Titel: | Polytechnische Schau. |
Autor: | Sander |
Fundstelle: | Band 331, Jahrgang 1916, S. 123 |
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Polytechnische Schau.
Polytechnische Schau.
Die nutzbaren Kohlenlagerstätten Serbiens und ihre
wirtschaftliche Bedeutung für die Zentralmächte. (Geh. Bergrat Prof. Dr. P.
Krusch, Metall und Erz 1916, Heft 4.)
Der serbische Kohlenbergbau befindet sich noch im Anfangsstadium. Kohle wurde zuerst
im Jahre 1843 entdeckt. Man kennt heute Kohle aus verschiedenen Formationen, und
zwar sowohl Stein-, als auch Braunkohlen.
A. Steinkohlen.
I. Steinkohle der Karbonformationen. Sie kommt vor a) zwischen Mlava und Pek, b) am
Malenikberg. Nur das erstere Vorkommen ist genauer bekannt. Die dort auftretenden
Flöze gehören einem höheren Horizonte des produktiven Karbons an. Im Hangenden der
Flöze sind Lagen von Kohleneisenstein mit einer Mächtigkeit bis zu 30 cm bekannt.
Vorläufig sind durch Stollen und Schürfschächte drei Kohlenflöze festgestellt, deren
Mächtigkeit zwischen 0,2 und 2,5 m schwankt. Die Kohle (Magerkohle) ist ziemlich
unrein und leicht zerbrechlich.
II. Steinkohle der Liasformation. Lias (Jura) kommt im Königreich Serbien nur
verhältnismäßig selten, und zwar im Nordosten, vor. Er liegt auf kristallinen
Schiefern. Die Steinkohlen treten in unregelmäßigen Linsen auf, die eine
Beurteilung des Vorrates erschweren. Immerhin dürften die Liaskohlen für Serbien
noch große Bedeutung erlangen. Die Kohle ist unrein, leicht zerbrechlich, sie muß,
um verwendungsfähig zu sein, gewaschen und brikettiert werden. Sie ist nicht
verkokbar, mager, sie brennt mit kurzer Flamme. Der Heizwert steigt bis zu 8000
WE.
Liaskohlenbecken sind bekannt bei Dobra, wo sich die Drenkova-Liasformation Ungarns
über die Donau fortsetzt. Die Kohle kommt in Linsen vor. Ihre Gesamtmächtigkeit
beträgt 1 bis 10 m. Sie ist stark verunreinigt, so daß beim Waschen 25 v. H. der
Förderung verloren gehen. Es werden in diesem Gebiete jährlich etwa 25 bis 30000 t
gefördert. – Ferner im Becken von Miroc. Dieses Vorkommen gehört zu den größten
Serbiens, es hat eine Länge von fast 30 km. Durch Schürfarbeiten waren 1913 vier
Flöze bekannt von 0,50 bis 1,60 m Mächtigkeit. – Endlich im Becken von Zajecar mit
Vrska-Cuka und Prljita im Timokflußgebiet. Die Kohle von Vrska-Cuka wird bereits
seit 25 Jahren, teils auf serbischem, teils auf bulgarischem Gebiet abgebaut. Die
Durchschnittsmächtigkeit der Flöze beträgt 2 bis 3,5 m. Die Kohle wird durch eine
Schmalspurbahn von 81 km nach Radujevac an der Donau gebracht und dort brikettiert. Die jährliche
Förderung beträgt 30 bis 40000 t.
III. Steinkohle aus der Kreide. Die Kreidekohlen sind von größter Bedeutung für
Serbien. Sie treten in der weitverbreiteten oberen Kreide auf und haben erhebliche
Erstreckung im Streichen und im Fallen. Die Kohle ist im allgemeinen rein und fest.
Es sind vier Gruben im Betriebe: 1. Die Rtanjgrube, die drei bis zu 5 m starke Flöze
ausbeutet. Die Kohle dieser Flöze ist unrein; sie muß gewaschen und brikettiert
werden. 2. Auf der Dobra Streca Grube bei Vina sind drei Flöze mit 1,5 bis 2 m
Mächtigkeit aufgeschlossen. 3. Auf der Grube Podvis am Timok kennt man zwei Flöze
mit 0,5 bis 7 m Mächtigkeit. Hervorgehoben zu werden verdient der Paraffinschiefer,
der das Hangende und das Liegende der Flöze bildet. Am anderen Ufer des Timok wurden
bei Oresac Aufschlußarbeiten gemacht, wobei drei Flöze von 1,50 bis 30 m Mächtigkeit
festgestellt wurden. Eine große Zahl weiterer Fundpunkte sind bekannt geworden,
jedoch sind die Kohlenvorkommen bisher wenig erforscht. Der Heizwert der
Kreidekohlen schwankt zwischen 5100 und 8100 WE.
B. Braunkohlen.
Unter den im Tertiär vorkommenden Braunkohlen Serbiens unterscheidet man jüngere
Lignite und ältere Braunkohlen.
Die älteren Braunkohlen sind fest, schwärzlich und steinkohlenähnlich. Sie stellen
einen wertvollen Brennstoff dar. Im nördlichen Serbien findet man das Tertiär in den
großen Niederungen der Drina, Morava, Mlava, des Pek und des Timok. Man findet die
Braunkohlen in verschiedenen Becken: Becken östlich von Golubac, das 6 km lang und 1
bis 3 km breit ist. Man kennt hier fünf Flöze von 7,40 m Gesamtmächtigkeit. Abgebaut
wird die Kohle bisher nur an einer Stelle. – Bei Rakova-Bara und Kljucata befindet
sich ein ebenso großes Becken, in dem Aufschlußarbeiten ein Flöz von 10 m
Mächtigkeit aufdeckten. Ferner befinden sich bekannte Kohlenvorkommen im oberen Lauf
des Mlavatales bei Stamnica und Magudica. Ein weiteres großes Kohlenbecken gibt es
im Moravatal. In den nördlichsten Gruben dieses Moravabeckens sind mehrere Flöze
aufgeschlossen worden, Gesamtmächtigkeit 2 bis 14 m. Am wichtigsten scheint hier
zurzeit der Tagebau von Zidilje zu sein. Die Staatseisenbahnen betreiben die Grube
bei Welika-Mala-Ravna Reka und die Senjegrube. Auf der ersteren geht Tagbebau um,
zum großen Teil ist die Kohle aber bereits abgebaut. Der Tiefbau ist schon ziemlich
weit vorgeschritten. Es wird ein Flöz von 5,80 m Stärke abgebaut. Man hat hier 5
Mill. t gewinnbare Kohle berechnet. Die Senjegrube besteht schon seit 20 Jahren, der
Bergbau ging auf einem 3 bis 30 m starken Flöz um. Die Förderung wurde bis zu 120000
t jährlich gesteigert. Nach dem Ankaufe der vorgenannten Grube aber kam hier der
Bergbau fast völlig zum Erliegen. Außer den genannten Vorkommen kennt man in diesem
nördlichen Moravabecken noch viele andere Fundpunkte.
Im südlichen Teile des Moravabeckens findet sich das Alexinacer Kohlenlager, das
eine streichende Erstreckung von 30 km hat. Es besteht aus zwei Flözen von 4 bis 5 m
Mächtigkeit. Die Kohle ist zum Teil bereits abgebaut. 15 km östlich von Nisch liegt
die Kohlengrube Felasnica. Sie baut das obere, stärkere von zwei Flözen, von denen
das eine 2,5, das andere 1,2 m stark ist. Auch in diesem südlichen Teil sind noch
viele andere Ausbisse bekannt.
In Mittelserbien (Cumadia) kennt man eine ganze Reihe von tertiären
Braunkohlenlagerstätten. So die Kohlengruben von Orasac und Misaca, die zwei Flöze
von 1,5 bis 2 m bauen. Obgleich das Lager recht ausgiebig zu sein scheint, ist es
doch bisher nur wenig aufgeschlossen. Ferner sind Kohlen bekannt aus dem westlichen
Moravabecken, dem Ibartal, aus dem nördlichen Tertiärbecken bei Tekia an der Donau,
gegenüber Orsova, und im Timoker Tertiärbecken.
Was die jüngeren Lignitvorkommen angeht, so sind auch diese ziemlich verbreitet. Im
Becken von Kostulac und Kragujevac besteht die Kostolazer Grube. Durch Bohrungen
sind hier nachgewiesen vier Flöze von 18,6, 4,5, 4 und 3,6 m Stärke. Der berechnete
Vorrat ist 5 Mill. Tonnen. Bedeutende Vorräte hat auch die Klenovnikgrube. Im
tertiären Mlavabecken, in der Umgebung von Petrovatz bestehen ähnliche Vorkommen.
Auch in Mittelserbien kommen Lignit vor. In der Umgegend von Kragujevac sind durch
Schürfarbeiten einige Flöze unter 4 m festgestellt. Weitere Lignitlagerstätten kennt
man aus den Tertiärbecken der Kolubara und der Save, ferner bei Kraljevo. Von diesen
dürften namentlich die letzteren größere Bedeutung erlangen.
Im allgemeinen haben die serbischen Braunkohlen einen Heizwert von 3100 bis 5800
WE.
Die Kohlenvorräte Serbiens sind von serbischen Bergleuten 1910 wie folgt berechnet
worden:
Steinkohlen,„„
nachgewiesenerwahrscheinlichermöglicher
Vorrat„„
2 Mill. t10 Mill. t33 Mill. t
45 Mill. t
Braunkohlen,„„
nachgewiesenerwahrscheinlichermöglicher
„„„
27 Mill. t83 Mill. t105 Mill. t
215 Mill. t
Lignit, „ „
nachgewiesenerwahrscheinlichermöglicher
„„„
30 Mill. t99 Mill. t138 Mill. t
267 Mill. t
(Eine westfälische Kohlenzeche beansprucht etwa vier preußische Maximalfelder mit 80
Mill. t abgebohrten Vorrates.)
Es erhellt aus diesen Berechnungen, daß die serbische Kohle nur für Serbien selbst
wirtschaftliche Bedeutung haben kann, wo sie ja auch heute schon für die
Staatseisenbahnen als Feuerungsmaterial in ausgedehntestem Maße Anwendung findet.
Für die Zentralmächte kommen die verhältnismäßig geringen Kohlenvorräte kaum in
Betracht.
Wüster.
––––––––––
Knickfestigkeit und Sicherheitsgrad. Die Frage der
Knickbeanspruchung von Stäben hat stets das besondere Interesse erweckt. In aller
Erinnerung wird noch der Einsturz des Gasbehälters in Hamburg vom 7. Dezember 1909
sein, dessen Ursache nach den Untersuchungen von Krohn
und Müller-Breslau die ungenügende Steifigkeit einiger
Druckstreben des Stützgerüstes des Behälterbodens bildete. Im Anschluß hieran wurde
seinerzeit eine der Druckstreben im Königl. Materialprüfungsamt zu
Berlin-Lichterfelde eingehend untersucht (vgl. Verhandlungen des Vereins zur
Beförderung des Gewerbefleißes 1912, Heft 10 und Zeitschrift des Vereins deutscher
Ingenieure 1913, S. 615). Unter Bestätigung der früher gefundenen Tatsache, daß die
Eulersche Formel bei Berechnung der Knicklast
zusammengesetzter Druckquerschnitte zu hohe Werte liefert, ergaben diese Versuche
insbesondere noch, daß geringe Exzentrizitäten oder Verbiegungen der Stabachse eine
bedeutende Verminderung der Knicklast bewirken.
Dem gleichen Problem der Knickfestigkeit und ferner einer Betrachtung des
Sicherheitsgrades bei Knickbelastung ist ein Aufsatz von Gümbel in Heft 52 der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure 1915
gewidmet. Das dort in knapper Form zusammengestellte Material unseren Lesern im
Auszug mitzuteilen, würde die Uebersichtlichkeit stören, weshalb das Studium des
Originalaufsatzes selbst empfohlen sei. Der Verfasser stützt sich insbesondere auf
die anerkannten Versuche von Tetmajer. Die Tatsache, daß
außer der Knickbeanspruchung noch eine Biegungsbeanspruchung vorhanden ist, erklärt
Gümbel damit, daß es einmal nicht möglich ist, den
Kraftangriff genau in die Stabachse zu legen, und daß ferner die Schwerpunktsachse
materieller Stäbe im allgemeinen nicht geradlinig, sondern eine einfach oder
mehrfach gebogene Linie ist. Nimmt man hierzu die obengenannten Versuche an dem
Stabe des Hamburger Gasbehälters, so findet man sogleich die Begründung für die
Erfahrung, welche man mit der Unzulänglichkeit der Eulerschen Knickformel gemacht hat. Die Berechnung von Knickstäben erfordert
also eine besondere Beachtung dieser Tatsache, und deren Herstellung eine äußerst
sorgfältige Ueberwachung. Des weiteren erläutert Gümbel
den Begriff des Sicherheitsgrades einer auf Knickung beanspruchten Konstruktion und
leitet durch Rechnung ab, daß für ein Konstruktionselement das Verhältnis der
höchsten Materialbeanspruchung zur Streck- oder Quetschgrenze dem Verhältnis der
Arbeitsinanspruchnahme zu der im Konstruktionselement vorhandenen Arbeitsfähigkeit
bis zur Streck- oder Quetschgrenze gleich sein muß, wenn man von einem gleichen
Sicherheitsgrade in jedem Falle sprechen will. Mehrere Zahlentafeln und Beispiele
erläutern die theoretischen Erörterungen.
Ritter.
––––––––––
Organisation des Normalienbüros. Eine Würdigung des für
eine Fabrik, die in jeder Beziehung wirtschaftlich arbeiten will, unerläßlichen
Normalienbüros und einen Vorschlag für die Einrichtung eines solchen gibt Clambus in Heft 24 1915 der Werkstattstechnik. Besonders
hervorzuheben ist der darin ausgesprochene Satz, daß der Vorsteher dieses Büros
nicht Tabellenmacher, sondern Ingenieur und gründlicher Fachmann sein soll.
Als erstes muß das gesamte Zeichnungswesen vereinheitlicht werden bezüglich
Ausführung, Aenderung, Ersetzen der Zeichnungen usw. Sodann ist in Buchform oder
Kartenform ein Nachschlagewerk (Katalog) über sämtliche im Werke ausgeführte
Maschinenteile anzulegen, nach dem sich alle Konstruktionsbüros zu richten haben.
Jedes Katalogblatt enthält eine etwa mittels Storchschnabels hergestellte
verkleinerte Darstellung des Gegenstandes mit den Hauptmaßen, der zugehörigen
Zeichnungsnummer und sonst erwünschten Angaben. Neben diesem Nachschlagewerk über
Konstruktionsteile sind auf einzelnen Tafeln sämtliche Materialien
zusammenzustellen, die halbfertig (wie Stangen-, Träger-, Plattenmaterial usw.) und
ganz fertig (Schrauben, Muttern, Niete, Keile usw.) bezogen werden, unter
Beschränkung auf das Notwendige. Auch hiernach müssen die Konstrukteure, aber auch
die Einkäufer sich richten. Nach Verbrauch noch vorhandener anderer Materialien sind
infolgedessen bei Verwendung alter Zeichnungen entsprechende Aenderungen zu machen,
doch wird dieses schrittweise vor sich gehen und daher keine zu großen
Schwierigkeiten mit sich bringen. Die Bestellbureaus erhalten zweckmäßig zur
Vermeidung von Irrtümern Nachweistafeln über die Nummern der einander entsprechenden
alten und neuen Teile. Sobald die Tafeln für fertig bezogene Materialien
herausgegeben sind, werden unter Benutzung der bis dahin im Katalog gesammelten
Unterlagen die Konstruktionsteile eingehend bearbeitet. Dieses ist Aufgabe des
Normalienbüros, das sich in allen für die Herstellung und Verwendung in Frage
kommenden Büros ins Einvernehmen zu setzen hat. Die Einteilung des Normalienbüros,
wie sie z.B. für eine größere elektrotechnische Spezialfabrik besteht, zeigt
nachstehendes Schema. Die einzelnen Abteilungen können natürlich für kleinere
Betriebe ganz nach Bedarf vereinigt werden.
Textabbildung Bd. 331, S. 124
Normalien-Abteilung;
Normalien-Zentral-Büro; Normalien-Haupt-Büro; Werkzeugnormalien-Büro;
Drucksachen u. Terminologie; Katalog; Betriebsmittel Büro; Schemata u. Skizzen;
Abteilung-Normalien-Büro; Schalterbau; Anlasser- u Widerstandsbau;
Kontrollerbau; Hochspannungsapparatebau; Schalttafel- u. Schaltkastenbau;
Sonderzeichnungen
Um ein dauerndes ersprießliches Zusammenarbeiten zwischen Normalien- und
Konstruktionsbüro zu erzielen, sollen die Mitglieder der Abteilungs-Normalien-Büros
sich täglich
auch einige Stunden in dem ihnen zugeteilten Konstruktionsbüro zur Besprechung der
vorliegenden Arbeiten aufhalten.
Zur Einholung des Einverständnisses und der Angaben der zuständigen Büros über zur
Anfertigung erforderliche neue Werkzeuge, der Benennung und der Modellnummer wird
ein Meldeschein herumgesandt. Nachdem so eine neue Konstruktion allseitig festgelegt
ist, wird sie in das Nachschlagewerk aufgenommen. Zur Erleichterung des
Meinungsaustausches sind wöchentliche „Normaliensitzungen“ zweckmäßig.
Das Arbeitsgebiet der im Schema genannten Abteilung geht aus ihrer Bezeichnung
hervor. Das Büro für Sonderzeichnungen soll die bestimmten Vorschriften
unterworfenen Zeichnungen wie z.B. für die Marine und andere Behörden
anfertigen.
Neben den Fabriknormalien besondere Abteilungsnormalien festzusetzen ist wegen der
dabei eintretenden Zersplitterung nicht ratsam.
Ritter.
––––––––––
Schlackenzement und Schlackenbeton. Mehr und mehr zeigt
sich heutzutage in der Technik das Streben nach nutzbringender Verwertung der
industriellen Abfallprodukte. Neuerdings ist man dazu übergegangen, die in der
Eisenindustrie in gewaltigen Mengen entstehenden Schlacken dem Zement und Beton
zuzusetzen. Auch die Müllverbrennungsschlacke hat man diesem Zwecke dienstbar
gemacht. In der Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architektenvereins
(67, 660, 1915) beschäftigt sich P. Rohland mit den
Eigenschaften dieser Schlackenzemente und Schlackenbetone. Die Müllschlacke wird
zunächst gemahlen und dann unter Zusatz von Zement und Sand zur Herstellung von
Beton- und Eisenbetonkörpern verwendet. Es stand nun zu befürchten, daß das in
diesen Schlacken enthaltene Eisenoxyd sich im Beton oxydieren und durch den
Uebergang in Eisenoxydul andere schädliche Reaktionen herbeiführen könnte. Dies
scheint indessen nach den bisherigen Erfahrungen nicht einzutreten. Hingegen muß man
unbedingt vermeiden, mit der Müllverbrennungsschlacke zusammen Kiese und Sande zu
verwenden, die Schwefelverbindungen enthalten, da sonst dieser Schwefel mit dem
Eisenoxydul der Schlacke Eisensulfid bildet, das sich zu Sulfat oxydiert und aus dem
Zement ausgelaugt wird, wodurch das Gefüge des Betons eine Lockerung erfährt. Ein
aus drei Teilen Müllschlacke oder Flugasche mit einem Teil Kalk hergestellter
Betonkörper zeigte nach vier Wochen eine Zugfestigkeit von 4 bis 5 kg/cm2, ein Preßkörper aus Müllschlacke mit 6 v. H.
Aetzkalk nach dem Härten im Dampfkessel eine Druckfestigkeit von etwa 400 kg/cm2. In einem Eisenbeton aus 75 v. H. Müllschlacke
mit Portlandzement blieb Eisen unoxydiert. Auch die Entrostung angerosteten Eisens
erfolgte in diesem Gemisch gerade so wie im Portlandzement selbst. Etwas schwieriger
liegen die Verhältnisse bei der Müllverbrennungsschlacke in Städten, in denen viel
Braunkohle und Briketts verbrannt werden. Dieses Material liefert nämlich im
Gegensatz zur Steinkohle eine sehr lockere Müllschlacke, die überdies bis zu 5
v. H. Schwefel enthält. Diese Schwefelverbindungen entstehen durch Reduktion des in
den Kohlen enthaltenen Gipses zu Schwefelkalzium bzw. anderer Sulfate zu den
entsprechenden Sulfiden. An feuchter Luft oder unter Wasser oxydieren sich diese
Verbindungen zu wasserlöslichen Sulfaten, die dann die Zerstörung des Betons oder
Eisenbetons verursachen. Derartige Schlacken müssen daher vor der Verwendung
entschwefelt werden.
Die Gießereiroheisenschlacken sind basische Schlacken. Läßt man sie nach dem
Ausfließen aus dem Hochofen langsam erkalten, so zerfallen sie mehr oder minder
schnell zu einem feinen Mehl, dem Schlackenmehl, das zementtechnisch wertlos ist,
vermutlich deshalb, weil beim langsamen Erkalten die kolloiden, erhärtungsfähigen
Stoffe in amorphe und kristalloide übergehen. Durch sofortige starke Abkühlung der
aus dem Hochofen kommenden Schlacke kann man die Mehlbildung vermeiden und ein
sandartiges Material erhalten. Bei dieser schnellen Abkühlung können sich die
Kalkverbindungen nicht mehr von den übrigen Bestandteilen trennen, und es erfolgt
anscheinend eine chemische Reaktion. Gut gekörnte Hochofenschlacke sieht unter dem
Mikroskop durchsichtig aus wie Glas, wogegen mangelhaft gekühlte ein Aussehen wie
Milchglas zeigt oder polarisierende Kristallausscheidungen aufweist. Diese sandige
Schlacke wird im Verhältnis 1 : 1,2 mit Kalkstein vermischt, nachdem sie zuvor in
Trommeln gut getrocknet worden ist, dann gemahlen und zu Steinen geformt, die dann
im Schachtofen gebrannt werden; oder man mischt, ohne Steine zu formen, in
Drehrohröfen 30 v. H. granulierte Schlacke mit 70 v. H. der Masse. Diese Produkte
kommen als Eisenportlandzement in den Handel.
Alle diese Schlackenbetonarten sind feuersicher und haben ein geringes
Wärmeleitvermögen. Ihre Haltbarkeit nimmt mit dem Alter zu, bis sie vollständig
erhärtet sind. Beim Eisenbeton muß das Eisen mit einer mindestens 2,5 cm starken
Schlackenbetonschicht umgeben werden.
Iklé.
––––––––––
50 Jahre Straßenbahnen in Deutschland. Am 22. Juni 1915
waren 50 Jahre seit Inbetriebsetzung der ersten Pferdebahn in Deutschland vergangen.
Sie vermittelte den Personenverkehr zwischen Berlin und Charlottenburg.
Verhältnismäßig weit schneller als die Bevölkerung wuchs die Anzahl der
Straßenbahnunternehmungen, wie die Abbildung erkennen läßt. Schon im Anfange der
80er Jahre des vorigen Jahrhunderts machte sich das Bestreben geltend, die tierische
Betriebskraft durch die Maschine zu ersetzen. Der Versuch, Dampfbetrieb einzuführen,
scheiterte, da die Mitführung von Kohle und Wasser Schwierigkeiten verursachte, die
Anfahrverhältnisse ungünstig sind, viel Bedienung erforderlich ist und die Dampf-
und Rauchentwicklung in den Straßen einer Stadt unangenehm empfunden wird. Bei der
Anwendung von Gasmotoren ergaben sich Mißstände infolge des umständlichen Anlassens
und wegen der Notwendigkeit, Kühlwasser und Betriebsgas mitzuführen. Auch ließ sich Feuer- bzw.
Explosionsgefahr nicht völlig beseitigen. Dennoch verschwanden die Pferdebahnen in
den Großstädten, da die seit 1879 von Werner v. Siemens angestellten Versuche zu dem Erfolge geführt
hatten, daß im Jahre 1881 die erste elektrische Bahn zu Groß-Lichterfelde dem
Verkehr übergeben werden konnte. Anfangs bezogen die Straßenbahnen den elektrischen
Strom von vorhandenen Kraftwerken und waren bemüht, sich deren Betriebsverhältnissen
anzupassen. Später bauten sich größere Unternehmungen eigene Stromerzeugungsanlagen
und lieferten ihrerseits Elektrizität für Beleuchtung und Kraftbetriebe. Jetzt
wiederum geben vielfach die den Bedürfnissen größerer Verwaltungseinheiten dienenden
Ueberlandzentralen Strom für den Straßenbahnbetrieb mittels besonderer Umformanlagen
auf große Entfernungen ab.
Textabbildung Bd. 331, S. 126
In der ersten Zeit traten im Ortsverkehr als Unternehmerfirmen fast ausschließlich
Aktiengesellschaften auf, die bisweilen ihren Sitz im Auslande hatten. Erst später
entschlossen sich Stadtverwaltungen dazu, die Straßenbahnen in eigene Verwaltung zu
übernehmen. Zurzeit findet man auch vielfach eine Beteiligung der Gemeinden an
Privatunternehmungen, die jenen die Möglichkeit bietet, auf die Erfüllung von
Wünschen der Bevölkerung nachdrücklich hinzuwirken. Eine weitsichtige Stadtobrigkeit
wird sich nämlich der Erkenntnis nicht verschließen, daß eine schnelle und sichere
Bewältigung des Personenverkehrs innerhalb der Städte und zwischen diesen und
Nachbarorten die größte Bedeutung für die weitere Ausgestaltung des Gemeinwesens
besitzt. Wenn es gelungen ist, die Verkehrsfrage zu lösen, wird der Bevölkerung die
Möglichkeit gegeben, außerhalb der Geschäftsviertel ein gesundes Unterkommen im
Vororte zu finden. Ferner beeinflussen die Straßenbahnunternehmungen das
Wirtschaftsleben, indem sie durch Ausgabe von Aktien Gelegenheit schaffen, flüssiges
Kapital gut zu verzinsen. Auf den Arbeitsmarkt wirken sie durch den mittelbaren und
unmittelbaren Verbrauch vieler Arbeitskräfte merklich ein. Den verschiedensten
Industrien geben sie durch Aufträge Gelegenheit zum Verdienst. Vielfach kommt
auch der Reingewinn der Unternehmungen der Allgemeinheit zu gute, wenn
beispielsweise der Straßenbahn eine Bahnkörperunterhaltungspflicht auferlegt wurde.
Das stete Anwachsen kleinerer Gemeinden zu Großstädten wird auch fernerhin fördernd
auf die Entwicklung des örtlichen Verkehrswesens einwirken. (Winkler in Deutsche Straßen- und Kleinbahn-Zeitung Nr. 49 u. 50 1915.)
Schmolke.
––––––––––
Schießen mit flüssiger Luft auf Brandenburg-Grube bei Ruda
(Oberschlesien). Auf der Brandenburg-Grube bei Ruda sind im Schuckmannflöz
in Gegenwart der Bergbehörden vom Bergverwalter Bock verschiedentlich Versuche
angestellt worden, die darauf hinauszielen, die verhältnismäßig teuere Füllung der
Marsitpatronen zum Sprengen mit flüssiger Luft oder flüssigem Sauerstoff durch einen
billigeren Stoff zu ersetzen.
Die angewandte Patrone besteht aus einer aus gewöhnlichem Papier gewickelten Hülse,
die unten geschlossen ist. Der Durchmesser der Hülse beträgt 32 mm. Sie wurde mit
getrocknetem und gesiebtem Sägemehl gefüllt. Man durchlochte dann die gefüllte Hülse
durch Messerschnitte reihenweise und tauchte sie in die Tauchgefäße für flüssige
Luft.
Die Gewichte der leeren, sowie der mit Luft gefüllten Patronen geben folgende
Zahlentafeln an; zum Vergleich sind bei der ersten Versuchsreihe die entsprechenden
Gewichte von Marsitpatronen angeführt.
Sägemehl-patronen
Marsit-patronen
1. Versuchsreihe
Länge der Patronen
cm
20
25
20
25
Gewicht der leeren Patronen
g
45
60
60
75
Gewicht der Patr. nach d. Füllung
„
145
185
220
275
Aufgesaugte Luftmenge
„
100
125
160
200
2. Versuchsreihe
Gewicht der leeren Patronen
g
59
71
Gewicht der Patr. nach d. Füllung
„
188
250
Aufgesaugte Luftmenge
„
129
179
Die Tauchzeit betrug in allen Fällen etwa zwei Minuten. Ueber die Ergebnisse der
angestellten Versuche geben folgende Zahlentafeln Aufschluß:
Der Grund für das Ausblasen der beiden letzten Schüsse ist hauptsächlich darin zu
suchen, daß die verdunstende Luft bei der Dichte des Gesteins keine Gelegenheit
hatte, durch Poren, Schlechten usw. zu entweichen. Daher wurden Besatz und Patronen
durch den im Bohrloch entstandenen Druck herausgeschleudert. Ferner waren auch die
beiden Löcher schon am Tage vorher gebohrt worden, so daß der Besatz an den feuchten
Wänden schlecht haftete. Am nächsten Tage konnten aber auch diese beiden Schüsse mit
gutem Erfolge, mit derselben Ladung abgetan werden.
Was die Kosten anbelangt, so werden die einer ungetränkten 20 cm-Marsitpatrone auf 7
Pf., die einer 25 cm-Marsitpatrone auf 7,25 Pf. angegeben, während die Kosten der ungetränkten 20
oder 25 cm-Sägemehlpatrone nur 1 Pf. betragen sollen.
Textabbildung Bd. 331, S. 127
Art des Bohrloches; Tiefe des
Bohrlochs; Ladung; Besatz; Wirkung; Wetterprobe; Menge des zu derselb. Wirkung
nötigen Pulvers; Gesamtwirkung der Schüsse; Versuchsreihe; Schießen in der
Strecke (3 × 2,25 m); Einbruchsloch an der Sohle; Einbruchsloch; Firstenloch;
Schießen im Pfeiler; Firstenl. vom linken Stoß nach d. Mitte; Stoßloch am
rechten Stoß; Schießen in der Strecke. Schuckmannflöz, Ostfeld; Einbruch am
rechten Stoß n. d. Ortsstoß; Bohrl. a. rechten Stoß, parall. z. Ortsst.;
Firstenbohrloch, wagerecht; Firstenbohrloch schwach ansteigend; Schießen im
Pfeiler. Schuckmannflöz, Ortsbreite 5 m, Höhe 4 m; Einbruchsschuß, wagerecht;
Firstenbohrloch, mit 40° ansteigend; Schießen im Gesteinsort. Sprungausrichtung
in sehr festem und dichtem Sandstein; Bohrl. a. linken Stoß, etwa 25° anst.;
Firstenloch
Bei allen Schießversuchen wurde elektrische Zündung mit „Sirius“-Zündern
angewandt. (Kohle und Erz 1916 Nr. 7/8.)
Wüster.
––––––––––
Die Entwicklung der englischen Steinkohlenausfuhr im
Kriege. Da die englischen Kohlenreviere alle im nordwestlichen
Großbritannien liegen, so hat dieses nach Eröffnung des Steinkohlenbergbaues
gegenüber dem südöstlichen, ackerbauenden England und dem an Kohlen überaus armen
Irland einen mächtigen Vorsprung gewonnen. Wenn also irgendwo in Europa, so mußte in
Großbritannien die Ausbeutung der Steinkohle beginnen, wo mächtige Flöze zum Teil zu
Tage ausgehen, die Kohle somit im einfachen Tagebau gewonnen werden könnte. Irlands
Kohlenlager sind unbedeutend; es gibt dort nur zwei kleine Kohlenbezirke, der eine
in Leinster bei Castlecomer, der andere in Ulster bei Dungannon. Die schottischen
Kohlenlager finden sich alle im mittleren Schottland, den sogenannten Lowlands, sind
hier jedoch sehr stark entwickelt und gehen quer durch das Land von der Nordsee bis
zum Atlantischen Ozean. Die schottische Förderung beträgt etwa 15 v. H. der
Gesamtbritischen und wird zum Teil an Ort und Stelle von den Hochofenwerken, von der
Metall- und Textilindustrie verbraucht. Ein Teil gelangt aber auch zur Ausfuhr, und
zwar nach Irland, dem Nord- und Ostseegebiet, dem Mittelmeer. Im Nordosten von
England liegt das bedeutende Kohlenrevier von Durham und Northumberland, welches
etwa 20 v. H. der englischen Steinkohlenförderung liefert. Die Kohle gelangt einmal
in der dortigen eigenen blühenden Eisenindustrie zur Verwendung, andererseits im
größten Maße nach London, Hamburg, Dänemark, Skandinavien über die Ausfuhrhäfen
Newcastle, Blyth, Sunderland, Hartlepool. Da viele große englische Kohlenfelder
unmittelbar an der Meeresküste liegen, so wird naturgemäß dadurch die Ausfuhr
englischer Kohle ganz außerordentlich erleichtert. Weiter südlich von Durham und
Northumberland liegt das große Kohlengebiet von Yorkshire, Derbyshire und
Nottinghamshire, das etwa 23 v. H. der britischen Förderung liefert und somit das
bedeutendste Kohlenbecken Englands ist. Westlich des trennenden Penninengebirges
liegt dann noch das Kohlenrevier von Lancashire, das allerdings mehrfach zerstückelt
ist und etwa 10 v. H. der Landesförderung an Steinkohle liefert. Eine ganz
eigenartige Stellung nimmt das große Revier von Südwales ein, wo etwa 19 v. H. der
gesamten Förderung gewonnen werden. Hier in Südwales wird vorzügliche Anthrazitkohle
gewonnen, die beste Dampferkohle der Welt, die zum allergrößten Teil zur Ausfuhr
gelangt, doch wird auch ein nicht unerheblicher Teil von den dortigen Hüttenwerken
verbraucht. Ausfuhrhäfen für die südwalliser Kohle sind Cardiff, Swansea, Newport,
Port Talbot.
Bei diesen Verhältnissen lag die Annahme nahe, daß England von dem Kriege, zunächst wenigstens,
wesentliche Vorteile hätte haben müssen. Da Deutschland auf dem Weltmarkt als
Konkurrent ausgeschaltet war, so hätte Englands Stellung auf dem nun freien
Weltmarkte sich vorteilhaft gestalten sollen, wenn eben Englands Berechnung richtig
gewesen wäre. Indessen sah man bald in England, daß sich die Bewegung der Preise für
die Hauptwaren, darunter auch besonders Kohle, doch wesentlich anders vollzog, als
man bei Ausbruch des Krieges erwartet hatte. Zwar hat bei einer Reihe von Waren, in
denen England die Monopolstellung einnimmt, der Preis für England eine günstige
Entwicklung genommen, aber im großen und ganzen ist doch in England die
Preisentwicklung eine ganz andere und wesentlich ungünstigere geworden, als wohl die
ärgsten Pessimisten im Lande vermutet haben. Die großen Preissteigerungen in England
sind im wesentlichen auf die Verteuerung der Gestehungskosten, besonders der Löhne
zurückzuführen. Infolge der Arbeiterbewegungen – die ja in England an der
Tagesordnung sind – sind einige der wichtigsten Sorten Industriekohlen gegen die
Zeit vor Beginn des Krieges mehr als doppelt so teuer geworden. Ungefähr im gleichen
Schritt mit dieser Steigerung des Kohlenpreises vollzog sich auch eine Erhöhung des
Kokspreises, der sofort alle Hochofenwerke belastete. Bei der Preissteigerung von
Eisenerz, das England ja zum allergrößten Teile aus dem Auslande bezieht, sind es
nicht so sehr Gründe wirtschaftlicher Natur, als vielmehr die jedenfalls nicht
unbedeutenden Schiffstransportschwierigkeiten als Folge der deutschen
U-Boottätigkeit. Wie in allen Bergbauländern die Preise für die Bergbauprodukte seit
dem Jahre 1912 im allgemeinen gesunken waren und bei Beginn des Krieges sogar
niedriger standen als in den letzten Jahren vorher, so hielt diese
Preisabwärtsbewegung für einige Bergwerksprodukte mit Kriegsausbruch noch weiter an.
Dieser Preisrückgang trifft nun besonders die englische Steinkohle, die zumal für
Newcastler Bunkerkohle recht erheblich im Preise gesunken war. Beste Newcastler
Dampferkohle kostete nur 15 sh für die Tonne im Mai 1914 und sank im Dezember 1914
sogar bis auf 13,3 sh. Dann aber trat eine starke Erhöhung des Kohlenpreises ein,
der schon im März 1915 17,6 sh erreicht hatte. An der englischen Ostküste zu
Newcastle kosteten Ende März 1915 beste großstückige Blythkohle 20 sh die Tonne, an
der Westküste Admiralitätsstückkohlen, nur lieferbar auf Erlaubnisschein der
Admiralität, 23 sh 6 d bis zu 24 sh und kleine Dampfkesselkohle 17 sh 6 d Der Grund
für diese neuere Preissteigerung der englischen Steinkohle mit der Jahreswende
1914/15 ist vorzugsweise darin zu suchen, daß Englands Kohlenausfuhr zu einem nicht
geringen Teile unterbunden ist. Im Jahre 1914 betrug die Kohlenausfuhr Englands nur
61,8 Mill. Tonnen gegen 76,7 Mill. Tonnen im Jahre 1913, also ein Weniger von 14,85
Mill. Tonnen. Dem Werte nach stellten sich die Kohlenexporte auf 54 Mill. Lstl. in
1913 und nur 42 Mill. Lstl. in 1914. Im Jahre 1914 exportierte also England über ein
Fünftel Kohle weniger in das Ausland als im Jahre vorher. Dieser Ausfall ist in
der Hauptsache durch den verringerten Kohlenexport nach Deutschland, Belgien,
Argentinien, aber auch Frankreich und Italien, also Verbündetenländern,
hervorgerufen. Der Rückgang in Englands Kohlenausfuhr betrifft ganz naturgemäß
allein die zweite Hälfte des Jahres 1914. Hier machte sich der Ausfall Deutschlands,
Belgiens, Rußlands und die verringerte Nachfrage der neutralen Länder auf dem
englischen Kohlenmarkt sehr fühlbar und drückte darum zunächst auf die Kohlenpreise.
Bis zum Ende des Jahres fielen daher die Kohlenpreise. Im Jahre 1915 setzte dann
aber aus anderen Gründen die schon angedeutete Aufwärtsbewegung der Kohlenpreise
ein; die Gestehungskosten, die Arbeitslöhne, Betriebseinschränkungen,
Transportspesen, Seefrachten sind alle gewachsen. Vor allem hat aber der englische
Steinkohlenbergbau zu leiden unter den vielen Einberufungen zum Heere, die eine
starke Verminderung der bergmännischen Belegschaft der Steinkohlengruben erzeugt
haben. Der Arbeitermangel, der sich infolgedessen fühlbar machte, führte zur
Produktionsverringerung und diese Fördereinschränkung wiederum zu einer Verteuerung
der Steinkohlen. Es scheint in England, wenigstens zeitweilig, geradezu eine
Kohlenknappheit geherrscht zu haben, denn im Mai 1915 wurde in beschränktem Umfange
sogar ein Kohlenausfuhrverbot erlassen. So hat also schon sehr bald der Krieg
bewirkt, daß Englands Kohlenversorgung nicht mehr absolut sicher stand, noch viel
weniger diejenige seiner von ihm abhängigen Verbündeten. Wie die Ausfuhr Englands im
ganzen, so hat auch besonders die englische Steinkohlenausfuhr in der bisherigen
Kriegszeit eine recht erhebliche Abnahme erfahren. Die Ursachen, welche diesen, den
Engländern jedenfalls recht unerwünschten Minderexport von Kohle hervorgerufen
haben, sind nur allzu deutlich ersichtlich. Ohne weiteres kamen ja sofort mit
Kriegsbeginn schon die Kohlenlieferungen an die mit England im Kriege befindlichen
Staaten in Wegfall, nämlich an Deutschland, Oesterreich-Ungarn und die Türkei. Nach
der Statistik verzeichneten aber diese drei großen Kohlenabnehmer die beträchtliche
Einfuhr von 9,1 Mill., 1,2 Mill. und 409000 t englischer Steinkohle. Hierzu kam dann
noch im weiteren Verlauf des Krieges die mit der Zeit beinahe vollständige
Abschließung Rußlands vom Verkehr mit Westeuropa in bezug auf Hereinnahme von
Kohlendampfern und weiter die durch die deutsche Besetzung Belgiens erfolgte
Sperrung dieses Landes gegen englische Kohleneinfuhr. Rußland erhielt 1913 6,2 Mill.
Tonnen und Belgien 2,0 Mill. Tonnen Steinkohlen aus England. Auch die Bezüge der
neutral gebliebenen Länder an englischer Kohle wurden naturgemäß mit Fortschreiten
des Krieges von Monat zu Monat geringer. Das Wirtschaftsleben dieser Staaten machte
keineswegs Fortschritte, sondern der Krieg rief gesteigerten Rückgang fast überall
bei ihnen hervor, und die überwiegende Mehrzahl dieser Staaten bezog ganz erheblich
geringere Mengen englischer Steinkohle, als dies früher der Fall war. Schließlich
bewirkten auch die deutschen U-Boote und Minen, welche die englische Schiffahrt
stark belästigten, sowie unsere damals noch tätigen Auslandkreuzer, daß der englische Kohlenexport
ungünstig beeinflußt wurde. Die Gesellschaften wollten das Risiko nicht mehr tragen,
die Versicherungsraten stiegen ganz bedeutend, und ebenso stiegen auch die
Frachtsätze. Gerade die Frachtsätze für Kohlen haben in England eine Höhe erreicht,
die ganz außergewöhnlich und keinesfalls ohne Rückwirkung auf den englischen
Kohlenexport bleiben kann. Die Kohlenausfuhr Englands wurde denn auch durch den
Krieg stark beeinträchtigt, sie zeigt für die einzelnen Kriegsmonate 1914 die
folgende einschneidend rückgängige Entwicklung in 1000 long tons zu 1016 kg.
1913
1914
Gegen 1913
Januar bis Juli
42501
41186
– 1315
AugustSeptemberOktoberNovemberDezember
58196197673959136229
30713859394432803699
– 2748 = – 47 %– 2338 = – 37 „– 2795 = – 41 „– 2663
= – 45 „– 2530 = – 40 „
August bis Dezember
30897
17853
– 13044
Januar bis Dezember
73400
59040
– 14360
Dazu Bunkerkohle
21032
18536
– 2496
Bei den wichtigsten Ländern gestaltete sich die Versorgung mit englischer Kohle in
1914 folgendermaßen, ebenfalls in 1000 long tons.
1913
1914
Gegen 1913
Deutschland
8952
5257
– 3695
Oesterreich Ungarn
1057
564
– 493
Türkei
370
430
+ 60
Belgien
2031
1169
– 862
Frankreich
12776
12331
– 445
Italien
9647
8625
– 1022
Rußland
5998
3088
– 2910
Dänemark
3043
3059
+ 25
Norwegen
2298
2462
+ 104
Schweden
4563
4250
– 315
Den größten Minderbezug an englicher Kohle zeigt natürlich Deutschland, da wir sofort
mit Ausbruch des Krieges keine Tonne englischer Kohle mehr erhielten. Dann folgen
aber gleich Englands Verbündete, Rußland und Italien, denen ganz erhebliche Mengen
Kohle nicht geliefert wurden.
Deutschlands Kohlenversorgung ist indessen ohne jegliche Schwierigkeit gesichert,
wenn wir auch auf die etwa 91/4 Mill. Tonnen englischer Kohle heute verzichten
müssen, da bei uns bald nach der Beendigung der Mobilmachung die
Transportverhältnisse günstiger wurden, auch Arbeiter aus dem Kalibergbau und aus
der schweren Industrie für den Kohlenbergbau herangezogen werden konnten. Mit der
Eroberung Belgiens haben wir zudem auf dessen Kohlenförderung, die sich zuletzt auf
etwa 23 bis 24 Mill. Tonnen stellte, Beschlag gelegt. Ebenso hat Deutschland einen
sehr großen Teil der Kohlenförderung Nordfrankreichs diesem Lande durch die
erfolgte Besetzung entzogen. Für Frankreich kommt noch die deutsche und belgische
Kohlenzufuhr von 5¾ und 3,6 Millionen Tonnen jährlich in Wegfall, so daß also dieses
Land arg in seiner Kohlenversorgung bedrängt ist. Die Kohlengewinnung Frankreichs
betrug etwa 40½ Mill. Tonnen Steinkohle und ¾ Mill. Tonnen Braunkohle, deren
Förderung zu fast drei Vierteln in den nordfranzösischen Gebieten Pas de Calais und
Depart. du Nord stattfand. Rußlands Kohlenversorgung ist gleichfalls stark
beschnitten, da das polnische Kohlenbecken von Dombrowa sich in deutschen Händen
befindet, das bisher etwa ein Viertel der russischen Gewinnung lieferte. Italien hat
eine eigene Kohlenförderung von nicht ganz 700000 t, erhielt aus Deutschland
jährlich 1 Mill. Tonnen und aus England 9 Mill. Tonnen zu normalen Zeiten. Gleich im
ersten Kriegsjahre erhielt Italien über 1 Mill. Tonnen Kohle aus Rußland, nahezu 3
Mill. Tonnen Kohle weniger aus England und die deutsche Kohleneinfuhr fiel später
selbstverständlich ganz aus. So haben in bezug auf ihre heimische Kohlenversorgung
die Hauptverbündeten Englands, Frankreich, Italien und Rußland, starke
Einschränkungen erlitten, die sich noch durch Wagenmangel und U-Bootgefahr weiter
steigerten. In der Zeit vom 1. August 1914 bis zum 31. Juli 1915 hat England 45,97
Mill. Tonnen Kohlen, Koks und Briketts ausgeführt gegen 75,42 Mill. Tonnen in der
entsprechenden Zeit 1913/14. Der Ausfuhrrückgang im ersten Kriegsjahr beträgt daher
29,45 Mill. Tonnen oder 39,05 v. H.
B. Simmersbach.
––––––––––
Welterzeugung und -Verbrauch von künstlichen Düngemitteln.
Von dem Internationalen Ackerbau-Institut in Rom werden halbjährig sehr eingehende
statistische Erhebungen über die Erzeugung, die Ein- und Ausfuhr sowie den Verbrauch
der hauptsächlichsten künstlichen Düngemittel in den verschiedenen Ländern
veröffentlicht. Dem letzten dieser Berichte, der die Jahre 1912 bis 1914 umfaßt,
entnehmen wir die folgenden Angaben über die Erzeugung und den Verbrauch an
Stickstoffdüngemitteln, die ja gegenwärtig im Vordergrunde des Interesses
stehen.
1. Chilesalpeter.
1912
1913
Erzeugung in Chile
2586975 t
2773459 t
Ausfuhr aus Chile
2494166 t
2739530 t
Lieferungen für den Verbrauch
2530645 t
2556973 t
Sichtbare Vorräte (am 31. Dez.)
1620056 t
1765867 t
Das Jahr 1914 brachte in seiner zweiten Hälfte eine starke Verminderung sowohl der
Ausfuhr wie auch der Erzeugung. So betrug die Ausfuhr nach Deutschland vom 1. Juli
bis 30. November 1914 nur 34183 t gegenüber 285479 t in der gleichen Zeit des
Vorjahres. Die Gesamtausfuhr aus Chile erfuhr im Jahre 1914 durch den Krieg einen
Rückgang von 895000 t. Da die Erzeugung nur um 312000 t eingeschränkt wurde,
erreichten die Vorräte in Chile Ende 1914 die gewaltige Höhe von 640000 t.
2. Ammoniumsulfat.
Erzeugung
1912t
1913t
1914t
Deutschland
492000
549000
(500000)
Großbritannien
394226
438932
427756
Vereinigte Staaten
149700
176900
166014
FrankreichBelgienOesterreich-Ung.ItalienSpanienHollandRußlandJapanAustralienDänemarkSchwedenAndere
Länder
6910043700355001110012000600040007300300024001400(25000)
7540048600390001500015000600080008000300028001400(25000)
(200000)
––––––––––––––––––––––––––––––––
Zusammen
1256426
1412032
(1293770)
3. Kalkstickstoff.
Erzeugung
1912t
1913t
1914t
Deutschland
22000
24000
(36000)
Oesterreich-Ungarn
5000
(7500)
(24000)
Vereinigte Staaten
(14000)
31000
(64000)
Frankreich
(7500)
(7500)
(7500)
Italien
10304
14982
22500
Japan
5199
(7500)
(7500)
Norwegen
13892
12111
(23500)
Schweden
6043
17000
(17000)
Schweiz
(7500)
(7500)
(7500)
––––––––––––––––––––––––––––
Zusammen
(91438)
(139093)
(209500)
Die eingeklammerten Zahlen bedeuten die Produktionsfähigkeit der einzelnen Länder,
die übrigen Zahlen die wirklich erzeugten Mengen.
Sander.
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Plastische Massen aus Hefe. H. Blücher berichtet in der Chemiker-Zeitung 1915 S. 934 über interessante
Versuche in dieser Richtung, die er in Gemeinschaft mit E. Krause angestellt hat. Sie beobachteten, daß die Abfälle
der Hefeextraktfabrikation, die aus den sehr feinen Zellhäuten der Hefe bestehen,
bei der Behandlung mit Aldehyden plastische Massen liefern, die durch starke
Pressung unter gleichzeitiger Erwärmung zu einem harten festen Produkt verdichtet
werden können. Dieses eignet sich als Ersatz für Ebonit, Zelluloid, Galalith und
andere Kunststoffe. Außer den Hefeextraktabfällen kann auch Brauereiabfallhefe sowie
jede nach dem Delbrückschen Verfahren hergestellte
Lufthefe als Ausgangsmaterial Verwendung finden. Die ursprünglich schwarze Farbe des
neuen Erzeugnisses kann durch Einverleibung von Farbstoffen beliebig geändert
werden, ferner lassen sich durch bestimmte Zusätze und Füllmittel auch die
mechanischen und chemischen Eigenschaften beeinflussen.
Die Fabrikation erfolgt in zwei Phasen: Zunächst wird aus Formaldehyd und Hefe ein
Halbfabrikat hergestellt, das als feines Pulver in mehreren, den verschiedenen
Verwendungszwecken angepaßten Marken an die Verarbeiter geliefert wird. Dieses
Pulver, das unbegrenzt lange haltbar ist, kann nun nach Belieben mit Füllmitteln
versetzt und in der verschiedensten Weise gefärbt werden; sodann wird es in
heizbaren hydraulischen Pressen geformt. Die auf diesem Wege erhaltenen Gegenstände
geben die feinsten Einzelheiten der Form wieder, beispielsweise können die zartesten
Reliefs mit höchster Schärfe erzeugt werden. Außer durch seine unmittelbare
Formbarkeit zeichnet sich das neue Erzeugnis auch durch weitgehende mechanische
Bearbeitbarkeit aus, es ist ferner fast unentflammbar und verkohlt sehr schwer. Das
spezifische Gewicht des ungefüllten Stoffes ist 1,33 bis 1,35. Man kann auch
Metallteile sehr fest in das neue Produkt einpressen, was für die Herstellung von
Türklinken, Fenster- und Werkzeuggriffen recht wertvoll ist. Weiter lassen sich
Knöpfe, Wandplatten, Lampenfüße, sowie zahlreiche Teile für die Feinmechanik und die
Schwachstromtechnik aus dem neuen Material herstellen. Zur Ausnutzung der Erfindung
wurde die Ernolith-G. m. b. H. in Leipzig gegründet.
Sander.