da an dieser Stelle keine senkrechte Federung aufzunehmen ist. In Abb. 1 und 2 ist die gleichzeitige Lage des Triebgestänges der anderen Fahrzeugseite punktiert gezeichnet. Zu dem DRP Nr. 275880 gehören noch die Zusatzpatente Nr. 286492 und Nr. 286493. Bei elektrischen Lokomotiven, bei denen der Antrieb der Räder von ein oder zwei hochgelagerten Motoren aus mittels zu beiden Seiten der Motoren angeordneten Schubkurbelgetrieben erfolgt, zeigt sich der Nachteil, daß die Lokomotive unter bestimmten Verhältnissen starken Rüttelbewegungen ausgesetzt ist. Diese Rüttelbewegungen können darauf zurückgeführt werden, daß sich infolge der Elastizität der Schub- bzw. Triebstangen bei den auftretenden Torsionsbeanspruchungen gewisse Schwingungs- bzw. Resonanzerscheinungen zeigen, welche unter bestimmten, von der Phase dieser Resonanz abhängigen Verhältnissen immer mehr zunehmen können. Die Folge hiervon sind nicht nur starke Rüttelbewegungen der ganzen Lokomotive, sondern es können auch Brüche der Triebstangen oder der Achsen eintreten. Die Erfindung nach dem DRP Nr. 278612 betrifft nun eine Einrichtung, durch welche diese Rüttelbewegungen vermieden werden können. Es wird dabei die Masse einzelner oder mehrerer Teile des gesamten Getriebes, welches an sich gleich stark ausgeführt werden könnte, so verschieden zueinander ausgebildet, daß zwei oder mehrere durch verschiedene Schwingungzahlen sich entgegenwirkende Gruppen entstehen, und so die sonst auftretende Resonanz gestört wird. In Abb. 3 ist z.B. eine elektrische Lokomotive mit zwei Antriebsmotoren a, b dargestellt, bei welcher der Antrieb in der üblichen Art mittels Schubstangen c, d auf die Triebräder der Lokomotive erfolgt. Die Motoren a, b werden gewöhnlich mit annähernd gleicher Masse ausgeführt, ebenso auf beiden Seiten der Lokomotive die Triebstangen. Textabbildung Bd. 331, S. 23 Abb. 3. Textabbildung Bd. 331, S. 23 Abb. 4. Hierbei haben sich nun infolge der Elastizität gewisse Schwingungs- bzw. Resonanzerscheinungen gezeigt, die bei der symmetrischen Anordnung der Gesamtmasse zu den erwähnten Uebelständen führten. Um diese Nachteile zu vermeiden, wird nach Abb. 3 die erwähnte Symmetrie dadurch beseitigt, daß die Masse des Motors b absichtlich größer gewählt wird als die Masse des Motors a. Dadurch entstehen im gesamten Getriebe zwei Gruppen, die infolge der verschiedenen Masse auch verschiedene Schwingungszahlen haben. Praktisch wichtig ist dabei, daß sich diese Schwingungserscheinungen, da sie eben verschieden sind, niemals summieren und also nicht zu Resonanzerscheinungen führen können. In Abb. 4 ist schematisch die der vorliegenden Erfindung zugrunde liegende Theorie besonders einfach dargestellt. Sind an den beiden Enden eines gleichmäßig elastischen Stabes zwei gleich große Massen f1, f2 angebracht, und wird der Stab in der Mitte bei g in gleichmäßig auf und ab gehende Bewegung versetzt, so werden sich, wenn die auf und ab gehende Bewegung bei g eine von den Massen f und der Elastizität des Stabes abhängige bestimmte Zahl erreicht, die Schwingungen auf beiden Seiten von g nicht nur vollkommen gleichmäßig ausbilden, sondern auch durch verhältnismäßig sehr geringen Kraftaufwand auf beiden Seiten gleichmäßig und gleichzeitig beliebig vergrößern lassen. Wird dagegen entweder die Masse der einen Stabhälfte e1 oder die Masse f1 verschieden von der Masse der anderen Stabhälfte e2 bzw. der Masse f2 ausgebildet, so ist ohne weiteres verständlich, daß auch die Schwingungzahlen auf diesen beiden Seiten verschieden sind. Eine Summierung bzw. ein gleichzeitiges und gleichmäßiges Anwachsen der Schwingungen auf beiden Seiten ist in diesem Falle ausgeschlossen, im allgemeinen werden sich die Schwingungen entgegen wirken bzw. gegenseitig stören. Die gleiche Erscheinung liegt auch allen Ausführungsformen der Erfindung zugrunde, bei denen durch Wahl der Masse zwei oder mehrere durch verschiedene Schwingungzahlen sich entgegenwirkende Gruppen gebildet werden können, womit die Resonanz jeweils gestört ist. Nach dem DRP Nr. 285612 kann derselbe Zweck auch noch dadurch erreicht werden, daß einzelne oder mehrere Teile des gesamten Getriebes, welche an sich gleiche Massen und gleiche Festigkeit haben, nachgiebig ausgeführt werden. Resonanzerscheinungen können dann nicht mehr auftreten. Eingehende Versuche haben ferner ergeben, daß bei elektrischen Lokomotiven mit zwei Motoren diese kleine Schwingungen ausführen, die jeweils entgegengesetzt verlaufen. Deshalb hat sich bei sogenannten starren Dreieckantrieben gezeigt, daß die obere Verbindungstange häufig infolge der fortwährend wechselnden Zug- und Druckbeanspruchungen bald unbrauchbar wird. Nach Abb. 5 wird dies dadurch vermieden, daß in die obere Verbindungstange m1, m2 eine Oelbremse n eingeschaltet wird, welche die Schwingungen dämpft. Eine solche Verbindungstange kann im Dreieckantrieb noch bei p und q mit Gelenken versehen werden. Textabbildung Bd. 331, S. 23 Abb. 5. Bei Fahrzeugen mit Triebwerken der betrachteten Art werden auch leicht dadurch Schwierigkeiten verursacht, daß in den Schubstangen infolge von Montagefehlern oder Ausdehnung des Rahmens bei Temperaturschwankungen nicht unerhebliche Spannungen entstehen. Diese können nach dem DRP Nr. 282067 beseitigt werden. Es sind dabei die Kurbeln an den Motoren oder an der Blindwelle mit Tangentialschlitzen versehen, und in diesen an beiden Seiten des Kurbelzapfens Federn oder andere elastische Glieder so angeordnet, daß sie die Spannungen aufnehmen. In Abb. 6 ist eine dementsprechende Ausführungsform dargestellt, a ist der Kurbelarm mit dem Tangentialschlitz b, in diesem Schlitz ist der Kurbelzapfenstein c verschiebbar angeordnet. An dessen beiden Seiten befinden sich die Federn d. Die Federn sind so stark ausgeführt, daß sie das berechnete Drehmoment zu übertragen imstande sind, aber den unvermeidlichen Zusatzspannungen nachgeben können. Eine ähnliche Wirkung läßt sich auch erreichen, wenn an Stelle von Federn nach Abb. 7 ein Stoff angeordnet wird, der beim Be- und Entlasten teilweise Arbeit verzehrt. Textabbildung Bd. 331, S. 24 Abb. 6. Textabbildung Bd. 331, S. 24 Abb. 7. Textabbildung Bd. 331, S. 24 Abb. 8. Textabbildung Bd. 331, S. 24 Abb. 9. Die Wirkung einer Schraubenfeder wird durch das Diagramm (Abb. 8) dargestellt, die Be- und Entlastung der Feder veranschaulicht die Gerade AB. Abb. 9 zeigt das Belastungsdiagramm eines Gummikörpers. Die Belastung wird hier durch die Kurve ABC, die Entlastung dagegen durch die Kurve ADC dargestellt. Die dazwischenliegende Fläche entspricht der verzehrten Arbeit. Auch in diesem Falle werden ersichtlich die freien elastischen Schwingungen vermindert und die Resonanzerscheinungen gestört. An der zweiten, um 90° versetzten Kurbel der Blindwelle des Motors oder des angetriebenen Räderpaares kann ebenfalls die gleiche Einrichtung getroffen werden. Beim Antrieb der Triebachsen eines elektrisch betriebenen Fahrzeuges mittels einfachen Zahnradvorgeleges ist es erwünscht, den Achsenabstand zwischen Motorritzel und Triebachse möglichst klein auszuführen. Der kleinste noch zulässige Durchmesser des Motorritzels ist gegeben. Die Verkleinerung des Zahnrades auf der Triebachse ist abhängig von dem kleinsten Durchmesser des Laufrades. Für eine festgesetzte Geschwindigkeit des Fahrzeuges ergibt sich so die höchste Umlaufzahl des Motors. Je höher die Umlaufzahl des Motors ausgeführt werden kann, um so geringer ist sein Gewicht, seine Raumbeanspruchung und sein Preis. Die Verkleinerung des Achsenabstandes beider Zahnräder ist also aus technischen und wirtschaftlichen Gründen sehr wichtig. Motorritzel und Zahnrad der Triebachsen müssen mit Rücksicht auf richtiges Zusammenarbeiten der Zähne gut miteinander verbunden sein. Da aber Laufrad und Achse gegen den am Rahmen des Fahrzeuges aufgehängten Motor abgefedert sein müssen, um bei Stößen ein Springen dieser Teile zu ermöglichen, ist bei bekannten Konstruktionen das Zahnrad auf eine hohle Welle gesetzt, welche die Triebachse umgibt. Nach dem DRP Nr. 282102 wird dagegen das Zahnrad auf einem mit dem Motorgehäuse verbundenen stillstehenden hohlen Zapfen drehbar befestigt. In Abb. 10 und 11 ist eine solche Anordnung gezeichnet. Der Motor a arbeitet mit dem Ritzel b auf das Zahnrad c. Dieses läuft auf dem fest mit dem Motorgehäuse verbundenen hohlen Zapfen d. Die Triebachse e befindet sich im Innern dieses Hohlzapfens d, der sie mit einem für die auftretenden Sprünge und Stöße des Triebrades f ausreichenden Zwischenraum s umgibt. Das Zahnrad c ist mit dem Triebrade f durch Mitnehmer q verbunden. Die Verbindung erfolgt in bekannter Weise durch Federn, so daß das Zahnrad c sowohl bei Uebertragung der Drehmomente wie bei den senkrechten Stoßbewegungen des Triebrades abgefedert ist. Der Motor selbst ist mit Hilfe der Traversen k fest mit dem Rahmen g verbunden, der wiederum in bekannter Weise durch Blattfedern h mit dem Achslager auf dem Zapfen i der Triebachsen abgestützt ist. Textabbildung Bd. 331, S. 24 Abb. 10. Textabbildung Bd. 331, S. 24 Abb. 11. Werden bei elektrischen Lokomotiven zwei hochgelagerte Motoren verwendet, von denen aus durch Triebstangen ein Hilfspunkt in der Höhe der Triebachsenkurbeln angetrieben wird, so stellen sich elastische Verzerrungen des Lokomotivrahmens ein, die zu einem Heißlaufen der Lager führen können. Gibt man den Hilfspunkten vollständige Freiheit der Bewegung, so müssen die Fliehkräfte der Triebstangen von den Motorlagern aufgenommen werden, die dadurch stark belastet werden. Nach dem DRP Nr. 284059 der Siemens-Schuckertwerke, Berlin, wird bei solchen Lokomotiven in der Höhe der Triebradkurbeln der Hilfspunkt durch eine im Rahmen gelagerte Kurbel auf einem festen Kreise geführt. Den auf beiden Seiten der Lokomotive sitzenden Kurbeln ist eine Beweglichkeit gegeneinander gegeben. Dadurch wird erreicht, daß die Stangenfliehkräfte von im Rahmen liegenden Lagern aufgenommen werden, so daß Verzerrungen des Rahmens nicht zu befürchten sind. Außerdem erhalten die Triebwerke auf beiden Seiten des Fahrzeuges gegeneinander ein gewisses Spiel, so daß Verzerrungen des Rahmens auf der einen Seite der Lokomotive auf das Triebwerk der anderen Seite keinen Einfluß ausüben können. In Abb. 12 ist die neue Lagerung der Hilfspunkte dargestellt, aa sind die Motoren, bb die Triebstangen, c ist der Hilfspunkt, dd sind die Kuppelstangen und ee die Triebräder. An Stelle eines einzigen Lagers für jede Kurbel kann auch für jede noch in der Mitte des Fahrzeuges ein solches vorhanden sein. Durch Ungenauigkeiten in der Ausführung und durch das unvermeidliche Spiel in den Lagern treten bei dem durch Kurbelmechanismus mit den Triebrädern verbundenen Motoranker Pulsationen auf, die ihn in so starke Schwingungen versetzen können, daß Betriebstörungen auftreten. Diese Schwingungen können durch Einführung elastischer Zwischenglieder zwischen dem Anker und den Treibrädern zum Teil beseitigt werden. Hierbei wurden die als Zwischenglieder verwendeten Federn durch Anordnung besonderer Reibflächen so ausgebildet, daß durch die künstlich vergrößerte Federreibung die Schwingungsenergie aufgezehrt wird. Diese Anordnungen verbrauchen somit dauernd eine gewisse Energie und sind außerdem, da das bei der gedrängten Bauart der elektrischen Lokomotiven in den elastischen Zwischengliedern aufzuspeichernde Arbeitsvermögen begrenzt ist, nur bis zu einem gewissen Grade wirksam. Dieser Mangel soll durch Anordnungen nach dem DRP Nr. 284352, Siemens-Schuckertwerke, Berlin, vermieden werden. Es wird dabei außer den elastischen Zwischengliedern eine Rutschkupplung im Anker vorgesehen, die erst in Tätigkeit tritt, wenn der Hub der Federn nicht mehr ausreicht. Textabbildung Bd. 331, S. 25 Abb. 12. Wenn durch besondere Umstände, z.B. durch plötzliches Abschalten des Stromes oder durch Stöße beim Verschiebedienst, die zur Begrenzung des Federspieles vorgesehenen Anschläge zum Anliegen kommen, so tritt die Rutschkupplung in Tätigkeit, wobei sie den größten Teil der durch den Stoß im Getriebe frei werdenden Energie in Reibungsarbeit umsetzt. Es wird zweckmäßig sein, die Rutschkupplung zwischen Anker und Motorwelle anzuordnen. Das elastische Zwischenglied kann beispielsweise in einer in der Kuppelstange liegenden Federung bestehen, oder in einer federnden Motorwelle. Auch ist es möglich, den Motoranker selbst federnd mit der Welle zu verbinden. (Schluß folgt.)