Titel: Drahtseilschwebebahnen für Förderzwecke in Zuckerfabriken.
Autor: H. H. Dietrich
Fundstelle: Band 332, Jahrgang 1917, S. 71
Download: XML
Drahtseilschwebebahnen für Förderzwecke in Zuckerfabriken. Von Ingenieur H. H. Dietrich, Leipzig. (Schluß von S. 55 d. Bd.) DIETRICH: Drahtseilschwebebahnen für Förderzwecke in Zuckerfabriken. Eine andere bemerkenswerte Drahtseilbahnanlage, die sich von den beiden vorbeschriebenen dadurch unterscheidet, daß nicht eine einzige, allen Transportaufgaben dienende Anlage vorhanden ist, sondern daß zwei Einzelbahnen für die besonderen Zwecke aufgestellt wurden, besitzt die Suikerfabriek van Breda & Bergop Zoom in Holland (Abb. 8). Hier war die Aufgabe gestellt, Rüben und Kalkstein zur Fabrik anzuliefern und Schnitzel auf das Schnitzellager abzustürzen. Textabbildung Bd. 332, S. 71 Abb. 8. Anordnung der Drahtseilbahnen der Suikerfabriek van Breda & Berg op Zoom. Die Rübenbahn setzt an dem Fabrikhafen an, wo sich die Beladerampe befindet, und geht dann mit ziemlich starker Steigung und unter gleichzeitiger Ablenkung in wagerechter Richtung zu den Lagermulden für die Rüben und zur Halde für den Kalkstein. Die Winkel- und Umlenkungsscheiben werden auch hier selbsttätig umfahren. Hinter der Kalksteinhalde ist der Antrieb für das ständig umlaufende Zugseil untergebracht, das die Wagen, die auf festen Hängebahnschienen laufen, mitnimmt. Eine Abbildung der Winkelscheibenanordnung auf der ansteigenden Strecke am Hafen ist in Abb. 9 gegeben. Das Entleeren der Drahtseilbahnwagen erfolgt auf der Fahrt selbsttätig. Für die Beladung kuppeln sich die Wagen von selbst vorn Zugseil los, um von den Ladearbeitern an die Beladestelle gestoßen zu werden. Sind sie gefüllt, was durch Ueberschaufeln in gleicher Weise wie bei der Kalksteinverladung in Malchin erfolgt, so werden sie aus der Kuppelstelle herausgeschoben, wobei sie sich an das umlaufende Zugseil anschließen. Die für die Anlage erforderliche Bedienung ist auch hier sehr gering. Textabbildung Bd. 332, S. 72 Abb. 9. Winkelscheibeanordnung der Rubenbahn der Suikerfabriek van Breda & Berg. Die Lagermulden für die Rüben befinden sich rechts und links der Bahn, zwischen ihnen, also in der Achse der Drahtseilbahn verläuft noch das Anschlußgleis der ebenfalls Rüben heranfahrenden Eisenbahnlinie. Die gesamte Schienenlänge dieser Drahtseilbahn beträgt 660 m, ihre Steigung 7 m. Die Wagen sind für Ladungen von je 500 kg Rüben bemessen und folgen sich in Abständen von etwa 36 m, so daß 120 Wagen oder 60 t Rüben oder Kalkstein in der Stunde gefördert werden können. Ein Bild der Bahn über den Rübenmulden zeigt Abb. 10. Textabbildung Bd. 332, S. 72 Abb. 10. Rubenbahn über den Lagermulden für die Ruben in Zoom. Die zweite Drahtseilbahn dient der Schnitzelförderung. Hierfür ist die Schwebebahn besonders geeignet, weil der Absturz der Ladung selbsttätig durchgeführt werden kann. Die Schnitzelbahn nimmt ihren Ausgang von der Fabrik selbst, wo die Wagen unter der Auslaufschnauze eines Elevators mit den Schnitzeln beladen werden. Auch diese Bahn besitzt einen scharfen Winkel in der Linienführung, der von den Wagen, ohne daß sie sich vom Zugseil lösen, durchfahren wird. Textabbildung Bd. 332, S. 72 Abb. 11. Anordnung der Schnitzelforderungsanlage der Zuckerfabrik Belo Kolodez. Die Schnitzel werden während der Fahrt von den sich an einem Anschlag selbsttätig entladenden Wagen auf das Schnitzellager abgestürzt. Außerdem ist an der Endumführungsscheibe, die ebenfalls von den Wagen ohne menschliche Hilfe durchfahren wird, noch eine Schurre vorgesehen, um über diese die Schnitzel in Schmalspurwagen entladen zu können, durch die sie den im Hafen liegenden Schiffen zugeführt werden. Die Schienenlänge dieser Bahn beträgt 360 m, die Stundenleistung 30 t. Textabbildung Bd. 332, S. 73 Abb. 12. Anordnung der Schnitzelgruben in der Zuckerfabrik Laun. Als Beispiel für eine Schnitzelbahn größeren Umfangs sei die Anlage der Zuckerfabrik Belo Kolodez angeführt (Abb. 11). Hier bringt eine Förderschnecke die Schnitzel zu einem Füllrumpf, aus dem sie in die Wagen der Drahtseilbahn abgezogen werden. Dann fördert die Drahtseilbahn, die mit einer selbsttätigen Winkelstation ausgerüstet ist, die Schnitzel über die Schnitzelgrube, wo sich die Wagen entriegeln, von selbst entladen und nach Umfahrung der Endumführung wieder zurückkehren. Es ist aber auch möglich, die Wagen über die Schnitzelgrube hinaus noch weiter bis zu einem Entladestrang gehen zu lassen, von dem aus die Schnitzel an Fuhrwerke abgegeben werden. Textabbildung Bd. 332, S. 73 Abb. 13. Abstürzen der Schnitzel in der Zuckerfabrik Postelberg. Die Schnitzelgruben werden meist so gelegt, daß von demselben Traggerüst der hinlaufende und der rückführende Strang des Drahtseilbahngleises getragen wird, wobei das selbsttätige Kippen der Wagen auf dem einen oder anderen Strang erfolgen kann. Soll die Schnitzelgrube verbreitert werden, also einen größeren Fassungsraum erhalten, so rückt man den hinführenden und den zurücklaufenden Strang der Drahtseilbahn weiter auseinander, baut also ein besonderes Traggerüst für jeden von beiden, wobei man es so einrichtet, daß auf beiden Strängen gekippt werden kann. Eine solche Anordnung gelangte bei der Zuckerfabrik Laun in Oesterreich zur Anwendung (Abb. 12). Hier werden die Rübenschnitzel von den Ausläufen der Förderschnecke im Pressenhaus nach der Schnitzelgrube befördert und dort selbsttätig abgestürzt. Die Bahn führt in gerader Richtung über den Hof der Raffinerie zum Anfang der Schnitzelgrube, wo eine Winkelstation eingeschaltet ist. Dann wird die Bahn in zwei ungefähr 12,5m voneinander entfernt liegenden Strecken in solcher Höhe über die 45 m lange Grube hingeführt, daß sich diese ihrer vollen Breite nach selbsttätig beschicken läßt. Die Zugseilführung in der Winkelstation wird durch große Scheiben gebildet, die auch hier von den Wagen ohne Lösung vom Zugseil umfahren werden. Auch die Entleerung erfolgt selbsttätig. Der Betrieb erfordert trotz der Gleislänge von 540 m nur 3 bis 4 PS. Textabbildung Bd. 332, S. 73 Abb. 14. Schnitzelabsturz i. d. Zuckerfabrik König's Nachf. in Guty. Recht ungünstig lagen die Verhältnisse für die Schnitzelförderung in der Zuckerfabrik Postelberg in Böhmen, die bereits eine Bleichertsche Drahtseilbahn für die Anlieferung der Kohle aus dem eigenen Bergwerk besaß. Textabbildung Bd. 332, S. 73 Abb. 15. Längsprofil und Grundriß der Drahtseilbahn zum Schnitzelabsturz in der Zuckerfabrik Nowopokrowsk. Es handelte sich darum, aus dem etwa 5 m über Fabrikfläche liegenden Rübenschnittenraum die ausgelaugten Rübenschnitten in der Menge von 300 t entsprechend 500 m3 binnen 24 Stunden zu den Schnitzelgruben und dem Schnitzelstapel zu bringen. Hierzu wurde ursprünglich eine Schmalspurbahn mit Handkippwagen benutzt, in denen man die Schnitzel auf einer erhöhten Bahn bis über eine weitere Schmalspurbahn abfuhr, in deren Wagen sie gekippt wurden. Diese Bahn wurde durch Pferdezug betrieben und führte bis zu den Schnitzelgruben bzw. zur Verladestelle. Die alte Pferdeschnitzelbahn durchschnitt den mittleren und belebtesten Teil des Fabrikhofes und war daher eine ständige Quelle von unangenehmen Störungen. Textabbildung Bd. 332, S. 74 Abb. 16. Absturz der Schnitzel. Um allen Nachteilen aus dem Wege zu gehen, wurde der Schnitzeltransport durch eine Bleichertsche Drahtseilbahn ausgeführt, die über den nördlichen Teil des Fabrikhofes gelegt wurde, der weniger belebt ist. Freilich machte sich dadurch auch eine häufige Brechung der Linie nötig, wobei die Bahn zunächst durch den Dachraum des Kesselhauses hindurchgeht, dann über das Maschinenhaus der vorhandenen Drahtseilbahn zur Förderung von Kohle hinwegsetzt, um schließlich über die vorhandene Schlammabfuhrbahn zu den Schnitzelgruben oder zur Verladerampe der Schnitzel zu gelangen. Um die Verladepunkte völlig zu bestreichen, wurde die Linie in einer Schleife geführt, so daß insgesamt nicht weniger als zehn Bruchpunkte nötig waren, von denen sechs rechts herum und vier links herum selbsttätig durchfahren werden. Die Fahrbahn mußte unter diesen Umständen durchweg aus festen Hängebahnschienen bestehen, die an Holzgerüsten verlegt wurden. Die Schnitzel werden in Eisenbahnwagen oder Landfuhrwerke über Holzschurren verladen (Abb. 13), wodurch der Vorgang außerordentlich vereinfacht wird. Die leeren Wagen kehren ohne Aufenthalt zur Beladestelle zurück. Ferndrahtseilbahnen. Findet sich in der Fabrik nicht genügend Raum für die Anlage einer Schnitzelgrube, so lassen sich alle dadurch entstehenden Schwierigkeiten bei Verwendung der Drahtseilschwebebahn mit Seilen als Laufbahn für die Wagen vermeiden. In bequemer Weise verbindet eine solche Förderanlage außerhalb gelegene Lager-, Ladeplätze und Schnitzelgruben mit der Fabrik, wobei Geländegestaltung, Häuser, Straßen und die Bewirtschaftung der überschrittenen Grundstücke keinen Einfluß auf die Anlage und den Betrieb der Bahn haben. Zudem läßt sich der Inhalt der Wagen selbsttätig von den Seilen herab in die Schnitzelgrube kippen, so daß nur an der Antriebs- und Beladestelle der Drahtseilbahn in der Fabrik, nicht aber draußen über den Gruben Bedienung nötig ist. Als Beispiel ist Abb. 14 gegeben, die das Auskippen der Schnitzel über der Grube der Zuckerfabrik Königs Nachfolger in Guty in Südrußland zeigt. Der Wagen befährt ohne Lösung vom Zugseil die ganze Strecke und stößt über der Schnitzelgrube mit seiner Verriegelung an eine verstellbare Auslösevorrichtung, die den Wagenkasten zum Kippen bringt, wobei eine besondere Aufsicht oder Bedienung überflüssig ist. Eine recht umfangreiche Schnitzelverladeanlage ähnlicher Art besitzt die Zuckerfabrik Nowopokrowsk in Rußland in einer Drahtseilbahn, die zu der 730 m entfernten Schnitzelgrube führt (Abb. 15 und 16). Die Bahn hat eine Steigung von 10 m zu überwinden und fördert stündlich 24,5 t Schnitzel zur Grube, wo sie selbsttätig gekippt werden (Abb. 16). Die Auslösevorrichtung kann von der Antriebsstation der Bahn aus vermittels Seilzuges verschoben werden. Die Beladung der Wagen erfolgt in der Antriebsstation durch Ausläufe, die mit Schiebern verschlossen werden. Die Linie der Drahtseilbahn war im Winkel zu führen, wobei die Winkelstation (Abb. 17) selbsttätig von den Schwebebahnwagen, ohne daß sich diese vom Seil lösen, durchfahren wird. Textabbildung Bd. 332, S. 74 Abb. 17. Winkelstation der Drahtseilbahn in der Zuckerfabrik Nowoprokowsk. Eine Bleichertsche Drahtseilbahn von verhältnismäßig großer Länge für die Förderung von Schnitzeln wurde für die Zborowitz- Kojeteiner Zuckerfabrik in Mähren aufgestellt, die bei 1165m Länge eine Stundenleistung von 40 t aufweist. Andere Zuckerfabriken besitzen Ueberlanddrahtseilbahnen zur Anlieferung der Kohlen und Rüben. So verwendet beispielsweise die Fabrique de Sucre de Franz Wittouk in Selzaete in Belgien eine Drahtseilbahn von 300 m Länge und 45 t Stundenleistung für den Transport von Zuckerrüben, die durch eine 80 m lange Handhängebahn in der Fabrik fortgesetzt wird. Für eine Stralsunder Zuckerfabrik werden die Rüben zu Wasser angeliefert, wobei die Schiffe wegen vorhandener Untiefen nicht bis ans Land gelangen können. Es wurde daher in einiger Entfernung vom Lande auf einem Pfahlrost eine Verladestation mit einer Krananlage gebaut, vor der die Schiffe anlegen können. Die Verbindung der Landungsstelle mit der Fabrik wird durch eine Drahtseilbahn (vgl. Abb. 18) von 1255 m Länge hergestellt, die in der Stunde 50 t fördert und mit einer maschinell betriebenen Hängebahn von 120 m Länge zu den Schwemmkanälen abzweigt. Textabbildung Bd. 332, S. 75 Abb. 18. Drahtseilbahn zur Anlieferung von Ruben bei schlechter Landungsgelegenheit Auch der Schlamm wird mit Seilbahnen abgeführt. So hat die Zuckerfabrik Freiheitsau in Böhmen für diesen Zweck eine 166 m lange Drahtseilbahn für eine Stundenleistung von 2,5 t aufgestellt. Die Tragseile sind in den beiden Endstationen verankert. Der Schlamm wird in die Wagen eingeschaufelt, von denen zwei erforderlich sind. Der eine Wagen befindet sich immer auf der Fahrt, während der andere gefüllt wird. Textabbildung Bd. 332, S. 75 Abb. 19. Drahtseilbahn zur Förderung von Schlacken und Steinen auf Halde Zuckerfabriken Wanze in Belgien Eine andere bemerkenswerte Schlammtransportanlage ist die für die Zuckerfabrik Wrbatek. Sie hat 60 m Länge und fördert stündlich 3,5 t Schlamm. Als Tragbahn dient eine in Abständen von etwa 7 m gestützte Schiene, auf der der beladene Wagen zunächst ansteigend, dann ziemlich eben über den Platz gezogen wird, um hier gegen eine verstellbare Auslösevorrichtung zu stoßen, die die Verriegelung des Wagenkastens löst und den Kübel zum Kippen bringt. Der leer weiterlaufende Wagen stößt dann gegen einen Anschlag, der das Antriebsvorgelege umsteuert, so daß das Zugseil den Wagen zur Beladestation zurückbringt. Hier kuppelt er sich selbsttätig ab und wird aus einer Rutsche gefüllt. Die Fahrgeschwindigkeit beträgt 1 m in der Sekunde, es sind also für den Hin- und Rückweg zusammen etwa zwei Minuten erforderlich, während 6½ Minuten für die Beladung zur Verfügung stehen, wenn bei einem Wageninhalt von 500 kg die vorgeschriebene Stundenleistung von 3500 kg erreicht werden soll. Die Zeit genügt reichlich, um den Wagen auf der Hängebahnschiene zur Rutsche zu schieben, zu füllen und wieder anzukuppeln, so daß nur ein einziger Wagen nötig ist und ein Mann für die Bedienung der Anlage genügt. Auch die Dioszegher Oeconomie-Zucker- und Spiritusfabriks-Aktien-Gesellschaft in Dioszegh besitzt eine Bleichertsche Drahtseilbahn zum Transport von Schlamm, die bei einer Länge von 265 m stündlich 6 t fördert. Nach einer Mitteilung der Fabrik arbeitet die Bahn zu voller Zufriedenheit, ist bequem zu bedienen und es sind mit dem zur Verwendung gekommenen Kuppelapparat Automat nur günstige Erfahrungen gemacht worden. Schließlich sind Schlacken und Steine noch ein Fördergut für die Schwebebahn. Sie werden beispielsweise auf den Sucreries Centrales de Wanze in Wanze b. Hay in Belgien gefördert, und zwar mit einer Drahtseilbahn von 570 m Länge (Abb. 19), die sich nachher mit 20 m maschinell betriebener Hängebahn im Werk fortsetzt.