Titel: | Rechts-Schau. |
Autor: | Eckstein |
Fundstelle: | Band 331, Jahrgang 1916, S. 115 |
Download: | XML |
Rechts-Schau.
Rechts-Schau.
Wann hat der Maschinenbesteller ein Rücktrittsrecht?
Gewisse Rücktrittsrechte sieht das Gesetz in besonderen Fällen vor, die aber als
Ausnahmefälle hier nicht behandelt werden sollen, so zum Beispiel der Rücktritt
wegen falscher Zusicherung von Eigenschaften, wegen Leistungsverzuges, und die dem
Rücktritt gleichstehenden Rechte auf Anfechtung wegen Irrtums, Täuschung usw. Hier
soll nur die Frage geprüft werden, wann der Maschinenlieferant im Normalfalle einen
Rücktritt des Bestellers annehmen muß und wann nicht.
Der Maschinenlieferungsvertrag kommt in drei Formen vor, als Kaufvertrag, als
Werkvertrag und als sogenannter Werklieferungsvertrag.
Der Käufer hat überhaupt kein Rücktrittsrecht, von gewissen Fällen der
Vertragsverletzung usw. abgesehen. Der Werkbesteller dagegen hat grundsätzlich das
Recht zum Rücktritt, und zwar gemäß § 649 BGB. Der Besteller kann bis zur Vollendung
des Werkes jederzeit den Vertrag kündigen. Kündigt der Besteller, so ist der
Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen; er muß sich jedoch
das anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrages an Aufwendungen
erspart.
Wenngleich der Unternehmer demnach entschädigt wird, hat er oft ein größeres
Interesse daran, einen Auftrag zu Ende zu führen, und sich auf eine Kündigung
(Rücktritt) nicht einzulassen, sei es, weil es zum Ruhm seiner Firma beiträgt, sei
es, weil die Abrechnung der ersparten Aufwendungen zu Differenzen führen könne,
denen er aus dem Wege gehen, oder weil er nicht Einblick in seine Kalkulationen
geben will. Die Frage ist also trotz der Entschädigungspflicht von großer
praktischer Bedeutung.
Das Merkmal des Kaufes ist die Pflicht zur Uebereignung einer Sache; das des
Werkvertrages die Pflicht zur Herstellung oder Veränderung einer Sache oder eines
anderen durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführenden Erfolges. (Der
gewöhnliche Fall der Herstellung durch den Unternehmer wird unten behandelt werden.)
Werkvertrag ist also insbesondere die Uebernahme einer Umänderung, Ergänzung oder
Ausbesserung einer schon bestehenden Maschine.
Die größten Schwierigkeiten ergeben sich aber durch jene eigenartigen in der Mitte
liegender Verträge der Werklieferung, das ist die Herstellung eines Werkes aus einem
vom Unternehmer zu beschaffenden Stoff. Diese Verträge werden nach § 651 BGB im
wesentlichen zwar dem Kauf gleichgestellt, aber wenn es sich um eine nicht
vertretbare Sache handelt, so gelten doch wieder die wichtigsten Bestimmungen des
Werkvertrages, und gerade die Bestimmung über die Zulässigkeit des Rücktritts. (Vgl. Staudinger, Kommentar zum BGB § 651 IV. 2. g.)
Die Uebernahme der Herstellung einer Maschine wird in den meisten Fällen als Kauf
einer zukünftigen Sache, einer noch herzustellenden Maschine und nicht als Vertrag
über die Herstellung der Maschine im Sinne eines Werklieferungsvertrages anzusehen
sein, doch ist das für unsere Frage ohne Bedeutung, da in beiden Fällen ja der
Rücktritt ausgeschlossen ist. Das praktische Ergebnis ist also: Ein Rücktritt ist
gegeben, wenn die Maschine als nicht vertretbare Sache anzusehen ist, sonst
nicht.
Der Begriff der vertretbaren Sache wird im § 91 BGB festgelegt: Vertretbare Sachen im
Sinne des Gesetzes sind bewegliche Sachen, die im Verkehr nach Zahl, Maße oder
Gewicht bestimmt zu werden pflegen. Hier kommt natürlich nur die Bestimmung nach
Zahl in Frage, und das ist bei Maschinen durchaus nicht so selten, wie es im ersten
Augenblick den Anschein hat, denn Maschinen sind dann vertretbar, wenn sie als Sache
gegenüber anderen Maschinen keine besondere Eigenart haben.
Die Rechtsprechung hat für das Merkmal der Vertretbarkeit den Grundsatz
herausgebildet, daß die Sache handwerksmäßiger oder fabrikmäßiger Art sein muß, bei
der keine besondere Herstellung speziell nach Wunsch des Bestellers oder in bezug
auf die Person des Bestellers in Frage steht. (Vgl. die Entscheidungen im Recht 1908
Nr. 1364, 1910 Nr. 4075 und Staudinger, § 651 IVb.) Für
den Maschinenhandel dürfte stets dann eine vertretbare Sache anzunehmen sein, wenn
die Maschine katalogmäßig gehandelt wird.
Dr. jur. Eckstein.